IN :TEAM Ausgabe Nr.5, Thema - NGD - Gruppe Norddeutsche ...
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Behinderte Sexualität<br />
Die Erarbeitung der Leitlinien zum Umgang mit Sexualität und Behinderung in unserer Werkstatt<br />
Sexualität ist ein natürlicher<br />
Bestandteil der Persönlichkeit des<br />
Menschen. Ihre positive Entfaltung<br />
hängt von Erfüllung menschlicher<br />
Grundbedürfnisse ab – wie der<br />
Wunsch nach Nähe, Berührung, Intimität,<br />
Lust, Zärtlichkeit und Liebe.<br />
Sexuelle Rechte behinderter Menschen<br />
sind grundlegende Menschenrechte,<br />
die sich auf die Freiheit,<br />
Gleichheit und Würde aller Menschen<br />
gründen.<br />
Mit diesen beiden Sätzen im Kopf und<br />
im Herzen gingen wir in die Startphase<br />
des Projektes „Behinderte Sexualität“.<br />
Im August 2005 auf der Dienstbesprechung<br />
der Stormarner Werkstätten Bad<br />
Oldesloe. Zusammen mit Günter Frank/<br />
Sexualberatung Kreis Stormarn und<br />
Gabi Rüger/ pro familia Lübeck warben<br />
wir für dieses Vorhaben, das dieser<br />
Werbung in der Tat bedurfte. Denn die<br />
<strong>Thema</strong>tisierung des <strong>Thema</strong>s Sexualität<br />
und Behinderung bedingt die Auseinandersetzung<br />
mit der eigenen Sexualität.<br />
Arbeitsgruppen von MitarbeiterInnen<br />
mit und ohne Handicap, Klausurtagungen,<br />
Grobkonzipierungen,<br />
Sonderbesprechungen, workshops,<br />
Themenbewertungen, Rückmeldungen<br />
aus den Arbeitsgruppen der Werkstatt,<br />
<strong>Gruppe</strong>nfortbildungs- und Mitarbeitertage,<br />
Verlaufsrefl exionen, viele Treffen<br />
im Kreishaus, Nähe, Distanz, Werte,<br />
Normen, sexuelle Gewalt, Abschluss,<br />
Feinarbeit, Umsetzung und Weiterentwicklung<br />
– bis zur Drucklegung der<br />
Leitlinien vergingen 2 ½ Jahre.<br />
Alles braucht seine Zeit – und diese<br />
war gut angelegt! Ein Schwerpunkt unserer<br />
Erarbeitung der Leitlinien wurde<br />
immer deutlich, die Rückmeldungen aus<br />
der Werkstatt, die Rückmeldungen der<br />
MitarbeiterInnen mit Handicap in den<br />
Konzeptionsvorschlag einzuarbeiten.<br />
Es gab Phasen, in denen die Zeit sich<br />
in sich selbst drehte, die Zähfl üssigkeit<br />
und Länge der Arbeiten uns fast den<br />
Mut und die Motivation nahmen.<br />
Im März 2008 schob der Büroservice<br />
der Stormarner Werkstätten Bad Oldesloe<br />
unsere gemeinsame Arbeit in die<br />
Druckmaschine. Als Einrichtung zur berufl<br />
ichen Rehabilitation tragen wir zur<br />
Normalisierung von Lebensbedingungen<br />
behinderter Menschen bei. Dazu gehört<br />
die Vermittlung sozialer und gesellschaftlicher<br />
Normen, deren Kontrolle<br />
und die Entwicklung pädagogischer<br />
Interventionen. Gleichermaßen ist es<br />
uns wichtig, die Selbstbestimmung<br />
aller Menschen zu unterstützen.<br />
Wir möchten jeden Menschen wertschätzen,<br />
indem wir ihn mit seinen<br />
Eigenschaften und Lebensfragen<br />
ernst nehmen, ihn grundsätzlich<br />
akzeptieren und ihm respektvoll<br />
begegnen, gerade auch im Feld der<br />
Sexualität.<br />
Die Ausdrucksformen der menschlichen<br />
Sexualität sind so vielfältig<br />
wie die Menschen selbst. In jeder<br />
Gemeinschaft bedarf es einer Übereinkunft,<br />
welche dieser Ausdrucksformen<br />
lebbar, bzw. darstellbar sein<br />
dürfen, was gefördert, akzeptiert,<br />
bzw. verboten werden soll. Dieses<br />
gilt auch für die Stormarner Werkstätten<br />
Bad Oldesloe.<br />
So transportieren auch MmH (MitarbeiterInnen<br />
mit Handicap) das<br />
<strong>Thema</strong> Sexualität in die tägliche<br />
Interaktion mit den MoH (MitarbeiterInnen<br />
ohne Handicap). Diese sind<br />
damit als AnsprechpartnerInnen<br />
und Orientierungshilfen gefordert,<br />
müssen adäquat reagieren, sich<br />
positionieren und authentisch sein.<br />
Diese besondere Herausforderung<br />
fordert Fachkompetenz und großes<br />
Refl exionsvermögen von den MoH.<br />
Die schließt die Bereitschaft und Fähigkeit<br />
zur kritischen Refl exion auch<br />
hinsichtlich der eigenen Sexualität<br />
ein. Hierfür stellt die Einrichtung<br />
die notwendigen Mittel für Fortbildung<br />
und Supervision nach Bedarf<br />
zur Verfügung. Die MoH und die<br />
Einrichtung tragen dafür Sorge, die<br />
entsprechenden Fachkompetenzen<br />
zu erlangen.<br />
Sexualität ist ein lebenslanger<br />
Lernprozess auch auf der Ebene<br />
von Wissen. Es geht u.a. um die<br />
Verantwortung unserer Einrichtung,<br />
hier günstige Lernbedingungen zu<br />
schaffen und unserem Bildungsauftrag<br />
für MmH nachzukommen. Dazu<br />
gehört auch die Enttabuisierung des<br />
<strong>Thema</strong>s.<br />
Zur Professionalität gehört, die<br />
Grenzen unserer Kompetenzen im<br />
Blick zu behalten und mit externen<br />
Fachstellen zu kooperieren. Wir<br />
vernetzen uns mit:<br />
TherapeutInnen<br />
Frauen helfen Frauen e.V.<br />
Stormarner Beratungsstellen/<br />
Aids- und Sexualberatung<br />
Fachdienst soziale Dienste<br />
Kreis Stormarn<br />
Fachberatung zur Gewalt/<br />
sexueller Gewalt in Familien<br />
pro familia e.V.<br />
Sozialpsychatrischer Dienst/Fachdienst<br />
Gesundheit Kreis Stormarn<br />
GynäkologInnen,UrologInnen,<br />
DermatologInnen u.a.<br />
Ich möchte so gern einmal bei meiner Freundin in der Wohnstätte übernachten<br />
aber Papa sagt: „So‘n Schweinkram machen wir nicht!“ M., 44 Jahre