IN :TEAM Ausgabe Nr.5, Thema - NGD - Gruppe Norddeutsche ...
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Das Interview<br />
Wir beziehen Position und überarbeiten<br />
diese regelmäßig, denn das Projekt<br />
wird nie abgeschlossen sein. Keine Positionen<br />
sind statisch, sie unterliegen<br />
alle der gesellschaftlichen Entwicklung<br />
und Wandlung.<br />
Carsten Schmidt-Diercks<br />
Leitlinien zum Umgang mit Sexualität<br />
und Behinderung in den Stormarner<br />
Werkstätten Bad Oldesloe, Eigendruck<br />
Betriebsstätte Elmenhorst<br />
Carsten Schmidt-Diercks: Was hat das<br />
<strong>Thema</strong> Sexualität mit Arbeit und Förderung<br />
in einer Werkstatt für Menschen<br />
mit Handicap zu suchen?<br />
Magdalena Stoffers: Sexuelle Aufklärung<br />
ist wichtig, weil alle Menschen<br />
das Recht auf ein eigenes Sexualleben<br />
haben. Sexualität ist positiv und gehört<br />
zu unserem Leben. Behinderten Frauen<br />
und Männern wird dieses Recht oft<br />
abgesprochen.<br />
Willst Du jetzt einen Kontaktraum<br />
in der Werkstatt einrichten?<br />
Nein, ich möchte präventiv arbeiten,<br />
d.h. aufklären und informieren.<br />
Während meiner Ausbildung habe ich<br />
gemerkt, wie hoch der Bedarf und die<br />
Neugierde in der Werkstatt ist. Zugleich<br />
aber auch, wie wenig die eigene<br />
Meinung gefragt ist, wie fremdbestimmt<br />
die Beschäftigten oft in ihren Normen<br />
leben. Ich erfahre Dankbarkeit für<br />
kleinste Hilfestellungen und Ratschläge.<br />
Präventation als Kernaufgabe<br />
der Sexualpädagogik?<br />
Nicht nur, sondern ich möchte, dass<br />
Magdalena Stoffers<br />
Sexualpädagogin<br />
Menschen über Sexualität reden und sie<br />
auch leben können. Sie werden lernen,<br />
selbstbestimmt zu handeln, sich zu<br />
informieren und Selbstvertrauen aufzubauen.<br />
Das bedeutet ganz schlicht, den<br />
Unterschied zwischen Mann und Frau,<br />
die Bedeutung von Homosexualität und<br />
das Recht auf eigene Grenzen, wenn<br />
andere diese überschreiten wollen.<br />
Selbstbestimmung ist mein <strong>Thema</strong>,<br />
„NE<strong>IN</strong>“ sagen und das zu lernen.<br />
Gibt es auch Lust in der Sexualität und<br />
deren Pädagogik?<br />
Ja, natürlich. Deshalb reden wir<br />
ausgiebig über Verhütungsmittel,<br />
Frauenthemen, Beziehung, Treue,<br />
Schwangerschaft, Wechseljahre. Das<br />
Interesse der Beschäftigten ist schier<br />
unbegrenzt. Und ich greife deren Ideen<br />
und Vorschläge auf. Ich biete Seminare,<br />
Projekte, Fortbildungstage, Paar- und<br />
Einzelgespräche an. Alles wird visualisiert.<br />
In einfacher Sprache und zum Anfassen<br />
dargestellt. Erstaunlich, welche<br />
Eigendynamik die <strong>Gruppe</strong>n entwickeln,<br />
wie viel Spaß entsteht – bei einem <strong>Thema</strong>,<br />
das mit vielen Tabus behaftet ist.<br />
Carsten Schmidt-Diercks<br />
Mitarbeiter im<br />
Begleitenden Dienst<br />
Wie reagieren Eltern, Angehörige und<br />
Betreuerinnen auf Deine Tabu brüche?<br />
Sehr unterschiedlich, sehr abhängig von<br />
ihrer eigenen Haltung zur Sexualität.<br />
Ablehnung, Verunglimpfung – aber<br />
auch Zuspruch und Unterstützung.<br />
Darin zeigt sich sehr deutlich, welche<br />
<strong>Gruppe</strong>n in diesem Wandlungsprozess<br />
von Aufklärung, der Überprüfung von<br />
Werten und Orientierung mitgenommen<br />
werden müssen.<br />
Siehst Du einen Schnittpunkt<br />
zu den Leitlinien „Behinderte Sexualität“,<br />
die wir für unsere Werkstatt<br />
entwickelt haben?<br />
Ich bin der Schnittpunkt, durch meine<br />
Arbeit werden die Leitlinien in die praktische<br />
Arbeit umgesetzt und durch die<br />
Rückmeldungen wiederum die Leitlinien<br />
verändert. Ich bin die Ansprechpartnerin,<br />
an mich wenden sich MitarbeiterInnen<br />
mit und ohne Handicap.<br />
Magdalena, wir wünschen Dir<br />
viele neugierige KollegInnen<br />
und danken für das Gespräch!