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Propst als Wirtschaftsleiter neben dem Abt und der Klosterrichter als ...

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644 b.4.1. geistliche reichsfürsten(tümer): äbte <strong>und</strong> pröpste<br />

Der auswärtige Streubesitz war in dezentralen<br />

Administrationseinheiten zusammengefaßt<br />

(Ämter Grafengaden, Reichenhall, Frohnwies,<br />

Eging <strong>und</strong> Mauerham, Schönberg; <strong>Propst</strong>eien<br />

Nie<strong>der</strong>heim/Heuberg, Jettenstetten, Weidenbach,<br />

Rottal <strong>und</strong> Wasentegernbach; Hofmarken<br />

Eibach, Haus, Breitenlohe, Schönbrunn <strong>und</strong> Innertegernbach;<br />

Kastenämter Linz <strong>und</strong> Mühldorf;<br />

Herrschaft Eisenthür bei Krems). B. besaß<br />

an mehreren zentralen Orten Herrenhöfe zu<br />

Wohn- <strong>und</strong> Verwaltungszwecken <strong>und</strong> zur Naturalienlagerung<br />

(† Salzburg ab 1211, † München,<br />

† Regensburg, † Linz, † Wien, Krems<br />

<strong>und</strong> Klosterneuburg).<br />

1102 stifteten Gf.in Irmgard <strong>und</strong> ihr Sohn<br />

Berengar von Sulzbach in einem weitgehend<br />

unerschlossenen Waldgebiet die Zelle B., die<br />

mit Kanonikern aus Rottenbuch besiedelt <strong>und</strong><br />

<strong>dem</strong> päpstl. Schutz unterstellt wurde. Nach einer<br />

kurzen Vereinigung mit <strong>dem</strong> Kl. Baumburg<br />

wurde B. wie<strong>der</strong> selbständig <strong>und</strong> von Ebf. Konrad<br />

I. von Salzburg <strong>dem</strong> Reformverband <strong>der</strong><br />

Salzburger Augustiner-Chorherrenstifte angeschlossen.<br />

Dem † Salzburger Ebf. kamen auch<br />

in <strong>der</strong> Folge weitgehende Verfügungsrechte zu.<br />

Unmittelbare Beziehungen B.s zum Reich sind<br />

für die Frühzeit nicht belegt.<br />

Die von Ks. Friedrich Barbarossa verliehene<br />

Forsthoheit (1156) <strong>und</strong> das von Ks. Heinrich VI.<br />

1194 bestätigte Bergregal eröffneten den Weg<br />

zur Landesbildung, stellten aber keine dauernden<br />

Bindungen an das Reich her. Die volle Gerichtshoheit<br />

erlangte <strong>der</strong> <strong>Propst</strong> 1294, <strong>als</strong> ihm<br />

Kg. † Adolf das Recht <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Blutgerichtsbarkeit<br />

durch eigene Beamte verlieh. Dies<br />

bedeutete den Abschluß <strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong><br />

Landeshoheit.<br />

B., dessen wichtigste Einnahmequelle seine<br />

reichen Salzlager waren, wird 1306 erstm<strong>als</strong> <strong>als</strong><br />

»Land« bezeichnet. Diese Bildung eines eigenen<br />

Landes ohne reichsunmittelbare Stellung des<br />

Landesherrn, des <strong>Propst</strong>es des Augustiner-<br />

Chorherrenstiftes B., bedeutete eine große Ausnahme<br />

im SO des Reiches. In den folgenden<br />

Jh.en garantierte die Rivalität <strong>der</strong> beiden mächtigen<br />

Nachbarn † Salzburg <strong>und</strong> † Bayern die<br />

Existenz des kleinen eigenständigen Landes.<br />

Als reichsunmittelbares Territorium, das<br />

vom Reich zu Lehen rührt, wurde B. erstm<strong>als</strong><br />

1386 aufgefaßt, <strong>als</strong> Kg. † Wenzel – angesichts<br />

<strong>der</strong> drohenden Einverleibung des B.er Landes<br />

durch † Salzburg – <strong>dem</strong> <strong>Propst</strong> B. <strong>als</strong> Reichslehen<br />

verlieh <strong>und</strong> von ihm den Treueid <strong>und</strong> die<br />

Huldigung entgegennahm. Diese Regalienverleihung<br />

wurde zur Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> damit quasi<br />

»Geburtsst<strong>und</strong>e« <strong>der</strong> Reichsunmittelbarkeit<br />

B.s.<br />

Trotz<strong>dem</strong> wurde B. 1393 wg. totaler Verschuldung<br />

vom Papst <strong>dem</strong> Erzstift † Salzburg<br />

inkorporiert <strong>und</strong> <strong>dem</strong> Land Salzburg einverleibt.<br />

Auf Intervention <strong>der</strong> † Wittelsbacher wurde<br />

die Inkorporation 1404 aufgehoben <strong>und</strong> ein<br />

eigener <strong>Propst</strong> eingesetzt (die Einverleibung<br />

wurde erst 1409 endgültig rückgängig gemacht),<br />

doch blieb B. wirtschaftl. <strong>und</strong> polit.<br />

vollkommen von † Salzburg abhängig. Obwohl<br />

die Pröpste <strong>als</strong> reichsunmittelbar galten <strong>und</strong><br />

1415 neuerl. die Belehnung mit den Regalien erfolgte,<br />

legte <strong>der</strong> <strong>Propst</strong> <strong>als</strong> Verwalter <strong>der</strong> an †<br />

Salzburg verpfändeten Saline Schellenberg <strong>dem</strong><br />

Ebf. ab 1449 einen Treueeid ab <strong>und</strong> saß auf <strong>der</strong><br />

Prälatenbank <strong>der</strong> Salzburger Landtage (bis<br />

1627). Die 1455 erwirkte Errichtung eines direkt<br />

Rom unterstellten Archidiakonats (1455) <strong>und</strong><br />

damit die Exemtion von <strong>der</strong> Jurisdiktionsgewalt<br />

des Ebf.s wurde bereits drei Jahre später wie<strong>der</strong><br />

aufgehoben.<br />

Erst 1487 erfolgte erneut eine Verleihung <strong>der</strong><br />

Regalien durch den Ks. an den neuen B.er<br />

<strong>Propst</strong>. 1491 wurde B. in die Reichsmatrikel aufgenommen,<br />

<strong>der</strong> <strong>Propst</strong> unter die Reichsprälaten<br />

gereiht <strong>und</strong> erstm<strong>als</strong> auch <strong>als</strong> Rfs. angesprochen.<br />

Er war Mitglied des Reichsregiments<br />

(1495/1521) <strong>und</strong> nahm 1497 <strong>als</strong> Reichsprälat am<br />

Reichstag teil. B. gehörte im Rahmen <strong>der</strong><br />

Reichsverfassung zum Bayerischen Kreis.<br />

Die Zwitterstellung <strong>der</strong> Pröpste von B. <strong>als</strong><br />

Reichsprälaten mit <strong>dem</strong> Fürstentitel <strong>und</strong> zugl.<br />

Salzburger Landstände endete 1556 mit <strong>der</strong><br />

Rückgabe <strong>der</strong> bis zur Schuldentilgung an †<br />

Salzburg verpfändeten B.er Saline Schellenberg<br />

an die <strong>Propst</strong>ei. 1558 o<strong>der</strong> 1559 wechselte <strong>der</strong><br />

<strong>Propst</strong> von B. von <strong>der</strong> Prälatenbank auf jene <strong>der</strong><br />

geistl. Fs.en. Er war damit <strong>der</strong> einzige <strong>Propst</strong><br />

eines regulierten Chorherrenstiftes auf <strong>der</strong><br />

geistl. Fürstenbank mit voller Stimme (Virilstimme<br />

bei Reichstagsbeschlüssen). Diese<br />

reichsrechtl. Anerkennung <strong>als</strong> Rfs. mit Sitz <strong>und</strong><br />

Son<strong>der</strong>druck aus: Höfe <strong>und</strong> Residenzen im spätmittelalterlichen Reich.<br />

Ein dynastisch-topographisches Handbuch (= Residenzenforschung, Bd. 15.I).<br />

ISBN 3-7995-4515-8<br />

© Jan Thorbecke Verlag, Ostfil<strong>der</strong>n 2003

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