Magazin steuern_recht_8_2012_5 - PwC Blogs
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Aktuelle Nachrichten für<br />
Expertinnen und Experten<br />
August/September <strong>2012</strong><br />
Endlich auf den Weg<br />
gebracht<br />
Die Aktien<strong>recht</strong>snovelle<br />
<strong>2012</strong><br />
Wirbel nach<br />
Luxemburger Urteil<br />
Vermögensverwaltung als<br />
steuerpflichtige Leistung<br />
Unternehmerische<br />
Nutzungsabsicht<br />
entscheidend<br />
Vorsteuerabzug trotz<br />
Privatnutzung eines<br />
Investitionsguts<br />
Verstoß gegen<br />
Europa<strong>recht</strong><br />
Versagung des Ausgabenabzugs<br />
bei Lizenzgebühren<br />
Unrichtiger<br />
Steuerausweis<br />
Kriterien für den Zeitpunkt<br />
der Steuerentstehung<br />
blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong><br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong>
Inhalt<br />
Steuern aktuell ........................... 4<br />
Titel ............................................ 6<br />
Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: umfangreiche Änderungen für<br />
Berater und Mandanten ................................................... 6<br />
Steuern A bis Z ............................ 9<br />
Individuelle Vermögensverwaltung steuerpflichtig:<br />
Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Juli <strong>2012</strong> .. 9<br />
Vorsteuerabzug trotz vorübergehender Privatnutzung<br />
eines Investitions guts ...................................................... 12<br />
Lizenzgebühren: Berücksichtigung von Ausgaben beim<br />
Steuerabzug .................................................................... 13<br />
Entstehung der Umsatzsteuer in Fällen des unrichtigen<br />
Steuerausweises .............................................................. 15<br />
Leistungen eines inländischen Schadenregulierers und<br />
mögliche Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung ..... 15<br />
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen:<br />
keine Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots .................. 17<br />
Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen ......................... 20<br />
Umsatzsteuer: Vorstufenbefreiung bei bestimmten<br />
Umsätzen zur Verwendung durch international tätige<br />
Fluglinien ........................................................................ 21<br />
Änderung der Rechtsprechung: nachträgliche<br />
Schuldzinsen bei Vermietungseinkünften ........................ 22<br />
Formwechsel: Nichtberücksichtigung der ursprünglichen<br />
Anschaffungskosten bei Veräußerung eines<br />
Mitunternehmeranteils .................................................... 23<br />
Recht aktuell .............................. 24<br />
Bundesarbeitsgericht erklärt sachlich begründete<br />
Befristung im Einzelfall für <strong>recht</strong>smissbräuchlich ............ 24<br />
Bundesgerichtshof zu vorzeitiger Wiederbestellung von<br />
Vorstandsmitgliedern ..................................................... 24<br />
Gesetzentwurf zum Verfahren der Verbraucherinsolvenz<br />
und Restschuldbefreiung ................................................. 25<br />
Gesetzentwurf zur Bilanzierung in Kleinstunternehmen .. 25<br />
Länder ........................................ 26<br />
Ticker ......................................... 30<br />
Impressum ................................. 31<br />
2 <strong>PwC</strong>
Editorial<br />
Prof. Dr. Dieter Endres,<br />
Leiter Steuern und Mitglied<br />
des Vorstands<br />
„Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: Die<br />
Aufräumarbeiten haben begonnen“<br />
Als das Bundesjustizministerium vor über einem Jahr einen<br />
Referentenentwurf für die sogenannte Aktien<strong>recht</strong>snovelle<br />
2011 veröffentlichte, hieß die Parole: Das Aktien<strong>recht</strong> muss<br />
„punktuell“ weiterentwickelt und entrümpelt werden. Nach<br />
zum Teil heftiger Kritik geschah das, was häufig nach solchen<br />
forschen Ansagen zu beobachten ist: Es wurde erst einmal still<br />
um das Reformvorhaben. Zahlreiche Überarbeitungen später<br />
verabschiedete die Bundesregierung im Februar einen Gesetzentwurf<br />
zur Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>. Die vorgesehenen<br />
Änderungen erweitern dabei die Gestaltungsmöglichkeiten im<br />
Bereich der Aktiengesellschaften einerseits, verengen sie an<br />
anderen Stellen aber auch. So konnten bisher börsen- wie nicht<br />
börsennotierte Aktiengesellschaften wählen, ob sie Inhaberoder<br />
Namensaktien ausgeben wollten. Im Zuge der Novelle soll<br />
dieses Wahl<strong>recht</strong> bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften<br />
aus Gründen der Transparenz nun eingeschränkt werden.<br />
Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften können somit nur<br />
noch unter gewissen Bedingungen Inhaberaktien führen.<br />
Börsennotierte Gesellschaften haben hingegen weiterhin ein<br />
Wahl<strong>recht</strong>. Welche Vorgaben überdies zu beachten sind und<br />
was Gesellschaften im Blick haben sollten, nachdem die<br />
relative Befristung von Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse<br />
eingeführt wurde, erläutert Ihnen<br />
anschaulich der <strong>PwC</strong>-Autor Dr. Andreas M. Königshausen im<br />
Leitartikel dieser Ausgabe auf den Seiten 6 bis 8.<br />
Für erheblichen Wirbel sorgte der Europäische Gerichtshof mit<br />
seiner Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der<br />
individuellen Vermögensverwaltung. Der Grund: Im Rahmen<br />
ihres Urteils qualifizierten die Luxemburger Richter die Vermögensverwaltung<br />
als einheitliche steuerpflichtige Leistung und<br />
bestätigten damit die bislang von der Finanzverwaltung vertretene<br />
Auffassung. Aufgeben muss dagegen der Bundesfinanzhof<br />
seine bisherige Rechtsprechung. Er hatte wiederholt entschieden,<br />
Vermögensverwaltungsleistungen seien von der Umsatzsteuer<br />
befreit. Wie der Europäische Gerichtshof die Steuerpflicht<br />
der individuellen Vermögensverwaltung begründet,<br />
warum die Luxemburger Richter entgegen der Ansicht der<br />
deutschen Finanzverwaltung das Empfängerortprinzip auf die<br />
individuelle Vermögensverwaltung anwenden und welche Auswirkungen<br />
dieses Urteil in der Praxis für Vermögensverwalter<br />
und Anleger hat, erläutern Ihnen die <strong>PwC</strong>-Autorinnen Sylvia<br />
Neubert und Imke Murchner in dem Beitrag „Individuelle Vermögensverwaltung<br />
steuerpflichtig: Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs vom 19. Juli <strong>2012</strong>“ auf den Seiten 9 bis 12.<br />
Um einen weiteren Umsatzsteuerfall, dem sich unlängst der<br />
Europäische Gerichtshof widmete, geht es auch in dem Beitrag<br />
„Vorsteuerabzug trotz vorübergehender Privatnutzung eines<br />
Investitionsguts“. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Vorsteuerabzug<br />
auch dann möglich ist, wenn ein zum Unternehmen<br />
gehörendes Investitionsgut zunächst ausschließlich zu privaten<br />
Zwecken verwendet wird. Entscheidend für eine Zuordnung<br />
zum Unternehmen ist nach Auffassung der Luxemburger<br />
Richter demnach auch bei serieller privater und unternehmerischer<br />
Nutzung die unternehmerische Nutzungsabsicht, die bereits<br />
bei Bezug der Leistung bestehen und durch objektive<br />
Anhaltspunkte belegbar sein muss. Dieses Ergebnis steht allerdings<br />
im Widerspruch zur bislang geltenden deutschen Rechtslage,<br />
nach der eine Zuordnung zum Unternehmen eine<br />
mindestens zehnprozentige unternehmerische Nutzung des<br />
Wirtschaftsguts voraussetzt. Wird diese Grenze nicht eingehalten,<br />
kann der Vorsteuerabzug nach derzeitigem Recht nämlich<br />
vollständig versagt werden. Unter welchen Voraussetzungen<br />
ein Vorsteuerabzug trotz zunächst vorübergehender Privatnutzung<br />
eines zum Unternehmen gehörenden Investitionsguts<br />
möglich ist und weshalb es unklar ist, ob und – wenn ja – wie<br />
dieses Urteil in Deutschland angewendet werden kann, legen<br />
Ihnen die <strong>PwC</strong>-Autoren Miriam Peisker und Martin Diemer auf<br />
den Seiten 12 und 13 dar.<br />
Eine anregende Lektüre dieser und aller anderen lesenswerten<br />
Artikel dieser Ausgabe wünscht Ihnen:<br />
Ihr<br />
Prof. Dr. Dieter Endres<br />
Leiter Steuern und Mitglied des Vorstands<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 3
Steuern aktuell<br />
Europäische Kommission schlägt<br />
Notfallmaßnahmen gegen Mehrwertsteuerbetrug<br />
vor<br />
Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat einen Vorschlag<br />
für einen Mechanismus angenommen. Dieses Instrument<br />
soll die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, schneller und<br />
wirksamer auf Mehrwertsteuerbetrug zu reagieren. Nach dem<br />
Mechanismus könnte ein Mitgliedstaat, der unvermittelt in<br />
großem Umfang von Betrug betroffen ist, bestimmte Notfallmaßnahmen<br />
anwenden, die in den gegenwärtigen Vorschriften<br />
zur Mehrwertsteuer nicht vorgesehen sind.<br />
So sollen die Mitgliedstaaten binnen eines Monats die<br />
„Reverse-Charge-Regelung“ anwenden können, bei der die<br />
Steuer vom Erwerber geschuldet wird (und nicht vom Lieferanten<br />
der Gegenstände) oder vom Empfänger der Dienstleistung.<br />
Das würde die Chancen, komplexe und systematische Manipulationen<br />
bei der Mehrwertsteuer wie etwa Karussellbetrug zu<br />
bekämpfen, erheblich verbessern und ansonsten unvermeidliche<br />
finanzielle Verluste eindämmen. Damit auf neue Formen<br />
des Betrugs in Zukunft reagiert werden kann, möchte die Kommission<br />
im Rahmen des Schnellreaktionsmechanismus (SRM)<br />
auch weitere Maßnahmen, den Betrug zu bekämpfen, genehmigen<br />
und einführen. Derzeit muss ein Mitgliedstaat, der<br />
Mehrwertsteuerbetrug durch rasche Maßnahmen bekämpfen<br />
möchte, die in den europäischen Mehrwertsteuervorschriften<br />
derzeit nicht vorgesehen sind, die Genehmigung einer Ausnahmeregelung<br />
förmlich beantragen. Deshalb erarbeitet die Kommission<br />
einen entsprechenden Vorschlag und legt ihn dem Rat<br />
vor, der ihn einstimmig annehmen muss, bevor die Maßnahmen<br />
umgesetzt werden können. – Das Problem: Dieses Verfahren<br />
ist umständlich und verzögert die Maßnahmen der Mitgliedstaaten,<br />
um den Betrug zu stoppen. Mit dem SRM müssten<br />
Mitgliedstaaten, die spezielle Maßnahmen ergreifen<br />
wollen, nicht länger auf den Abschluss dieses förmlichen Verfahrens<br />
warten. Stattdessen würde ihnen in einem wesentlich<br />
zügigeren Verfahren binnen eines Monats genehmigt, von den<br />
Mehrwertsteuervorschriften der EU abzuweichen. Auf diese<br />
Weise könnten sie mit der Bekämpfung des Betrugs fast sofort<br />
beginnen, bis dauerhaftere Maßnahmen in Kraft treten würden.<br />
Mietentschädigung keine Werbungskosten<br />
Der Abzug von Werbungskosten setzt eine Belastung mit Aufwendungen<br />
voraus. Das ist bei einem Mietausfall für ein leer<br />
stehendes Haus nicht der Fall. Als entgangene Einnahme erfüllt<br />
er nicht den Aufwendungsbegriff. Der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) hatte zu klären, ob eine Mietentschädigung als Werbungskosten<br />
abzugsfähig ist, wenn es trotz verstärkter<br />
Bemühungen nicht möglich war, das bisher selbst genutzte<br />
Wohnungseigentum zu einem angemessenen Preis zu veräu-<br />
4 <strong>PwC</strong><br />
ßern. – Hintergrund: Ein Ehepaar war aufgrund einer dienstlichen<br />
Versetzung des Ehemanns umgezogen. Der BFH lehnte<br />
einen Werbungskostenabzug ab. Das Urteil war nicht überraschend<br />
und allein schon aus steuersystematischen Gründen<br />
unzweifelhaft. Der Umzug war zwar beruflich veranlasst.<br />
Dennoch lässt sich die sogenannte Mietentschädigung nicht als<br />
Werbungskosten abziehen. Der Werbungskostenabzug setzt<br />
nämlich eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist<br />
auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter<br />
aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Fehlt es an<br />
einem tatsächlichen Abfluss, liegen keine abzugsfähigen Aufwendungen<br />
vor. Entgangene Einnahmen, um die es in dem Fall<br />
geht, erfüllen ebenso wie der Verzicht auf Einnahmen nicht<br />
den Aufwendungsbegriff. Letztlich, so die Richter, handele es<br />
sich bei der Mietentschädigung für das Eigenheim am bisherigen<br />
Wohnsitz nicht um einen realen Abfluss von Aufwendungen,<br />
sondern um eine rein fiktive Position, die noch nicht<br />
einmal als Aufwand qualifiziert werden könne.<br />
Keine Aufdeckung stiller Reserven bei<br />
Veräußerung an Zebragesellschaft<br />
Überträgt ein gewerblich tätiger Gesellschafter einer vermögensverwaltenden<br />
Personengesellschaft („Zebragesellschaft“)<br />
ein Wirtschaftsgut seines Betriebsvermögens in deren Gesamthandsvermögen,<br />
führt das steuerlich nicht zur Aufdeckung<br />
der stillen Reserven beim Gesellschafter, wenn dieser an der<br />
Zebragesellschaft betrieblich beteiligt ist. Im entschiedenen<br />
Fall verkaufte eine gewerblich tätige Kommanditgesellschaft<br />
(KG) ihr Betriebsgrundstück an eine vermögensverwaltend tätige<br />
KG (Zebragesellschaft), an der sie als Kommanditistin mit<br />
99 Prozent beteiligt war. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht<br />
waren der Auffassung: Die erheblichen stillen Reserven<br />
sind infolge der Veräußerung aufzudecken und in vollem Umfang<br />
steuerpflichtig. Der Bundesfinanzhof gab der Revision<br />
statt und entschied zugunsten der KG: Die Veräußerung führt<br />
nach der Entscheidung nicht zur Gewinnrealisierung, denn –<br />
so die Begründung – das Betriebsvermögen der KG ändert sich<br />
insoweit nicht, als es ihrer Beteiligung an der Zebragesellschaft<br />
entspricht und das Wirtschaftsgut nicht aus ihrem Betriebsvermögen<br />
ausscheidet, sondern dort unverändert verbleibt. Ein<br />
Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens, das von dem gewerblichen<br />
Gesellschafter auf die vermögensverwaltende Personengesellschaft<br />
übertragen wird, müsse – anders als bei der Beteiligung<br />
an einer gewerblichen Personengesellschaft – anteilig<br />
weiterhin in dessen Betriebsvermögen erfasst werden.<br />
Die vom Finanzamt ins Feld geführte Gefahr von Besteuerungslücken<br />
besteht nach Meinung der Richter nicht. Denn die<br />
Betrachtung des Bruchteils (sprich die Zurechnung des<br />
gesamthänderisch gebundenen Grundbesitzes als eigenen<br />
Grundbesitz) führt dazu, dass die dem gewerblich tätigen<br />
Gesellschafter (hier: der KG) insofern zuzurechnenden stillen
Reserven bei Veräußerung des Wirtschaftsguts durch die vermögensverwaltende<br />
Personengesellschaft aufzudecken sind.<br />
Keine steuerfreie Gewährung eines<br />
Kredits beim echten Factoring<br />
Kauft ein Unternehmer Honorarforderungen von Ärzten gegen<br />
ihre Patienten unter Übernahme des Ausfallrisikos gegen sofortige<br />
Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, liegt darin keine<br />
steuerfreie Kreditgewährung des Unternehmers (Factors) an<br />
die Ärzte. Und das ist selbst dann nicht so, wenn der Unternehmer<br />
in den Abrechnungen neben den Factoringgebühren<br />
getrennt einen pauschalen Vorfinanzierungszins ausweist. – Im<br />
Streitfall hatte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
(GmbH) Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten<br />
mit gleichzeitiger Übernahme des Ausfallrisikos gekauft. Der<br />
Kaufpreis setzte sich aus drei verschiedenen Gebührenelementen<br />
zusammen, darunter einem pauschalen Vorfinanzierungszins.<br />
Die GmbH wies in ihren Abrechnungen gegenüber den<br />
Ärzten diese Gebühren getrennt aus und behandelte die<br />
Umsätze aus den Forderungskäufen als Folge des zum Forderungsankauf<br />
gegenüber Kfz-Händlern ergangenen Urteils des<br />
Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2003 (C-305/01;<br />
MKG-Kraftfahrzeuge-Leasing) zunächst als insgesamt steuerpflichtig.<br />
Später beantragte sie, die Gebühren für die Vorfinanzierung<br />
steuerfrei zu belassen, denn der Vorfinanzierung sei<br />
als gleichwertige Leistung eine eigenständige Bedeutung beizumessen.<br />
Der Bundesfinanzhof wies den Antrag der GmbH<br />
in allen Einzelheiten als unbegründet zurück. Richterliche<br />
Begründung: Die GmbH habe im Zusammenhang mit der<br />
Abtretung der Forderungen unstrittig eine steuerbare und<br />
steuerpflichtige Leistung erbracht. Anders sei es nur im Fall<br />
des Ankaufs zahlungsgestörter Forderungen zu einem unter<br />
ihrem Nennwert liegenden Preis.<br />
Pauschalbesteuerung von Erträgen<br />
aus intransparenten Investmentfonds<br />
Verstößt die pauschale Besteuerung von Erträgen aus intransparenten<br />
ausländischen Investmentfonds gegen das Recht der<br />
Europäischen Union, weil sie als eine verschleierte Beschränkung<br />
des freien Kapitalverkehrs anzusehen ist? – Diese Frage<br />
hat jetzt das Finanzgericht Düsseldorf dem Europäischen<br />
Gerichtshof vorgelegt.<br />
Die Besteuerung der Erträge aus in- und ausländischen Investmentanteilen<br />
wurde ab dem Jahr 2004 auf eine neue Rechtsgrundlage<br />
gestellt. Zwischen in- und ausländischen Fonds wird<br />
nicht mehr unterschieden, sondern nur noch zwischen transparenten<br />
und intransparenten Fonds: Sowohl inländische als<br />
auch ausländische Investmentgesellschaften haben unter anderem<br />
die Pflicht, die für die Veranlagung der Anteilseigner<br />
Steuern aktuell<br />
notwendigen Besteuerungsgrundlagen in besonderer Weise zu<br />
veröffentlichen. Werden diese Angaben nicht bekannt gemacht,<br />
fallen sie – Hedgefonds ausgenommen – unter eine<br />
ungünstige Strafbesteuerung. Das Finanzgericht Düsseldorf<br />
zweifelte, ob nicht trotz der seit 2004 erfolgten formalen<br />
Gleichstellung eine verdeckte beziehungsweise faktische Diskriminierung<br />
vorliegen könnte. Diese kann – so das Gericht –<br />
darin bestehen, dass die Vorschriften des § 5 Absatz 1 Investmentsteuergesetz<br />
(InvStG) quasi auf inländische Fonds<br />
„zugeschnitten“ sind, während für ausländische Fonds keine<br />
Veranlassung besteht, diese Pflichten zu erfüllen. Eine Beschränkung<br />
der Kapitalverkehrsfreiheit könne vorliegen, wenn<br />
einerseits der ausländische Fonds keine deutschen Anleger für<br />
sich gewinnen könne, soweit er nicht die Bekanntmachungsund<br />
sonstigen Pflichten nach § 5 InvStG erfülle, und andererseits<br />
deutsche Anleger von ausländischen Investmentfonds<br />
Abstand nähmen. Denn diese kommen häufig nicht diesen Anforderungen<br />
nach, weil sie etwa die Investmenterträge nicht in<br />
deutscher Sprache mitteilen oder die erforderlichen Angaben<br />
nicht im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen.<br />
Keine erbschaftsteuerliche Begünstigung<br />
bei Beteiligung an kanadischer<br />
Gesellschaft<br />
Der Ausschluss der weitergehenden erbschaftsteuerlichen<br />
Begünstigung für den Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft<br />
mit Sitz in einem Drittstaat verstößt nicht gegen<br />
europäisches Recht. Tangiert wird die im Verhältnis zu Drittstaaten<br />
nicht geltende Niederlassungsfreiheit und nicht die<br />
Kapitalverkehrsfreiheit.<br />
Zur Entscheidung stand die Vorgabe eines Mitgliedstaats. Dieser<br />
Regelung zufolge ist es ausgeschlossen, bei der Berechnung<br />
der Steuer bestimmte Vergünstigungen auf einen Nachlass in<br />
Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in<br />
einem Drittstaat anzuwenden, während diese Vergünstigungen<br />
in vergleichbaren Fällen gewährt werden, wenn sich der Sitz<br />
der Gesellschaft in einem Mitgliedstaat befindet. Nach Ansicht<br />
des Gerichts berührt diese Vorgabe vorwiegend die Ausübung<br />
der Niederlassungsfreiheit – vorausgesetzt: Die genannte Beteiligung<br />
ermöglicht es ihrem Inhaber, einen sicheren Einfluss auf<br />
die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben<br />
und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Das traf im zugrunde liegenden<br />
Fall zu: Die in Deutschland wohnende Steuerpflichtige<br />
hatte eine Beteiligung in Höhe von 100 Prozent an einer kanadischen<br />
Kapitalgesellschaft geerbt. Mit seiner Entscheidung<br />
folgte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Ergebnis den<br />
Schlussanträgen der Generalanwältin vom 20. März <strong>2012</strong>. Die<br />
Steuerpflichtige kann sich somit nicht auf eine EU-Widrigkeit<br />
ihrer Besteuerung berufen. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist demgegenüber,<br />
so der EuGH, nur dann betroffen, wenn die Beteiligung<br />
in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgt ist.<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 5
Titel<br />
Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: umfang<br />
und Mandanten<br />
Im Zuge der Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong> treten im deutschen<br />
Aktien<strong>recht</strong> voraussichtlich im Herbst <strong>2012</strong><br />
umfangreiche Änderungen in Kraft. Geplant ist eine<br />
punktuelle Weiterentwicklung verschiedener, teils<br />
bedeutender Bereiche des Aktien<strong>recht</strong>s, die sowohl für<br />
Berater als auch für Mandanten von erheblicher Bedeutung<br />
sind. Überwiegend werden die vorgesehenen<br />
Änderungen die Gestaltungsmöglichkeiten für Aktiengesellschaften<br />
erweitern, teilweise erfolgen aber auch<br />
Einschränkungen. – Was Sie in den drei großen Bereichen,<br />
die vor allem geändert werden, beachten sollten,<br />
fasst Rechtsanwalt Andreas M. Königshausen für<br />
Sie zusammen.<br />
Einschränkung des Wahl<strong>recht</strong>s der<br />
Aktienart<br />
Bisher besteht für börsen- wie nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />
gemäß § 10 Satz 1 und § 23 Absatz 3 Satz 5<br />
Aktiengesetz (AktG) ein Wahl<strong>recht</strong> zwischen Inhaber-(Be<strong>recht</strong>igung<br />
des Wertpapierinhabers) und Namensaktien (Be<strong>recht</strong>igung<br />
des im Wertpapier genannten Aktionärs). Im Gegensatz<br />
zu Inhaberaktien machen Namensaktien den Aktionär somit<br />
identifizierbar.<br />
Im Zuge der Novelle soll das Wahl<strong>recht</strong> zwischen Inhaber- und<br />
Namensaktien bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften<br />
eingeschränkt werden, um die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse<br />
zu verbessern. Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />
können nur noch unter gewissen Bedingungen<br />
Inhaberaktien führen. Börsennotierte Gesellschaften haben<br />
hingegen weiterhin ein Wahl<strong>recht</strong>.<br />
6 <strong>PwC</strong><br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … warum bei Aktiengesellschaften, die nicht<br />
börsennotiert sind, ein Handlungs- und Beratungsbedarf<br />
entsteht.<br />
• … welche Vorgaben sowohl bei Vorzugsaktien mit<br />
oder ohne Nachzahlungsanspruch als auch bei<br />
umgekehrten Wandelschuldverschreibungen zu<br />
beachten sein werden.<br />
• … was Gesellschaften im Blick haben sollten, nachdem<br />
die relative Befristung von Nichtigkeitsklagen<br />
gegen Hauptversammlungsbeschlüsse eingeführt<br />
wurde.<br />
Inhaber von Namensaktien werden gemäß § 67 AktG unter anderem<br />
mit Namen, Geburtsdatum und Adresse in das Aktienregister<br />
der Gesellschaft eingetragen. Bei Inhaberaktionären<br />
erfolgt keine solche Registrierung. Der Gesetzgeber befürchtet<br />
deshalb, dass die – aufgrund der unterschiedlichen Aktienart<br />
bestehende – mangelnde Transparenz der Beteiligungsverhältnisse<br />
bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften (Meldepflicht<br />
erst ab 25 Prozent Beteiligung am Grundkapital,<br />
§§ 20 ff. AktG) unter anderem die Geldwäsche begünstigt.<br />
Bei börsennotierten Gesellschaften existiert kein Grund für<br />
diese Befürchtung, da gemäß § 21 Wertpapierhandelsgesetz<br />
eine Meldepflicht bereits ab drei Prozent des stimmbe<strong>recht</strong>igten<br />
Grundkapitals besteht.<br />
Um der mangelnden Transparenz entgegenzuwirken, ist daher<br />
die Ausgabe von Inhaberaktien für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />
zukünftig nur noch dann möglich, wenn der<br />
Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung seiner Inhaberaktien<br />
in der Satzung ausgeschlossen ist und stattdessen Sammelverwahrung<br />
vorgesehen wird. Die Sammelverwahrung<br />
ermöglicht den Ermittlungsbehörden, auf diese Weise auch bei<br />
Inhaberaktien Informationen zur Identität der Anteilseigner<br />
bei der Verwahrstelle (Depotbank) zu erhalten. Um die Transparenz<br />
zwischen der Neugründung einer Gesellschaft und der<br />
tatsächlichen Hinterlegung der Inhaberaktien sicherzustellen,<br />
wird § 67 AktG (Führung eines Aktienregisters) analog angewandt.<br />
Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, die keine<br />
Sammelverwahrung vorsehen, werden auf Namensaktien festgelegt<br />
und müssen somit gemäß § 67 AktG stets ein Aktienregister<br />
führen. Eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit<br />
Inhaberaktien, die nur für die Hälfte ihres Grundkapitals eine<br />
Börsenzulassung beantragt, kann allerdings die andere Hälfte<br />
ihres Grundkapitals als Inhaberaktien ausgestalten, ohne den<br />
Anspruch auf Einzelverbriefung in der Satzung ausschließen<br />
und eine Sammelverwahrung vorsehen zu müssen. Bei diesen<br />
Ausnahmefällen eröffnet das Gesetz künftig einen Gestaltungsspielraum.<br />
Im Ergebnis besteht somit ein Beratungsbedarf bei bestehenden<br />
nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, wenn diese<br />
weiterhin Inhaberaktien führen oder zu Namensaktien wechseln<br />
wollen. Gleiches gilt auch bei der Neugründung von nicht<br />
börsennotierten Aktiengesellschaften und beim Formwechsel,<br />
wenn auf ein Aktienregister verzichtet werden soll. Auf der anderen<br />
Seite kann es sinnvoll sein, in der Satzung von Beginn an<br />
Namensaktien vorzusehen, wenn mittelfristig kein Börsengang<br />
geplant ist.
eiche Änderungen für Berater<br />
Flexibilisierung der Finanzierung<br />
Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, die Finanzierung der<br />
Aktiengesellschaft zu flexibilisieren. Dies geschieht auf der<br />
Eigenkapitalseite durch die Einführung von Vorzugsaktien<br />
ohne Nachzahlungsanspruch (§ 139 AktG) und auf der Fremdkapitalseite<br />
durch die Einführung von „umgekehrten“ Wandelschuldverschreibungen<br />
(§ 221 AktG).<br />
Vorzugsaktien ohne Nachzahlungsanspruch<br />
Bisher waren Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch (§ 139<br />
AktG) der gesetzliche Normalfall. Vorzugsaktionäre werden<br />
bevorzugt aus dem ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn der<br />
Gesellschaft bedient. Fällt der Vorzug in einem Geschäftsjahr<br />
aus, haben die Vorzugsaktionäre Anspruch auf eine Nachzahlung<br />
des Vorzugs im folgenden Geschäftsjahr. Die bisherigen<br />
Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch waren insbesondere<br />
für Kreditinstitute aufgrund ihrer regulatorischen Eigenkapitalanforderungen<br />
nachteilig, da sie gemäß § 10 Absatz 2 a<br />
Satz 1 Nummer 2 Kreditwesengesetz nicht zum Kernkapital als<br />
Bestandteil des Eigenkapitals gerechnet werden. In Zukunft<br />
wird es ein Nebeneinander dieser zwei Arten von Vorzugsaktien<br />
geben. Der gesetzliche Normalfall soll künftig die<br />
Vorzugsaktie ohne Nachzahlungsanspruch sein und der Nachzahlungsanspruch<br />
soll nur noch gegeben sein, wenn die Satzung<br />
dies ausdrücklich vorsieht. Der erweiterte Spielraum bei<br />
der Gestaltung der Vorzugsaktie soll es den Kreditinstituten –<br />
speziell vor dem Hintergrund der letzten Finanzkrise – erleichtern,<br />
sich mit Eigenkapital auszustatten.<br />
Die Vorschrift des § 140 Absatz 2 AktG, die das Aufleben des<br />
Stimm<strong>recht</strong>s bei Vorzugsaktien regelt, wird infolge dieser<br />
Neuregelung entsprechend angepasst. Das Stimm<strong>recht</strong> lebt bei<br />
den Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch gemäß § 140<br />
Absatz 2 AktG auf, wenn der gegenwärtige Vorzug ausgefallen<br />
ist und die Nachzahlung für das vergangene Jahr ausbleibt. Bei<br />
den Vorzugsaktien ohne Nachzahlungsanspruch soll bereits<br />
der einmalige Ausfall des Vorzugs genügen, damit das Stimm<strong>recht</strong><br />
auflebt. Es erlischt wieder, wenn der Vorzug später vollständig<br />
nachgezahlt wird.<br />
„Umgekehrte“ Wandelschuldverschreibungen<br />
Wandelschuldverschreibungen oder auch Wandelanleihen (sogenannte<br />
Convertible Bonds) sind Fremdkapitalfinanzierungsinstrumente<br />
der Aktiengesellschaft, die von ihr als Anleiheschuldner<br />
ausgegeben werden. Da diesen das Recht innewohnt,<br />
in Aktien umgetauscht werden zu können, lassen sie<br />
sich auch in Eigenkapital umwandeln. Dieser Umtausch in<br />
Aktien stellt ein Wahl- und Gestaltungs<strong>recht</strong> des Anleihegläubigers<br />
dar und findet in der Regel innerhalb der vereinbarten<br />
Wandlungsfrist in einem vorher festgelegten Verhältnis durch<br />
Annahmeerklärung des befristeten Zeichnungsangebots der<br />
Gesellschaft durch den Anleihegläubiger statt.<br />
Die „umgekehrten“ Wandelschuldverschreibungen (sogenannten<br />
Contingent Convertible Bonds, kurz: Coco-Bonds) ermöglichen<br />
es zukünftig auch der emittierenden Gesellschaft, als<br />
Anleiheschuldner ein Wandlungs<strong>recht</strong> auszuüben. Die Gesellschaft<br />
kann sich somit einen Debt Equity Swap (Umwandlung<br />
von Schulden, „debt“, in Eigenkapital, „equity“) „auf Vorrat“<br />
anlegen und diesen zur Verhinderung einer Überschuldung<br />
oder Erleichterung einer Sanierung der Gesellschaft nutzen.<br />
Titel<br />
Der Sinn der Coco-Bonds besteht für die emittierende Gesellschaft<br />
letztlich darin, Wandelanleihen (potenzielles Eigenkapital)<br />
durch Ausübung ihres Wandlungs<strong>recht</strong>s in haftendes<br />
Eigenkapital verwandeln zu können. Für den Anleihegläubiger<br />
wird das Risiko dieser Anlageform steigen, da er damit rechnen<br />
muss, dass die Gesellschaft ihr Wandlungs<strong>recht</strong> ausübt. Dieses<br />
Risiko wird die Gesellschaft im Gegenzug mit höheren Zinsen<br />
für den Anleihegläubiger bezahlen müssen. Als weiteren Vorteil<br />
der Coco-Bonds führt die Gesetzesbegründung an, dass<br />
eine Rekapitalisierung der Gesellschaft nicht in erster Linie mit<br />
Mitteln der Steuerzahler erfolgen muss, sondern primär auf<br />
dem Weg der Inanspruchnahme privater Gläubiger geschehen<br />
kann. Auch dies ist vor dem Hintergrund der vergangenen<br />
Finanzkrise zu sehen. Zudem sind die Coco-Bonds für Kreditinstitute<br />
in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft aufgrund<br />
der zukünftig steigenden Eigenkapitalanforderungen nach<br />
Basel III vorteilhaft.<br />
Relative Befristung von Nichtigkeitsklagen<br />
Als dritte wesentliche Neuerung beabsichtigt der Gesetzgeber,<br />
eine relative Befristung von Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse<br />
einzuführen. Sie zielt darauf ab, eine<br />
Lösung gegen „nachgeschobene“ Nichtigkeitsklagen zu finden.<br />
Hintergrund ist, dass sogenannte „räuberische Aktionäre“<br />
planmäßig Beschlüsse anfechten, um durch die mit ihrer Klage<br />
verbundene Registersperre, die eine Eintragung der fraglichen<br />
Strukturmaßnahme verhindert, einen Lästigkeitswert zu erzielen,<br />
den sie sich „abkaufen“ lassen. Die Gesellschaft versucht<br />
sodann regelmäßig, die Registersperre in einem Freigabeverfahren<br />
gemäß § 246 a AktG zu überwinden. Als Reaktion<br />
darauf wurde von den „räuberischen Aktionären“ gegen Ende<br />
eines für die Gesellschaft erfolgreichen Freigabeverfahrens<br />
häufig eine bislang unbefristet mögliche Nichtigkeitsklage<br />
erhoben. Diese löst eine erneute faktische Registersperre aus<br />
und hindert so die Gesellschaft an der Eintragung der ursprünglichen<br />
Maßnahme. Die Gesellschaft war in der Vergangenheit<br />
gezwungen, ein erneutes Freigabeverfahren einzuleiten,<br />
und das Beschlussmängelverfahren wurde verlängert.<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 7
Titel<br />
Mit der Einführung einer relativen Befristung der Nichtigkeitsklage<br />
soll dem nun begegnet werden. Allerdings soll die<br />
Nichtigkeitsklage nicht generell befristet werden, sondern nur<br />
dann, wenn gegen den entsprechenden Beschluss bereits Klage<br />
erhoben worden ist (§ 249 Absatz 3 AktG-E). Bei der Anfechtungsklage<br />
ist die Klagefrist bereits durch § 246 Absatz 1 AktG<br />
auf einen Monat nach Beschlussfassung begrenzt. Gemäß<br />
§ 249 Absatz 3 AktG-E sollen zukünftig auch relativ befristete<br />
Nichtigkeitsklagen nur noch innerhalb eines Monats ab<br />
Bekanntmachung der Klage in den Gesellschaftsblättern (§ 25<br />
AktG) durch den Vorstand zulässig sein. Spätere Klagen sollen<br />
bereits wegen Verfristung keine Registersperre auslösen<br />
können.<br />
Der Berater sollte dem Vorstand daher empfehlen, besondere<br />
Sorgfalt bei der Bekanntmachung der Ausgangsklage in den<br />
Gesellschaftsblättern gemäß § 246 Absatz 4 Satz 1 AktG<br />
walten zu lassen, damit die Möglichkeit der Befristung der<br />
Nichtigkeitsklage nicht an der fehlenden oder fehlerhaften<br />
Bekanntmachung der Ausgangsklage scheitert. Der Vorstand<br />
hat es zukünftig also selbst in der Hand, die Frist für die Nichtigkeitsklage<br />
durch eine ordnungsgemäße Veröffentlichung der<br />
Ausgangsklage in Gang zu setzen. Im Zweifel sollte der Berater<br />
den Vorstand darauf kontinuierlich hinweisen.<br />
Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Bitte rufen Sie<br />
Ihren Ansprechpartner an oder schicken ihm einfach eine E-Mail.<br />
8 <strong>PwC</strong><br />
Dr. Andreas M. Königshausen<br />
Tel.: +49 211 981-1893<br />
andreas.m.koenigshausen@de.pwc.com<br />
German Stock Corporation Amendment Act <strong>2012</strong><br />
The prime objective of the Stock Corporation Amendment<br />
Act <strong>2012</strong> is to further advance specific sections of<br />
the present law, which has some significant practical effects.<br />
The draft bill that has now been published differs<br />
in several respects from the earlier draft statutes of 2010.<br />
It is expected that the new regulations will become effective<br />
sometime towards late <strong>2012</strong>. The principal changes<br />
relate to the issue of bearer shares, “reverse” convertible<br />
bonds, the issue of preference shares without entitlement<br />
to deferred dividend payments and the restriction<br />
(deadline) of invalidity actions.<br />
Currently, listed companies and all other corporations<br />
are offered the choice to issue bearer shares and registered<br />
shares. In the future, non-listed companies are faced<br />
with some restrictions to issue bearer shares: Issuance of<br />
bearer shares will henceforth only be permissible if the<br />
articles exclude the right to demand individual certificates<br />
for the shares and if the shares are held in collective safekeeping.<br />
Non-listed companies which do not provide for<br />
collective safekeeping would be limited to registered<br />
shares and a company’s share register must be maintained<br />
at all times stating name, date of birth and address<br />
of the holder, as well as the number of shares or share<br />
number and in the case of par-value shares the amount.<br />
The amendments also enhance the flexibility in financing<br />
matters by introducing preference shares with no right to<br />
deferred dividend payments (to improve the net equity<br />
base) and “reverse” convertible bonds (so-called contingent<br />
convertible bonds). In the case of contingent convertible<br />
bonds, the issuing company itself may exercise a<br />
conversion right. The purpose of this provision is to make<br />
a debt-equity-swap possible during difficult times or to<br />
simplify a reconstruction for rescue of the corporation.<br />
The issuance of preference shares that do not grant the<br />
right to deferred dividend payments should have similar<br />
effects, namely to facilitate the capitalization of stock<br />
corporations: Voting rights are reinstated if no preferred<br />
dividend is paid and if the amounts in arrear are outstanding.<br />
Under present law, invalidity actions against the shareholders’<br />
resolution may be filed at any time. As happened<br />
in the past, shareholders purportedly filed a new action<br />
with the intention to stall ongoing proceedings and delay<br />
registration. This will no longer apply under the auspices<br />
of the proposed amendments. If the resolution has<br />
already been challenged, invalidity actions are only<br />
possible within a limited time frame: They must be filed<br />
within one month following publication of the action in<br />
the company’s journals and electronic Federal Gazette.<br />
Board of management should therefore ensure that the<br />
original action is duly published and the limited deadline<br />
of one month thus comes into play if need be. (MH)
Steuern A bis Z<br />
Individuelle Vermögensverwaltung<br />
steuerpflichtig: Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs vom 19. Juli<br />
<strong>2012</strong><br />
Mit seinem Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> hat der Europäische<br />
Gerichtshof Rechtssicherheit geschaffen in der<br />
Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der individuellen<br />
Vermögensverwaltung. Dabei qualifiziert das<br />
Gericht die Vermögensverwaltung als einheitliche<br />
steuerpflichtige Leistung und bestätigt insoweit die<br />
bislang in Deutschland durch die Finanzverwaltung<br />
vertretene Auffassung. – Das Urteil und seine Konsequenzen<br />
stellen Ihnen Sylvia Neubert und Imke<br />
Murchner vor.<br />
Als eine Konsequenz des Urteils aus Luxemburg wird der Bundesfinanzhof<br />
(BFH), der diese Rechtssache mit Beschluss vom<br />
28. Oktober 2010 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur<br />
Vorabentscheidung vorgelegt hatte, seine bisherige Rechtsprechung<br />
aufgeben müssen. Er hatte zuletzt entschieden, Vermögensverwaltungsleistungen<br />
fielen unter die Steuerbefreiung<br />
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe e Umsatzsteuergesetz (UStG).<br />
Weiterhin nimmt der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung<br />
Stellung zum Ort der Vermögensverwaltungsleistungen und<br />
wendet dabei entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung<br />
das Empfängerortprinzip an.<br />
In seiner Begründung folgt der EuGH im Wesentlichen den<br />
Ausführungen der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen<br />
vom 8. Mai <strong>2012</strong>.<br />
Sachverhalt<br />
Die Deutsche Bank AG verwaltete im Rahmen einer vorab festgelegten<br />
Anlagestrategie nach eigenem Ermessen Wertpapiere<br />
für Privatkunden (Anleger). Sie war be<strong>recht</strong>igt, über die<br />
Wertpapiere im Namen und für Rechnung des Anlegers zu<br />
verfügen. Der Anleger zahlte pro Jahr ein Entgelt in Höhe von<br />
insgesamt 1,8 Prozent des Werts des verwalteten Vermögens.<br />
Dieser Wert setzte sich zusammen aus einem Anteil für die Vermögensverwaltung<br />
in Höhe von 1,2 Prozent dieses Werts und<br />
einem Anteil für den An- und Verkauf von Wertpapieren in<br />
Höhe von 0,6 Prozent.<br />
In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2008 deklarierte<br />
die Deutsche Bank AG die Leistungen an Anleger in Deutschland<br />
und der Europäischen Union (EU) als steuerbefreite Umsätze<br />
im Geschäft mit Wertpapieren und Forderungen nach § 4<br />
Nummer 8 Buchstaben e und c UStG. Die Leistungen an Anleger<br />
im Drittland erklärte sie als Umsätze, die nach § 3a Absatz<br />
4 Nummer 6 Buchstabe a UStG alte Fassung nicht in Deutschland<br />
steuerbar seien.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … wie der Europäische Gerichtshof die Steuerpflicht<br />
der individuellen Vermögensverwaltung<br />
begründet.<br />
• … warum der Gerichtshof entgegen der Ansicht der<br />
deutschen Finanzverwaltung das Empfängerortprinzip<br />
auf die individuelle Vermögensverwaltung<br />
anwendet.<br />
• … welche Auswirkungen dieses Urteil in der Praxis<br />
für Vermögensverwalter und Anleger hat.<br />
Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, die streitigen<br />
Leistungen seien steuerpflichtig. Diese Entscheidung hat die<br />
Deutsche Bank AG durch Klage beim Hessischen Finanzgericht<br />
mit Erfolg angefochten. Im Rahmen der Revision hat der BFH<br />
mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 ein Ersuchen um Vorabentscheidung<br />
an den EuGH gerichtet.<br />
Das Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong><br />
In seinem Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (Rechtssache C-44/11)<br />
kommt der EuGH zu dem Ergebnis: Individuelle Vermögensverwaltungsleistungen<br />
sind eine einheitliche Leistung und fallen<br />
nicht unter eine Steuerbefreiung.<br />
Darüber hinaus hat der EuGH entschieden: Diese Leistungen<br />
fallen unter den Begriff „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze“<br />
im Sinne der Ortsvorschrift des Artikels 56 Absatz 1<br />
Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG alte Fassung (deutsche<br />
Umsetzung in § 3 a Absatz 4 Nummer 6 Buchstabe a UStG<br />
alte Fassung).<br />
Vermögensverwaltungsleistung als<br />
einheitliche Leistung<br />
In der Einleitung widmet sich der EuGH der Frage, ob es sich<br />
bei der Vermögensverwaltung um eine einheitliche Leistung<br />
handelt und somit auch einzelne Elemente dieser Leistung aus<br />
umsatzsteuerlicher Sicht einheitlich beurteilt werden müssen.<br />
Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Vermögensverwaltung<br />
im Wesentlichen um eine Verbindung aus:<br />
• der Leistung der Analyse und Beaufsichtigung des Vermögens<br />
des Anlegers<br />
• der Leistung des eigentlichen Kaufs und Verkaufs von<br />
Wertpapieren<br />
Auch wenn diese beiden Leistungen getrennt voneinander<br />
erbracht werden können, geht es dem durchschnittlichen<br />
Anleger nach Ansicht des EuGH im Rahmen der Vermögensverwaltung<br />
jedoch gerade um die Verbindung dieser beiden<br />
Elemente. Nur durch eine tatsächliche Umsetzung (in Form<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 9
Steuern A bis Z<br />
von Kauf oder Verkauf von Wertpapieren) sei die Entscheidung<br />
über das optimale Vorgehen beim Erwerb, der Veräußerung<br />
oder dem Halten von Wertpapieren von Nutzen für den Kunden.<br />
Entsprechend sei es für den Kunden nicht sinnvoll, ohne<br />
Fachkenntnisse und ohne vorherige Marktanalyse Verkäufe<br />
oder Käufe je nach Fall zu tätigen oder nicht zu tätigen. Mit<br />
anderen Worten: Es handele sich, basierend auf den Erwartungen<br />
der Kunden im Rahmen der Vermögensverwaltungsleistung,<br />
um untrennbare Leistungselemente.<br />
Daneben sieht der EuGH die beiden Leistungselemente als<br />
gleichrangig an, weil sie beide für die Erbringung der Gesamtleistung<br />
unerlässlich seien. Deshalb sei nicht von einer Hauptund<br />
einer Nebenleistung auszugehen, sondern von einer einzigen<br />
einheitlichen Leistung.<br />
Keine Steuerbefreiung<br />
Zunächst grenzt der EuGH die individuelle Vermögensverwaltung<br />
gegenüber der Verwaltung von Sondervermögen ab. So<br />
unterschieden sich die Art und Weise sowie die Voraussetzungen<br />
der beiden Vermögensanlagen derartig, dass eine Subsumtion<br />
der von der Deutsche Bank AG erbrachten individuellen<br />
Vermögensverwaltung unter die Steuerbefreiung der Verwaltung<br />
von Sondervermögen nach Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe<br />
g der Richtlinie 2006/112/EG (entspricht § 4 Nummer 8<br />
Buchstabe h UStG) nicht möglich sei.<br />
Hinsichtlich der Steuerbefreiung für Umsätze im Geschäft mit<br />
Wertpapieren (Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie<br />
2006/112/EG beziehungsweise § 4 Nummer 8 Buchstabe e<br />
UStG) führt der EuGH aus: Das Leistungselement des Kaufs<br />
und Verkaufs von Wertpapieren im Rahmen der Vermögensverwaltung<br />
ist zwar geeignet, die Rechte und Pflichten der<br />
Kunden in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern<br />
oder zum Erlöschen zu bringen. Auch kann er somit für sich<br />
genommen als Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren unter<br />
die Steuerbefreiung nach Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe f<br />
der Richtlinie 2006/112/EG (entspricht § 4 Nummer 8 Buchstabe<br />
e UStG) fallen. Das gelte jedoch nicht für die Leistungen<br />
der Analyse und Beaufsichtigung des Vermögens. Da es sich<br />
bei der Vermögensverwaltung um eine einheitliche Leistung<br />
mit zwei gleichrangigen Leistungselementen handele, könne<br />
diese Leistung aus umsatzsteuerlicher Sicht nur als Ganze<br />
10 <strong>PwC</strong><br />
Wichtige Änderungen<br />
in Recht und Gesetz<br />
berücksichtigt werden und somit nicht unter die Steuerbefreiung<br />
für Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren fallen.<br />
Bestätigt wird diese Auslegung nach Ansicht des EuGH auch<br />
durch die Systematik der Richtlinie 2006/112/EG: Bei der Verwaltung<br />
von Sondervermögen, die nach Artikel 135 Absatz 1<br />
Buchstabe g der Richtlinie 2006/112/EG steuerbefreit ist,<br />
handelt es sich nämlich um eine bestimmte Form der Verwaltung<br />
von aus Wertpapieren bestehendem Vermögen. Wenn<br />
diese Form der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren<br />
bereits unter die Steuerbefreiung des Artikels 135 Absatz 1<br />
Buchstabe f der Richtlinie 2006/112/EG fiele, sei es nicht notwendig<br />
gewesen, insoweit eine spezielle Befreiungsvorschrift<br />
in die Richtlinie aufzunehmen.<br />
Schließlich verneint der EuGH, dass seine Schlussfolgerungen<br />
durch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Hinblick<br />
auf die umsatzsteuerliche Behandlung der individuellen Vermögensverwaltung<br />
und die Steuerbefreiung für die Verwaltung<br />
von Sondervermögen infrage gestellt werden könnten.<br />
Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität könne nämlich<br />
nicht für den Umfang eines Befreiungstatbestands bestimmend<br />
sein, sondern sei lediglich ein Auslegungsgrundsatz. Der EuGH<br />
bestätigt damit die Auffassung der Generalanwältin, nach der<br />
es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht erlaubt,<br />
den Geltungsbereich einer ausdrücklichen (eng auszulegenden)<br />
Befreiung ohne entsprechend klaren Wortlaut auszuweiten.<br />
Ort der Leistung<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> aktuell<br />
Beim Ort der Leistung kommt der EuGH zu folgender Auffassung:<br />
Die Vermögensverwaltung fällt unter den Begriff der<br />
„Bank- und Finanzumsätze“ im Sinne der Ortsvorschrift des<br />
Artikels 56 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG<br />
alte Fassung. Der Begriff könne nicht einschränkend dahin<br />
gehend ausgelegt werden, dass nur die von den Steuerbefreiungen<br />
in Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben b bis g der Richtlinie<br />
2006/112/EG genannten Leistungen erfasst würden. Es<br />
bestehe kein Grund, die Vermögensverwaltung als Leistung<br />
finanzieller Natur von der Ortsvorschrift auszuschließen.<br />
Denn die in Artikel 135 Buchstaben b bis g der Richtlinie<br />
2006/112/EG genannten Umsätze stellten bei Weitem keine<br />
erschöpfende Auflistung aller Umsätze dar, die von einer Bank<br />
getätigt oder als Finanzumsätze angesehen werden könnten.<br />
Weitere interessante Beiträge finden<br />
Sie in der neuen Ausgabe von<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> aktuell.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com
Beratungshinweis<br />
Mit seinem aktuellen Urteil hat der EuGH die bislang von der<br />
deutschen Finanzverwaltung vertretene Auffassung über die<br />
Qualifikation der individuellen Vermögensverwaltung als einheitliche<br />
steuerpflichtige Leistung bestätigt. Die Finanzverwaltung<br />
wird das Urteil aus diesem Grund sicher zumindest im<br />
Hinblick auf die Umsatzsteuerpflicht unmittelbar für alle offenen<br />
Veranlagungszeiträume anwenden.<br />
Hinsichtlich der Bestimmung des Orts der Leistung weicht das<br />
Urteil von der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung ab.<br />
Diese hatte Vermögensverwaltungsleistungen vom Anwendungsbereich<br />
des Artikels 56 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie<br />
2006/112/EG alte Fassung (entspricht § 3 a Absatz 4<br />
Nummer 6 Buchstabe a UStG alte Fassung) und damit vom<br />
Anwendungsbereich der „Katalogleistungen“ ausgenommen.<br />
Stattdessen wurden Vermögensverwaltungsleistungen unter<br />
die bis Ende 2009 gültige allgemeine Ortsbestimmung des § 3 a<br />
Absatz 1 UStG subsumiert. Das hatte zur Folge, dass diese<br />
Leistungen jeweils dort besteuert wurden, wo der jeweilige<br />
Vermögensverwalter sein Unternehmen betrieb. Eine Konsequenz<br />
aus der Anwendung des aktuellen Urteils ist: Bei<br />
Leistungen an sämtliche ausländische Unternehmer und an<br />
Nichtunternehmer im Drittland, also außerhalb der EU, fällt<br />
für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2009 in Deutschland<br />
keine Umsatzsteuer mehr an, da der Leistungsort an den<br />
(Unternehmens-)Sitz des Empfängers verlagert wird. Zwar<br />
verwendet § 3 a Absatz 4 Nummer 6 Buchstabe a UStG alte<br />
Fassung nicht den Begriff der „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze“,<br />
sondern bezieht sich entgegen der Richtlinie<br />
2006/112/EG auf die Steuerbefreiungen in § 4 Nummer 8<br />
UStG. Dazu hat der BFH aber in seinem Urteil vom 11. Oktober<br />
2007 (V R 22/04) bereits ausgeführt, § 3 a Absatz 4 Nummer 6<br />
Buchstabe a UStG alte Fassung setze die Richtlinie nicht zutreffend<br />
um. Steuerpflichtige können sich somit unmittelbar auf<br />
die Ortsbestimmung der Richtlinie und deren Auslegung durch<br />
den EuGH berufen.<br />
Für Veranlagungszeiträume ab 2010 ist zu berücksichtigen,<br />
dass das UStG durch die Umsetzung des sogenannten Mehrwertsteuerpakets<br />
mit Wirkung ab 1. Januar 2010 in Bezug auf<br />
die Vorschriften des Orts der sonstigen Leistung grundlegend<br />
neu gefasst wurde. Demnach sind sonstige Leistungen an<br />
Unternehmer seit dem 1. Januar 2010 grundsätzlich nach<br />
dem Empfängerortprinzip zu beurteilen. Die Anwendung des<br />
Urteils ab 2010 hat somit bezüglich des Leistungsorts nur noch<br />
Auswirkungen auf Vermögensverwaltungsleistungen an Nichtunternehmer<br />
im Drittland, für die dann entgegen der bisherigen<br />
Auffassung der Finanzverwaltung keine Umsatzsteuer<br />
mehr anfällt.<br />
Vermögensverwalter, die ihre Leistungen bislang als umsatzsteuerfrei<br />
behandelt haben, sollten prüfen, welche Veranlagungsjahre<br />
unter Berücksichtigung der Vorschriften der<br />
Steuern A bis Z<br />
Abgabenordnung von diesem Urteil betroffen sind. Bei der<br />
umsatzsteuerlichen Beurteilung achten Sie bitte besonders auf<br />
die Ansässigkeit der Anleger. Darüber hinaus gilt es zu prüfen,<br />
inwieweit aufgrund der Umsatzsteuerpflicht zusätzliche Vorsteuerbeträge<br />
geltend gemacht werden können.<br />
In Fällen, in denen die individuelle Vermögensverwaltung<br />
bereits in der Vergangenheit der Umsatzsteuer unterworfen<br />
wurde, ist zu untersuchen, ob auch Umsätze gegenüber im<br />
Ausland ansässigen Kunden als in Deutschland steuerpflichtig<br />
behandelt worden sind und inwieweit auf Basis des EuGH-<br />
Urteils entsprechende Korrekturen möglich und sinnvoll sind.<br />
Bitte beachten Sie dabei: In diesem Zusammenhang werden<br />
gegebenenfalls auch Rechnungskorrekturen notwendig sein,<br />
um die Umsatzsteuerschuld wirksam zu reduzieren, sofern die<br />
Umsatzsteuer in den Rechnungen gegenüber den Anlegern<br />
ausgewiesen wurde.<br />
Portfolio management services not exempt as<br />
banking<br />
The European Court of Justice (ECJ) has held that portfolio<br />
management services provided by a bank do not<br />
fall under the investment dealing exemption, but are,<br />
as a financial service, taxable in the country of the nonbusiness<br />
customer.<br />
A bank offered a portfolio management service to<br />
(mainly) its private customers. Each customer deposited<br />
an agreed amount, which the bank then invested at its<br />
discretion. It also sold or replaced investments on its own<br />
initiative. In doing so, it followed agreed policy guidelines,<br />
but did not refer back to the customer on specific<br />
transactions. Its fee was a fixed percentage of the total<br />
value of the customer’s fund, split into two elements,<br />
asset management and dealing. It maintained that its<br />
charges were free of value added tax (VAT) as banking or<br />
investment dealing; the tax office saw the advisory or<br />
decision-taking aspects as predominate and the service<br />
as a whole therefore as taxable in Germany.<br />
The ECJ has now held the service to be a single supply<br />
consisting of two elements, both of which carry equal<br />
weight. The two elements are dealing in securities and<br />
monitoring the market in order to come to an investment<br />
decision. Dealing would, on its own, be exempt whereas<br />
monitoring would be taxable as a general service. Since<br />
both are equally important to the single service as perceived<br />
by the customer, and given the need to keep exemptions<br />
to those clearly specified as such in the VAT<br />
Directive, the single supply is not exempt. It is, however,<br />
a financial service under the wider definition relevant to<br />
the place of performance and is therefore deemed to be<br />
performed in the country of residence of the non-EU<br />
private customer. (MH)<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 11
Steuern A bis Z<br />
Sie möchten mehr Informationen zu diesem Thema? – Bitte rufen<br />
Sie Ihre Ansprechpartnerinnen an oder schreiben ihnen einfach<br />
eine E-Mail.<br />
12 <strong>PwC</strong><br />
Sylvia Neubert<br />
Tel.: +49 69 9585-6235<br />
sylvia.neubert@de.pwc.com<br />
Imke Murchner<br />
Tel.: +49 89 5790-6779<br />
imke.murchner@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong><br />
(C-44/11, Deutsche Bank AG)<br />
• BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 (V R 9/10)<br />
• BFH, Urteil vom 11. Oktober 2007 (V R 22/04)<br />
• BMF, Schreiben vom 9. Dezember 2008<br />
Vorsteuerabzug trotz vorübergehender<br />
Privatnutzung eines<br />
Investitions guts<br />
Das Recht auf Vorsteuerabzug wird als fundamentaler<br />
Grundsatz des Mehrwertsteuersystems immer wieder<br />
in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs<br />
thematisiert. So auch in dem vorliegenden Urteil der<br />
European Customs & Trade<br />
Communiqué<br />
Luxemburger Richter vom 19. Juli <strong>2012</strong>. In dem zu<br />
entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob ein Vorsteuerabzug<br />
auch dann möglich ist, wenn ein zum<br />
Unternehmen gehörendes Investitionsgut zunächst<br />
ausschließlich zu privaten Zwecken verwendet wird. –<br />
Alles Wichtige zu den Hintergründen und Folgen dieser<br />
Entscheidung lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … unter welchen Voraussetzungen ein Vorsteuerabzug<br />
trotz zunächst vorübergehender Privatnutzung<br />
eines zum Unternehmen gehörenden<br />
Investitionsguts möglich ist.<br />
• … weshalb es unklar ist, ob und wie dieses Urteil in<br />
Deutschland angewendet werden kann.<br />
Die Klägerin, eine Personengesellschaft mit Sitz in den Niederlanden,<br />
betrieb einen Großhandel für Autolacke. Zu diesem<br />
Zweck wurde ein Lagergebäude erworben, das von Anfang an<br />
für den Großhandel genutzt wurde. Um die Zeit bis zur Fertigstellung<br />
einer neben dem Lagergebäude gelegenen Betriebswohnung<br />
zu überbrücken, wurde ein Teil des Dachgeschosses<br />
des Lagergebäudes zu vorübergehenden Wohnzwecken der<br />
Gesellschafter umgebaut und unter anderem mit zwei Dachgauben<br />
und einer Diele versehen. Die Klägerin zog die für die<br />
Umbauarbeiten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer<br />
ab. Nachdem er knapp zwei Jahre zu Wohnzwecken<br />
verwendet worden war, wurde dieser Gebäudeteil wie von<br />
vornherein geplant betrieblich als Büro und Unterweisungsraum<br />
verwendet.<br />
Das Finanzamt beanstandete den Abzug der auf den Einbau<br />
der zwei Dachgauben und der Diele in Rechnung gestellten<br />
Umsatzsteuer als Vorsteuer. Es war der Auffassung, diese<br />
Arbeiten seien nicht für Zwecke des Unternehmens, sondern<br />
ausschließlich zu privaten Zwecken ausgeführt worden.<br />
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) war der Auffassung, der<br />
Einbau der Dachgauben und der Diele sei als eigenes Investi-<br />
Beiträge zum Themenbereich Zoll<br />
finden Sie in der neuen Ausgabe von<br />
European Customs & Trade Communiqué.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com
tionsgut anzusehen. Für die Frage des Vorsteuerabzugs sei es<br />
dabei entscheidend, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Umbauarbeiten<br />
als Steuerpflichtige gehandelt habe oder nicht.<br />
Das beurteile sich nach der anhand objektiver Anhaltspunkte<br />
belegten Absicht der Steuerpflichtigen, den Gegenstand für<br />
den Bedarf ihres Unternehmens zu verwenden. Zu diesen<br />
Anhaltspunkten zählten unter anderem die Art der betreffenden<br />
Gegenstände und der Zeitraum, der zwischen dem Erwerb<br />
der Gegenstände und ihrer Verwendung für Zwecke der wirtschaftlichen<br />
Tätigkeit liege.<br />
In dem entschiedenen Fall sei es aber nicht eindeutig belegt,<br />
dass der Einbau der Dachgauben und der Diele für den privaten<br />
Bedarf erfolgt sei. Dachgauben und Diele könnten ihrer Art<br />
nach sowohl privat als auch unternehmerisch genutzt werden.<br />
Fest stand außerdem von vornherein: Der ausgebaute Teil des<br />
Lagergebäudes sollte nur vorübergehend zu Wohnzwecken<br />
und später ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzt<br />
werden, wie es später auch geschah. Auch der Zeitraum der<br />
privaten Verwendung von circa zwei Jahren sei angesichts der<br />
langen Haltbarkeit dieser Investitionsgüter kein Gesichtspunkt,<br />
der auf eine private Verwendung schließen lasse.<br />
Das für geschäftliche Zwecke erworbene und dem Unternehmen<br />
zugeordnete Investitionsgut sei zwar nicht sofort einer<br />
geschäftlichen Verwendung zugeführt worden, dieser Umstand<br />
hinderte nach Auffassung des EuGH aber die Entstehung<br />
des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht.<br />
Verweigere man im vorliegenden Fall den Vorsteuerabzug für<br />
die spätere besteuerte betriebliche Nutzung bei gleichzeitig<br />
vollständig beabsichtigter Zuordnung des betreffenden Gegenstandes<br />
zum Unternehmen, bestünde die Gefahr einer Doppelbesteuerung<br />
der unternehmerischen Tätigkeit. Denn die<br />
Privatnutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands<br />
sei einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt und<br />
unterliege damit einer Entnahmebesteuerung.<br />
Praxishinweis<br />
Entscheidend für eine Zuordnung zum Unternehmen ist demnach<br />
auch bei serieller privater und unternehmerischer Nutzung<br />
die unternehmerische Nutzungsabsicht, die bereits bei<br />
Bezug der Leistung bestehen und durch objektive Anhaltspunkte<br />
belegbar sein muss.<br />
Dieses Ergebnis steht allerdings im Widerspruch zu der bislang<br />
geltenden deutschen Rechtslage, nach der eine Zuordnung<br />
zum Unternehmen eine mindestens zehnprozentige unternehmerische<br />
Nutzung des Wirtschaftsguts voraussetzt. Wird diese<br />
Grenze nicht eingehalten, kann nach derzeitigem deutschen<br />
Recht der Vorsteuerabzug vollständig versagt werden. Diese<br />
gesetzliche Regelung beruht auf einer Entscheidung des Rats<br />
der Europäischen Union, deren Wortlaut in solchen Fällen<br />
genau genommen allerdings nicht die Zuordnung zum Unter-<br />
Steuern A bis Z<br />
nehmen, sondern den Vorsteuerabzug ausschließt. Diese Ermächtigung<br />
ist außerdem zunächst bis zum 31. Dezember<br />
<strong>2012</strong> befristet, kann jedoch grundsätzlich auf Antrag verlängert<br />
werden. Ob die Ratsentscheidung das Urteil des EuGH<br />
unanwendbar macht und ob sich beide miteinander vereinbaren<br />
lassen, wird durch die nationale Rechtsprechung zu klären<br />
sein.<br />
Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartner gern. Rufen Sie sie<br />
bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Miriam Peisker<br />
Tel.: +49 221 2084-482<br />
miriam.christine.peisker@de.pwc.com<br />
Martin Diemer<br />
Tel.: +49 711 25034-1258<br />
martin.diemer@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (C-334/10, X)<br />
• Rat der Europäischen Union, Entscheidung vom 20. Oktober<br />
2009 (2009/791/EG)<br />
Lizenzgebühren: Berücksichtigung<br />
von Ausgaben beim Steuerabzug<br />
Mit seinem Urteil vom 25. April <strong>2012</strong> hat der Bundesfinanzhof<br />
entschieden: Auch beim Quellensteuerabzug<br />
auf Lizenzgebühren, die an Kapitalgesellschaften<br />
gezahlt werden, welche in der Europäischen Union<br />
oder im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig<br />
sind, sind unmittelbar damit im Zusammenhang<br />
stehende Ausgaben steuermindernd zu berücksichtigen.<br />
– Das Urteil skizziert der folgende Beitrag.<br />
Grundsätzlich unterliegen die folgenden Zahlungen an beschränkt<br />
Steuerpflichtige einem Steuerabzug an der Quelle:<br />
• Darbietungen von Künstlern und Sportlern<br />
• Verwertung dieser Darbietungen<br />
• Lizenzgebühren<br />
• Aufsichtsratsvergütungen<br />
• Dividenden<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 13
Steuern A bis Z<br />
Der Steuerabzug bemisst sich grundsätzlich nach den Bruttoeinkünften.<br />
Als Reaktion auf die Rechtsprechung des Europäischen<br />
Gerichtshofs (EuGH) hat der deutsche Gesetzgeber<br />
jedoch eine andere Möglichkeit geschaffen: Unmittelbar mit<br />
den Einnahmen im Zusammenhang stehende Ausgaben können<br />
entweder schon im Rahmen des Abzugsverfahrens oder im<br />
Rahmen eines nachgelagerten Erstattungsverfahrens abgezogen<br />
werden. Letztendlich unterliegen also nur die Nettoeinnahmen<br />
der deutschen Besteuerung. Diese Möglichkeit wurde<br />
aber nicht für alle oben genannten Einkünfte geschaffen, sondern<br />
nur für die Einkünfte von Künstlern und Sportlern sowie<br />
für Vergütungen von Aufsichtsräten. Ein entsprechender<br />
Abzug kann nicht für Lizenzgebühren und Dividenden geltend<br />
gemacht werden.<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden: Die Versagung<br />
des Ausgabenabzugs bei Lizenzgebühren verstößt gegen<br />
Europa<strong>recht</strong>. Entgegen dem gesetzlichen Wortlaut ist der<br />
Abzug auch bei Lizenzgebühren zu gewähren.<br />
Im zu beurteilenden Sachverhalt hatte ein deutscher Fernsehsender<br />
Film<strong>recht</strong>e von einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft<br />
gekauft, die zuvor ihrerseits die Rechte von Lizenzgebern<br />
mit Sitz in Deutschland erworben hatte. Damit vereinnahmte<br />
die luxemburgische Gesellschaft die vom deutschen<br />
Fernsehsender gezahlten Lizenzgebühren, musste aber gleichzeitig<br />
in fast derselben Höhe selbst Gebühren entrichten. Der<br />
deutsche Fernsehsender hatte als Vergütungsschuldner die<br />
Quellen<strong>steuern</strong> auf die Bruttolizenzgebühren zwar in einem<br />
ersten Schritt einbehalten und entrichtet, beantragte nachträglich<br />
jedoch unter Berücksichtigung der Lizenznahme der<br />
luxemburgischen Gesellschaft eine Herabsetzung. Dem Antrag<br />
wurde nun über das BFH-Urteil stattgegeben. Danach errech-<br />
14 <strong>PwC</strong><br />
net sich die maximal einzubehaltende Quellensteuer unter<br />
Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf die Nettoeinkünfte.<br />
Gilt ein Doppelbesteuerungsabkommen, darf diese<br />
Grenze unter-, aber nicht überschritten werden.<br />
Für Dividenden hatte der EuGH in einer Entscheidung von<br />
Oktober 2011 sowie der BFH in zwei Entscheidungen vom<br />
Januar <strong>2012</strong> klargestellt: Eine ausländische Körperschaft, die<br />
in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum<br />
ansässig ist, kann nachträglich eine Rückerstattung der<br />
zu viel gezahlten Quellen<strong>steuern</strong> beantragen. Dabei greift die<br />
für inländische Körperschaften geltende 95-prozentige Freistellung.<br />
Die Frage nach der zusätzlichen Abzugsfähigkeit von<br />
unmittelbaren Betriebsausgaben war nicht Gegenstand der<br />
Entscheidungen. Nach Einschätzung der Autoren wäre aber<br />
auch hier eine Gleichbehandlung zum reinen Inlandsfall zu gewähren.<br />
Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an<br />
oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Dr. Gitta Jorewitz<br />
Tel.: +49 40 6378-1163<br />
gitta.jorewitz@de.pwc.com<br />
Thomas Brink<br />
Tel.: +49 40 6378-8405<br />
thomas.brink@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 25. April <strong>2012</strong> (I R 76/10)<br />
Tax withholding on royalty paid to EU corporation to be based on net income<br />
The Income Tax Act allows the withholding tax on income paid to creditors in other member states of the EU for the performances<br />
of artists and athletes and from remuneration granted to members of supervisory boards to be calculated on the<br />
payment less the direct costs incurred by the recipient (with the rate doubling to 30 per cent if paid to a natural person),<br />
but does not contain any similar provision for royalty payments. This has been challenged by a television station paying film<br />
royalties to a Luxembourg distributor. The station claimed that it should be allowed to base the withholding tax on the payment<br />
to the distributor net of the fees paid by the distributor to the owners of the film copyrights. These were directly<br />
linked to the receipts from broadcasters and were therefore direct costs of earning that income.<br />
The Supreme Tax Court confirmed the position of the taxpayer in a judgment setting aside the relevant provision of the Income<br />
Tax Act in favour of the higher-ranking community law as first expounded by the European Court of justice (ECJ) in<br />
Scorpio (case C-290/04 of October 3, 2006) and subsequently followed in other decisions. On that basis, the Supreme Tax<br />
Court held a tax charge of more than that to be levied on the same income in the hands of a domestic recipient to be an unwarranted<br />
infringement of the freedom to provide services. Since a credit in the country of the recipient for the German tax<br />
deducted at source would not necessarily eliminate double taxation in all circumstances, taxpayers must be allowed the option<br />
of claiming relief in the country of source for the direct costs incurred in earning the income. Thus, the maximum<br />
withholding tax that could be levied was the lower of standard rate corporation tax (for the years pending 26.375 per cent;<br />
currently the rate is 15.825 per cent) on the net income and the royalty withholding tax on the gross revenue at the relevant<br />
treaty rate. (MH)
Entstehung der Umsatzsteuer in Fällen<br />
des unrichtigen Steuerausweises<br />
Wenn ein Unternehmer Umsatzsteuer auf der Rechnung<br />
ausweist, obwohl sie nicht oder nicht in dieser<br />
Höhe nach Gesetz entsteht, wird diese Steuer nach<br />
dem Umsatzsteuergesetz geschuldet. Das Bundesfinanzministerium<br />
hat nun im Umsatzsteuer-Anwendungserlass<br />
klargestellt, wann in solchen Fällen die<br />
Steuer fällig wird.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … worauf es für den Zeitpunkt der Steuerentstehung<br />
im Fall des unrichtigen Steuerausweises<br />
ankommt.<br />
• … welche praktischen Folgen das haben kann.<br />
Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)<br />
sind zwei Fallkonstellationen des zu hohen Steuerausweises im<br />
Sinne des § 14 c Absatz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu unterscheiden:<br />
• Wird über eine steuerpflichtige Lieferung abgerechnet, für<br />
welche die Steuer höher als erforderlich ausgewiesen wird,<br />
entsteht die nach § 14 c Absatz 1 UStG geschuldete Steuer<br />
mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung<br />
bewirkt wurde, spätestens jedoch zu dem Zeitpunkt, zu<br />
dem die Rechnung ausgestellt wird.<br />
Dies betrifft zum Beispiel Fälle, in denen Leistungen, die dem<br />
ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent unterliegen, zum<br />
Regelsteuersatz von 19 Prozent abgerechnet werden. Erfolgt<br />
hier die Leistung im Dezember, wird die Rechnung aber erst im<br />
Januar ausgestellt, entsteht die Steuer also noch im alten Jahr.<br />
• Die zweite Fallkonstellation betrifft Rechnungen, auf denen<br />
Steuer ausgewiesen wird, obwohl die abgerechnete Leistung<br />
steuerfrei ist oder nicht der Umsatzsteuer unterfällt.<br />
Die nach § 14 c Absatz 1 UStG geschuldete Steuer entsteht<br />
dann im Zeitpunkt der Rechnungsausgabe. Wird beispielsweise<br />
im Dezember eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung<br />
im Ganzen (§ 1 Absatz 1 a UStG) ausgeführt, wird aber<br />
erst im Januar über diese Leistung abgerechnet, so entsteht<br />
die Steuer erst im neuen Jahr.<br />
Die Regelung des BMF-Schreibens soll in allen offenen Fällen<br />
angewandt werden.<br />
Praxishinweis<br />
Die Änderung des Anwendungserlasses ist zunächst für die<br />
Frage von Bedeutung, für welchen Voranmeldungs- oder Veranlagungszeitraum<br />
die nach §14 c Absatz 1 UStG geschuldete<br />
Steuer zu melden ist. Außerdem kann die Unterscheidung<br />
Steuern A bis Z<br />
zwischen dem Leistungszeitpunkt und der Rechnungsstellung<br />
zum Beispiel dann von praktischer Bedeutung sein, wenn es<br />
um Fragen der Festsetzungsverjährung und der Zinsberechnung<br />
geht.<br />
Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Bitte rufen<br />
Sie Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine<br />
E-Mail.<br />
Kirsten Krogoll<br />
Tel.: +49 211 981-2557<br />
kirsten.krogoll@de.pwc.com<br />
Martin Diemer<br />
Tel.: +49 711 25034-1258<br />
martin.diemer@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
BMF, Schreiben vom 25. Juli <strong>2012</strong> (IV D 2 – S 7270/12/10001;<br />
BStBl. I, 726)<br />
Leistungen eines inländischen<br />
Schadenregulierers und mögliche<br />
Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung<br />
Darf ein Unternehmer eine Rechnung mit Rückwirkung<br />
auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung<br />
berichtigen? – Diese Frage wurde im Urteil<br />
des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Juli 2010<br />
erstmals gestellt. Einer solchen Rückwirkung der<br />
Korrektur formeller Fehler in Rechnungen auf die<br />
Rechnungsausstellung steht derzeit noch die nationale<br />
Praxis entgegen. Auch wenn momentan noch<br />
keine endgültigen Aussagen getroffen werden können,<br />
will sich der Bundesfinanzhof offenbar mit diesem<br />
Thema im Sinne des Steuerzahlers befassen. – Hintergründe<br />
und Konsequenzen dieses Urteils fasst der<br />
folgende Beitrag für Sie zusammen.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … welchen Leistungsort der Bundesfinanzhof für<br />
die Tätigkeit eines Schadensregulierers vorsieht.<br />
• … wieso das Gericht in – vielleicht nicht allzu<br />
ferner – Zukunft entscheiden könnte, die Korrektur<br />
formeller Fehler in Rechnungen wirke auf die Rechnungsausstellung<br />
zurück.<br />
• … welche Folgen das für die Praxis hätte.<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 15
Steuern A bis Z<br />
Sachverhalt<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Rahmen eines Antrags<br />
auf Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. Aus diesem<br />
Grund konnte er nicht abschließend über diesen Fall befinden.<br />
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin ist ein privater<br />
Schadensregulierer. Sie wird tätig bei Unfällen, in die bei<br />
ausländischen Versicherungsgesellschaften versicherte Kfz<br />
verwickelt sind. Aktiv wurde sie im Auftrag eines inländischen<br />
Vereins, der Autohaftpflichtfälle im Rahmen des sogenannten<br />
Grüne-Karten-Systems abwickelt. Der Verein beauftragte die<br />
Antragstellerin, bei Unfällen die Schadensfälle zu regulieren<br />
und abzuwickeln. Weshalb die Klägerin ihre Leistungen als<br />
nicht im Inland steuerbar behandelte, ergibt sich aus dem<br />
Beschluss nicht – denkbar wäre, dass sie die ausländischen<br />
Versicherungen und nicht den Verein als Leistungsempfänger<br />
angesehen haben könnte.<br />
Da sie von Rechtsdienstleistungen ausging und beim Ort der<br />
Leistung folglich das Empfängerortprinzip für ihre Ausgangsleistungen<br />
zugrunde legte, fasste die Antragstellerin ihre Umsätze<br />
nicht unter die Umsatzsteuer.<br />
Bei einer Sonderprüfung der Umsatzsteuer für das Jahr 2007<br />
konnte das Finanzamt (FA) jedoch keine <strong>recht</strong>sberatende<br />
Tätigkeit der Antragstellerin erkennen und behandelte die<br />
Umsätze der Antragstellerin als steuerbare und steuerpflichtige<br />
Inlandsumsätze. Zusätzlich versagte das FA den Vorsteuerabzug<br />
für Eingangsrechnungen, die seiner Auffassung nach nicht<br />
alle Voraussetzungen einer Rechnung erfüllten. – Was genau<br />
an ihnen auszusetzen war, ergibt sich aus dem BFH-Beschluss<br />
nicht. Korrigiert wurden die Rechnungen erst nach Ablauf des<br />
umstrittenen Zeitraums.<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Was zunächst den Leistungsort der Tätigkeit eines Schadensregulierers<br />
angeht, hatte der BFH keine ernsthaften Zweifel<br />
daran, die Antragstellerin müsse für ihre Tätigkeit Steuer auf<br />
der Rechnung ausweisen. Es konnte dabei offenbleiben, wer<br />
Empfänger der Leistung war, weil der Besteuerungsort nach<br />
Auffassung des BFH auf jeden Fall im Inland lag.<br />
Denn es habe sich nicht um eine Leistung gehandelt, wie sie<br />
hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der Tätigkeit eines<br />
Anwalts erbracht werde. Es handle sich nicht einmal um eine<br />
ähnliche Tätigkeit. Denn eine Tätigkeit ähnele einer Rechtsanwaltsleistung<br />
dann, wenn sie dem gleichen Zweck diene. Der<br />
Schwerpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin lag aber nicht in<br />
der Rechtspflege wie im Rahmen einer gewöhnlichen Anwaltstätigkeit:<br />
Habe sie Rechtsdienstleistungen erbracht, seien diese<br />
lediglich als Nebenleistung zur Haupttätigkeit anzusehen. Das<br />
mache sie einer Rechtsanwaltsleistung aber noch nicht ähn-<br />
16 <strong>PwC</strong><br />
lich. Vielmehr seien die Leistungen eines Schadensregulierers<br />
wirtschaftlich geprägt und hätten den Charakter einer Vermögensbetreuung.<br />
Darum befinde sich der Leistungsort (nach<br />
damaliger Rechtslage) an dem Ort, von dem aus die Unternehmerin<br />
ihr Unternehmen betreibe – also in Deutschland. Folglich<br />
hätte deutsche Steuer auf der Rechnung ausgewiesen<br />
werden müssen.<br />
Ernsthafte Zweifel äußerte der BFH allerdings daran, dass die<br />
Korrektur unrichtig ausgestellter Rechnungen nicht auf den<br />
Zeitpunkt zurückwirkt, zu dem die Rechnung ausgestellt<br />
wurde. Um das zu begründen, beschäftigte sich der BFH <strong>recht</strong><br />
ausführlich mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs<br />
(EuGH) im Fall Pannon Gép. In diesem Urteil hatte der EuGH<br />
ausgeführt: Der Vorsteuerabzug darf auch nicht versagt werden,<br />
wenn die ursprüngliche Rechnung zwar fehlerhafte Angaben<br />
enthält, aber „die materiell-<strong>recht</strong>lichen Voraussetzungen<br />
für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und der Steuerpflichtige<br />
der betreffenden Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung eine<br />
berichtigte Rechnung zugeleitet hat“, in der diese Fehler behoben<br />
wurden. Der BFH stellt in diesem Zusammenhang fest:<br />
Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung wird durch das<br />
deutsche Recht nicht ausdrücklich ausgeschlossen.<br />
Dabei will der BFH scheinbar einen Widerspruch zwischen<br />
dem Urteil im Fall Pannon Gép und der früheren Entscheidung<br />
im Fall Terra Baubedarf auflösen. In Letzterem entschieden die<br />
Luxemburger Richter: Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht<br />
grundsätzlich erst dann, wenn die Lieferung der Gegenstände<br />
oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dem Steuerpflichtigen<br />
eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Der BFH ist der<br />
Auffassung: Eine Rechnung, auf deren Erteilung die Korrektur<br />
zurückwirken könnte, liegt nur dann vor, wenn sie einige (im<br />
Beschluss näher bezeichnete) Mindestanforderungen erfüllt.<br />
Mit anderen Worten: Die Fehler in der Rechnung dürfen nicht<br />
so gravierend sein, dass sich bereits von keiner Rechnung mehr<br />
sprechen lässt.<br />
Praxishinweis<br />
Bislang handelt es sich lediglich um einen Beschluss, der zwar<br />
optimistisch stimmt, aber noch nicht die endgültige Entscheidung<br />
ist. Auf Basis dieses Beschlusses sollte darum noch nicht<br />
aktiv vorgegangen werden.<br />
Die Finanzverwaltung und ein Großteil der befassten Finanzgerichte<br />
haben sich bislang gegen eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung<br />
ausgesprochen. Entschiede der BFH in<br />
einem späteren Urteil (etwa in der anhängigen Rechtssache<br />
XI R 41/10), die Berichtigung einer Rechnung unter bestimmten<br />
weiteren Voraussetzungen wirke zurück auf den Zeitpunkt<br />
der erstmaligen Rechnungserteilung, bliebe das vor allem für<br />
Betriebsprüfungen nicht ohne Folgen.
Können nämlich Rechnungsmängel rückwirkend geheilt werden,<br />
wäre es nicht mehr erforderlich, die betreffende Vorsteuer<br />
für den Prüfungszeitraum zu streichen und nach erfolgter Korrektur<br />
erst im laufenden Jahr abzuziehen. Dann aber könnten<br />
auf solche Vorsteuerkorrekturen keine Nachzahlungszinsen<br />
mehr festgesetzt werden. Darum sollten Zeiträume, in denen<br />
aus solchen Gründen Zinsen festgesetzt wurden, bis auf Weiteres<br />
unbedingt offengehalten werden.<br />
Allerdings sind Unternehmen auch gut beraten, Folgendes zu<br />
bedenken: Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung könnte<br />
sich auch negativ auswirken. Sollte die Finanzverwaltung im<br />
Fall von Vorsteuervergütungsverfahren nämlich auf den Gedanken<br />
verfallen, die Rückwirkung der Rechnungskorrektur<br />
beziehe sich auch auf den anwendbaren Vergütungszeitraum,<br />
für den die betreffende Rechnung einzureichen ist, wäre ein<br />
Antrag unter Umständen bereits verfristet, da die Frist für die<br />
Einreichung eines Vergütungsantrags verhältnismäßig kurz ist.<br />
Sie haben Fragen oder erkennen Beratungsbedarf? Rufen Sie<br />
bitte Ihre Ansprechpartner an oder schreiben ihnen einfach eine<br />
E-Mail.<br />
Martin Diemer<br />
Tel.: +49 711 25034-1258<br />
martin.diemer@de.pwc.com<br />
Daniela Maric<br />
Tel.: +49 89 5790-6741<br />
daniela.maric@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 20. Juli <strong>2012</strong> (V B 82/11)<br />
• EuGH, Urteil vom 15. Juli 2010 (C-368/09, Pannon Gép)<br />
• EuGH, Urteil vom 29. April 2004 (C-152/02,<br />
Terra Baubedarf)<br />
Steuern A bis Z<br />
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen:<br />
keine Anwendbarkeit<br />
des Halbabzugsverbots<br />
Müssen Aufwendungen, die grundsätzlich nicht unter<br />
das Abzugsverbot des Paragrafen 3 c Absatz 2 Satz 1<br />
Einkommensteuergesetz fallen, doch hierunter subsumiert<br />
werden, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis<br />
veranlasst sind? – Wie der Bundesfinanzhof<br />
diese Frage am 18. April <strong>2012</strong> beantwortete und wie<br />
er seine Entscheidung begründete, fasst der folgende<br />
Beitrag für Sie zusammen.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … wie das Gericht den unbestimmten Rechtsbegriff<br />
des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“ im Kontext<br />
des Halbabzugsverbots auslegt.<br />
• … mit welcher Argumentation sich der Bundesfinanzhof<br />
ausdrücklich gegen die von der Finanzverwaltung<br />
vertretene Auffassung eines „wirtschaftlichen<br />
Zusammenhangs“ wendet.<br />
Sachverhalt<br />
Im Streitjahr bestand eine Betriebsaufspaltung zwischen dem<br />
Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und<br />
einer GmbH als Betriebsgesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter<br />
der Kläger war. Der Kläger gewährte der GmbH zinsfreie<br />
Darlehen und bürgte für Bankdarlehen, die der<br />
Gesellschaft gewährt worden waren. Nachdem sich die Ertragslage<br />
der GmbH im Jahr 2002 nachhaltig verschlechtert<br />
hatte, nahm der Kläger auf die Anteile an der GmbH eine Teilwertabschreibung<br />
vor. Weiterhin schrieb er seine gegen die<br />
GmbH bestehenden Darlehensforderungen in vollem Umfang<br />
ab und bildete eine Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme<br />
aus den übernommenen Bürgschaften.<br />
Unstreitig zwischen den Beteiligten war: Dem Grunde nach<br />
gegeben waren die Voraussetzungen für die vorgenommenen<br />
Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen nach<br />
§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 und § 5 Absatz 1 Einkommensteuergesetz<br />
(EStG) in Verbindung mit § 253 Handelsgesetzbuch<br />
(HGB) sowie für die Bildung der Rückstellung nach § 5<br />
Absatz 1 EStG in Verbindung mit § 249 HGB. Strittig war<br />
jedoch, in welchem Umfang die Aufwendungen aus den Teilwertabschreibungen<br />
auf die Gesellschafterdarlehen und aus<br />
der Rückstellungsbildung steuerlich zu berücksichtigen sind.<br />
Mittelpunkt der Streitfrage bildet das sogenannte Halbabzugsverbot,<br />
das den hälftigen Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen<br />
untersagt, sofern diese im wirtschaftlichen Zusammenhang<br />
mit hälftig steuerfreien Betriebseinnahmen stehen.<br />
So dürfen nach § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG Betriebsvermögens-<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 17
Steuern A bis Z<br />
minderungen, die mit von § 3 Nummer 40 EStG erfassten<br />
Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem<br />
Zusammenhang stehen – unabhängig davon, in welchem<br />
Veranlagungszeitraum sie anfallen –, bei der Ermittlung<br />
der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden (nach geltender<br />
Rechtslage: 60 Prozent). Fraglich war im vorliegenden<br />
Streitfall, ob die Aufwendungen aus den Teilwertabschreibungen<br />
und aus der Bildung von Rückstellungen im wirtschaftlichen<br />
Zusammenhang mit der Beteiligung an der Betriebs-<br />
GmbH stehen, da die Beteiligungserträge zum damaligen Zeitpunkt<br />
nach § 3 Nummer 40 EStG zu 50 Prozent steuerfrei<br />
waren.<br />
Der Betriebsprüfer und das Finanzamt (FA) bejahten den wirtschaftlichen<br />
Zusammenhang und sahen unter Verweis auf § 3 c<br />
Absatz 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung<br />
nur Teilbeträge in Höhe von 50 Prozent des Aufwands aus den<br />
Teilwertabschreibungen auf die Darlehen und aus der Rückstellungsbildung<br />
als abziehbar an. Da das Einspruchsverfahren<br />
hiergegen erfolglos endete, beschritt der Kläger den Rechtsweg.<br />
Die Klage hatte Erfolg: Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg<br />
gab der Klage statt und verwies auf den fehlenden wirtschaftlichen<br />
Zusammenhang mit den in § 3 Nummer 40 EStG<br />
steuerfrei gestellten Einnahmen, der für die Anwendung des<br />
§ 3 c Absatz 2 EStG erforderlich ist. Demnach sind die Aufwendungen<br />
aus den vorgenommenen Teilwertabschreibungen und<br />
aus der Rückstellungsbildung in voller Höhe gewinnmindernd<br />
zu berücksichtigen.<br />
Das FA rügte daraufhin die Verletzung materiellen Rechts. Es<br />
beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage<br />
abzuweisen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist das<br />
Bundesfinanzministerium (BMF) dem Revisionsverfahren beigetreten.<br />
Der Kläger beantragte, die Revision zurückzuweisen.<br />
Strittig zwischen den Beteiligten war die Auslegung des unbestimmten<br />
Rechtsbegriffs des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“<br />
im Kontext der Regelung des § 3 c Absatz 2 EStG.<br />
Entscheidung<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision als unbegründet<br />
zurück. Das FG hat demnach im Ergebnis zu Recht entschieden,<br />
dass die Aufwendungen aus den vorgenommenen Teilwertabschreibungen<br />
und aus der Rückstellungsbildung in<br />
voller Höhe abzugsfähig sind.<br />
Für die Anwendbarkeit des § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG auf<br />
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen ist nach<br />
Auffassung des erkennenden Senats im Ausgangspunkt entscheidend:<br />
Darlehensforderungen und die Beteiligung als<br />
solche sind selbstständige, voneinander zu trennende Wirtschaftsgüter.<br />
Nach dieser Argumentation sind Wertminderungen<br />
danach zu beurteilen, welche Vorschriften für das jewei-<br />
18 <strong>PwC</strong><br />
lige Wirtschaftsgut gelten. Die Frage der gesellschaftlichen Veranlassung<br />
durch die fremdunübliche Gestaltung der Darlehen<br />
kann somit durch den Senat offengelassen werden, da ein wirtschaftlicher<br />
Zusammenhang mit den in § 3 Nummer 40 EStG<br />
genannten Einnahmen aufgrund der Selbstständigkeit von<br />
Darlehen und Beteiligungen jedenfalls bei Substanzverlusten,<br />
die durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, von Darlehensforderungen<br />
ohnehin nicht gegeben ist. Im Ergebnis ist<br />
der Anwendungsbereich des Abzugsverbots nach § 3 c Absatz 2<br />
Satz 1 EStG unabhängig von der Fremdüblichkeit oder einer etwaigen<br />
gesellschaftlichen Veranlassung einer Darlehensüberlassung<br />
bei Teilwertabschreibungen auf solche nicht eröffnet.<br />
Entsprechendes gilt für den abzugsfähigen Aufwand aus der<br />
Rückstellungsbildung.<br />
Damit wendet sich der BFH explizit gegen die von der Finanzverwaltung<br />
im BMF-Schreiben vom 8. November 2010 vertretene<br />
Auffassung: Die Finanzverwaltung nimmt immer dann<br />
einen „wirtschaftlichen Zusammenhang“ an, wenn die Zinsvereinbarung<br />
dem Drittvergleich nicht standhält. Mit anderen<br />
Worten: Die zinsfreie Gewährung eines Gesellschafterdarlehens<br />
ist gesellschafts<strong>recht</strong>lich veranlasst und steht im wirtschaftlichen<br />
Zusammenhang mit der Beteiligung selbst. Das zinsfreie<br />
Darlehen wird nach Auffassung der Finanzverwaltung nur<br />
gewährt, um von dem erhöhten Gewinn der GmbH zu profitieren,<br />
und zwar entweder durch anteilig steuerfreie Gewinnausschüttungen<br />
nach § 3 Nummer 40 EStG oder bei Thesaurierung<br />
der Gewinne durch Erhöhung der stillen Reserven.<br />
Der BFH hebt hervor: Die Verneinung des wirtschaftlichen<br />
Zusammenhangs zwischen Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen<br />
und nach § 3 Nummer 40 EStG teilweise<br />
steuerbefreiten Beteiligungserträgen steht auch nicht der<br />
finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des<br />
§ 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG in Fällen der unentgeltlichen Überlassung<br />
wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen einer<br />
Betriebsaufspaltung entgegen. So werde in der finanzgerichtlichen<br />
Rechtsprechung (FG Bremen, Urteil vom 27. April 2006,<br />
1 K 204/05; anderer Ansicht: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom<br />
23. September 2009, 2 K 1486/08) teilweise vertreten, die Aufwendungen<br />
für das Grundstück ständen während der Zeit seiner<br />
entgeltlichen Überlassung im Rahmen einer Verpachtung<br />
in Zusammenhang mit den erzielten Pachtzinsen. Mit dem<br />
durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Übergang in die<br />
unentgeltliche Überlassung durch Verzicht auf zukünftige<br />
Pachtzahlungen ändere sich diese Veranlassung. Ab diesem<br />
Zeitpunkt ständen die Aufwendungen für das verpachtete<br />
Grundstück nicht mehr mit etwaigen Pachtzinsen in einem<br />
Zusammenhang, sondern mit zukünftigen Gewinnausschüttungen<br />
und Mehrungen des Betriebsvermögens aus der Veräußerung<br />
oder Entnahme der Anteile an der GmbH, die nach § 3<br />
Nummer 40 EStG dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen.<br />
Damit dürften die mit der Nutzungsüberlassung zusammenhängenden<br />
Betriebsausgaben nach § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG<br />
nur noch zur Hälfte beziehungsweise zu 60 Prozent berück-
Full income tax deduction for shareholder loan<br />
write-off<br />
The Income Tax Act contains no provision corresponding<br />
to the Corporation Tax Act exclusion of bad debt losses of<br />
shareholders with more than 25 per cent on their claims<br />
on the company. The Supreme Tax Court has ruled on a<br />
case brought by a natural person shareholder faced with<br />
a partial refusal of the tax office to allow him a deduction<br />
of his write-off of company debt held as business asset.<br />
The shareholder had originally granted his company a<br />
loan at a market rate of interest. The company fell on<br />
difficult times later and the shareholder agreed to reduce<br />
the interest to a purely nominal amount until the company<br />
had returned to profitability. Profits did not, however,<br />
materialize and later the shareholder was forced to<br />
put part of his claim for repayment of the principal into<br />
abeyance in order to prevent insolvency. The tax office<br />
agreed that the amount concerned should be regarded as<br />
a bad debt, but maintained that this bad debt had been<br />
incurred by the shareholder acting for the protection of<br />
his investment in the share capital and that the tax<br />
deduction for the write-down should be limited to the<br />
proportion in which the dividend income from the<br />
holding would be charged to income tax (currently 60<br />
per cent). It based this contention on the low interest<br />
now being earned on the loan, leaving the dividend<br />
expectation as the shareholder’s sole remaining hope<br />
of earning income at some point in the future. It also<br />
pointed out that the loan was effectively a substitute<br />
for share capital and had thus been allowed to remain<br />
outstanding by the creditor acting as a shareholder.<br />
The Supreme Tax Court decided, however, in favour<br />
of the taxpayer. A shareholding was a different type of<br />
asset than a debt, and the write-off was of a debt. The<br />
write-off, as such, did not improve the company’s earning<br />
capacity and would not therefore lead to improved<br />
dividends in the future. As a secondary point, the court<br />
pointed out that the provisions in the agreement for<br />
returning to the old interest rate, and for restoring the<br />
original amount of the principal, once the business had<br />
recovered, suggested a continued intention to treat the<br />
debt as such and to earn from it interest rather than a<br />
dividend. Lastly, the court made the point that a writeback<br />
of the loan, should its value improve, would be fully<br />
taxable income so it would be inconsistent to allow only<br />
a partial deduction of the expense. For the tax office’<br />
suggestion – supported by a finance ministry decree –<br />
that both income and expense should be taken into account<br />
in the “dividend proportion” of 60 per cent there<br />
was no basis in law. In conclusion, the court did not forget<br />
to mention that its findings applied regardless of<br />
whether the transactions had been at arm’s length,<br />
and regardless of their motivation from shareholder<br />
considerations. (MH)<br />
Steuern A bis Z<br />
sichtigt werden. In der Sache hatte der Zehnte Senat nicht zu<br />
entscheiden, das wird erst der Vierte Senat tun müssen (anhängiges<br />
Verfahren: IV R 4/11).<br />
Abschließend ist anzumerken: Für die Körperschaftsteuer<br />
hatte der Erste Senat des BFH bereits entschieden, dass die<br />
ursprünglich dem Halbabzugsverbot entsprechende Regelung<br />
des Körperschaftsteuer<strong>recht</strong>s in § 8 b Absatz 3 Körperschaftsteuergesetz<br />
(KStG) alte Fassung nicht auf Teilwertabschreibungen<br />
auf Darlehensforderungen anzuwenden war. Im Rahmen<br />
der Reform zum Jahressteuergesetz 2008 hatte der Gesetzgeber<br />
daher eine Regelung in § 8 b Absatz 3 Sätze 4 bis 8<br />
KStG aufgenommen. Danach dürfen Teilwertabschreibungen<br />
auf Gesellschafterdarlehen, bei denen der Gesellschafter zu<br />
mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist<br />
oder war, das Einkommen nicht mindern. Es sei denn, die Darlehenskonditionen<br />
halten einem Drittvergleich stand. Auf eine<br />
entsprechende Regelung in § 3 c Absatz 2 EStG hatte der<br />
Gesetzgeber jedoch verzichtet.<br />
Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />
rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder senden ihnen einfach<br />
eine E-Mail.<br />
Dr. Michael Scheel<br />
Tel.: +49 69 9585-3911<br />
michael.scheel@de.pwc.com<br />
Carina Kunze<br />
Tel.: +49 69 9585-5923<br />
carina.kunze@de.pwc.com<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 19
Steuern A bis Z<br />
20 <strong>PwC</strong><br />
Corinna Weber<br />
Tel.: +49 69 9585-6247<br />
corinna.weber@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• BFH, Urteil vom 18. April <strong>2012</strong> (X R 5/10)<br />
• BFH, Urteil vom 18. April <strong>2012</strong> (X R 7/10)<br />
• BFH, Urteil vom 14. Januar 2009 (I R 52/08)<br />
• FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2010<br />
(2 K 1424/06)<br />
• FG Bremen, Urteil vom 27. April 2006 (1 K 204/05)<br />
• FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. September 2009<br />
(2 K 1486/08)<br />
• BMF, Schreiben vom 8. November 2010<br />
(V C 6 – S 2128/07/10001)<br />
Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen<br />
Der Leistungsort von Buchhaltungsleistungen war<br />
bislang nicht eindeutig definiert. Die Praxis ging zum<br />
Teil von Leistungen aus im Sinne des Paragrafen 3 a<br />
Absatz 4 Umsatzsteuergesetz: den sogenannten Katalogleistungen,<br />
die am Empfängerort steuerbar sind.<br />
Der Bundesfinanzhof ist jedoch zu einer anderen Auffassung<br />
gelangt. Wie er seine Auffassung begründet<br />
hat, fasst der aktuelle Beitrag für Sie zusammen.<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … welche Auffassung der Bundesfinanzhof zum<br />
Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen vertritt.<br />
• … welchen Handlungsbedarf dieses Urteil für<br />
zurückliegende Veranlagungszeiträume nach sich<br />
ziehen kann.<br />
Sachverhalt<br />
Die Klägerin, eine inländische GmbH, unterstützte eine in<br />
einem Drittland ansässige Schwestergesellschaft entgeltlich bei<br />
ihrer Finanzbuchhaltung, indem ein Buchhalter der Klägerin<br />
sämtliche Belege der Konzerngesellschaft erfasste und kontierte<br />
sowie die Erstellung des Abschlusses vorbereitete. Für<br />
diese Tätigkeiten stellte die Klägerin Rechnungen ohne gesonderten<br />
Ausweis von Umsatzsteuer. Nach ihrer Auffassung<br />
handelte es sich nämlich um eine Katalogleistung nach § 3 a<br />
Absatz 4 Umsatzsteuergesetz (UStG, in der Fassung bis einschließlich<br />
2009). Da der Leistungsempfänger im Ausland<br />
ansässig gewesen sei, sei folglich die Leistung im Inland nicht<br />
steuerbar. Das Finanzamt war anderer Auffassung. Nach seiner<br />
Ansicht bestimmt sich der Leistungsort der erbrachten Buchhaltungsleistungen<br />
nach § 3 a Absatz 1 UStG (alte Fassung)<br />
und richtet sich folglich nach dem Ansässigkeitsort des leistenden<br />
Unternehmers. Da die Klägerin im Inland ansässig war,<br />
unterlagen die Buchhaltungsleistungen der deutschen Umsatzbesteuerung.<br />
Die erbrachten Leistungen wurden daher nachversteuert.<br />
Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />
Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte in seinem Urteil vom<br />
9. Februar <strong>2012</strong> die Auffassung des Finanzamts.<br />
Zur Begründung seiner Entscheidung führte der BFH aus: Die<br />
von der Klägerin erbrachten Buchhaltungsleistungen seien<br />
keine typischen Leistungen, die „hauptsächlich und gewöhnlich“<br />
von den in § 3 a Absatz 4 Nummer 3 UStG genannten<br />
Berufen erbracht würden. Sie stellten auch keine „ähnlichen<br />
Leistungen“ im Sinne dieser Vorschrift dar. Denn als „ähnliche<br />
Leistungen“ könnten nach dem BFH nur solche Leistungen gelten,<br />
die den in derselben Vorschrift aufgeführten Tätigkeiten<br />
ähnlich sind und demselben Zweck dienten.<br />
Belege zu erfassen und zu kontieren sowie die Vorbereitungsarbeiten<br />
für die Abschlusserstellung sind nach Auffassung des<br />
BFH vielmehr als „routinemäßige Verwaltungsarbeiten“ anzusehen,<br />
die sich im Laufe der Zeit ständig wiederholen und eine<br />
geringe Komplexität aufweisen. Fertigkeiten in diesem Bereich<br />
seien unerlässlich für die Arbeit von zum Beispiel Steuerberater<br />
oder Wirtschaftsprüfer, da sie eine Grundlage für deren<br />
Tätigkeit bildeten. Jedoch gehörten solche Leistungen nicht zu<br />
den berufstypischen Arbeiten eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers.<br />
Diese Ausführungen sollten allerdings nicht für<br />
die Errichtung der Buchhaltung oder für die Erstellung eines<br />
Jahresabschlusses gelten.<br />
Praxishinweis<br />
Die Entscheidung des BFH ist für alle Veranlagungszeiträume<br />
seit 2010 – also seit Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets –<br />
nicht von entscheidender Bedeutung. Denn seither gilt für die<br />
Bestimmung des Leistungsorts das sogenannte Empfängerortprinzip.<br />
Ist der Leistungsempfänger im Ausland ansässig,<br />
bedarf es nun auch für im Drittland ansässige Leistungsempfänger<br />
eines Nachweises der Unternehmereigenschaft. Im Falle<br />
von in der EU ansässigen Unternehmern war ein Unternehmernachweis<br />
schon bislang nötig.
Das Urteil hat indessen Bedeutung für die Veranlagungsräume<br />
vor 2010. Wurden für Buchhaltungsleistungen Rechnungen<br />
ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis ausgestellt, ist es nicht<br />
ausgeschlossen, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer nacherhebt.<br />
Dementsprechend kann es sich empfehlen, solche<br />
Rechnungen korrigieren zu lassen. Bitte beachten Sie: Die für<br />
Zeiträume vor 2009 geschuldete Umsatzsteuer unterliegt<br />
inzwischen der Vollverzinsung zu sechs Prozent pro Jahr.<br />
Sie haben noch Fragen? – Bitte rufen Sie Ihre Ansprechpartner an<br />
oder mailen ihnen einfach.<br />
Martin Diemer<br />
Tel.: +49 711 25034-1258<br />
martin.diemer@de.pwc.com<br />
Denis Specht<br />
Tel.: +49 69 9585-1113<br />
denis.specht@de.pwc.com<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 9. Februar <strong>2012</strong> (V R 20/11)<br />
Umsatzsteuer: Vorstufenbefreiung<br />
bei bestimmten Umsätzen zur Verwendung<br />
durch international tätige<br />
Fluglinien<br />
Am 19. Juli <strong>2012</strong> erging das Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs in der Rechtssache A Oy. Anders als in<br />
seiner früheren Rechtsprechung haben die Luxemburger<br />
Richter im vorliegenden Fall entschieden:<br />
Bestimmte Leistungen, die zwar nicht unmittelbar an<br />
eine im internationalen Luftverkehr tätige Fluglinie<br />
erbracht werden, aber zur Verwendung für eine solche<br />
Fluglinie bestimmt sind, können steuerfrei sein. Alles<br />
Wichtige über die Hintergründe und Folgen dieser<br />
Entscheidung lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />
Sachverhalt<br />
Der Kläger erwarb zwei Flugzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat<br />
der Europäischen Union und überließ sie einem<br />
Tochterunternehmen zur Nutzung, das im internationalen<br />
Steuern A bis Z<br />
In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />
• … ob auch Charterfluglinien unter die Steuerbefreiung<br />
der Sechsten Richtlinie, die dem Umsatzsteuergesetz<br />
entspricht, fallen können.<br />
• … ob und welche Leistungen, die zwar nicht unmittelbar<br />
an eine international tätige Fluglinie<br />
erbracht werden, aber zur Verwendung für eine<br />
solche bestimmt sind, steuerfrei sein können.<br />
Charterverkehr tätig war. Dem Kläger wurde die Steuerbefreiung<br />
des innergemeinschaftlichen Erwerbs des Flugzeugs<br />
verwehrt, vor allem mit dem Argument, er habe die Flüge nicht<br />
selbst durchgeführt.<br />
Entscheidung aus Luxemburg<br />
Zunächst stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar:<br />
Artikel 15 Nummer 6 der Sechsten Richtlinie (Artikel 148 f der<br />
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL, entspricht § 8<br />
Absatz 2 Umsatzsteuergesetz, UStG) umfasst auch Chartergesellschaften.<br />
Nach Ansicht des EuGH ergibt sich aus der<br />
Richtlinie nicht, dass die betreffenden Flüge „regelmäßigen“<br />
Charakter haben müssen. „Internationaler Verkehr“ sei so zu<br />
verstehen, dass es sich im Wesentlichen um Flüge handeln<br />
müsse, die mittels Luftfahrzeug zwischen zwei geografischen<br />
Punkten durchgeführt würden, die der betreffenden Beförderung<br />
eher internationalen als nationalen Charakter verliehen.<br />
In einem zweiten Schritt entschied der EuGH: Steuerbefreit ist<br />
bereits der Erwerb eines Flugzeugs durch einen Unternehmer,<br />
der selbst nicht hauptsächlich im entgeltlichen internationalen<br />
Verkehr tätig ist, aber das Flugzeug ausschließlich einer solchen<br />
steuerbegünstigten Gesellschaft überlässt (sogenannte<br />
Befreiung auf der Vorstufe).<br />
Hierbei griffen die Luxemburger Richter zunächst auf die deutsche<br />
und mehrere andere Sprachfassungen der Richtlinie zurück,<br />
die den Nachdruck nicht auf den Leistungsempfänger<br />
oder den Eigentümer des Flugzeugs, sondern auf die ausschließliche<br />
Verwendung der Luftfahrzeuge durch eine begünstigte<br />
Luftfahrtgesellschaft legen. Ein steuerpflichtiger<br />
Erwerb stünde dem Ziel der Steuerbefreiung insoweit entgegen,<br />
als sich der für die Nutzung des Flugzeugs zu zahlende<br />
Preis erhöhe. Und zwar nicht (wie bei den unechten Steuerbefreiungen)<br />
um die Vorsteuer, sondern um die Finanzierungskosten<br />
für den Liquiditätsabfluss infolge der Entrichtung der<br />
Mehrwertsteuer, die im konkreten Fall besonders hoch ausfallen<br />
könnten. So würde die fehlende Befreiung von der Mehrwertsteuer<br />
letztlich mittelbar die Gesellschaft treffen, die das<br />
Luftfahrzeug verwendet.<br />
In früheren Urteilen (Velker und Elmeka) hatte der EuGH zwar<br />
noch die Vorstufenbefreiung für Lieferungen und sonstige<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 21
Steuern A bis Z<br />
Leistungen nach Artikel 15 Nummer 4 und 8 der Sechsten<br />
Richtlinie oder Artikel 148 MwStSystRL abgelehnt. Das hatte<br />
er damals damit begründet, die Mitgliedstaaten müssten<br />
Kontrollmechanismen einführen, um sich der bestimmungsgemäßen<br />
Verwendung der betreffenden Gegenstände und<br />
Dienstleistungen zu vergewissern. Diese Mechanismen würden<br />
für die Mitgliedstaaten und für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer<br />
Zwänge schaffen, die mit einer „korrekten und<br />
einfachen Anwendung der Befreiungen“ unvereinbar wären.<br />
Wie der EuGH nunmehr ausführt, sind Steuerbefreiungen zwar<br />
eng auszulegen, aber nicht derart eng, dass ihnen die praktische<br />
Wirkung genommen würde. Im Fall eines Luftfahrzeugs<br />
stellten sich die geschilderten Probleme in Anbetracht der Art<br />
der gelieferten Gegenstände und besonders der Zulassungsverfahren,<br />
denen sie unterliegen, nicht – oder zumindest nicht in<br />
einem Maße, das der korrekten und einfachen Anwendung der<br />
Richtlinie entgegenstünde.<br />
Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />
Das vorliegende Urteil ist bereits insoweit von Bedeutung, als<br />
der EuGH eine Ausnahme macht von seiner bisherigen Rechtsprechung:<br />
Er lässt eine Steuerbefreiung auf der Vorstufe zu.<br />
Das EuGH-Urteil bestätigt die in Deutschland angewandte<br />
Praxis weitgehend. Zum einen stand die Begünstigung auch<br />
von Charterfluglinien in Deutschland schon bislang nicht infrage,<br />
wie sich bereits an der jährlich vom Bundesfinanzministerium<br />
(BMF) veröffentlichten Liste der begünstigten<br />
inländischen Gesellschaften aufzeigen ließe, auf der einige<br />
Chartergesellschaften stehen.<br />
Zum anderen sieht bereits das BMF-Schreiben vom 24. Januar<br />
2004 vor: Lieferungen von Wasser- und Luftfahrzeugen sind<br />
nach § 8 UStG auf der Vorstufe steuerbefreit, wenn die Zweckbestimmung<br />
nachweislich endgültig feststeht und vom Unternehmer<br />
nachgewiesen wird.<br />
Das vorliegende Urteil bietet zudem mehr Rechtssicherheit im<br />
Hinblick auf die Frage, ob die Vorstufenbefreiung unter den<br />
weiteren Voraussetzungen auch bei der Überlassung eines<br />
Flugzeugs, die nicht in einer Lieferung besteht, in Anspruch<br />
genommen werden kann.<br />
Unklar ist derzeit allerdings noch, ob auch die Lieferung anderer<br />
Gegenstände als Flugzeuge, wie die Lieferung teurerer und<br />
gut zuordenbarer Fertigungsteile wie etwa Turbinen oder Einrichtungsgegenstände,<br />
unter die Vorstufenbefreiung fallen<br />
kann. Das könnte vor allem dann zutreffen, wenn diese Gegenstände<br />
speziell und exklusiv für die Ausrüstung von Flugzeugen<br />
angefertigt werden.<br />
Derzeit ist es noch nicht empfehlenswert, Lieferungen anderer<br />
Gegenstände als Luftfahrzeuge (etwa Gegenstände zur Aus-<br />
22 <strong>PwC</strong><br />
rüstung derselben) ohne Weiteres nach Artikel 148 der<br />
MwStSystRL steuerfrei zu stellen. Diese Frage ließe sich aber in<br />
Anträgen auf verbindliche Auskünfte klären, um hier Rechtssicherheit<br />
zu erlangen.<br />
Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartner gern. Rufen Sie sie<br />
bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />
Martin Diemer<br />
Tel.: +49 711 25034-1258<br />
martin.diemer@de.pwc.com<br />
Aleksandra Kostecka<br />
Tel.: +49 211 981-1904<br />
aleksandra.kostecka@de.pwc.com<br />
Fundstellen<br />
• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (C-33/11, A Oy)<br />
• EuGH, Urteil vom 26. Juni 1990 (C-185/89, Velker)<br />
• EuGH, Urteil vom 14. September 2006 (C-181-183/04,<br />
Elmeka)<br />
• BMF, Schreiben vom 24. Januar 2008 (BStBl. I, 294)<br />
Änderung der Rechtsprechung:<br />
nachträgliche Schuldzinsen bei<br />
Vermietungseinkünften<br />
Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der<br />
Finanzierung von Anschaffungskosten eines vermieteten<br />
Wohngrundstücks dienen, können auch bei einer steuerbaren<br />
Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten<br />
abgezogen werden. Der Bundesfinanzhof (BFH)<br />
knüpfte an diese Rechtsauffassung die Bedingung, dass die<br />
Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt<br />
werden. Damit hält der BFH an seiner bisherigen – restriktiven<br />
– Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher<br />
Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung<br />
nicht länger fest.<br />
Im entschiedenen Fall erwarb ein Ehepaar (Kläger) 1994 ein<br />
Wohngebäude, vermietete dies und erzielte hieraus Einkünfte.<br />
Im Jahr 2001 veräußerten die Eheleute die Immobilie mit<br />
Verlust, sodass mit dem Veräußerungserlös die bei der<br />
Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht
vollständig abgelöst werden konnten. Die Kläger mussten<br />
daraufhin auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die<br />
ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden.<br />
Das Finanzamt erkannte die vom Ehepaar im Rahmen seiner<br />
Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten<br />
„nachträglichen Schuldzinsen“ jedoch nicht als Werbungskosten<br />
an. Anders beurteilte der BFH den Fall. Danach seien<br />
die geltend gemachten Schuldzinsen zu Un<strong>recht</strong> nicht bei der<br />
Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung<br />
berücksichtigt worden. Eine überraschende Entscheidung,<br />
denn die obersten Finanzrichter halten damit nicht länger an<br />
ihrer bisherigen restriktiven Rechtsprechung zur beschränkten<br />
Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften<br />
aus Vermietung und Verpachtung fest.<br />
Der BFH begründete seine Änderung der Rechtsprechung sowohl<br />
mit der im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002<br />
vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, Wertsteigerungen<br />
bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen<br />
Grundstücken innerhalb einer auf zehn Jahre erweiterten<br />
Frist zu erfassen als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung<br />
von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen<br />
steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des<br />
Grundstücks durch die Regelung in § 23 Absatz 3 Satz 4 des<br />
Einkommensteuergesetz, welche bewirke, dass die Ermittlung<br />
des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft<br />
strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung<br />
eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt<br />
werde. Nach Ansicht der Richter besteht ein ursprünglich<br />
gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem Restdarlehen,<br />
das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines<br />
zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjekts<br />
diente, und den früheren Einkünften aus Vermietung und<br />
Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fort, wenn die<br />
Immobilie veräußert wird und der daraus resultierende Erlös<br />
nicht ausreicht, um das Darlehen abzulösen. GS<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 20. Juni <strong>2012</strong> (IX R 67/10)<br />
Formwechsel: Nichtberücksichtigung<br />
der ursprünglichen Anschaffungskosten<br />
bei Veräußerung eines<br />
Mitunternehmeranteils<br />
Die ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich<br />
beteiligten Gesellschafters für den Erwerb der Gesellschaftsanteile<br />
einer GmbH mindern, nachdem die GmbH formwechselnd<br />
in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist,<br />
nicht den Gewinn aus einer späteren Veräußerung des Mitunternehmeranteils.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt der Bundes-<br />
Steuern A bis Z<br />
finanzhof (BFH) in einem aktuell veröffentlichten Urteil, in<br />
dem die Beteiligten über die Höhe eines Gewinns aus der Veräußerung<br />
einer Kommanditbeteiligung stritten.<br />
Der Formwechsel einer GmbH in eine Personengesellschaft ist<br />
in der Praxis häufig mit erheblichen steuerlichen Übergangsproblemen<br />
verbunden. Diese resultieren insbesondere aus den<br />
unterschiedlichen Beteiligungsformen der Gesellschafter. So<br />
können die Beteiligungen im Betriebsvermögen und je nach<br />
Beteiligungshöhe auch im Privatvermögen gehalten werden.<br />
Die Krux: Der Gesetzgeber hat im Umwandlungsteuergesetz an<br />
die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse unterschiedliche<br />
Rechtsfolgen geknüpft.<br />
Im aktuell entschiedenen Fall beschlossen die Gesellschafter<br />
einer GmbH im Rahmen einer Gesellschaftervollversammlung<br />
einstimmig, diese formwechselnd in eine Personengesellschaft<br />
umzuwandeln. Nach dem Umwandlungsbeschluss entsprachen<br />
die Einlagen der Gesellschafter betragsmäßig ihren Stammeinlagen<br />
an der GmbH. Mit Wirkung zum 1. Januar 2004 wurden<br />
die Kommanditbeteiligungen wieder veräußert. Das Finanz-<br />
#amt stellte daraufhin in Abweichung von der Feststellungserklärung<br />
der Klägerin, der X GmbH & Co. KG, für die zum<br />
1. Januar 2004 ausgeschiedenen Gesellschafter aus der Veräußerung<br />
von deren Kommanditbeteiligungen Veräußerungsgewinne<br />
fest. Dabei zog das Finanzamt von dem für die Veräußerung<br />
des Kommanditanteils vereinnahmten Kaufpreis die<br />
nominelle Beteiligung (Wert des anteiligen Kapitalkontos) ab.<br />
Zu Recht, wie der BFH jetzt entschied.<br />
Für den Fall der nicht wesentlichen Beteiligung sieht das Umwandlungssteuergesetz<br />
vor, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten<br />
der Beteiligung nach der formwechselnden<br />
Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft nicht<br />
mehr zu berücksichtigen sind. Dies hat zur Folge, dass die ursprünglichen<br />
Anschaffungskosten – wie im aktuell entschiedenen<br />
Fall – den Gewinn einer späteren Veräußerung der<br />
Mitunternehmeranteile nicht mindern. In ihrer Urteilsbegründung<br />
führten die BFH-Richter hierzu an, dass die Beteiligten<br />
den mit dem Formwechsel verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen<br />
hätten ausweichen können, indem sie dem Umwandlungsbeschluss<br />
hätten widersprechen und gegen eine<br />
angemessene Abfindung ihre Kapitalbeteiligung vor dem<br />
erfolgten Formwechsel an den formwechselnden Rechtsträger,<br />
hier die GmbH, hätten veräußern können. In diesem Fall hätten<br />
sie die in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven<br />
steuerfrei realisieren können. Weitere Alternative: Sie hatten<br />
überdies die Möglichkeit, die Anteile an der GmbH vor deren<br />
Umwandlung „freihändig“ zu veräußern und sodann die Mitunternehmeranteile<br />
an der formwechselnd errichteten KG<br />
zurückzuerwerben. GS<br />
Fundstelle<br />
BFH, Urteil vom 12. Juli <strong>2012</strong> (IV R 39/09)<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 23
Recht aktuell<br />
Bundesarbeitsgericht erklärt sachlich<br />
begründete Befristung im Einzelfall<br />
für <strong>recht</strong>smissbräuchlich<br />
Mit Urteil vom 18. Juli <strong>2012</strong> (7 AZR 443/09) entschied das<br />
Bundesarbeitsgericht (BAG): Die Befristung eines Arbeitsvertrags<br />
kann auch dann <strong>recht</strong>smissbräuchlich sein, wenn ein<br />
gesetzlich geregelter Sachgrund vorliegt.<br />
Eine Angestellte im Justizdienst hatte eine Befristungskontrollklage<br />
erhoben. Das beklagte Land als Arbeitgeber bot der<br />
Klägerin über elf Jahre hinweg immer wieder befristete Vertretungen<br />
von Festangestellten an. Insgesamt schlossen die<br />
Parteien 13 befristete Verträge. Gegenstand des vorliegenden<br />
Verfahrens war der letzte Vertrag.<br />
Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und<br />
befristete Arbeitsverträge (TzBfG) ist die Befristung von Arbeitsverträgen<br />
nur zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund<br />
vorliegt. Auch für den 13. Vertrag gab das Land – wie schon bei<br />
den vorherigen Verträgen – als Sachgrund die Vertretung eines<br />
Angestellten an. Nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Absatz<br />
1 Satz 2 Nummer 3 TzBfG ist die Vertretung eines anderen<br />
Arbeitnehmers ein anerkannter Sachgrund. Der erkennende<br />
Senat gab zunächst zu erkennen, nach der Rechtsprechung sei<br />
allein maßgeblich, ob für den zu kontrollierenden Vertrag ein<br />
Sachgrund vorliege. Vorhergehende Verträge mit demselben<br />
Arbeitgeber sind bei strikter Anwendung des § 14 Absatz 1 Satz<br />
2 Nummer 3 TzBfG unbeachtlich. Er zweifelte jedoch an der<br />
Vereinbarkeit der isolierten Betrachtung mit dem Unions<strong>recht</strong><br />
und legte deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)<br />
diese Frage vor.<br />
Daraufhin erklärte der EuGH mit Urteil vom 26. Januar <strong>2012</strong><br />
(C-586/10): Die Anzahl und Dauer der zuvor geschlossenen<br />
Verträge kann zwischen den Parteien Hinweise darauf geben,<br />
ob die Befristung im Einzelfall <strong>recht</strong>smissbräuchlich ist. Auf<br />
der Grundlage dieser Entscheidung ging das BAG davon aus,<br />
das beklagte Land wolle vermeiden, der Klägerin eine Festanstellung<br />
anbieten zu müssen, und nutze die Personalnot in der<br />
Behörde aus, um die Klägerin in befristeten Verträgen zu halten.<br />
Darin liegt nach der Auffassung des BAG ein <strong>recht</strong>smissbräuchliches<br />
Verhalten. Zur weiteren Klärung wies das BAG<br />
den Fall an das Landesarbeitsgericht zurück.<br />
Anders entschied das BAG laut Pressemitteilung über die Befristungskontrollklage<br />
einer Angestellten, die bei einem Einzelhandelsunternehmen<br />
vertretungsweise tätig war (Urteil vom<br />
18. Juli <strong>2012</strong>, 7 AZR 783/10). Aufgrund von vier befristeten<br />
Verträgen war sie über sieben Jahre lang dort beschäftigt. Anzahl<br />
und Dauer der befristeten Anstellung erschienen dem BAG<br />
in diesem Fall als nicht ausreichend, um von einem Rechtsmissbrauch<br />
des Arbeitgebers auszugehen. Das BAG wies die<br />
Befristungskontrollklage der Arbeitnehmerin deshalb ab.<br />
24 <strong>PwC</strong><br />
Für die Praxis bedeuten die Entscheidungen: Kettenbefristungen<br />
sind weiterhin zulässig. Im Einzelfall kann eine hohe<br />
Anzahl von aufeinanderfolgenden Befristungen von Arbeitsverträgen<br />
über einen längeren Zeitraum hinweg jedoch <strong>recht</strong>smissbräuchlich<br />
sein.<br />
Bundesgerichtshof zu vorzeitiger<br />
Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern<br />
Laut Pressemitteilung 116/<strong>2012</strong> des Bundesgerichtshofs<br />
(BGH) – die amtliche Begründung der Entscheidung lag bei<br />
Drucklegung noch nicht vor – hat der BGH am 17. Juli <strong>2012</strong><br />
(II ZR 55/11) entschieden: Die vorzeitige Wiederbestellung<br />
von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft (AG) ist<br />
grundsätzlich zulässig.<br />
In dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde lag,<br />
hatte der Aufsichtsrat einer aus zwei Familienstämmen bestehenden<br />
AG für zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm<br />
zuzurechnen waren und noch circa zweieinhalb Jahre<br />
zu Vorständen der Gesellschaft bestellt waren, die laufenden<br />
Vorstandsbestellungen einvernehmlich aufgehoben und für jeweils<br />
fünf Jahre erneut zu Vorstandsmitgliedern bestellt. Einen<br />
Tag später fand die Hauptversammlung der Gesellschaft statt,<br />
in der ein neuer Aufsichtsrat gewählt wurde.<br />
Die Entscheidung ist im Kontext der folgenden Vorschriften zu<br />
sehen: Nach § 84 Absatz 1 Satz 1 bis 3 Aktiengesetz (AktG)<br />
können Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat auf höchstens<br />
fünf Jahre bestellt werden, wobei eine wiederholte Bestellung<br />
oder Verlängerung, jeweils für höchstens fünf Jahre, zulässig<br />
ist. Für die Verlängerung ist ein Aufsichtsratsbeschluss erforderlich.<br />
Dieser kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen<br />
Amtszeit gefasst werden. Nach Ziffer 5.1.2 des Deutschen<br />
Corporate Governance Kodex müssen für eine Wiederbestellung<br />
vor Jahresfrist besondere Umstände vorliegen.<br />
Der BGH hat nunmehr entschieden: Nach § 84 Absatz 1 AktG<br />
ist eine Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern nach<br />
einvernehmlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere<br />
Gründe zulässig. Das begründet er einerseits mit der Gesetzgebungsgeschichte<br />
der Vorschrift und andererseits mit ihrem<br />
Sinn und Zweck. Danach kommt es lediglich darauf an, dass<br />
der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Absatz 1 AktG<br />
zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung<br />
der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung<br />
trifft.<br />
Die Zulässigkeit des Sachverhalts, den der BGH im vorliegenden<br />
Fall zu entscheiden hatte, war in der Literatur umstritten,
sodass die Entscheidung Rechtssicherheit in dieser Frage für<br />
die Praxis schafft.<br />
Gesetzentwurf zum Verfahren der<br />
Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung<br />
Am 18. Juli <strong>2012</strong> hat das Bundeskabinett die Neuregelung des<br />
Verfahrens zur Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung<br />
beschlossen.<br />
Der Entwurf ist der zweite Teil eines dreiaktigen Reformplans<br />
zur Neuregelung der Insolvenzverfahren. Im März <strong>2012</strong> trat<br />
mit dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen<br />
bereits der erste Teil der Reform in Kraft. Folgen soll<br />
ein Gesetz zur Konzerninsolvenz.<br />
Inhalt des erarbeiteten Gesetzentwurfs ist im Wesentlichen die<br />
Verkürzung des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Bisher<br />
konnten Schuldner innerhalb von sechs Jahren von ihren<br />
Restschulden befreit werden. Die Neuregelung sieht vor, dass<br />
Schuldner schon innerhalb von drei Jahren frei werden, wenn<br />
sie mindestens ein Viertel der Gläubigerforderungen und die<br />
angefallenen Verfahrenskosten zahlen. Schuldner, die zumindest<br />
die Verfahrenskosten zahlen, können innerhalb von fünf<br />
Jahren von ihren Restschulden befreit werden. Außerdem<br />
sollen nun auch Verbraucher am Insolvenzplanverfahren teilnehmen<br />
können.<br />
Gläubiger erhalten eine weitergehende Befugnis als bisher, die<br />
Restschuldbefreiung zu verhindern. Ihnen wird die Möglichkeit<br />
eingeräumt, unter der Berufung auf Versagungsgründe<br />
jederzeit den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung<br />
zu stellen.<br />
Gesetzentwurf zur Bilanzierung in<br />
Kleinstunternehmen<br />
Am 31. Juli <strong>2012</strong> veröffentlichte die Bundesregierung einen<br />
Gesetzentwurf zur Bilanzierung in sogenannten Kleinstkapitalgesellschaften.<br />
Mit dem Gesetz soll die im März <strong>2012</strong> in Kraft getretene Micro-<br />
Richtlinie (12/06 EU) in deutsches Recht umgesetzt werden.<br />
Vorgesehen ist die Neuregelung der Rechnungs- und Offenlegungspflicht<br />
für Kleinstunternehmen. Erfasst sind Unternehmen,<br />
die als Kapitalgesellschaft oder als Personenhandelsgesellschaft<br />
ohne voll haftende natürliche Personen organisiert<br />
sind – in Deutschland zumeist in der Form einer GmbH & Co.<br />
HG oder GmbH.<br />
Recht aktuell<br />
Zu den Kleinstunternehmen zählen nach dem Gesetzentwurf<br />
Gesellschaften, die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen<br />
zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:<br />
• Umsatzerlöse bis zu 700.000 Euro<br />
• Bilanzsumme bis zu 350.000 Euro<br />
• nicht mehr als zehn beschäftigte Arbeitnehmer<br />
Die Neuregelung soll für alle Kleinstunternehmen gelten,<br />
deren Abschlussstichtag nach dem 30. Dezember <strong>2012</strong> liegt.<br />
Diese Gesellschaften müssen unter Angabe bestimmter Daten<br />
keinen Anhang zur Bilanz mehr erstellen. Sie können ihre<br />
Jahresabschlüsse mit weniger Darstellungstiefe erstellen. Zur<br />
Offenlegung der Bilanz genügt es künftig, den Bericht zu hinterlegen<br />
und nur noch elektronisch an den Bundesanzeiger zu<br />
senden. Dritte können die Bilanz als kostenpflichtige Kopie<br />
erhalten.<br />
Es ist vorgesehen, das Gesetz so zügig wie möglich zu verabschieden.<br />
Sie haben Fragen? Die Experten helfen Ihnen gern weiter.<br />
Nina Stößel<br />
Tel.: +49 40 6378-2821<br />
nina.stoessel@de.pwc.com<br />
Dirk Kohlenberg<br />
Tel.: +49 40 6378-2370<br />
dirk.kohlenberg@de.pwc.com<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 25
Länder<br />
Länderreport<br />
Moldawien<br />
Neue Regelungen zur Außensteuer<br />
Seit dem 25. Mai <strong>2012</strong> gelten folgende<br />
Änderungen des Gesetzes über die Rückführung<br />
von Bargeld, Waren und Dienstleistungen<br />
aus Auslandstransaktionen:<br />
Die Frist für die Berichtigung von<br />
Einkünften aus Auslandsbeziehungen<br />
wurde verlängert (siehe Tab. 1).<br />
Der Höchstbetrag der Strafsteuer für die<br />
Missachtung der Regelungen für die<br />
Besteuerung von Auslandsbeziehungen<br />
wurde von 100 auf 40 Prozent des Werts<br />
der nicht besteuerten Einkünfte gesenkt.<br />
Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen,<br />
einen Abschlag in Höhe von<br />
50 Prozent auf den festgesetzten Zuschlag<br />
zu erhalten. Dafür gelten die folgenden<br />
Voraussetzungen:<br />
• Zahlung von 50 Prozent der festgesetzten<br />
Strafsteuer innerhalb von drei<br />
Tagen nach Erhalt des Berichtigungsbescheids<br />
• Einreichen von Nachweisen über die<br />
erfolgte Zahlung an das Finanzamt<br />
26 <strong>PwC</strong><br />
Aktuelles aus<br />
Osteuropa<br />
Die Möglichkeit, schriftlich Rückgriffsansprüche<br />
beim ausländischen Geschäftspartner<br />
geltend zu machen,<br />
wurde von einem auf drei Monate ab<br />
Wirksamwerden des Berichtigungsbescheids<br />
verlängert. Ebenfalls verlängert<br />
wurde die Möglichkeit, die vorgenannten<br />
Rückgriffsansprüche gerichtlich<br />
geltend zu machen: von zwei auf sechs<br />
Monate ab Wirksamwerden des Berichtigungsbescheids.<br />
Neue Regelungen zur Registrierung<br />
von Steuerpflichtigen<br />
Die Hauptsteuerbehörde hat neue Vorschriften<br />
zur Anmeldung von Steuerpflichtigen<br />
erlassen.<br />
Die neue Regelung umfasst die Details<br />
der Verfahren zur Änderung und zur Ergänzung<br />
des staatlichen Steuerregisters<br />
sowie zur Zuordnung und Aufhebung<br />
von Steueridentifikationsnummern.<br />
Darüber hinaus regeln die neuen Vorschriften<br />
die Meldepflichten von Bankinstituten,<br />
der moldawischen Nationalbank<br />
und der lokalen Steuerbehörden im<br />
Fall der Eröffnung, Änderung oder<br />
Schließung eines Bankkontos sowie Ein-<br />
Tab. 1 Neue Fristen für die Berichtigung von Einkünften aus Auslandsbeziehungen<br />
Vertrag oder Vereinbarung alte Frist neue Frist<br />
• Kauf, Tausch oder Ausfuhrlieferung ein Jahr zwei Jahre<br />
• Weiterverarbeitung von Rohstoffen 60 Tage ein Jahr<br />
• Erbringung von Dienstleistungen, bei denen<br />
Anzahlungen vereinbart sind ein Jahr zwei Jahre<br />
• Bauleistungen sowie Arbeitsverträge<br />
mit Ausländern 15 Tage ein Jahr<br />
Osteuropa kompakt<br />
zelheiten hinsichtlich des Inhalts und der<br />
Aufbewahrung von behördlichen Steuerakten.<br />
Die Vorschrift trat am 25. Mai <strong>2012</strong> in<br />
Kraft und setzt die bisher gültige Anweisung<br />
236 vom 18. Dezember 2006 außer<br />
Kraft.<br />
Maxim Banaga<br />
Tel.: +373 22 23-8122<br />
Polen<br />
Haftung von Vorstandsmitgliedern<br />
trotz Berichtigung einer Steuererklärung<br />
Nach einer wichtigen Entscheidung des<br />
Obersten Gerichts vom 20. Juni <strong>2012</strong><br />
schützt die nachträgliche Berichtigung<br />
einer Erklärung zusammen mit der Zahlung<br />
überfälliger Steuern entsprechend<br />
Artikel 16 a des Steuerstrafgesetzes nicht<br />
mehr vollständig vor allen steuerstraf<strong>recht</strong>lichen<br />
Folgen, die sich aus einer<br />
falschen Steuererklärung ergeben.<br />
Das Oberste Gericht hat entschieden: Die<br />
strafbefreiende Nacherklärung (geregelt<br />
in Artikel 16 a Steuerstrafgesetz) gewährt<br />
Befreiung von der Strafverfolgung<br />
nur mit Blick auf Artikel 56 des Steuerstrafgesetzes,<br />
dem zufolge die Abgabe<br />
einer falschen oder ungenauen Erklärung<br />
strafbewehrt ist. Strafbefreiung<br />
kann jedoch nicht für andere Handlungen<br />
erlangt werden, die nach anderen<br />
Bestimmungen strafbar sind und die in<br />
der Praxis oft in Verbindung mit Artikel<br />
56 des Steuerstrafgesetzes auftreten. Die<br />
relevanten Bestimmungen, deren gleich-<br />
Weitere interessante Beiträge finden Sie in<br />
der neuen Ausgabe von Osteuropa kompakt.<br />
Bestellung<br />
E-Mail: anja.mueller-lezius@de.pwc.com
zeitige Verletzung bei einer Straftat nach<br />
Artikel 56 des Steuerstrafgesetzes am<br />
häufigsten droht, sind Artikel 61 § 1 – er<br />
bestraft die sorgfaltspflichtwidrige Führung<br />
einer falschen Steuerbuchhaltung –<br />
und Artikel 62 § 2 des Steuerstrafgesetzes,<br />
der sich auf die Ausstellung von<br />
Rechnungen in unzuverlässiger Weise<br />
bezieht.<br />
Das Oberste Gericht gab mit seiner Entscheidung<br />
unmissverständlich zu erkennen:<br />
Die nachträgliche Berichtigung<br />
einer Erklärung ist nicht als umfassendes<br />
„Schutzschild vor Haftung“ zu verstehen.<br />
Daher ist es zu befürchten, dass die Berichtigung<br />
einer Erklärung automatisch<br />
zu Folgeermittlungen der Steuerstrafbehörden<br />
führen wird. Insoweit sollten die<br />
Folgen einer – nur noch teilweise – strafbefreienden<br />
Nacherklärung vorab genau<br />
geprüft werden. Zwar kann eine Nacherklärung<br />
die Strafverfolgung nach Artikel<br />
56 Steuerstrafgesetz ausschließen, auf<br />
der anderen Seite bleibt nun das Risiko<br />
der Strafverfolgung aufgrund der anderen<br />
genannten Bestimmungen. Nach den<br />
Erfahrungen der Ansprechpartnerinnen<br />
können die Artikel 61 § 1 und Artikel 62<br />
§ 2 Steuerstrafgesetz gerade im Bereich<br />
des Bankensektors zu teilweise empfindlichen<br />
Geldstrafen führen.<br />
Malgorzata Jablonska<br />
Tel.: +49 30 2636-3084<br />
Wieslawa Ksycka<br />
Tel.: +48 71 356-1161<br />
Russland<br />
Steuerbeitreibung von einem<br />
Steuerbeauftragten: neuer Standpunkt<br />
des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />
Am 5. Juni <strong>2012</strong> wurde der Präsidiumsbeschluss<br />
Nummer 15483/11 (vom<br />
3. April <strong>2012</strong>) des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />
auf dessen Internetseite veröffentlicht.<br />
Diese Entscheidung könnte die<br />
aktuelle Rechtsprechung aufheben. Danach<br />
wird der Steueragent, der seiner<br />
Verpflichtung zur Einbehaltung von<br />
Steuern nicht nachkommt, zwar mit<br />
einer Strafe belegt, aber nicht für die<br />
Zahlung der Steuer verantwortlich gemacht.<br />
Die Strafe und die Verzugszinsen<br />
sind ausdrücklich als Haftungsarten im<br />
Steuergesetzbuch der Russischen Föderation<br />
(SeuerGB RF) geregelt (Strafe: Artikel<br />
123; Verzugszinsen: Artikel 75.7,<br />
beschlossen durch das Föderale Gesetz<br />
137 vom 27. Juli 2006). Bisher sind die<br />
Gerichte mit dem Problem der Steuereinbehaltung<br />
einheitlich umgegangen. Ihre<br />
Argumentation: Das russische Steuer<strong>recht</strong><br />
untersage die Zahlung der Steuer<br />
aus Mitteln des Steueragenten (unter anderem<br />
basierend auf der Interpretation<br />
der Artikel 24.3 und 45.1 SteuerGB RF).<br />
Im vorliegenden Fall unterstützte das<br />
Oberste Wirtschaftsgericht die Steuerbehörden<br />
und <strong>recht</strong>fertigte die Eintreibung<br />
der Umsatzsteuer aus Mitteln des Steueragenten<br />
selbst.<br />
Sachverhalt<br />
Das Unternehmen OAO Ulyanovsk Motor<br />
Works leistete eine Zahlung an ein englisches<br />
Unternehmen (UltraMotive<br />
Limited) für eine in Russland erbrachte<br />
Leistung. Dem Vertrag nach enthielt der<br />
Betrag keine Umsatzsteuer. Die Steueraufsichtsbehörde<br />
belastete das russische<br />
Unternehmen mit einer zusätzlichen<br />
Umsatzsteuer in Höhe von 1,8 Millionen<br />
Russischen Rubeln (circa 45.808 Euro),<br />
die aus der grenzüberschreitenden Zahlung<br />
nicht einbehalten wurde, plus entsprechenden<br />
Strafen und Verzugszinsen.<br />
Bezüglich der belasteten Strafen und<br />
Verzugszinsen waren sich die Gerichte<br />
einig, nicht jedoch hinsichtlich der Beitreibung<br />
des Steuerbetrags vom Unternehmen.<br />
Das Präsidium des Obersten<br />
Wirtschaftsgerichts widersprach dem<br />
Standpunkt der Vorgerichte zur Einbehaltung<br />
der Steuer vom Steueragenten<br />
und hob die diesbezüglichen Urteile der<br />
Vorinstanzen auf.<br />
Standpunkt des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />
Die Artikel 161, 173 und 166 SteuerGB<br />
RF zeigen: Ein Unternehmen, das als<br />
Steueragent handelt, muss den Steuerbetrag<br />
unter Berücksichtigung der<br />
Vertragsbestimmungen berechnen und<br />
zahlen.<br />
Länder<br />
Ungeachtet der Vertragsbedingungen,<br />
die mit dem ausländischen Unternehmen<br />
geschlossen wurden, befreit die<br />
Nichteinbehaltung der Umsatzsteuer aus<br />
der an die andere Partei getätigten Zahlung<br />
das russische Unternehmen keineswegs<br />
von der Pflicht zur Feststellung und<br />
Zahlung der Steuer. Diese Pflicht entspricht<br />
dem Recht zum Abzug gezahlter<br />
Umsatzsteuer nach Artikel 171.3 SteuerGB<br />
RF. In diesem Fall gilt die <strong>recht</strong>liche<br />
Argumentation gerade nicht mehr,<br />
nach der der Steuerpflichtige für die<br />
Zahlung der Steuer an die Steuerbehörden<br />
(Artikel 45 SteuerGB RF) verantwortlich<br />
bleibt, da das ausländische<br />
Unternehmen nicht bei den russischen<br />
Steuerbehörden registriert ist.<br />
Folgen für die Praxis<br />
Falls Ihre Geschäftsvorgänge dem im genannten<br />
Fall entsprechen, besonders die<br />
Formulierung der Vereinbarung, ist Ihr<br />
Risiko, mit zusätzlicher Umsatzsteuer<br />
(im Fall der Nichteinhaltung der Steuer)<br />
belastet zu werden, erheblich gestiegen.<br />
Ist die grundlegende Vertragsvereinbarung<br />
anders formuliert, bleibt das Risiko<br />
der Steuerbeitreibung gleichwohl hoch –<br />
falls der Steueragent zu einem entsprechenden<br />
Umsatzsteuerabzug ermächtigt<br />
war. Besteht kein Recht zum Abzug nach<br />
Artikel 171.3 SteuerGB RF (in diesem<br />
Fall kann der Steueragent die Umsatzsteuer<br />
entweder in seinen Ausgaben mit<br />
einschließen oder es nicht als steuerliche<br />
Zwecke abrechnen), kann das Risiko<br />
einer Inanspruchnahme des Steueragenten<br />
derzeit nicht abschließend bewertet<br />
werden (mangels ausreichend einschlägiger<br />
Rechtsprechung).<br />
Im Moment ist es außerdem schwierig,<br />
den Einfluss der Entscheidung des<br />
Obersten Wirtschaftsgerichts auf einkommensteuerliche<br />
Aspekte abzuschätzen.<br />
Um die Steueragenten zu unterstützen,<br />
ließe sich folgendermaßen argumentieren:<br />
Erstens gilt der Beschluss des Obersten<br />
Wirtschaftsgerichts nur für die Umsatzsteuer<br />
und bezieht sich auf Teil 1 und<br />
Kapitel 21 des SteuerGB RF. Zweitens<br />
legt Kapitel 25 SteuerGB RF eindeutig<br />
die Verpflichtung des Steueragenten zum<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 27
Länder<br />
Einbehalt der Steuer aus dem Einkommen<br />
ausländischer Unternehmen<br />
(Artikel 287.2, 310.1 SteuerGB RF) fest.<br />
Drittens gibt es Beispiele dafür, dass das<br />
Oberste Wirtschaftsgericht hinsichtlich<br />
einkommensteuerlicher Aspekte Partei<br />
für die Steueragenten ergreift. Im Präsidiumsbeschluss<br />
14977/09 vom 6. April<br />
2010 des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />
wird etwa die Schlussfolgerung gezogen,<br />
der Steuerpflichtige müsse die Strafe<br />
sowie Verzugszinsen zahlen, aber dass<br />
„Gewinnsteuer aus den Mitteln gezahlt<br />
werden muss, die an das ausländische<br />
Unternehmen gezahlt werden, und nicht<br />
aus Eigenmitteln der Steueragenten“.<br />
Der Präsidiumsbeschluss 5317/11 vom<br />
29. September 2011 bestätigt die Anwendung<br />
einer Strafe und Verzugszinsen,<br />
sagt aber aus: „die Zahlung von<br />
Steuern für an ausländische Unternehmen<br />
getätigte Zahlungen durch das<br />
Unternehmen [ist] <strong>recht</strong>swidrig […], da<br />
diese Steuern aus den Mitteln für ausländische<br />
Unternehmen gezahlt werden<br />
müssen und nicht aus den Mitteln des<br />
Steueragenten selbst (Artikel 24 und 310<br />
SteuerGB RF)“.<br />
Auf der anderen Seite könnten die Steuerbehörden<br />
die Schlussfolgerungen des<br />
Obersten Wirtschaftsgerichts breiter interpretieren.<br />
Der abschließende Teil der<br />
Begründung im Fall der OAO Ulyanovsk<br />
Motor Works besagt: Das ausländische<br />
Unternehmen ist nicht bei den Steuer -<br />
behörden registriert und kann selbst<br />
keine Steuern zahlen. Deshalb gilt die<br />
<strong>recht</strong>liche Argumentation, die den<br />
Steuer agenten nicht zusätzlich belastet,<br />
nicht mehr. Möglicherweise werden sich<br />
die Steuerbehörden auf dieses Argument<br />
beziehen, kommt es zu Streitigkeiten<br />
über Gewinn- oder Umsatzsteuer.<br />
Das russische Steuer<strong>recht</strong> untersagt eine<br />
Zahlung von Steuern aus eigenen Mitteln<br />
der Steueragenten (Artikel 269.9 SteuerGB<br />
RF): „Die Zahlung von Steuern aus<br />
den Mitteln der Steueragenten ist untersagt.<br />
Es ist untersagt, Steuerklauseln in<br />
Vereinbarungen oder anderen Geschäftsvorgängen<br />
einzuarbeiten, unter denen<br />
Steueragenten, die Leistungen auszahlen,<br />
eine Haftung übernehmen, um Aus-<br />
28 <strong>PwC</strong><br />
lagen bezüglich der Steuer im Namen<br />
von Einzelpersonen zu machen.“ In diesem<br />
Zusammenhang wird der Steueragent<br />
im Fall einer Nichteinbehaltung<br />
von Einkommensteuer gegebenenfalls<br />
mit einer Strafe oder Verzugszinsen<br />
belegt. Des Weiteren kann der nicht einbehaltene<br />
Steuerbetrag (falls weitere<br />
Zahlungen zur Zeit der Prüfung immer<br />
noch an Einzelpersonen erfolgen) vom<br />
Steueragenten aus darauffolgenden Zahlungen,<br />
die bestimmten Beschränkungen<br />
unterliegen, einbehalten werden.<br />
Weitere Schritte<br />
Aktuell ist es schwierig, vorherzusehen,<br />
wie die Rechtsprechung sich entwickeln<br />
wird und wie der beschriebene Fall zu<br />
bewerten ist. Ob die Schlussfolgerungen<br />
in der Entscheidung auf andere Steuern<br />
angewendet werden, lässt sich ebenfalls<br />
schwer abschätzen. Die Ansprechpartner<br />
werden die weiteren Entwicklungen<br />
beobachten und Sie über neue Entwicklungen<br />
informieren. Aktuell empfehlen<br />
Ihnen die Experten Folgendes:<br />
Kommt es zu einer Streitigkeit mit den<br />
Steuerbehörden in Sachen Umsatzsteuer,<br />
betonen Sie am besten zu Ihrer Verteidigung<br />
die Unterschiede zwischen den Tatsachen<br />
in Ihrem Fall und denen im Fall<br />
von OAO Ulyanovsk Motor Works. Die<br />
<strong>PwC</strong>-Mitarbeiter vor Ort haben bei Streitigkeiten<br />
über Unterkapitalisierung bei<br />
einer solchen Vorgehensweise zugunsten<br />
des Steuerpflichtigen bereits gute Erfahrungen<br />
gemacht.<br />
Tanja Galander<br />
Tel.: +49 30 2636-5483<br />
Daniel Kast<br />
Tel.: +49 30 2636-5252<br />
Stanislav Rogojine<br />
Tel.: +49 30 2636-5207<br />
Weitere aktuelle Hinweise und<br />
Empfehlungen finden Sie im<br />
Russland-Blog:<br />
blogs.pwc.de/russland-news<br />
Tschechien<br />
Neues Paket von Reformen – mit<br />
Wirkung ab 2013 und 2014<br />
Die Regierung hat zusätzliche Maßnahmen<br />
beschlossen, mit denen sie die<br />
Staatsverschuldung in den nächsten drei<br />
Jahren unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
halten will. Die Einnahmen<br />
des Staates sollen hierfür durch die<br />
folgenden Vorschläge des Kabinetts gestärkt<br />
werden.<br />
Ab 2013:<br />
• Einführung eines „Solidaritätszuschlags“<br />
für drei Jahre in Höhe von<br />
sieben Prozent für höhere Einkommen,<br />
soweit diese die Beitragsbemessungsgrenze<br />
der Sozialversicherungen übersteigen,<br />
das heißt ab Einkommen von<br />
circa 100.000 Tschechischen Kronen<br />
(CZK) pro Monat (circa 3.906 Euro).<br />
• Die Grenze zur Bemessung der Höchstbeiträge<br />
für Krankenversicherungen,<br />
die derzeit ab Einkommen von rund<br />
1,8 Millionen CZK pro Jahr (circa<br />
70.311 Euro) greift, wird für drei<br />
Jahre ausgesetzt. Allerdings bleibt die<br />
Grenze der Gesamthöchstbeiträge für<br />
die Sozialversicherungen bestehen.<br />
• Selbstständige mit jährlichen Einkünften<br />
von bis zu zwei Millionen CZK<br />
(etwa 78.123 Euro) erhalten die Möglichkeit,<br />
Betriebsausgaben mit einer<br />
Pauschale in Höhe von 30 bis 40 Prozent<br />
ihrer jährlichen Einkünfte steuerlich<br />
geltend zu machen.<br />
• Selbstständige, die die genannte Möglichkeit<br />
des pauschalierten Ausgabenabzugs<br />
nutzen, verlieren im Gegenzug<br />
eine Anzahl von Steuervergünstigungen,<br />
zum Beispiel in Bezug auf Ehegatten<br />
ohne eigenes Einkommen oder<br />
Kinderfreibeträge.<br />
• Die Grunderwerbsteuer wird um einen<br />
Prozentpunkt auf vier Prozent erhöht.<br />
• Rentner, die neben ihrer Rente weiter<br />
arbeiten, können für einen Zeitraum<br />
von drei Jahren den steuerlichen<br />
Grundfreibetrag nicht mehr geltend<br />
machen.<br />
• Die Quellensteuer auf Einkünfte von<br />
beschränkt Steuerpflichtigen wird auf<br />
35 Prozent erhöht. Dieser Prozentsatz<br />
wird allerdings im Ergebnis nur auf
Einkünfte solcher in Tschechien beschränkt<br />
Steuerpflichtigen angewandt,<br />
deren Ansässigkeitsstaaten mit Tschechien<br />
kein Doppelbesteuerungsabkommen<br />
abgeschlossen haben.<br />
• Die Mehrwertsteuersätze werden<br />
erhöht, und zwar auf 15 Prozent<br />
(ermäßigt) und 21 Prozent (regulär).<br />
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer<br />
soll auf die Jahre 2013 bis 2015 beschränkt<br />
bleiben. Die Einordnung von<br />
Waren unter die anwendbaren Steuersätze<br />
bleibt unverändert. Ausgenommen<br />
sind einige medizinische Produkte<br />
und Babywindeln, die entgegen<br />
den entsprechenden Regelungen der<br />
Europäischen Union in Zukunft dem<br />
ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen<br />
sollen.<br />
• Für Landwirte entfällt die Möglichkeit,<br />
vergünstigte Steuersätze für Biokraftstoffe<br />
in Anspruch zu nehmen.<br />
• Die Tabaksteuer für Schnitttabak wird<br />
angehoben. Diese Maßnahme soll<br />
zudem den Unterschied in der Besteuerung<br />
von Zigaretten und Schnitttabak<br />
verringern.<br />
• Schließlich ist die Einführung einer<br />
neuen indirekten Steuer für bestimmte<br />
Versicherungsverträge geplant. Details<br />
zu dieser Steuer und der Einführungstermin<br />
sind derzeit jedoch noch nicht<br />
bekannt.<br />
Ab 2014:<br />
• Der sogenannte Superbruttolohn wird<br />
abgeschafft und ein einheitlicher Steuersatz<br />
von 20 Prozent für Einkünfte<br />
aus nicht selbstständiger Tätigkeit eingeführt.<br />
• Die geplanten Werbekostenpauschale<br />
von 3.000 CZK (circa 117 Euro) für<br />
Arbeitnehmer wird nicht eingeführt.<br />
Dafür wird im Gegenzug die Steuerbefreiung<br />
für die Gewährung von Essenscoupons<br />
oder von Kantinenmahlzeiten<br />
beibehalten.<br />
• Die Tabaksteuer auf Schnitttabak wird<br />
(wie bereits im Vorjahr) weiter erhöht.<br />
• Eingeführt wird eine Weinsteuer von<br />
zehn CZK (circa 0,39 Euro) pro Liter.<br />
Kleinere Weinproduzenten sollen jedoch<br />
von der neuen Steuer ausgenommen<br />
werden.<br />
• Eingeführt wird eine Emissionskomponente<br />
bei den Verbrauch<strong>steuern</strong> auf<br />
Heizöle, Festbrennstoffe, Erdgas und<br />
weitere Gase.<br />
• Die Steuerbefreiung auf Gas, das Endverbraucher<br />
in ihren Haushalten nutzen,<br />
beispielsweise in Gasboilern,<br />
-heizungen oder -kochern, wird abgeschafft.<br />
Lenka Mrázová<br />
Tel.: +420 2 5115-2553<br />
Ukraine<br />
Steueränderungen im Überblick<br />
Körperschaftsteuer<br />
Angesammelte Verlustvorträge zum<br />
1. Januar <strong>2012</strong>, welche bis Ende 2015<br />
nicht genutzt werden, können in darauffolgenden<br />
Perioden genutzt werden.<br />
Der Betrag der steuerlichen Verlustvorträge<br />
(Stand 1. Januar <strong>2012</strong>) sollte die<br />
angesammelten Ausfälle mit Stand vom<br />
1. Januar 2011 beinhalten.<br />
Steuerpflichtige mit einem jährlichen<br />
Umsatz von über zehn Millionen Griwna<br />
(UAH), circa 983.748) müssen monatlich<br />
Körperschaftsteuervorauszahlungen<br />
leisten (ein Zwölftel der Steuerschulden<br />
des Vorjahres).<br />
Zusammen mit der jährlichen Steuererklärung<br />
müssen zuvor genannte<br />
Steuerpflichtige eine Berechnung der<br />
monatlichen Vorauszahlungen für die<br />
nächsten zwölf Monate vorlegen. Es<br />
scheint daher möglich, dass solche Steuerpflichtigen<br />
keine quartalsmäßigen Körperschaftsteuererklärungen<br />
abgeben<br />
müssen.<br />
Im Januar/Februar 2013 werden die<br />
Körperschaftsteuervorauszahlungen innerhalb<br />
von 20 Tagen nach dem Ende<br />
des jeweiligen Berichtsmonats in Höhe<br />
von einem Neuntel der Steuerschulden<br />
für den Zeitraum der ersten neun Monate<br />
für <strong>2012</strong> gezahlt.<br />
Die Verpflichtung juristischer Personen<br />
zur Vorlage einer Liste mit Einnahmen<br />
und Ausgaben bezogen auf Transaktionen<br />
mit Steuerpflichtigen der Einheit-<br />
steuer bei den Steuerbehörden wurde<br />
abgeschafft.<br />
Länder<br />
Umsatzsteuer<br />
Große Vorsteuerüberhänge von Steuerpflichtigen<br />
begründen keinen automatischen<br />
Anspruch auf eine Umsatzsteuerrückerstattung.<br />
Umsatzsteuerrechnungen sollten unter<br />
anderem die Nummer und das Datum<br />
der Einfuhrzollerklärung beinhalten.<br />
Die Umsatzsteuerbefreiung für die (weiteren)<br />
Lieferungen von Getreide- und<br />
Industriepflanzen ist insoweit nicht anwendbar,<br />
als die Pflanzen umsatzsteuerpflichtig<br />
durch den Agrarfonds<br />
angekauft wurden.<br />
Einkommensteuer<br />
Beiträge in eine nicht staatliche Altersvorsorge<br />
oder langfristige Lebensversicherung,<br />
die von einem ansässigen<br />
Arbeitgeber gezahlt werden, sind bis zu<br />
dem fünffachen Betrag des Mindestlohns<br />
steuerfrei.<br />
Einkünfte aus Investmentfonds mit inländischen<br />
Treasury Bonds unterliegen<br />
der Steuer mit einem Steuersatz in Höhe<br />
von fünf Prozent.<br />
Dividendeneinkünfte aus ausländischen<br />
Quellen unterliegen der Steuer mit<br />
einem Steuersatz von fünf Prozent.<br />
Andreas Pfeil<br />
Tel.:+380 44 4906-777<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 29
Ticker<br />
Steuern & Recht: die Seite für alle Steuerfragen<br />
In allen Phasen des wirtschaftlichen Handelns spielen Steuerfragen eine wichtige<br />
Rolle. Die Quellen des Steuer<strong>recht</strong>s sind mannigfaltig, international vor allem durch<br />
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und im Inland durch Verfügungen<br />
der Finanzverwaltung sowie durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geprägt.<br />
Umfassend und aktuell stellt Ihnen <strong>PwC</strong> deshalb die erforderlichen Informationen<br />
online auf der Steuern-&-Recht-Seite in deutscher und englischer Sprache<br />
zur Verfügung. Neben aktuellen Steuernachrichten, Newslettern und Publikationshinweisen<br />
erläutern die Steuerexperten von <strong>PwC</strong> Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
für Unternehmen.<br />
Ihr neuer Link zur deutschen Seite<br />
blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong><br />
Ihr neuer Link zur englischen Seite<br />
blogs.pwc.de/german-tax-and-legal-news<br />
Statutes<br />
Cases<br />
Decrees<br />
30 <strong>PwC</strong><br />
Tax & Legal News<br />
BFH – kurz und knapp<br />
Nachweis der Investitionsabsicht<br />
Die Nachweispflichten für Betriebsgründer,<br />
die einen Investitionsabzugsbetrag<br />
geltend machen wollen, hat der Bundesfinanzhof<br />
eingeschränkt. Eine verbindliche<br />
Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen,<br />
um den Investitionsabzugsbetrag<br />
bei neu gegründeten Betrieben<br />
geltend zu machen, ist danach<br />
nicht mehr zwingend notwendig.<br />
BFH, Urteil vom 20. Juni <strong>2012</strong><br />
(X R 42/11)<br />
Praxisgebühr keine Sonderausgabe<br />
Der Bundesfinanzhof hat entschieden:<br />
Die Zuzahlungen in der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung, die sogenannten<br />
Praxisgebühren, können nicht als Sonderausgaben<br />
abgezogen werden.<br />
BFH, Urteil vom 18. Juli <strong>2012</strong><br />
(X R 41/11)<br />
Bilanzkorrektur bei fehlerhafter<br />
Aktivierung<br />
Wurden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />
eines abnutzbaren Wirtschaftsguts<br />
des Anlagevermögens in einem bestandskräftig<br />
veranlagten Jahr nur unvollständig<br />
aktiviert, führt der Grundsatz des<br />
formellen Bilanzzusammenhangs zu einer<br />
erfolgswirksamen Nachaktivierung im ersten<br />
verfahrens<strong>recht</strong>lich noch offenen Jahr.<br />
BFH, Urteil vom 9. Mai <strong>2012</strong><br />
(X R 38/10)<br />
Übertragungs<strong>recht</strong>e an Sportveranstaltungen<br />
Vergütungen, die eine im Ausland ansässige<br />
Gesellschaft für die Überlassung von<br />
Fernsehübertragungs<strong>recht</strong>en an Sportveranstaltungen<br />
von einer im Inland ansässigen<br />
Gesellschaft erhält, können<br />
nicht in Deutschland besteuert werden.<br />
BFH, Urteil vom 13. Juni <strong>2012</strong><br />
(I R 41/11)<br />
Beiträge in Englisch finden Sie in<br />
der neuen Ausgabe von Tax & Legal<br />
News.<br />
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Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten<br />
bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie<br />
bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung<br />
unserer für Sie tätigen Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung<br />
dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung<br />
durch den Herausgeber nachgedruckt oder vervielfältigt<br />
werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen<br />
Autoren wieder. Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-<br />
Redaktion verfasst.<br />
Über uns<br />
Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben,<br />
möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten,<br />
dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte<br />
Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb<br />
setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />
oder kommunaler Träger, unser gesamtes<br />
Potenzial ein: Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen,<br />
Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen<br />
unseres Expertennetzwerks in 158 Ländern. Besonders wichtig<br />
ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren<br />
Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen,<br />
umso gezielter können wir sie unterstützen.<br />
<strong>PwC</strong>. 8.900 engagierte Menschen an 28 Standorten.<br />
1,45 Milliarden Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs-<br />
und Beratungsgesellschaft in Deutschland.<br />
Die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
bekennt sich zu den <strong>PwC</strong>-Ethikgrundsätzen<br />
(zugänglich in deutscher Sprache über www.pwc.de/<br />
de/ethikcode) und zu den Zehn Prinzipien des UN Global<br />
Compact (zugänglich in deutscher und englischer Sprache<br />
über www.globalcompact.de).<br />
© August/September <strong>2012</strong><br />
PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die Pricewaterhouse-<br />
Coopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />
die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers<br />
International Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften<br />
der <strong>PwC</strong>IL ist eine <strong>recht</strong>lich selbstständige Gesellschaft.<br />
<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 31
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