Download - Sabra und Schatila
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Am 18. September, am Vorabend des 1. Tischri, beglückwünscht man sich: “Für ein gutes<br />
Jahr mögest Du eingeschrieben sein.” Im Hauptgebet zu Rosh Hashana aber heißt es: “Wenn<br />
Du, Herr, die Herrschaft der Willkür von der Erde entfernst, wird alle Gewalttätigkeit ihren<br />
M<strong>und</strong> schließen, <strong>und</strong> alle Gesetzlosigkeit wird wie Rauch vergehen.”<br />
Samstag, 17 Uhr. In Washington ist es neun Uhr morgens. In Beirut haben die Reporter<br />
<strong>und</strong> die UNO-Beamten Leichen über Leichen entdeckt. In Washington wird Präsident Ronald<br />
Reagan über das Massaker informiert. Keine Frage, die USA haben mit dem Habib-<br />
Abkommen Garantien übernommen. Der Präsident selbst hat am 20. August vor einer Verletzung<br />
der Vereinbarungen gewarnt: “Alle Parteien, die den Vertrag unterzeichnet haben, tragen<br />
in diesem Rahmen ihre besondere Verantwortung.” Und nun? Ein Pressesprecher des<br />
State Department betont, Washington wisse nicht, “wer in den Lagern den Finger am Abzug<br />
hatte”.<br />
Um 22 Uhr Beiruter Zeit äußert Ronald Reagan sein Entsetzen. In der offiziellen Erklärung<br />
des Weißen Hauses heißt es: “Während der Verhandlungen, die zum Abzug der PLO aus Beirut<br />
führten, versicherten uns die Israelis, daß ihre Truppen West-Beirut nicht betreten würden”.<br />
Israel: Die Regierung lügt - die Opposition geht auf die Straße<br />
Am 19. September 1982 gab die israelische Regierung eine offizielle Erklärung ab, in der<br />
sie alle Verantwortung für die Ereignisse in <strong>Sabra</strong> <strong>und</strong> <strong>Schatila</strong> weit von sich wies. “Am Neujahrstag,”<br />
hieß es da, “wurden der jüdische Staat <strong>und</strong> seine Regierung sowie die israelischen<br />
Verteidigungsstreitkräfte verleumderisch einer Bluttat berichtigt. An einem Ort, wo<br />
es keine Stellungen des israelischen Heeres gab, betrat eine libanesische Einheit ein<br />
Flüchtlingslager, wo sich Terroristen versteckten, um sie zu ergreifen.” Zynisch ging es<br />
weiter: “Sobald die israelischen Verteidigungsstreitkräfte von den tragischen Vorgängen in<br />
dem Lager <strong>Schatila</strong> erfuhren, machten sie dem Töten unschuldiger Zivilisten ein Ende <strong>und</strong><br />
zwangen die libanesischen Einheiten, das Lager zu verlassen. Die Zivilbevölkerung selbst gab<br />
ihrer Dankbarkeit für diese Rettungstat der israelischen Verteidigungsstreitkräfte klaren Ausdruck.”<br />
Und weiter: “Die Tatsache bleibt bestehen, daß es ohne das Eingreifen der israelischen<br />
Verteidigungsstreitkräfte erheblich höhere Verluste an Leben gegeben hätte.” Und wer<br />
immer etwas anderes behauptete, den nannte die israelische Regierung einen “internationalen<br />
Aufwiegler”. Denn “niemand kann uns Ethik <strong>und</strong> Achtung des menschlichen Lebens predigen,<br />
Werte, die wir Generationen von israelischen Kämpfern gelehrt haben <strong>und</strong> lehren<br />
werden”.<br />
Es war jener 19. September 1982, als sich auf dem Platz der Könige Israels in Tel Aviv<br />
400.000 Menschen zu der größten Demonstration in der Geschichte des Landes versammelten,<br />
voll Zorn <strong>und</strong> Scham über das, was da mit Hilfe oder Beteiligung <strong>und</strong> Wissen israelischer<br />
Militärs in Beirut geschehen war. Ihr Protest bewirkte, daß ein Untersuchungsausschuß unter<br />
dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichts, Yitzchak Kahan, eingesetzt wurde.<br />
Am 22. September 1982 hatte die Knesset einen Mißtrauensantrag gegen die Regierung<br />
beraten. Wie debattierte man im Parlament? Ariel Scharon verkündete: “Wir konnten uns in<br />
unseren schlimmsten Träumen nicht vorstellen, daß die Phalangekräfte, die uns immer als<br />
disziplinierte Armee erschienen waren, sich zu Massakern hingeben würden."<br />
Zwischenruf des kommunistischen Abgeordneten Meir Wilner: “Wer hat die Mörder hingeschickt?”<br />
Scharon: “Unser Herz schlägt ...”<br />
Meir Wilner: ”Haben Sie ein Herz?”<br />
Zwischenruf des Abgeordneten Amnon Rubinstein von der oppositionellen Shinui-Partei:<br />
“Es sind Ihre Kumpane. Sie haben ihnen Waffen gegeben. Man kann diese Heuchelei nicht<br />
ertragen.”<br />
Zwischenruf des kommunistischen Abgeordneten Tewfiq Zayad, des Bürgermeisters von<br />
Nazareth: “Henker! Mörder!"<br />
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