Kommentar - Assoziation ökologischer Lebensmittel Hersteller
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<strong>Kommentar</strong><br />
zu<br />
„Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch<br />
erzeugte <strong>Lebensmittel</strong>“<br />
Einführung<br />
Die <strong>Assoziation</strong> <strong>ökologischer</strong> <strong>Lebensmittel</strong>hersteller (AoeL) begrüßt den Aktionsplan für<br />
ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte <strong>Lebensmittel</strong>, den die Kommission<br />
vorgelegt hat!<br />
Ziel dieses <strong>Kommentar</strong>s ist es, eine kritische Würdigung des vorgelegten Aktionsplanes<br />
vorzunehmen und weitere Vorschläge zur Konkretisierung der Maßnahmen aus Sicht<br />
der Verarbeiter von ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>n zu formulieren.<br />
Es ist bedauerlich, dass die EU diesen Maßnahmenplan bisher noch nicht mit<br />
entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattet hat. Insbesondere für die<br />
angeregten Maßnahmen im Bereich der Kommunikation wären diese zusätzlichen<br />
Finanzmittel dringend notwendig.<br />
Die weitere Kommentierung bezieht sich jeweils auf die im Aktionsplan vorgegebenen<br />
Überschriften und wird diese würdigen.<br />
Zu 1. (Einleitung)<br />
Die AoeL begrüßt, dass die EU-Kommission, nach 13 Jahren Erfahrung mit der<br />
Verordnung für ökologische <strong>Lebensmittel</strong>, eine grundlegende Überarbeitung dieser<br />
Verordnung geplant hat! Vor dem Hintergrund der vielen Änderungsverordnungen und<br />
des sich dynamisch entwickelnden Marktes für ökologische <strong>Lebensmittel</strong>, ist dies eine<br />
dringend notwendige Maßnahme. Das Thema ökologische <strong>Lebensmittel</strong> wird nach wie<br />
vor zu einseitig aus landwirtschaftlicher Sicht betrachtet. Insbesondere die Entwicklung<br />
des Marktes der letzten Jahre zeigt jedoch, dass eine positive Entwicklung des Marktes<br />
für ökologische <strong>Lebensmittel</strong> nur dann gelingen kann, wenn der Markt von der<br />
Nachfrageseite her stimuliert wird. Die starke Landwirtschaftskonzentrierung in dem<br />
gesamten Diskussionsprozess verstellt den Blick auf die notwenigen Maßnahmen zu<br />
einer zügigen Entwicklung des Marktes. Insbesondere die Mittlerrolle der Verarbeiter<br />
muss beachtet werden. Die AoeL wird hierzu Vorschläge und Positionen entwickeln und<br />
diese den Entscheidungsträgern in der Politik zur Verfügung stellen.
Die unter 1.1 und 1.2 angesprochenen Zielrichtungen Umweltbelange und Belange der<br />
nachhaltigen Entwicklung in der ganzen <strong>Lebensmittel</strong>kette zu verankern, bedarf einer<br />
ganz expliziten Mitarbeit des landwirtschaftlich nachgelagerten Sektors. Sowohl die<br />
Herstellung der <strong>Lebensmittel</strong> als auch deren Distribution können erhebliche Beiträge zur<br />
Umweltentlastung und Nachhaltigkeit leisten. In Reflexion auf die Wortwahl in diesem<br />
Aktionsprogramm wird, entgegen der dort gewählten Ausdrucksweise, dringend<br />
angemahnt, bei allen Maßnahmen die ganze Produktionskette der ökologischen<br />
<strong>Lebensmittel</strong> in den Fokus zu nehmen. Wir regen an mehr von „ökologischen<br />
<strong>Lebensmittel</strong>n“ als vom „ökologischen Landbau“ zu sprechen. Die Fokussierung<br />
auch in diesem Bericht auf den Begriff „<strong>ökologischer</strong> Landbau“ sollte in der<br />
Praxis der Umsetzung einer Betrachtung der gesamten Kette weichen.<br />
Wie schon die Kommission in 1.1. anmerkt, kommt es nicht nur darauf an, den<br />
Flächenanteil für ökologische Erzeugnisse auszudehnen, sondern auf eine Entwicklung<br />
des gesamten Marktes unter Ausnutzung und Weiterentwicklung der gegebenen<br />
Marktpotentiale. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass einseitige<br />
Stimulierungen des Flächenanteils letztendlich dazu führen, dass die Erzeugung<br />
unter Preisdruck gerät und damit sogar eine weitere Entwicklung des Marktes und<br />
landwirtschaftliche Existenzen gefährdet werden.<br />
Die <strong>Hersteller</strong> <strong>ökologischer</strong> <strong>Lebensmittel</strong> haben im wesentlichen die Aufgabe, die<br />
Leitungen der ökologischen Landwirtschaft mit eigenen Qualitätsansätzen zu<br />
marktkonformen Produkten zu transferieren. Die Verarbeiter haben hierbei eine<br />
entscheidende Mittlerrolle zwischen den Möglichkeiten der ökologischen Landwirtschaft<br />
und den Anforderungen des Verbrauchers. Der Sektor der ökologisch orientierten<br />
Ernährungswirtschaft hat hier Hervorragendes geleistet und Produktqualität,<br />
Umweltwirkungen der <strong>Lebensmittel</strong>produktion und soziale Wirkungen der<br />
<strong>Lebensmittel</strong>produktion, so wie dies von modernen Nachhaltigkeitsstrategien gefordert<br />
wird, in das Herstellungs- und Produktkonzept einbezogen. Dieser Weg muss<br />
konsequent weiter verfolgt werden, um auch zukünftig eine Qualitätsführerschaft des<br />
Sektors <strong>ökologischer</strong> <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft zu erhalten. Eines jedoch ist klar, dieses<br />
lässt sich nicht nur mit Produktionsstandards für die Landwirtschaft erreichen,<br />
sondern muss weit darüber hinaus gehen und Faktoren, welche mit der gesamten<br />
<strong>Lebensmittel</strong>kette zusammen hängen, konsistent beinhalten und umfassen. Dies<br />
muss dringend bei der Rahmensetzung beachtet werden.<br />
Zu 1.3.) Nach unserer Meinung leisten ökologische <strong>Lebensmittel</strong> einen entscheidenden<br />
Beitrag zur Gesundheit! Es ist nicht wirklich nachzuvollziehen, warum die Leistungen,<br />
die auch durch wissenschaftliche Studien eindeutig belegt sind, wie z.B. die Reduktion<br />
von Pestiziden oder das häufigere Vorkommen von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen,<br />
keine entsprechende Würdigung erfahren. Wir wundern uns, dass man umgekehrt von<br />
Seiten der Regierungen offensichtlich sehr leicht dazu bereit ist, der Argumentation zu<br />
folgen, dass, z.B. ein mittels Biotechnologie veränderter Reis, der mehr Karotin enthält,<br />
als sensationeller wissenschaftlicher Fortschritt gepriesen wird.<br />
Es muss jedoch die Gesamtleistung, also auch die Leistung im Hinblick auf gesunde<br />
Umweltbedingungen für den Menschen gewürdigt werden. Diese Faktoren sind für die<br />
individuelle Gesundheit von enormer Bedeutung und sollten in keinem Falle<br />
vernachlässigt werden!
Entscheidend ist, dass die Europäische Union Forschungsvorhaben, die den<br />
Unterschied im Gesundheitswert von konventionellen und ökologischen<br />
<strong>Lebensmittel</strong> erforschen, fördert und vorantreibt!<br />
Wie in 1.4. angesprochen, muss die Wirkung der ökologische <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft auf<br />
die Einkommen der Landwirte, aber auch auf die regionalen Wirtschaftskreisläufe<br />
deutlicher dargestellt werden. Was diese Förderungspolitik anbelangt ist es jedoch<br />
entscheidend, dass nicht einseitig die Erzeugung gefördert wird, sondern, dass sich der<br />
Blick der Förderpolitik immer auf den Ausbau von gesamten Wirtschaftsketten bezieht,<br />
die durchaus klein und regional angelegt sein können. Sicherlich dürfen sich die<br />
Bemühungen nicht nur auf regionale Aktivitäten reduzieren. Längst ist die Öko-<br />
<strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft ein weltweites Anliegen geworden.<br />
Zu Punkt 2) Die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft<br />
Es ist dringend notwendig, dass einheitliche Statistiken in Europa über die Entwicklung<br />
des Absatzmarktes geführt werden. Es ist nicht hilfreich, einseitig den Blick auf die<br />
Ausdehnung der Landwirtschaftsfläche zu richten. Das „Hektar zählen“ verstellt den<br />
Blick auf das Wesentliche! Es dringend notwendig, geeignete Erhebungen<br />
durchzuführen, die sichere Einschätzungen über den Zustand und die<br />
Entwicklungsfähigkeit der Absatzmärkte für ökologische <strong>Lebensmittel</strong> zulassen.<br />
Projekte, die solche Daten generieren, müssen dringend unterstützt werden. Diese<br />
Daten sollten europaweit, auch von offizieller Seite, systematischer erfasst werden.<br />
Unter Punkt 2.2. wird richtig reflektiert, dass im Grund konsistente Daten über den<br />
Markt nicht vorliegen. Die dort in den Abbildungen aufgezeigten Daten sind wenig<br />
differenziert und allenfalls als grobe Schätzungen zu bewerten. Dies muss sich dringend<br />
ändern.<br />
Zu Punkt 3.) Der Markt für ökologische <strong>Lebensmittel</strong><br />
Ohne Zweifel ist der ökologische Sektor mit Wachstumsraten von 15 % (in einigen<br />
Ländern bis zu 25 %) über einen Zeitraum von mittlerweile 10 Jahren und mehr einer<br />
der am schnellsten wachsenden Sektoren der ganzen <strong>Lebensmittel</strong>branche. Dies ist ein<br />
herausragendes Zeichen für die Entwicklungspotentiale dieses Marktes. Es ist jedoch<br />
gefährlich nur auf den Preis der Produkte zu schauen. Ohne Zweifel ist es richtig, dass<br />
insbesondere über die Vertriebsstruktur und über die wachsenden Produktchargen in<br />
der Herstellung und auch im Vertrieb, weiter eine Effizienz-Steigerung realisiert und an<br />
den Verbraucher weiter gegeben werden sollte. Niemandem, auch nicht dem<br />
Verbraucher, ist jedoch damit gedient, wenn die selben Preisdumping-Mechanismen,<br />
wie wir sie im konventionellen <strong>Lebensmittel</strong>markt erleben, auch auf den Bio-Markt<br />
übertragen werden. Dies führt in der Konsequenz dazu, dass der Qualitätsansatz<br />
zerstört werden wird und somit auch die Vorteile für den Erzeuger, den Verarbeiter, den<br />
Handel und letztendlich für den Verbraucher. Also sollte bei der, von der Kommission<br />
vorgeschlagenen Senkung der Preise für das Endprodukt und die hierzu<br />
kostenreduzierenden Ansätze deutlich gemacht werden, welche Art von<br />
kostenreduzierenden Ansätzen gemeint und wie diese auf die Gesamtqualität der<br />
Produkte zu beziehen sind. Unterbleibt dies, sind degressive Wirkungen,<br />
insbesondere auf die Qualität, regelrecht vorprogrammiert.
Noch viel wichtiger ist es, dass gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen so<br />
gestaltet werden, dass Umweltkosten nicht externalisiert werden. Die<br />
konventionelle Landwirtschaft muss die Kosten, die z.B. durch Mineraldünger<br />
oder Pestizide für die Gesellschaft entstehen, nach dem Verursacherprinzip, z.B.<br />
durch ein Umweltabgabe auf diese Mittel, übernehmen. Dann könnten realistische<br />
Preise am Markt verglichen werden!<br />
Den unter 3.3. (Aktion 1) formulierten Ansatz, die Informationsgrundlage für den<br />
Verbraucher über die ökologischen <strong>Lebensmittel</strong> deutlich zu verbessern, begrüßen wir<br />
außerordentlich! Die Vorteile der ökologischen <strong>Lebensmittel</strong> für die Umwelt, für die<br />
regionale Wirtschaft und für die Gesundheit des Menschen müssen deutlich<br />
unterstrichen werden. Auf der anderen Seite spielt, wie in dem Kommissionsbericht<br />
angesprochen, die Stimulierung von noch unterentwickelten Branchensegmenten wie<br />
z.B. Großküchen oder Schulen eine wichtige Rolle. Entscheidend ist jedoch, dass der<br />
Verbraucher versteht, welche Zusatzleistungen er über ökologische <strong>Lebensmittel</strong> zu<br />
kaufen vermag. Wir begrüßen deshalb, dass die EU eine mehrjährige Informations-<br />
und Absatzförderungskampagne für Verbraucher einleiten möchte. Wir vermissen<br />
die hierzu zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel?<br />
Punkt 3.4 (Aktion 2)<br />
Es ist sicher wichtig, Unterschiede zwischen den verschiedenen Normensystemen<br />
deutlicher darzustellen. Wir halten es jedoch für viel wichtiger, dass sich die<br />
Kommission um eine Harmonisierung der Umsetzungspraxis in den<br />
Mitgliedsstaaten bemüht und abweichende bzw. protektionistische nationale<br />
Standards abbaut. Die Nationen sollten die Pflicht haben, ihre nationalen Standards<br />
auf EU-Ebene transparent zu machen. Es müssen klare Regeln getroffen und einheitlich<br />
umgesetzt werden, die für die Wirtschaft genügend Spielraum zur Gestaltung lassen.<br />
Die AoeL ist der Auffassung, dass eine konsistente, gut weiterentwickelte Basisnorm die<br />
Voraussetzung für die prosperierende Entwicklung dieses Marktes ist. Ganz wichtig ist<br />
weiterhin, dass die von den Einzelstaaten etablierten nationalen Gesetzte nicht so<br />
wirken dürfen, dass sie als Handelshemmnis im Öko-Markt fungieren. Dies ist heute in<br />
der EU nicht durchgehend der Fall. Wir bitten die EU für mehr Transparenz in Bezug auf<br />
nationale Regelungen und eine schnelle Beseitigung von Handelshemmnissen auf<br />
nationaler Ebene zu sorgen.<br />
Zu 3.5) Die Unternehmen der AoeL sehen in Einführung und Durchsetzung des bereits<br />
in der Verordnung angelegten europäischen Kennzeichnungssystems mit dem EU-Bio-<br />
Logo ein wichtiges Element zur Entwicklung des Marktes. Das Logo muss jedoch<br />
grafisch überarbeitet werden, um eine freiwillige Nutzung attraktiv für die<br />
Wirtschaftspartner zu machen. So besteht die Chance im europäischen Markt eine<br />
Identifikation der Öko-Produkte zu erreichen. Die sollte nicht konträr zu anderen<br />
privaten oder auch nationalen Kennzeichnungselementen geschehen.<br />
In 3.6. (Aktion 3) kommt die EU auf die Statistiken zurück, die wir schon vorab<br />
kommentierten. Wir möchten hier nochmals verdeutlichen, dass es nicht ausreicht<br />
Statistiken über die Erzeugung zu führen, sondern, dass es ganz entscheidend ist<br />
weitere detailstatistische Daten über den europäischen und über regionale Märkte<br />
innerhalb Europas zum Absatz <strong>ökologischer</strong> Erzeugnisse zu erfassen, um damit<br />
klarere Grundlagen über Absatzmöglichkeiten und die Marktentwicklung zu
erhalten. Diese Daten sind Voraussetzung für Entwicklungsstrategien in diesem Markt.<br />
Wir sind der festen Überzeugung, dass die Erfassung von statistischen Daten über den<br />
europäischen Markt der entscheidende Schlüssel ist, um dieses Segment nach vorne zu<br />
tragen.<br />
4. EU-Politik für die ökologische Landwirtschaft (Aktion 4)<br />
Es muss darauf geachtet werden, dass es nicht wieder zu einer einseitigen Förderung<br />
der landwirtschaftlichen Erzeugung kommt. Dies ist nicht im Interesse der Landwirte!<br />
Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, führte die einseitige Förderung der<br />
Erzeugung von ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>n immer wieder zu Preisdegressionen. Die<br />
wirtschaftliche Basis der Betriebe darf nicht durch Stimulierung von Überangeboten auf<br />
der Rohstoffseite gefährdet werden. Deshalb müssen die Maßnahmen so angelegt<br />
sein, dass regionale und überregionale Absatzketten und Qualitätsprogramme<br />
stimuliert werden. Wie in 3. formuliert, muss hierbei die<br />
Verbraucherkommunikation in Bezug auf die Vorzüge der ökologischen<br />
<strong>Lebensmittel</strong> gestärkt werden. Eine Beschränkung dieser Maßnahmen auf den Obst-<br />
und Gemüsesektor ist nicht sinnvoll.<br />
Die Aktion 5 ist uneingeschränkt zu begrüßen.<br />
Der unter 4.2.5 (Aktion 6) bezeichnete Punkt der Einrichtungs- und Wissensvermittlung<br />
an ökologische <strong>Lebensmittel</strong>-Erzeuger, -<strong>Hersteller</strong> und -Händler scheint uns von<br />
entscheidender Bedeutung. Beiträge zur Verbesserung der Kenntnisse bei Personal,<br />
das in der Verarbeitung und auch im Handel mit ökologischen <strong>Lebensmittel</strong> umgeht,<br />
sind sehr wertvoll! Gut ausgebildetes Fachpersonal hat eine Schlüsselfunktion, um<br />
die ökologische <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft voranzubringen. Wir regen an, vor der<br />
Erarbeitung von nationalen Aktionsplänen eine intensive Auswertung von schon<br />
etablierten Plänen vorzunehmen. Auch hierbei könnte die Kommission eine aktive<br />
Rolle einnehmen.<br />
Bei aller Förderungspolitik für die ökologische <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft sollte jedoch<br />
beachtet werden, dass zunächst klare Benachteiligungen des Öko-Sektors in anderen<br />
Fördergebieten der EU beseitigt werden müssen! Z.B. ist es weder akzeptabel, noch<br />
verständlich, dass die Öko-Betriebe praktisch seit Jahrzehnten von der Förderung nach<br />
der Buttermarktordnung ausgeschlossen werden!<br />
4.3 (Aktion 7) Insgesamt braucht der Markt der ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft<br />
sehr viel mehr theoretische Hintergründe und muss auch wissenschaftlich weiter<br />
bearbeitet werden. Es ist ganz entscheidend, dass der landwirtschaftlich nachgelagerte<br />
Bereich über die notwendigen technischen Instrumente und die nötige<br />
Innovationsfähigkeit verfügt, um die landwirtschaftlichen Rohprodukte in marktfähige<br />
Produkte umzusetzen. Während in Europa eine ganze Reihe von Lehrstühlen für<br />
ökologische Landwirtschaft etabliert sind, besteht in Bezug z.B. auf die Einrichtung eines<br />
Lehrstuhles für angepasste Technologie für ökologische <strong>Lebensmittel</strong> eine Lücke. Ein<br />
solches Institut existiert in ganz Europa nicht! Wir bitten deshalb dringend auf der EU-<br />
Ebene dafür einzutreten, dass Forschungsschwerpunkte forciert werden und<br />
eigene Einrichtungen geschaffen werden, die sich der angepassten Technologie<br />
von ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>n widmen. Das selbe gilt für die Konsumentenseite.<br />
Die Forschungsgelder sollten hier idealer weise so aufgeteilt werden, dass jeweils ein
Drittel der Landbauforschung, der Verarbeitung und dem Vertrieb, sowie der<br />
Konsumentenforschung zu fallen. Projekte in der angewandten Forschung sollten immer<br />
so angelegt werden, dass Kofinanzierungen und oder Beiträge aus dem privaten Sektor<br />
verlangt werden. Nur das garantiert die Praxisnähe, die leider all zu oft fehlt!<br />
5. Normen und Kontrolle – Wahrung der Integrität<br />
Bei Punkt 5 bleibt zunächst zu bemerken, dass wieder nur über Erzeugungsnormen<br />
gesprochen wird. Wir haben selbstverständlich in diesem Bereich auch wesentlich mit<br />
Verarbeitungsnormen zu tun, die einer stärkeren Würdigung bedürfen. Es zeigt sich,<br />
dass heute Produkte am Markt sind, die vom Verbraucher nicht eindeutig mit Öko<br />
identifiziert werden können, da sie stark industriell verarbeitete Vorbedingungen mit sich<br />
bringen. Viele Verbraucher können darüber in Zweifel über die Konsistenz des<br />
Normenwerkes für ökologische <strong>Lebensmittel</strong> geraten. Dies muss verhindert werden. Der<br />
Anhang VI für tierische Erzeugnisse ist schnellstens zu verabschieden.<br />
Die unter 5.2. (Aktion 8/9) angesprochene Reduzierung der Detailliebe des Gesetztes<br />
zugunsten einer genauen Beschreibung der Ziele der ökologischen<br />
<strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft wird von uns grundsätzlich begrüßt. Wir sehen hierin einen<br />
Beitrag durch Entschlackung der Verordnung wieder neue Entwicklungsimpulse zu<br />
ermöglichen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass diese Ziele so gut formuliert sind,<br />
dass aus der Flexibilisierung keine Wettbewerbsverzerrung entsteht!<br />
Wir begrüßen die Straffung und Orientierung der Verordnung an grundlegenden<br />
Zielen für ökologische <strong>Lebensmittel</strong> und halten dies für ein wesentliches Merkmal<br />
einer Weiterentwicklung der Verordnung. Des weiteren möchten wir verdeutlichen,<br />
dass die Verordnung im Hinblick auf die Verarbeitung insofern konkretisiert werden<br />
muss, dass bestimmte Mechanismen, die durch die ursprünglich gewählte Struktur<br />
gegeben sind, überdacht werden müssen. Es muss zum Zwecke der<br />
Weiterentwicklung der Öko-Produktqualitäten möglich sein, Öko-Lecithin oder<br />
Öko-Hefe anzubieten, wenn diese Erzeugnisse aus <strong>ökologischer</strong> Herstellung auf<br />
dem Markt angeboten werden. Wenn die Rechtsstruktur der Verordnung dies<br />
verhindert, liegt ein grundsätzliches Konstruktionsproblem vor, welches<br />
unbedingt behoben werden muss. Es sollte deshalb insbesondere der Titel des<br />
Anhang VI überdacht werden, um hier die Möglichkeit zu eröffnen, dass die dort als<br />
nicht landwirtschaftlichen Ursprungs definierten Zutaten und technischen Hilfsstoffe<br />
einer Ökologiesierung zugeführt werden können.<br />
Wir halten die unter 5.3 (Aktion 10), getroffene Aussage, Wein, gekennzeichnet mit<br />
„aus ökologischen Trauben“ doch für sehr optimistisch und meinen, dass der<br />
Verbraucher nicht wirklich, so wie im nächsten Satz ausgeführt, eine solche<br />
Kennzeichnung von einer „gesamtökologischen“ Kennzeichnung unterscheiden kann.<br />
Wir halten dies nicht für sinnvoll, da Öko-Qualität nicht teilbar sein sollte. Anstatt sich<br />
jedoch an Detailregelungen für Wein abzuarbeiten, wäre es sinnvoller die<br />
Weiterentwicklung der Verordnung als Chance zur Qualitätsführerschaft der<br />
ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft zu nutzen. Aus unserer Sicht spielen hierbei<br />
insbesondere Kriterien der Umweltleistungen und Fragen des „gerechten<br />
Handels“ eine zentrale Rolle.
Die in 5.4. (Aktion 11) aufgezeigten verbesserten Instrumente für die Festlegung von<br />
Details der Normen möchten wir deutlich als positiv unterstreichen. Wir möchten jedoch<br />
in diesem Rahmen darauf hinweisen, dass sich dieses Sachverständigengremium in<br />
verschiedene Bereiche gliedern müsste. Aus unserer Sicht ist es ganz entscheidend,<br />
dass ein eigenes Expertengremium für die Belange der Verarbeitung eingerichtet<br />
werden muss. Schon in der Vergangenheit zeigte es sich, dass es in den doch<br />
überwiegend landwirtschaftlich orientierten Expertengremien sehr schwierig war und ist,<br />
tatsächlich Verarbeitungsthemen sachgerecht zu platzieren und zu diskutieren. In allen<br />
entwickelnden Märkten haben sich entsprechende Sachverständigengremien<br />
gegründet.<br />
Es ist wesentlich, dass diese Sachverständigengremien unter intensiver<br />
Einbeziehung der Marktpartner und Experten aus dem privaten Sektor besetzt<br />
werden.<br />
Zu 5.5) (Aktion 12)<br />
Dem ganzen Sachverhalt der gentechnisch veränderten Organismen möchten wir<br />
zunächst den Vorschlägen in Aktion 12 zustimmen. Wir sind jedoch skeptisch, ob es<br />
realistisch und sinnvoll ist einen eigenständigen Grenzwert für Öko-Saatgut zu<br />
etablieren. Deshalb muss alle Kraft darauf verwendet werden, die allgemeinen<br />
Bestimmungen für Saatgut möglichst streng zu gestalten. 0,1 % GVO-Anteil im<br />
Saatgut erscheint hier ein akzeptabler Wert.<br />
5.6. (Aktion 13/14/15) Wir begrüßen es sehr, dass in der Verordnung zunehmend<br />
risikoorientierte Vorgehensweisen bei der Kontrolle eingeführt werden. Wir halten dies<br />
für eine absolute Notwendigkeit, um die bisher stark formalisierte Kontrolle sinnvoll<br />
weiter zu entwickeln. Was unter risikoorientiert zu verstehen ist, muss jedoch<br />
genauer ausgearbeitet werden. Entsprechende Entwicklungsprojekte sollten von<br />
der EU angestoßen werden. Insbesondere halten wir es für entscheidend, dass die<br />
Fachkompetenz der in der Kontrolle tätigen Persönlichkeiten weiter aufrecht erhalten<br />
und gepflegt werden sollte.<br />
Die Reduktion der Gesamtpestizidbelastung der Umwelt und die nachweislich<br />
nicht vorhandenen oder sehr viel niedrigeren Pestizidrückstände in Öko-<br />
<strong>Lebensmittel</strong>n im Vergleich zu konventionellen <strong>Lebensmittel</strong>n, sind ein sehr<br />
wichtiger Beitrag der ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft. In Bezug auf die<br />
angesprochenen Gegenkontrollen, insbesondere auch mittels analytischer Methoden,<br />
weisen wir darauf hin, dass die Kontrolle sich stärker auf die, in den Unternehmen<br />
aufgebauten Eigenkontrollsystemen stützen muss. Keinesfalls dürfen Grenzwerte z.B.<br />
für Rückstandshöchstwerte die prozessorientierte Vorgehensweise ersetzen. Diese ist<br />
Kernbestandteil des Qualitätsbegriffes und des Kontrollverfahrens und als solche in der<br />
EU VO 2092/91 verankert. Der entscheidende Beitrag für die gesamte<br />
<strong>Lebensmittel</strong>wirtschaft der ökologischen <strong>Lebensmittel</strong>branche ist die systematische<br />
Etablierung und Umsetzung eines prozessorientierten Qualitätsbegriffes. Analytische<br />
Kontrollmaßnahmen sollten auf die Eigenkontrollsysteme der Firmen beruhen und<br />
nicht auf zusätzliche Probe- und Analysetätigkeiten der Kontrolleinrichtung.<br />
Eine konsistente Herkunftssicherung ist das entscheidende Instrument, um<br />
Betrugsfälle zu verhindern. Hierbei spielt sicherlich auch die von der Kommission<br />
angesprochene Kommunikation unter den Kontrollstellen und mit den Behörden eine
entscheidende Rolle. Wobei auch hier auf eine größere Flexibilisierung der<br />
Reaktionsfähigkeit, eine stärkere Entbürokratisierung der Reaktionsfähigkeit der<br />
Behörden geachtet, und die persönliche Verantwortung einzelner Mitarbeiter gestärkt<br />
werden muss.<br />
Zu 5.6.2. (Aktion 17/18) In Bezug auf die Kontrolleinrichtungen und die Arbeitsteilung<br />
zwischen den Kontrollstellen und den Kontrollbehörden beobachten wir im Moment eine<br />
gefährliche Entwicklung. Es kann nicht sein, dass man ökonomische Risiken wie<br />
Kosten und Haftungsrisiken an die Kontrollstellen privatisiert, während man die<br />
tatsächlichen Tätigkeiten inhaltlich verstaatlicht. Dies ist eine gefährliche<br />
Entwicklung. Es scheint uns entscheidend, dass man heute, insbesondere im<br />
Hinblick auf Handel und Verarbeitung, darauf achtet, dass eine Integration der<br />
Kontrollsysteme und gemeinsame Audits mit anderen Zertifizierungsstandards<br />
wie z.B. IFS und BRC möglich werden. Eine Integration der Audits wird ein Beitrag zur<br />
weiteren Effizienz und auch zur Kostenentlastung der Unternehmen bringen.<br />
In Bezug auf Einfuhren möchten wir ganz grundsätzlich die Politik wie sie unter<br />
5.7. (Aktion 19/20) und Punkt 5.8. (Aktion 21) beschrieben ist, bestätigen und<br />
unterstützen. Es ist sehr wichtig, dass die gegenseitige Anerkennung der Normen der<br />
EU, dem NOP, von Japan, Indien u.a. möglichst schnell erreicht werden. Der Codex-<br />
Alimentarius „Organic labelling standard“ ist hierzu eine brauchbare Grundlage.<br />
Momentan ist die gegenseitige Anerkennung mit dem NOP von herausragender<br />
Bedeutung, da hier substanzielle Handelshemmnisse bestehen.<br />
AoeL e.V.<br />
Zum Pilsterhof 7<br />
97789 Oberleichtersbach<br />
www.aoel.org<br />
31. Juli 2004<br />
.<br />
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