Untitled - Jack Wolfskin
Untitled - Jack Wolfskin
Untitled - Jack Wolfskin
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„…FREMDE<br />
LÄNDER, WO<br />
MAN IMMER<br />
SCHON HIN<br />
WOLLTE“<br />
„Songs sind Träume, manchmal Träume, Deja Vues von dem, was noch wahr werden soll, Songs sind<br />
Länder, fremde Länder, wo man immer schon hin wollte.“ So klingt es aus der Stereo Anlage unseres<br />
kleinen Appartements in Essaouira, und ich nehme den Refrain vielleicht zum ersten Mal so richtig wahr.<br />
Essaouira. Ich sage es mir still noch einmal vor. Endlich da, wieder da. Die phantastische kleine marokka-<br />
nische Hafenstadt am Atlantik, mit ihren hunderten von leuchtend blauen Fischerbooten, der kleinen<br />
Werft, in der schon seit Ewigkeiten alte Kähne wieder seetauglich gemacht werden mit handwerklichem<br />
Geschick und einer Geduld, die uns abhanden gekommen scheint. Der endlos lange, weitläufige Strand,<br />
ein Surfer Paradies. Die alte Stadtmauer, hinter der seit Ewigkeiten gehandelt, gefeilscht, gelebt wird. Ich<br />
empfinde eine grosse, innere Ruhe. „…fremde Länder, wo man immer schon hinwollte…“<br />
Im Januar hatte ich meinen lange gehegten Traum, endlich einmal im Winter nach Marokko zu reisen,<br />
einer guten Freundin gegenüber ausgebreitet. Das Bild Marrakechs, dieser Inbegriff einer orientalischen<br />
Stadt, eingetaucht in das rötlich gelbe Flimmern des Abendlichts mit der gewaltigen, schneebedeckten,<br />
zum Greifen nahen Kulisse des Hohen Atlas im Hintergrund vor Augen, muss mich so zum Schwärmen<br />
gebracht haben, dass Judith nur wenige Minuten brauchte, um zu signalisieren, dass sie ganz unbedingt<br />
dabei wäre. Mehr brauchte es nicht. Schnell hatte ich noch zwei weitere Begleiter gefunden, dazu einen<br />
erfahrenen Schweizer Bergführer, den mir Gaudenz empfohlen hatte, der selbst natürlich als Photograph<br />
nicht fehlen durfte.<br />
Woran es noch etwas gebrach war körperliche Fitness. Lange Bürotage und die Aussicht, mit wesentlich<br />
jüngeren Begleitern eine anspruchsvolle Bergtour anzugehen, mahnten mich deutlich, an mir zu arbeiten.<br />
Entgegen kamen mir extrem vernebelte und verschneite Skitage in den Walliser Alpen, meinem ständi-<br />
gen Zufluchtsort auf der alljährlichen Karnevalsflucht. Was gibt es Sinnvolleres an solchen Tagen zu tun,<br />
als sich Schneeschuhe anzuschnallen und bevorzugt rote oder schwarze Skipisten bergauf zu laufen !<br />
Mag sein, dass der ein oder andere den Kopf geschüttelt hätte, wenn er mich hätte schnaufen hören<br />
und herumirren sehen können. Aber das eben war ja unmöglich, der Walliser Nebel schluckt aus-<br />
nahmslos alles ! Jedenfalls – der Zweck heiligte die Mittel.<br />
Als wir Ende Februar in Marrakech ankommen, herrschen frühlingshafte Temperaturen. Einen Tag Bummeln<br />
in dieser Märchenstadt gönnen wir uns, bevor wir unsere Bekannten treffen. Das Labyrinth aus endlosen,<br />
sich für unsere Augen wie ein Ei dem anderen ähnelnden Gässchen aus unserem kleinen Riad hinaus<br />
mitten in die Medina, das ich mir noch vor Jahren nur mit Schnur und Markierungen hätte merken<br />
können, ist mir noch vertraut vom letzten Besuch. In den Souks stöbere ich das ein oder andere denk-<br />
bare Mitbringsel auf, verhandele hart und zahle doch zu viel, schaue gebannt den Fussfertigkeiten eines
Drechslers zu, der binnen kürzester Zeit aus einem Stückchen Olivenbaumholz einen<br />
kleinen filigranen Anhänger mit den Füssen zaubert. Bittere Niederlagen gegen Judith<br />
in zahllosen Backgammon Partien verlieren dank des ständig neu eingeschenkten süssen<br />
Pfefferminztees an Bedeutung, und so langsam überkommt mich die Ausgeglichen-<br />
heit, die mir dieses Land schon so oft geschenkt hat.<br />
Am nächsten Morgen treffen wir nicht nur unsere Bekannten, auch zwei marrokani-<br />
sche Brüder, Larrson und Omar Le Rouge, wie er sich selbst wegen seiner durchaus<br />
ungewöhnlichen Haarfarbe nennt, beide Bergführer, gesellen sich dazu. Mein Unbe-<br />
hagen gegenüber grösseren Gruppen habe ich ja spätestens nach meinen Erfahrungen<br />
in Uganda letzten Sommer abgelegt. In der Tat entpuppen sich die beiden in den<br />
nächsten Tagen als extrem angenehme, gastfreundliche und hilfsbereite Begleiter.<br />
Schnell ist unser beträchtliches Gepäck auf dem Dach des betagten Minibus verladen.<br />
Als wir losfahren verspüre ich eine grosse Vorfreude, bin aber durchaus auch ein wenig<br />
aufgeregt.<br />
Die Fahrt hoch nach Asni weckt Erinnerungen. Hier musste ich vor einigen Jahren<br />
umdrehen, auf dem Weg nach Tarroudant, in der bitteren Erkenntnis, dass das Benzin<br />
nicht reichen und es keine Tankstelle auf den nächsten 300 Kilometern geben würde.<br />
An Benzinknappheit aus ganz anderen Gründen werden wir uns noch gewöhnen<br />
müssen, schiesst es mir kurz durch den Kopf !<br />
Als wir nach zwei Stunden in dem kleinen Dörfchen<br />
Imlil angekommen sind, hat sich das Landschafts-<br />
bild verändert. Die Vegetation ist karg geworden,<br />
braun in braun liegt das Land im Winterschlaf, vor<br />
uns türmen sich die schneebedeckten Gipfel des<br />
Hohen Atlas auf.<br />
Endlich die Rucksäcke aufnehmen und die paar<br />
Kilometer nach Aremd hoch, in das kleine Dorf, das<br />
sich fast unsichtbar und jedenfalls ganz natürlich<br />
an den Hang schmiegt und wo wir für heute Nacht<br />
Zwischenstation machen. Wir sind eingeladen, bei<br />
Larrson zu übernachten. Auf dem Dach seines<br />
Hauses geniessen wir neuerlich Thé à la menthe,<br />
Orangensaft, Nüsse, Pistazien. In Windeseile sind<br />
von überall Berberkinder hergelaufen. Wir spielen<br />
eine Weile, aber langsam ziehen mich die Berge in<br />
ihren Bann. Ich spüre, wie sehr ich mich auf den<br />
Aufstieg freue.<br />
7
8<br />
Am nächsten Morgen geht es früh los. Es ist kalt.<br />
Ein phantastischer Anblick, wie hinter dem Grau<br />
der gemauerten Häuser langsam eine zarte Pulver-<br />
schicht die braunen Berghügel bedeckt, übergeht<br />
in eine schneebedeckte Gebirgsgruppe, auf deren<br />
Gipfel die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne<br />
zusammen mit dem tiefblauen Himmel ein unver-<br />
gesslich schönes Bild in mir einbrennen. Die Freude,<br />
noch heute dort oben in die Region des Toupkal, des<br />
höchsten Berges in Nordafrika, einzutauchen, macht<br />
mich euphorisch. Stetig steigen wir auf einem alten<br />
Eselspfad auf, noch scheint die Schneegrenze weit<br />
weg. Als wir nach weniger als zwei Stunden in<br />
einem winzigen Bergweiler ankommen, liegt der<br />
gemütlichere Teil des Anstiegs hinter uns. Wir<br />
geniessen bei einem Picknick von den Terrassen<br />
oberhalb des Örtchens den Ausblick auf die<br />
Schlucht von Sidi Chamarouch, einem moslemi-<br />
schen Wallfahrtsort.<br />
Von hier aus wird der Anstieg beschwerlicher. Bald<br />
führt der Weg über steile Schneefelder hinweg in<br />
Serpentinen stetig nach oben. Gleichzeitig brennt<br />
die Sonne nun erbarmungslos vom Himmel. Nicht<br />
lange und wir laufen alle in unserer Funktionsunterwäsche. Das kratzige Aufsetzen<br />
unserer Schneeschuhe auf dem teilweise vereisten Schnee ist stundenlang das einzige<br />
Geräusch, das wir wahrnehmen. Dafür sind die Bilder, die sich darbieten, um so beein-<br />
druckender. Meine Nebel–Trainingseinheiten zahlen sich aus, erst als wir deutlich über<br />
3.000 Meter in Sichtweite der Toupkal Berghütte kommen, gerate ich doch erheblich<br />
ins Schnaufen. Kein Wunder, bald haben wir über 1.500 Höhenmeter hinter uns. Kaum<br />
ist die Sonne hinter einer Bergkuppe verschwunden, wird es fast augenblicklich bitter<br />
kalt. Das ändert sich auch nicht, als wir in der Neltnerhütte einkehren. Die ist im<br />
Übrigen mit „schlicht“ recht wohlwollend beschrieben.<br />
Warum die marokkanischen Bewirtschafter dieser Hütte auch spät abends, als das<br />
Thermometer längst unter -20 Grad gesunken ist, noch alle Türen offen stehen lassen,<br />
bleibt ihr Geheimnis. Genauso wie es Larrsons Geheimnis bleiben wird, wie er unter<br />
wirklich einfachsten Umständen ein solch phantastisches Abendessen zubereiten kann,<br />
das wir gierig und frierend zu uns nehmen.<br />
Am nächsten Morgen sind wir schon um fünf Uhr auf den Beinen, und bald schnallen<br />
wir uns bei klirrender Kälte vor der Hütte die Schneeschuhe wieder an. Als die ersten<br />
Sonnenstrahlen in die Schlucht einfallen, sind wir schon lange unterwegs. Ein sehr<br />
steiler Anstieg liegt bereits hinter uns. Ich bin wie betrunken von der sagenhaften<br />
Schönheit dieses Morgens. Links und rechts die beeindruckenden Felswände, durch<br />
die Sonne wie von Magierhand zu rötlichbraunem Leuchten gebracht. Spektakuläre<br />
Schluchten, schroffe Felsabrisse. Der Himmel so unbeschreiblich wie unglaublich blau,<br />
vor uns, hinter uns, überall nur makellose Schönheit. Wir bleiben immer wieder stehen,<br />
saugen diese Bilder in uns ein, Bilder so schön, wie ich sie mir nicht einmal geträumt<br />
hatte. Keiner spricht, es gibt nichts zu sagen. Hier hat alleine die Natur das Wort.
12<br />
Den ganzen Vormittag begleiten uns, auf dem Weg zum Ouanoukrim, einem<br />
Schwesterberg des Toupkal, herrliche Panoramen. Das soll sich auch am nächsten Tag,<br />
bei einer weiteren Tour, nicht ändern. Der Wettergott meint es ein weiteres Mal beson-<br />
ders gut mit mir. Noch zwei Tage vor unserem Aufbruch hatte es heftig geschneit, jetzt<br />
aber folgen klirrend kalten Nächten strahlend klare Sonnentage. Der Wechsel aus<br />
frühem Aufsteigen in der morgendlichen Kälte, Rückkehr bei fast sommerlichen<br />
Temperaturen, nachmittags die aus dem Hut gezauberten Köstlichkeiten unserer<br />
marokkanischen Freunde, Musse zu lesen, in der Sonne zu liegen, zu reden, nach-<br />
zudenken, könnten ewig so weitergehen. Aber an Tag 5 heißt es absteigen. Dem<br />
rhythmischen Kracken der Schneeschuhe folgt eine Passage, die es in sich hat. An<br />
vielen Stellen hat durch die heftige Sonneneinstrahlung eine Schneeschmelze ein-<br />
gesetzt, die uns zwingt, die Schneeschuhe auszuziehen. Längeren Passagen über<br />
Geröll, Fels, Schmelzwasser folgen wieder kurze Eispassagen, auf denen man höllisch<br />
aufpassen muss, nicht abzurutschen. Das könnte auf den steilen Schneefeldern fatale<br />
Folgen haben. Dennoch kommen wir schnell voran und sind bereits nach dreieinhalb<br />
Stunden wieder in Aremd, wo uns Omar noch einmal köstlich bewirtet und jedem von<br />
uns ein Paar Babouches schenkt, bevor wir die Rückfahrt nach Marrakech antreten.<br />
Einen Abend später dann – spontan einer Laune<br />
folgend – sitzen wir zu zweit in Essaouira. Habe<br />
wenig Überredungskraft gebraucht, dass zu dieser<br />
Reise noch ein Abstecher zu „Chez Sam“ gehört,<br />
diesem kleinen Boots–Restaurant im Hafen, das un-<br />
weigerlich an Humphrey Bogart und „Casablanca“<br />
erinnert. Die Musik dröhnt zwar inzwischen etwas<br />
zu laut aus den Lautsprechern, aber sie tut der<br />
Atmosphäre und unseren Eindrücken über diese in-<br />
tensiven Tage in den Bergen, die wir uns in Erinne-<br />
rung rufen, keinen Abbruch. Noch ahne ich nicht,<br />
dass ich fünf Wochen später zu einer weiteren Reise<br />
in den Winter aufbrechen werde.
Dieses Mal geht es in den Norden, den hohen Norden. Als ich aus dem Flugzeug auf<br />
die irgendwie unwirklich erscheinenden Bergformationen blicke, die mir zum Teil wie<br />
gewaltige, zerfurchte Walrücken im Gedächtnis hängen bleiben (oder ist es nur meine<br />
Fantasie, die mit mir durchgeht ?), befinden wir uns schon nördlich des Polarkreises.<br />
Bald werden wir in Svolvær landen, einem kleinen Flughafen auf einer der zahllosen<br />
norwegischen Lofoteninseln. Mit an Bord befinden sich neben meinem achtjährigen<br />
Sohn Flavio dessen Freundin Nele (7) sowie Kumpel Jakob (9), zusammen kurz: die<br />
Dreierbande. Dazu Neles Schwester Maurin. Ausgelassene Stimmung bei den Kindern<br />
trotz anstrengender Anreise, und über allem die wichtigste Frage, die mir Flavio nun<br />
schon seit Wochen stellt: ob er denn ganz sicher beim Eisangeln auch Erfolg haben<br />
wird. Was soll ich sagen…<br />
Noch vor einigen Tagen hatte mich der kleine Kerl<br />
mit einer ganz anderen Frage erschüttert und tief<br />
berührt, im Anschluss an den Film „Unsere Erde“,<br />
in dem nicht nur die unbeschreibliche Schönheit<br />
und die vielfältigen Wunder der Natur, sondern<br />
eben auch deren drohender Kollaps still und ein-<br />
drucksvoll, sicher auch sehr emotional thematisiert<br />
werden. „Papa, reicht es denn noch für mich für<br />
ein schönes Leben ?“ Da muss man erst mal<br />
schlucken. Und dann für Klarheit sorgen. Ja, das tut<br />
es. Aber ein Ja, das an Bedingungen geknüpft ist.<br />
13
14<br />
Die dramatischen Klimaveränderungen sind, darüber besteht kein Zweifel mehr, so<br />
bedrohlich wie sie vom Menschen selbst gemacht sind. Wenn es uns aber ernst ist<br />
damit, unsere Lebensbedingungen und damit gleichzeitig auch die Schönheit der<br />
Natur zu bewahren, steckt in dem Wissen um die Ursachen der Veränderungen in der<br />
Natur eine grosse Chance: wenn - aus Wissen auch verändertes Verhalten entsteht.<br />
Statt auf Vorgaben aus der Politik zu warten beginnt das am einfachsten sofort, „vor<br />
der eigenen Haustür“, im Privaten wie auch im beruflichen Umfeld. Auch wir bei <strong>Jack</strong><br />
<strong>Wolfskin</strong> tragen hier eine grosse Verantwortung und haben uns den neuen Heraus-<br />
forderungen zu stellen. Jede Art von Konsum zieht eine mehr oder weniger starke<br />
Einwirkung auf die Umwelt nach sich. Im Rahmen des Möglichen alles zu unternehmen,<br />
um diese Einwirkung so gering wie nur möglich zu halten, haben wir zu einem unserer<br />
Firmenziele erklärt. So wurde bereits die Erweiterung des Verwaltungsgebäudes in<br />
unserer Firmenzentrale und das neu geplante Distributionszentrum unter Energie-<br />
sparaspekten geplant, die Stromversorgung für die Verwaltung und die externen Büros<br />
auf Ökostrom umgestellt. Photovoltaik und Solarzellen auf unseren Firmengebäuden<br />
werden zu einer Selbstverständlichkeit, und durch<br />
Prozessänderungen wird unser Frachtaufkommen<br />
deutlich optimiert und reduziert. Unsere Werbe-<br />
mittel, auch dieser Katalog, werden bereits seit<br />
einem Jahr nur noch auf recyceltem oder FSC<br />
zertifiziertem Papier gedruckt. Und wir wissen, dass<br />
dies nur der Anfang eines stetigen Prozesses ist und<br />
wir uns nicht ausruhen dürfen. Unser Ziel ist es, als<br />
wachsendes Unternehmen in Zukunft stetig deut-<br />
lich weniger negativen Einfluss auf die Umwelt<br />
auszuüben.
Wie nötig das ist, unterstreicht auch die Reise zu den Lofoten. Der wärmste Winter<br />
seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen hätte als sicher unbedeutendste Folge um<br />
Haaresbreite dafür gesorgt, dass wir in einer eher frühlingshaften Landschaft gelandet<br />
wären. Allein mein bereits angesprochenes, vermutlich überdurchschnittlich gutes<br />
Verhältnis zum Wettergott, lässt uns noch einmal davonkommen. Drei Tage vor Ankunft<br />
setzt heftiges Schneetreiben ein und beschert Kindern wie Erwachsenen ganz unge-<br />
wöhnlich schöne, unbeschwerte Wintererlebnisse. Die zahllosen kleinen Inseln erheben<br />
sich wie von Zuckerguss überzogen aus dem Meer und bieten den Kindern eine<br />
Attraktion um die andere. Kaum hat das fürstliche Frühstück in unserem Rorbue eine<br />
perfekte Grundlage für einen anstrengenden Tag gelegt, ziehen die drei ein unermüd-<br />
liches Programm durch. Eine erste Schneeschuhwanderung auf einem zugefrorenen<br />
See oberhalb unserer Bleibe lässt die Kinder auftauen. Erstaunlich, wie intuitiv auch<br />
Jakob und Nele, die vorher noch nie Schneeschuhe getragen haben, bereits nach<br />
wenigen Minuten Sicherheit erlangen und ihre ersten Rennen absolvieren. Ausgelas-<br />
sene Rodelpartien auf mitgenommenen Rutschscheiben folgen.<br />
In besonderer Erinnerung bleibt eine Nachtwande-<br />
rung mit den Jungs. Schon die Vorfreude ist ein<br />
Erlebnis für sich, aber spätestens an der ersten acht-<br />
los liegengelassenen, rostenden Stahlkiste, an der<br />
sie vorbeikommen, sind aus Jakob und Flavio tüch-<br />
tige Seefahrer geworden, die einen wertvollen<br />
Schatz gehoben haben. Bis tief in die Dunkelheit<br />
ziehen sie am felsigen Strand entlang und erleben<br />
schaurig schöne Dinge, die ich als Erwachsener<br />
bestenfalls erahnen kann.<br />
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Die Lofoten werden nicht gerade von Touristenschwärmen heimgesucht. Das kommt<br />
mir auch zu Bewusstsein, als man eigens für uns bereits am Mittag den einzigen Skilift<br />
weit und breit in Betrieb nimmt. Der öffnet für gewöhnlich erst um 17 Uhr, wenn die<br />
Einheimischen sich nach der Arbeit noch ein paar Abfahrten gönnen. Vermutlich wird<br />
ihnen gar nicht bewusst, welch ungewöhnliche Perspektive sich ihnen dabei tagtäglich<br />
bietet. Ich brauche eine Weile zu verstehen, was mir – im Gegensatz zu meinen Walliser<br />
Alpen, wenn sie denn nicht gerade im Nebel verschwinden – so sonderbar vorkommt.<br />
Auf dem 900m hohen „Gipfel“ zu stehen und dann geradewegs Richtung Meer abzu-<br />
fahren, vorbei an den Flutlichtmasten, die an den kurzen Wintertagen ja quasi ständig<br />
benötigt werden, ist schon eine ganz besondere Erfahrung. Genauso wie ein ausklin-<br />
gender Abend mit Lagerfeuer an einem vollkommen zugeschneiten Sandstrand.
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Als wir schliesslich unseren kleinen Ort mit dem<br />
weissen Hof, der alten Scheune und den we-<br />
nigen verstreuten Häuschen in der Umgebung<br />
verlassen, wird mir klar, woran er mich die<br />
ganze Zeit erinnert hat. So oder so ähnlich hatte<br />
ich mir immer den Mittelhof in Astrid Lindgrens<br />
„Die Kinder aus Bullerbü“ vorgestellt. Nele und<br />
die Jungs hingegen hatten hier Wichtigeres zu<br />
tun, als in Vorstellungen zu schwelgen. Hinter<br />
jeder Ecke ein Abenteuer, stets zu jedem Unfug<br />
bereit. Alles klasse. Nur mit dem Fisch beim<br />
Eisangeln hat es nicht wirklich hingehauen, zur<br />
Freude Jakobs, der ohnehin niemals einen toten<br />
Fisch anfassen würde !<br />
Nicht erst bei der Redaktionssitzung der Kinder<br />
Anfang Juli ist uns klar, dass wir den vielen<br />
schönen Bildern, die wir nach Hause gebracht<br />
haben, in diesem Katalog noch mehr Platz ein-<br />
räumen würden als bisher schon. Besser als<br />
jedes Wort dokumentieren sie, welch wertvolle<br />
Erlebniswelten dort draussen vor uns liegen<br />
und jeder Mühe wert sind, sie zu erhalten.<br />
Manfred Hell, im Juli 2008<br />
Übrigens: Ein grosses Dankeschön an alle,<br />
die bereits unser Hilfsprojekt „Rebound“ für<br />
die vom Bürgerkrieg in Uganda betroffenen<br />
Kinder unterstützt haben. Bitte lassen Sie<br />
nicht nach in Ihrer Hilfe. Ständig aktualisierte<br />
Informationen zur Lage im Land und zum<br />
Projekt sowie Spendendetails finden Sie unter<br />
www.jack-wolfskin.com/rebound.