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Aktuelle Nachrichten für<br />

Expertinnen und Experten<br />

August/September <strong>2012</strong><br />

Endlich auf den Weg<br />

gebracht<br />

Die Aktien<strong>recht</strong>snovelle<br />

<strong>2012</strong><br />

Wirbel nach<br />

Luxemburger Urteil<br />

Vermögensverwaltung als<br />

steuerpflichtige Leistung<br />

Unternehmerische<br />

Nutzungsabsicht<br />

entscheidend<br />

Vorsteuerabzug trotz<br />

Privatnutzung eines<br />

Investitionsguts<br />

Verstoß gegen<br />

Europa<strong>recht</strong><br />

Versagung des Ausgabenabzugs<br />

bei Lizenzgebühren<br />

Unrichtiger<br />

Steuerausweis<br />

Kriterien für den Zeitpunkt<br />

der Steuerentstehung<br />

blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong><br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong>


Inhalt<br />

Steuern aktuell ........................... 4<br />

Titel ............................................ 6<br />

Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: umfangreiche Änderungen für<br />

Berater und Mandanten ................................................... 6<br />

Steuern A bis Z ............................ 9<br />

Individuelle Vermögensverwaltung steuerpflichtig:<br />

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Juli <strong>2012</strong> .. 9<br />

Vorsteuerabzug trotz vorübergehender Privatnutzung<br />

eines Investitions guts ...................................................... 12<br />

Lizenzgebühren: Berücksichtigung von Ausgaben beim<br />

Steuerabzug .................................................................... 13<br />

Entstehung der Umsatzsteuer in Fällen des unrichtigen<br />

Steuerausweises .............................................................. 15<br />

Leistungen eines inländischen Schadenregulierers und<br />

mögliche Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung ..... 15<br />

Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen:<br />

keine Anwendbarkeit des Halbabzugsverbots .................. 17<br />

Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen ......................... 20<br />

Umsatzsteuer: Vorstufenbefreiung bei bestimmten<br />

Umsätzen zur Verwendung durch international tätige<br />

Fluglinien ........................................................................ 21<br />

Änderung der Rechtsprechung: nachträgliche<br />

Schuldzinsen bei Vermietungseinkünften ........................ 22<br />

Formwechsel: Nichtberücksichtigung der ursprünglichen<br />

Anschaffungskosten bei Veräußerung eines<br />

Mitunternehmeranteils .................................................... 23<br />

Recht aktuell .............................. 24<br />

Bundesarbeitsgericht erklärt sachlich begründete<br />

Befristung im Einzelfall für <strong>recht</strong>smissbräuchlich ............ 24<br />

Bundesgerichtshof zu vorzeitiger Wiederbestellung von<br />

Vorstandsmitgliedern ..................................................... 24<br />

Gesetzentwurf zum Verfahren der Verbraucherinsolvenz<br />

und Restschuldbefreiung ................................................. 25<br />

Gesetzentwurf zur Bilanzierung in Kleinstunternehmen .. 25<br />

Länder ........................................ 26<br />

Ticker ......................................... 30<br />

Impressum ................................. 31<br />

2 <strong>PwC</strong>


Editorial<br />

Prof. Dr. Dieter Endres,<br />

Leiter Steuern und Mitglied<br />

des Vorstands<br />

„Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: Die<br />

Aufräumarbeiten haben begonnen“<br />

Als das Bundesjustizministerium vor über einem Jahr einen<br />

Referentenentwurf für die sogenannte Aktien<strong>recht</strong>snovelle<br />

2011 veröffentlichte, hieß die Parole: Das Aktien<strong>recht</strong> muss<br />

„punktuell“ weiterentwickelt und entrümpelt werden. Nach<br />

zum Teil heftiger Kritik geschah das, was häufig nach solchen<br />

forschen Ansagen zu beobachten ist: Es wurde erst einmal still<br />

um das Reformvorhaben. Zahlreiche Überarbeitungen später<br />

verabschiedete die Bundesregierung im Februar einen Gesetzentwurf<br />

zur Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>. Die vorgesehenen<br />

Änderungen erweitern dabei die Gestaltungsmöglichkeiten im<br />

Bereich der Aktiengesellschaften einerseits, verengen sie an<br />

anderen Stellen aber auch. So konnten bisher börsen- wie nicht<br />

börsennotierte Aktiengesellschaften wählen, ob sie Inhaberoder<br />

Namensaktien ausgeben wollten. Im Zuge der Novelle soll<br />

dieses Wahl<strong>recht</strong> bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften<br />

aus Gründen der Transparenz nun eingeschränkt werden.<br />

Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften können somit nur<br />

noch unter gewissen Bedingungen Inhaberaktien führen.<br />

Börsennotierte Gesellschaften haben hingegen weiterhin ein<br />

Wahl<strong>recht</strong>. Welche Vorgaben überdies zu beachten sind und<br />

was Gesellschaften im Blick haben sollten, nachdem die<br />

relative Befristung von Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse<br />

eingeführt wurde, erläutert Ihnen<br />

anschaulich der <strong>PwC</strong>-Autor Dr. Andreas M. Königshausen im<br />

Leitartikel dieser Ausgabe auf den Seiten 6 bis 8.<br />

Für erheblichen Wirbel sorgte der Europäische Gerichtshof mit<br />

seiner Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der<br />

individuellen Vermögensverwaltung. Der Grund: Im Rahmen<br />

ihres Urteils qualifizierten die Luxemburger Richter die Vermögensverwaltung<br />

als einheitliche steuerpflichtige Leistung und<br />

bestätigten damit die bislang von der Finanzverwaltung vertretene<br />

Auffassung. Aufgeben muss dagegen der Bundesfinanzhof<br />

seine bisherige Rechtsprechung. Er hatte wiederholt entschieden,<br />

Vermögensverwaltungsleistungen seien von der Umsatzsteuer<br />

befreit. Wie der Europäische Gerichtshof die Steuerpflicht<br />

der individuellen Vermögensverwaltung begründet,<br />

warum die Luxemburger Richter entgegen der Ansicht der<br />

deutschen Finanzverwaltung das Empfängerortprinzip auf die<br />

individuelle Vermögensverwaltung anwenden und welche Auswirkungen<br />

dieses Urteil in der Praxis für Vermögensverwalter<br />

und Anleger hat, erläutern Ihnen die <strong>PwC</strong>-Autorinnen Sylvia<br />

Neubert und Imke Murchner in dem Beitrag „Individuelle Vermögensverwaltung<br />

steuerpflichtig: Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs vom 19. Juli <strong>2012</strong>“ auf den Seiten 9 bis 12.<br />

Um einen weiteren Umsatzsteuerfall, dem sich unlängst der<br />

Europäische Gerichtshof widmete, geht es auch in dem Beitrag<br />

„Vorsteuerabzug trotz vorübergehender Privatnutzung eines<br />

Investitionsguts“. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Vorsteuerabzug<br />

auch dann möglich ist, wenn ein zum Unternehmen<br />

gehörendes Investitionsgut zunächst ausschließlich zu privaten<br />

Zwecken verwendet wird. Entscheidend für eine Zuordnung<br />

zum Unternehmen ist nach Auffassung der Luxemburger<br />

Richter demnach auch bei serieller privater und unternehmerischer<br />

Nutzung die unternehmerische Nutzungsabsicht, die bereits<br />

bei Bezug der Leistung bestehen und durch objektive<br />

Anhaltspunkte belegbar sein muss. Dieses Ergebnis steht allerdings<br />

im Widerspruch zur bislang geltenden deutschen Rechtslage,<br />

nach der eine Zuordnung zum Unternehmen eine<br />

mindestens zehnprozentige unternehmerische Nutzung des<br />

Wirtschaftsguts voraussetzt. Wird diese Grenze nicht eingehalten,<br />

kann der Vorsteuerabzug nach derzeitigem Recht nämlich<br />

vollständig versagt werden. Unter welchen Voraussetzungen<br />

ein Vorsteuerabzug trotz zunächst vorübergehender Privatnutzung<br />

eines zum Unternehmen gehörenden Investitionsguts<br />

möglich ist und weshalb es unklar ist, ob und – wenn ja – wie<br />

dieses Urteil in Deutschland angewendet werden kann, legen<br />

Ihnen die <strong>PwC</strong>-Autoren Miriam Peisker und Martin Diemer auf<br />

den Seiten 12 und 13 dar.<br />

Eine anregende Lektüre dieser und aller anderen lesenswerten<br />

Artikel dieser Ausgabe wünscht Ihnen:<br />

Ihr<br />

Prof. Dr. Dieter Endres<br />

Leiter Steuern und Mitglied des Vorstands<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 3


Steuern aktuell<br />

Europäische Kommission schlägt<br />

Notfallmaßnahmen gegen Mehrwertsteuerbetrug<br />

vor<br />

Die Kommission der Europäischen Union (EU) hat einen Vorschlag<br />

für einen Mechanismus angenommen. Dieses Instrument<br />

soll die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, schneller und<br />

wirksamer auf Mehrwertsteuerbetrug zu reagieren. Nach dem<br />

Mechanismus könnte ein Mitgliedstaat, der unvermittelt in<br />

großem Umfang von Betrug betroffen ist, bestimmte Notfallmaßnahmen<br />

anwenden, die in den gegenwärtigen Vorschriften<br />

zur Mehrwertsteuer nicht vorgesehen sind.<br />

So sollen die Mitgliedstaaten binnen eines Monats die<br />

„Reverse-Charge-Regelung“ anwenden können, bei der die<br />

Steuer vom Erwerber geschuldet wird (und nicht vom Lieferanten<br />

der Gegenstände) oder vom Empfänger der Dienstleistung.<br />

Das würde die Chancen, komplexe und systematische Manipulationen<br />

bei der Mehrwertsteuer wie etwa Karussellbetrug zu<br />

bekämpfen, erheblich verbessern und ansonsten unvermeidliche<br />

finanzielle Verluste eindämmen. Damit auf neue Formen<br />

des Betrugs in Zukunft reagiert werden kann, möchte die Kommission<br />

im Rahmen des Schnellreaktionsmechanismus (SRM)<br />

auch weitere Maßnahmen, den Betrug zu bekämpfen, genehmigen<br />

und einführen. Derzeit muss ein Mitgliedstaat, der<br />

Mehrwertsteuerbetrug durch rasche Maßnahmen bekämpfen<br />

möchte, die in den europäischen Mehrwertsteuervorschriften<br />

derzeit nicht vorgesehen sind, die Genehmigung einer Ausnahmeregelung<br />

förmlich beantragen. Deshalb erarbeitet die Kommission<br />

einen entsprechenden Vorschlag und legt ihn dem Rat<br />

vor, der ihn einstimmig annehmen muss, bevor die Maßnahmen<br />

umgesetzt werden können. – Das Problem: Dieses Verfahren<br />

ist umständlich und verzögert die Maßnahmen der Mitgliedstaaten,<br />

um den Betrug zu stoppen. Mit dem SRM müssten<br />

Mitgliedstaaten, die spezielle Maßnahmen ergreifen<br />

wollen, nicht länger auf den Abschluss dieses förmlichen Verfahrens<br />

warten. Stattdessen würde ihnen in einem wesentlich<br />

zügigeren Verfahren binnen eines Monats genehmigt, von den<br />

Mehrwertsteuervorschriften der EU abzuweichen. Auf diese<br />

Weise könnten sie mit der Bekämpfung des Betrugs fast sofort<br />

beginnen, bis dauerhaftere Maßnahmen in Kraft treten würden.<br />

Mietentschädigung keine Werbungskosten<br />

Der Abzug von Werbungskosten setzt eine Belastung mit Aufwendungen<br />

voraus. Das ist bei einem Mietausfall für ein leer<br />

stehendes Haus nicht der Fall. Als entgangene Einnahme erfüllt<br />

er nicht den Aufwendungsbegriff. Der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) hatte zu klären, ob eine Mietentschädigung als Werbungskosten<br />

abzugsfähig ist, wenn es trotz verstärkter<br />

Bemühungen nicht möglich war, das bisher selbst genutzte<br />

Wohnungseigentum zu einem angemessenen Preis zu veräu-<br />

4 <strong>PwC</strong><br />

ßern. – Hintergrund: Ein Ehepaar war aufgrund einer dienstlichen<br />

Versetzung des Ehemanns umgezogen. Der BFH lehnte<br />

einen Werbungskostenabzug ab. Das Urteil war nicht überraschend<br />

und allein schon aus steuersystematischen Gründen<br />

unzweifelhaft. Der Umzug war zwar beruflich veranlasst.<br />

Dennoch lässt sich die sogenannte Mietentschädigung nicht als<br />

Werbungskosten abziehen. Der Werbungskostenabzug setzt<br />

nämlich eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist<br />

auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter<br />

aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Fehlt es an<br />

einem tatsächlichen Abfluss, liegen keine abzugsfähigen Aufwendungen<br />

vor. Entgangene Einnahmen, um die es in dem Fall<br />

geht, erfüllen ebenso wie der Verzicht auf Einnahmen nicht<br />

den Aufwendungsbegriff. Letztlich, so die Richter, handele es<br />

sich bei der Mietentschädigung für das Eigenheim am bisherigen<br />

Wohnsitz nicht um einen realen Abfluss von Aufwendungen,<br />

sondern um eine rein fiktive Position, die noch nicht<br />

einmal als Aufwand qualifiziert werden könne.<br />

Keine Aufdeckung stiller Reserven bei<br />

Veräußerung an Zebragesellschaft<br />

Überträgt ein gewerblich tätiger Gesellschafter einer vermögensverwaltenden<br />

Personengesellschaft („Zebragesellschaft“)<br />

ein Wirtschaftsgut seines Betriebsvermögens in deren Gesamthandsvermögen,<br />

führt das steuerlich nicht zur Aufdeckung<br />

der stillen Reserven beim Gesellschafter, wenn dieser an der<br />

Zebragesellschaft betrieblich beteiligt ist. Im entschiedenen<br />

Fall verkaufte eine gewerblich tätige Kommanditgesellschaft<br />

(KG) ihr Betriebsgrundstück an eine vermögensverwaltend tätige<br />

KG (Zebragesellschaft), an der sie als Kommanditistin mit<br />

99 Prozent beteiligt war. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht<br />

waren der Auffassung: Die erheblichen stillen Reserven<br />

sind infolge der Veräußerung aufzudecken und in vollem Umfang<br />

steuerpflichtig. Der Bundesfinanzhof gab der Revision<br />

statt und entschied zugunsten der KG: Die Veräußerung führt<br />

nach der Entscheidung nicht zur Gewinnrealisierung, denn –<br />

so die Begründung – das Betriebsvermögen der KG ändert sich<br />

insoweit nicht, als es ihrer Beteiligung an der Zebragesellschaft<br />

entspricht und das Wirtschaftsgut nicht aus ihrem Betriebsvermögen<br />

ausscheidet, sondern dort unverändert verbleibt. Ein<br />

Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens, das von dem gewerblichen<br />

Gesellschafter auf die vermögensverwaltende Personengesellschaft<br />

übertragen wird, müsse – anders als bei der Beteiligung<br />

an einer gewerblichen Personengesellschaft – anteilig<br />

weiterhin in dessen Betriebsvermögen erfasst werden.<br />

Die vom Finanzamt ins Feld geführte Gefahr von Besteuerungslücken<br />

besteht nach Meinung der Richter nicht. Denn die<br />

Betrachtung des Bruchteils (sprich die Zurechnung des<br />

gesamthänderisch gebundenen Grundbesitzes als eigenen<br />

Grundbesitz) führt dazu, dass die dem gewerblich tätigen<br />

Gesellschafter (hier: der KG) insofern zuzurechnenden stillen


Reserven bei Veräußerung des Wirtschaftsguts durch die vermögensverwaltende<br />

Personengesellschaft aufzudecken sind.<br />

Keine steuerfreie Gewährung eines<br />

Kredits beim echten Factoring<br />

Kauft ein Unternehmer Honorarforderungen von Ärzten gegen<br />

ihre Patienten unter Übernahme des Ausfallrisikos gegen sofortige<br />

Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, liegt darin keine<br />

steuerfreie Kreditgewährung des Unternehmers (Factors) an<br />

die Ärzte. Und das ist selbst dann nicht so, wenn der Unternehmer<br />

in den Abrechnungen neben den Factoringgebühren<br />

getrennt einen pauschalen Vorfinanzierungszins ausweist. – Im<br />

Streitfall hatte eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

(GmbH) Honorarforderungen von Ärzten gegen ihre Patienten<br />

mit gleichzeitiger Übernahme des Ausfallrisikos gekauft. Der<br />

Kaufpreis setzte sich aus drei verschiedenen Gebührenelementen<br />

zusammen, darunter einem pauschalen Vorfinanzierungszins.<br />

Die GmbH wies in ihren Abrechnungen gegenüber den<br />

Ärzten diese Gebühren getrennt aus und behandelte die<br />

Umsätze aus den Forderungskäufen als Folge des zum Forderungsankauf<br />

gegenüber Kfz-Händlern ergangenen Urteils des<br />

Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2003 (C-305/01;<br />

MKG-Kraftfahrzeuge-Leasing) zunächst als insgesamt steuerpflichtig.<br />

Später beantragte sie, die Gebühren für die Vorfinanzierung<br />

steuerfrei zu belassen, denn der Vorfinanzierung sei<br />

als gleichwertige Leistung eine eigenständige Bedeutung beizumessen.<br />

Der Bundesfinanzhof wies den Antrag der GmbH<br />

in allen Einzelheiten als unbegründet zurück. Richterliche<br />

Begründung: Die GmbH habe im Zusammenhang mit der<br />

Abtretung der Forderungen unstrittig eine steuerbare und<br />

steuerpflichtige Leistung erbracht. Anders sei es nur im Fall<br />

des Ankaufs zahlungsgestörter Forderungen zu einem unter<br />

ihrem Nennwert liegenden Preis.<br />

Pauschalbesteuerung von Erträgen<br />

aus intransparenten Investmentfonds<br />

Verstößt die pauschale Besteuerung von Erträgen aus intransparenten<br />

ausländischen Investmentfonds gegen das Recht der<br />

Europäischen Union, weil sie als eine verschleierte Beschränkung<br />

des freien Kapitalverkehrs anzusehen ist? – Diese Frage<br />

hat jetzt das Finanzgericht Düsseldorf dem Europäischen<br />

Gerichtshof vorgelegt.<br />

Die Besteuerung der Erträge aus in- und ausländischen Investmentanteilen<br />

wurde ab dem Jahr 2004 auf eine neue Rechtsgrundlage<br />

gestellt. Zwischen in- und ausländischen Fonds wird<br />

nicht mehr unterschieden, sondern nur noch zwischen transparenten<br />

und intransparenten Fonds: Sowohl inländische als<br />

auch ausländische Investmentgesellschaften haben unter anderem<br />

die Pflicht, die für die Veranlagung der Anteilseigner<br />

Steuern aktuell<br />

notwendigen Besteuerungsgrundlagen in besonderer Weise zu<br />

veröffentlichen. Werden diese Angaben nicht bekannt gemacht,<br />

fallen sie – Hedgefonds ausgenommen – unter eine<br />

ungünstige Strafbesteuerung. Das Finanzgericht Düsseldorf<br />

zweifelte, ob nicht trotz der seit 2004 erfolgten formalen<br />

Gleichstellung eine verdeckte beziehungsweise faktische Diskriminierung<br />

vorliegen könnte. Diese kann – so das Gericht –<br />

darin bestehen, dass die Vorschriften des § 5 Absatz 1 Investmentsteuergesetz<br />

(InvStG) quasi auf inländische Fonds<br />

„zugeschnitten“ sind, während für ausländische Fonds keine<br />

Veranlassung besteht, diese Pflichten zu erfüllen. Eine Beschränkung<br />

der Kapitalverkehrsfreiheit könne vorliegen, wenn<br />

einerseits der ausländische Fonds keine deutschen Anleger für<br />

sich gewinnen könne, soweit er nicht die Bekanntmachungsund<br />

sonstigen Pflichten nach § 5 InvStG erfülle, und andererseits<br />

deutsche Anleger von ausländischen Investmentfonds<br />

Abstand nähmen. Denn diese kommen häufig nicht diesen Anforderungen<br />

nach, weil sie etwa die Investmenterträge nicht in<br />

deutscher Sprache mitteilen oder die erforderlichen Angaben<br />

nicht im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen.<br />

Keine erbschaftsteuerliche Begünstigung<br />

bei Beteiligung an kanadischer<br />

Gesellschaft<br />

Der Ausschluss der weitergehenden erbschaftsteuerlichen<br />

Begünstigung für den Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft<br />

mit Sitz in einem Drittstaat verstößt nicht gegen<br />

europäisches Recht. Tangiert wird die im Verhältnis zu Drittstaaten<br />

nicht geltende Niederlassungsfreiheit und nicht die<br />

Kapitalverkehrsfreiheit.<br />

Zur Entscheidung stand die Vorgabe eines Mitgliedstaats. Dieser<br />

Regelung zufolge ist es ausgeschlossen, bei der Berechnung<br />

der Steuer bestimmte Vergünstigungen auf einen Nachlass in<br />

Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in<br />

einem Drittstaat anzuwenden, während diese Vergünstigungen<br />

in vergleichbaren Fällen gewährt werden, wenn sich der Sitz<br />

der Gesellschaft in einem Mitgliedstaat befindet. Nach Ansicht<br />

des Gerichts berührt diese Vorgabe vorwiegend die Ausübung<br />

der Niederlassungsfreiheit – vorausgesetzt: Die genannte Beteiligung<br />

ermöglicht es ihrem Inhaber, einen sicheren Einfluss auf<br />

die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben<br />

und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Das traf im zugrunde liegenden<br />

Fall zu: Die in Deutschland wohnende Steuerpflichtige<br />

hatte eine Beteiligung in Höhe von 100 Prozent an einer kanadischen<br />

Kapitalgesellschaft geerbt. Mit seiner Entscheidung<br />

folgte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Ergebnis den<br />

Schlussanträgen der Generalanwältin vom 20. März <strong>2012</strong>. Die<br />

Steuerpflichtige kann sich somit nicht auf eine EU-Widrigkeit<br />

ihrer Besteuerung berufen. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist demgegenüber,<br />

so der EuGH, nur dann betroffen, wenn die Beteiligung<br />

in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgt ist.<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 5


Titel<br />

Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong>: umfang<br />

und Mandanten<br />

Im Zuge der Aktien<strong>recht</strong>snovelle <strong>2012</strong> treten im deutschen<br />

Aktien<strong>recht</strong> voraussichtlich im Herbst <strong>2012</strong><br />

umfangreiche Änderungen in Kraft. Geplant ist eine<br />

punktuelle Weiterentwicklung verschiedener, teils<br />

bedeutender Bereiche des Aktien<strong>recht</strong>s, die sowohl für<br />

Berater als auch für Mandanten von erheblicher Bedeutung<br />

sind. Überwiegend werden die vorgesehenen<br />

Änderungen die Gestaltungsmöglichkeiten für Aktiengesellschaften<br />

erweitern, teilweise erfolgen aber auch<br />

Einschränkungen. – Was Sie in den drei großen Bereichen,<br />

die vor allem geändert werden, beachten sollten,<br />

fasst Rechtsanwalt Andreas M. Königshausen für<br />

Sie zusammen.<br />

Einschränkung des Wahl<strong>recht</strong>s der<br />

Aktienart<br />

Bisher besteht für börsen- wie nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />

gemäß § 10 Satz 1 und § 23 Absatz 3 Satz 5<br />

Aktiengesetz (AktG) ein Wahl<strong>recht</strong> zwischen Inhaber-(Be<strong>recht</strong>igung<br />

des Wertpapierinhabers) und Namensaktien (Be<strong>recht</strong>igung<br />

des im Wertpapier genannten Aktionärs). Im Gegensatz<br />

zu Inhaberaktien machen Namensaktien den Aktionär somit<br />

identifizierbar.<br />

Im Zuge der Novelle soll das Wahl<strong>recht</strong> zwischen Inhaber- und<br />

Namensaktien bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften<br />

eingeschränkt werden, um die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse<br />

zu verbessern. Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />

können nur noch unter gewissen Bedingungen<br />

Inhaberaktien führen. Börsennotierte Gesellschaften haben<br />

hingegen weiterhin ein Wahl<strong>recht</strong>.<br />

6 <strong>PwC</strong><br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … warum bei Aktiengesellschaften, die nicht<br />

börsennotiert sind, ein Handlungs- und Beratungsbedarf<br />

entsteht.<br />

• … welche Vorgaben sowohl bei Vorzugsaktien mit<br />

oder ohne Nachzahlungsanspruch als auch bei<br />

umgekehrten Wandelschuldverschreibungen zu<br />

beachten sein werden.<br />

• … was Gesellschaften im Blick haben sollten, nachdem<br />

die relative Befristung von Nichtigkeitsklagen<br />

gegen Hauptversammlungsbeschlüsse eingeführt<br />

wurde.<br />

Inhaber von Namensaktien werden gemäß § 67 AktG unter anderem<br />

mit Namen, Geburtsdatum und Adresse in das Aktienregister<br />

der Gesellschaft eingetragen. Bei Inhaberaktionären<br />

erfolgt keine solche Registrierung. Der Gesetzgeber befürchtet<br />

deshalb, dass die – aufgrund der unterschiedlichen Aktienart<br />

bestehende – mangelnde Transparenz der Beteiligungsverhältnisse<br />

bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften (Meldepflicht<br />

erst ab 25 Prozent Beteiligung am Grundkapital,<br />

§§ 20 ff. AktG) unter anderem die Geldwäsche begünstigt.<br />

Bei börsennotierten Gesellschaften existiert kein Grund für<br />

diese Befürchtung, da gemäß § 21 Wertpapierhandelsgesetz<br />

eine Meldepflicht bereits ab drei Prozent des stimmbe<strong>recht</strong>igten<br />

Grundkapitals besteht.<br />

Um der mangelnden Transparenz entgegenzuwirken, ist daher<br />

die Ausgabe von Inhaberaktien für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften<br />

zukünftig nur noch dann möglich, wenn der<br />

Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung seiner Inhaberaktien<br />

in der Satzung ausgeschlossen ist und stattdessen Sammelverwahrung<br />

vorgesehen wird. Die Sammelverwahrung<br />

ermöglicht den Ermittlungsbehörden, auf diese Weise auch bei<br />

Inhaberaktien Informationen zur Identität der Anteilseigner<br />

bei der Verwahrstelle (Depotbank) zu erhalten. Um die Transparenz<br />

zwischen der Neugründung einer Gesellschaft und der<br />

tatsächlichen Hinterlegung der Inhaberaktien sicherzustellen,<br />

wird § 67 AktG (Führung eines Aktienregisters) analog angewandt.<br />

Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, die keine<br />

Sammelverwahrung vorsehen, werden auf Namensaktien festgelegt<br />

und müssen somit gemäß § 67 AktG stets ein Aktienregister<br />

führen. Eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit<br />

Inhaberaktien, die nur für die Hälfte ihres Grundkapitals eine<br />

Börsenzulassung beantragt, kann allerdings die andere Hälfte<br />

ihres Grundkapitals als Inhaberaktien ausgestalten, ohne den<br />

Anspruch auf Einzelverbriefung in der Satzung ausschließen<br />

und eine Sammelverwahrung vorsehen zu müssen. Bei diesen<br />

Ausnahmefällen eröffnet das Gesetz künftig einen Gestaltungsspielraum.<br />

Im Ergebnis besteht somit ein Beratungsbedarf bei bestehenden<br />

nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, wenn diese<br />

weiterhin Inhaberaktien führen oder zu Namensaktien wechseln<br />

wollen. Gleiches gilt auch bei der Neugründung von nicht<br />

börsennotierten Aktiengesellschaften und beim Formwechsel,<br />

wenn auf ein Aktienregister verzichtet werden soll. Auf der anderen<br />

Seite kann es sinnvoll sein, in der Satzung von Beginn an<br />

Namensaktien vorzusehen, wenn mittelfristig kein Börsengang<br />

geplant ist.


eiche Änderungen für Berater<br />

Flexibilisierung der Finanzierung<br />

Der Gesetzentwurf sieht ferner vor, die Finanzierung der<br />

Aktiengesellschaft zu flexibilisieren. Dies geschieht auf der<br />

Eigenkapitalseite durch die Einführung von Vorzugsaktien<br />

ohne Nachzahlungsanspruch (§ 139 AktG) und auf der Fremdkapitalseite<br />

durch die Einführung von „umgekehrten“ Wandelschuldverschreibungen<br />

(§ 221 AktG).<br />

Vorzugsaktien ohne Nachzahlungsanspruch<br />

Bisher waren Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch (§ 139<br />

AktG) der gesetzliche Normalfall. Vorzugsaktionäre werden<br />

bevorzugt aus dem ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn der<br />

Gesellschaft bedient. Fällt der Vorzug in einem Geschäftsjahr<br />

aus, haben die Vorzugsaktionäre Anspruch auf eine Nachzahlung<br />

des Vorzugs im folgenden Geschäftsjahr. Die bisherigen<br />

Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch waren insbesondere<br />

für Kreditinstitute aufgrund ihrer regulatorischen Eigenkapitalanforderungen<br />

nachteilig, da sie gemäß § 10 Absatz 2 a<br />

Satz 1 Nummer 2 Kreditwesengesetz nicht zum Kernkapital als<br />

Bestandteil des Eigenkapitals gerechnet werden. In Zukunft<br />

wird es ein Nebeneinander dieser zwei Arten von Vorzugsaktien<br />

geben. Der gesetzliche Normalfall soll künftig die<br />

Vorzugsaktie ohne Nachzahlungsanspruch sein und der Nachzahlungsanspruch<br />

soll nur noch gegeben sein, wenn die Satzung<br />

dies ausdrücklich vorsieht. Der erweiterte Spielraum bei<br />

der Gestaltung der Vorzugsaktie soll es den Kreditinstituten –<br />

speziell vor dem Hintergrund der letzten Finanzkrise – erleichtern,<br />

sich mit Eigenkapital auszustatten.<br />

Die Vorschrift des § 140 Absatz 2 AktG, die das Aufleben des<br />

Stimm<strong>recht</strong>s bei Vorzugsaktien regelt, wird infolge dieser<br />

Neuregelung entsprechend angepasst. Das Stimm<strong>recht</strong> lebt bei<br />

den Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch gemäß § 140<br />

Absatz 2 AktG auf, wenn der gegenwärtige Vorzug ausgefallen<br />

ist und die Nachzahlung für das vergangene Jahr ausbleibt. Bei<br />

den Vorzugsaktien ohne Nachzahlungsanspruch soll bereits<br />

der einmalige Ausfall des Vorzugs genügen, damit das Stimm<strong>recht</strong><br />

auflebt. Es erlischt wieder, wenn der Vorzug später vollständig<br />

nachgezahlt wird.<br />

„Umgekehrte“ Wandelschuldverschreibungen<br />

Wandelschuldverschreibungen oder auch Wandelanleihen (sogenannte<br />

Convertible Bonds) sind Fremdkapitalfinanzierungsinstrumente<br />

der Aktiengesellschaft, die von ihr als Anleiheschuldner<br />

ausgegeben werden. Da diesen das Recht innewohnt,<br />

in Aktien umgetauscht werden zu können, lassen sie<br />

sich auch in Eigenkapital umwandeln. Dieser Umtausch in<br />

Aktien stellt ein Wahl- und Gestaltungs<strong>recht</strong> des Anleihegläubigers<br />

dar und findet in der Regel innerhalb der vereinbarten<br />

Wandlungsfrist in einem vorher festgelegten Verhältnis durch<br />

Annahmeerklärung des befristeten Zeichnungsangebots der<br />

Gesellschaft durch den Anleihegläubiger statt.<br />

Die „umgekehrten“ Wandelschuldverschreibungen (sogenannten<br />

Contingent Convertible Bonds, kurz: Coco-Bonds) ermöglichen<br />

es zukünftig auch der emittierenden Gesellschaft, als<br />

Anleiheschuldner ein Wandlungs<strong>recht</strong> auszuüben. Die Gesellschaft<br />

kann sich somit einen Debt Equity Swap (Umwandlung<br />

von Schulden, „debt“, in Eigenkapital, „equity“) „auf Vorrat“<br />

anlegen und diesen zur Verhinderung einer Überschuldung<br />

oder Erleichterung einer Sanierung der Gesellschaft nutzen.<br />

Titel<br />

Der Sinn der Coco-Bonds besteht für die emittierende Gesellschaft<br />

letztlich darin, Wandelanleihen (potenzielles Eigenkapital)<br />

durch Ausübung ihres Wandlungs<strong>recht</strong>s in haftendes<br />

Eigenkapital verwandeln zu können. Für den Anleihegläubiger<br />

wird das Risiko dieser Anlageform steigen, da er damit rechnen<br />

muss, dass die Gesellschaft ihr Wandlungs<strong>recht</strong> ausübt. Dieses<br />

Risiko wird die Gesellschaft im Gegenzug mit höheren Zinsen<br />

für den Anleihegläubiger bezahlen müssen. Als weiteren Vorteil<br />

der Coco-Bonds führt die Gesetzesbegründung an, dass<br />

eine Rekapitalisierung der Gesellschaft nicht in erster Linie mit<br />

Mitteln der Steuerzahler erfolgen muss, sondern primär auf<br />

dem Weg der Inanspruchnahme privater Gläubiger geschehen<br />

kann. Auch dies ist vor dem Hintergrund der vergangenen<br />

Finanzkrise zu sehen. Zudem sind die Coco-Bonds für Kreditinstitute<br />

in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft aufgrund<br />

der zukünftig steigenden Eigenkapitalanforderungen nach<br />

Basel III vorteilhaft.<br />

Relative Befristung von Nichtigkeitsklagen<br />

Als dritte wesentliche Neuerung beabsichtigt der Gesetzgeber,<br />

eine relative Befristung von Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse<br />

einzuführen. Sie zielt darauf ab, eine<br />

Lösung gegen „nachgeschobene“ Nichtigkeitsklagen zu finden.<br />

Hintergrund ist, dass sogenannte „räuberische Aktionäre“<br />

planmäßig Beschlüsse anfechten, um durch die mit ihrer Klage<br />

verbundene Registersperre, die eine Eintragung der fraglichen<br />

Strukturmaßnahme verhindert, einen Lästigkeitswert zu erzielen,<br />

den sie sich „abkaufen“ lassen. Die Gesellschaft versucht<br />

sodann regelmäßig, die Registersperre in einem Freigabeverfahren<br />

gemäß § 246 a AktG zu überwinden. Als Reaktion<br />

darauf wurde von den „räuberischen Aktionären“ gegen Ende<br />

eines für die Gesellschaft erfolgreichen Freigabeverfahrens<br />

häufig eine bislang unbefristet mögliche Nichtigkeitsklage<br />

erhoben. Diese löst eine erneute faktische Registersperre aus<br />

und hindert so die Gesellschaft an der Eintragung der ursprünglichen<br />

Maßnahme. Die Gesellschaft war in der Vergangenheit<br />

gezwungen, ein erneutes Freigabeverfahren einzuleiten,<br />

und das Beschlussmängelverfahren wurde verlängert.<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 7


Titel<br />

Mit der Einführung einer relativen Befristung der Nichtigkeitsklage<br />

soll dem nun begegnet werden. Allerdings soll die<br />

Nichtigkeitsklage nicht generell befristet werden, sondern nur<br />

dann, wenn gegen den entsprechenden Beschluss bereits Klage<br />

erhoben worden ist (§ 249 Absatz 3 AktG-E). Bei der Anfechtungsklage<br />

ist die Klagefrist bereits durch § 246 Absatz 1 AktG<br />

auf einen Monat nach Beschlussfassung begrenzt. Gemäß<br />

§ 249 Absatz 3 AktG-E sollen zukünftig auch relativ befristete<br />

Nichtigkeitsklagen nur noch innerhalb eines Monats ab<br />

Bekanntmachung der Klage in den Gesellschaftsblättern (§ 25<br />

AktG) durch den Vorstand zulässig sein. Spätere Klagen sollen<br />

bereits wegen Verfristung keine Registersperre auslösen<br />

können.<br />

Der Berater sollte dem Vorstand daher empfehlen, besondere<br />

Sorgfalt bei der Bekanntmachung der Ausgangsklage in den<br />

Gesellschaftsblättern gemäß § 246 Absatz 4 Satz 1 AktG<br />

walten zu lassen, damit die Möglichkeit der Befristung der<br />

Nichtigkeitsklage nicht an der fehlenden oder fehlerhaften<br />

Bekanntmachung der Ausgangsklage scheitert. Der Vorstand<br />

hat es zukünftig also selbst in der Hand, die Frist für die Nichtigkeitsklage<br />

durch eine ordnungsgemäße Veröffentlichung der<br />

Ausgangsklage in Gang zu setzen. Im Zweifel sollte der Berater<br />

den Vorstand darauf kontinuierlich hinweisen.<br />

Sie haben Fragen oder möchten beraten werden? – Bitte rufen Sie<br />

Ihren Ansprechpartner an oder schicken ihm einfach eine E-Mail.<br />

8 <strong>PwC</strong><br />

Dr. Andreas M. Königshausen<br />

Tel.: +49 211 981-1893<br />

andreas.m.koenigshausen@de.pwc.com<br />

German Stock Corporation Amendment Act <strong>2012</strong><br />

The prime objective of the Stock Corporation Amendment<br />

Act <strong>2012</strong> is to further advance specific sections of<br />

the present law, which has some significant practical effects.<br />

The draft bill that has now been published differs<br />

in several respects from the earlier draft statutes of 2010.<br />

It is expected that the new regulations will become effective<br />

sometime towards late <strong>2012</strong>. The principal changes<br />

relate to the issue of bearer shares, “reverse” convertible<br />

bonds, the issue of preference shares without entitlement<br />

to deferred dividend payments and the restriction<br />

(deadline) of invalidity actions.<br />

Currently, listed companies and all other corporations<br />

are offered the choice to issue bearer shares and registered<br />

shares. In the future, non-listed companies are faced<br />

with some restrictions to issue bearer shares: Issuance of<br />

bearer shares will henceforth only be permissible if the<br />

articles exclude the right to demand individual certificates<br />

for the shares and if the shares are held in collective safekeeping.<br />

Non-listed companies which do not provide for<br />

collective safekeeping would be limited to registered<br />

shares and a company’s share register must be maintained<br />

at all times stating name, date of birth and address<br />

of the holder, as well as the number of shares or share<br />

number and in the case of par-value shares the amount.<br />

The amendments also enhance the flexibility in financing<br />

matters by introducing preference shares with no right to<br />

deferred dividend payments (to improve the net equity<br />

base) and “reverse” convertible bonds (so-called contingent<br />

convertible bonds). In the case of contingent convertible<br />

bonds, the issuing company itself may exercise a<br />

conversion right. The purpose of this provision is to make<br />

a debt-equity-swap possible during difficult times or to<br />

simplify a reconstruction for rescue of the corporation.<br />

The issuance of preference shares that do not grant the<br />

right to deferred dividend payments should have similar<br />

effects, namely to facilitate the capitalization of stock<br />

corporations: Voting rights are reinstated if no preferred<br />

dividend is paid and if the amounts in arrear are outstanding.<br />

Under present law, invalidity actions against the shareholders’<br />

resolution may be filed at any time. As happened<br />

in the past, shareholders purportedly filed a new action<br />

with the intention to stall ongoing proceedings and delay<br />

registration. This will no longer apply under the auspices<br />

of the proposed amendments. If the resolution has<br />

already been challenged, invalidity actions are only<br />

possible within a limited time frame: They must be filed<br />

within one month following publication of the action in<br />

the company’s journals and electronic Federal Gazette.<br />

Board of management should therefore ensure that the<br />

original action is duly published and the limited deadline<br />

of one month thus comes into play if need be. (MH)


Steuern A bis Z<br />

Individuelle Vermögensverwaltung<br />

steuerpflichtig: Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs vom 19. Juli<br />

<strong>2012</strong><br />

Mit seinem Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> hat der Europäische<br />

Gerichtshof Rechtssicherheit geschaffen in der<br />

Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der individuellen<br />

Vermögensverwaltung. Dabei qualifiziert das<br />

Gericht die Vermögensverwaltung als einheitliche<br />

steuerpflichtige Leistung und bestätigt insoweit die<br />

bislang in Deutschland durch die Finanzverwaltung<br />

vertretene Auffassung. – Das Urteil und seine Konsequenzen<br />

stellen Ihnen Sylvia Neubert und Imke<br />

Murchner vor.<br />

Als eine Konsequenz des Urteils aus Luxemburg wird der Bundesfinanzhof<br />

(BFH), der diese Rechtssache mit Beschluss vom<br />

28. Oktober 2010 dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur<br />

Vorabentscheidung vorgelegt hatte, seine bisherige Rechtsprechung<br />

aufgeben müssen. Er hatte zuletzt entschieden, Vermögensverwaltungsleistungen<br />

fielen unter die Steuerbefreiung<br />

nach § 4 Nummer 8 Buchstabe e Umsatzsteuergesetz (UStG).<br />

Weiterhin nimmt der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung<br />

Stellung zum Ort der Vermögensverwaltungsleistungen und<br />

wendet dabei entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung<br />

das Empfängerortprinzip an.<br />

In seiner Begründung folgt der EuGH im Wesentlichen den<br />

Ausführungen der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen<br />

vom 8. Mai <strong>2012</strong>.<br />

Sachverhalt<br />

Die Deutsche Bank AG verwaltete im Rahmen einer vorab festgelegten<br />

Anlagestrategie nach eigenem Ermessen Wertpapiere<br />

für Privatkunden (Anleger). Sie war be<strong>recht</strong>igt, über die<br />

Wertpapiere im Namen und für Rechnung des Anlegers zu<br />

verfügen. Der Anleger zahlte pro Jahr ein Entgelt in Höhe von<br />

insgesamt 1,8 Prozent des Werts des verwalteten Vermögens.<br />

Dieser Wert setzte sich zusammen aus einem Anteil für die Vermögensverwaltung<br />

in Höhe von 1,2 Prozent dieses Werts und<br />

einem Anteil für den An- und Verkauf von Wertpapieren in<br />

Höhe von 0,6 Prozent.<br />

In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2008 deklarierte<br />

die Deutsche Bank AG die Leistungen an Anleger in Deutschland<br />

und der Europäischen Union (EU) als steuerbefreite Umsätze<br />

im Geschäft mit Wertpapieren und Forderungen nach § 4<br />

Nummer 8 Buchstaben e und c UStG. Die Leistungen an Anleger<br />

im Drittland erklärte sie als Umsätze, die nach § 3a Absatz<br />

4 Nummer 6 Buchstabe a UStG alte Fassung nicht in Deutschland<br />

steuerbar seien.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie der Europäische Gerichtshof die Steuerpflicht<br />

der individuellen Vermögensverwaltung<br />

begründet.<br />

• … warum der Gerichtshof entgegen der Ansicht der<br />

deutschen Finanzverwaltung das Empfängerortprinzip<br />

auf die individuelle Vermögensverwaltung<br />

anwendet.<br />

• … welche Auswirkungen dieses Urteil in der Praxis<br />

für Vermögensverwalter und Anleger hat.<br />

Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, die streitigen<br />

Leistungen seien steuerpflichtig. Diese Entscheidung hat die<br />

Deutsche Bank AG durch Klage beim Hessischen Finanzgericht<br />

mit Erfolg angefochten. Im Rahmen der Revision hat der BFH<br />

mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 ein Ersuchen um Vorabentscheidung<br />

an den EuGH gerichtet.<br />

Das Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong><br />

In seinem Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (Rechtssache C-44/11)<br />

kommt der EuGH zu dem Ergebnis: Individuelle Vermögensverwaltungsleistungen<br />

sind eine einheitliche Leistung und fallen<br />

nicht unter eine Steuerbefreiung.<br />

Darüber hinaus hat der EuGH entschieden: Diese Leistungen<br />

fallen unter den Begriff „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze“<br />

im Sinne der Ortsvorschrift des Artikels 56 Absatz 1<br />

Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG alte Fassung (deutsche<br />

Umsetzung in § 3 a Absatz 4 Nummer 6 Buchstabe a UStG<br />

alte Fassung).<br />

Vermögensverwaltungsleistung als<br />

einheitliche Leistung<br />

In der Einleitung widmet sich der EuGH der Frage, ob es sich<br />

bei der Vermögensverwaltung um eine einheitliche Leistung<br />

handelt und somit auch einzelne Elemente dieser Leistung aus<br />

umsatzsteuerlicher Sicht einheitlich beurteilt werden müssen.<br />

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Vermögensverwaltung<br />

im Wesentlichen um eine Verbindung aus:<br />

• der Leistung der Analyse und Beaufsichtigung des Vermögens<br />

des Anlegers<br />

• der Leistung des eigentlichen Kaufs und Verkaufs von<br />

Wertpapieren<br />

Auch wenn diese beiden Leistungen getrennt voneinander<br />

erbracht werden können, geht es dem durchschnittlichen<br />

Anleger nach Ansicht des EuGH im Rahmen der Vermögensverwaltung<br />

jedoch gerade um die Verbindung dieser beiden<br />

Elemente. Nur durch eine tatsächliche Umsetzung (in Form<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 9


Steuern A bis Z<br />

von Kauf oder Verkauf von Wertpapieren) sei die Entscheidung<br />

über das optimale Vorgehen beim Erwerb, der Veräußerung<br />

oder dem Halten von Wertpapieren von Nutzen für den Kunden.<br />

Entsprechend sei es für den Kunden nicht sinnvoll, ohne<br />

Fachkenntnisse und ohne vorherige Marktanalyse Verkäufe<br />

oder Käufe je nach Fall zu tätigen oder nicht zu tätigen. Mit<br />

anderen Worten: Es handele sich, basierend auf den Erwartungen<br />

der Kunden im Rahmen der Vermögensverwaltungsleistung,<br />

um untrennbare Leistungselemente.<br />

Daneben sieht der EuGH die beiden Leistungselemente als<br />

gleichrangig an, weil sie beide für die Erbringung der Gesamtleistung<br />

unerlässlich seien. Deshalb sei nicht von einer Hauptund<br />

einer Nebenleistung auszugehen, sondern von einer einzigen<br />

einheitlichen Leistung.<br />

Keine Steuerbefreiung<br />

Zunächst grenzt der EuGH die individuelle Vermögensverwaltung<br />

gegenüber der Verwaltung von Sondervermögen ab. So<br />

unterschieden sich die Art und Weise sowie die Voraussetzungen<br />

der beiden Vermögensanlagen derartig, dass eine Subsumtion<br />

der von der Deutsche Bank AG erbrachten individuellen<br />

Vermögensverwaltung unter die Steuerbefreiung der Verwaltung<br />

von Sondervermögen nach Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe<br />

g der Richtlinie 2006/112/EG (entspricht § 4 Nummer 8<br />

Buchstabe h UStG) nicht möglich sei.<br />

Hinsichtlich der Steuerbefreiung für Umsätze im Geschäft mit<br />

Wertpapieren (Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie<br />

2006/112/EG beziehungsweise § 4 Nummer 8 Buchstabe e<br />

UStG) führt der EuGH aus: Das Leistungselement des Kaufs<br />

und Verkaufs von Wertpapieren im Rahmen der Vermögensverwaltung<br />

ist zwar geeignet, die Rechte und Pflichten der<br />

Kunden in Bezug auf Wertpapiere zu begründen, zu ändern<br />

oder zum Erlöschen zu bringen. Auch kann er somit für sich<br />

genommen als Umsatz im Geschäft mit Wertpapieren unter<br />

die Steuerbefreiung nach Artikel 135 Absatz 1 Buchstabe f<br />

der Richtlinie 2006/112/EG (entspricht § 4 Nummer 8 Buchstabe<br />

e UStG) fallen. Das gelte jedoch nicht für die Leistungen<br />

der Analyse und Beaufsichtigung des Vermögens. Da es sich<br />

bei der Vermögensverwaltung um eine einheitliche Leistung<br />

mit zwei gleichrangigen Leistungselementen handele, könne<br />

diese Leistung aus umsatzsteuerlicher Sicht nur als Ganze<br />

10 <strong>PwC</strong><br />

Wichtige Änderungen<br />

in Recht und Gesetz<br />

berücksichtigt werden und somit nicht unter die Steuerbefreiung<br />

für Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren fallen.<br />

Bestätigt wird diese Auslegung nach Ansicht des EuGH auch<br />

durch die Systematik der Richtlinie 2006/112/EG: Bei der Verwaltung<br />

von Sondervermögen, die nach Artikel 135 Absatz 1<br />

Buchstabe g der Richtlinie 2006/112/EG steuerbefreit ist,<br />

handelt es sich nämlich um eine bestimmte Form der Verwaltung<br />

von aus Wertpapieren bestehendem Vermögen. Wenn<br />

diese Form der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren<br />

bereits unter die Steuerbefreiung des Artikels 135 Absatz 1<br />

Buchstabe f der Richtlinie 2006/112/EG fiele, sei es nicht notwendig<br />

gewesen, insoweit eine spezielle Befreiungsvorschrift<br />

in die Richtlinie aufzunehmen.<br />

Schließlich verneint der EuGH, dass seine Schlussfolgerungen<br />

durch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Hinblick<br />

auf die umsatzsteuerliche Behandlung der individuellen Vermögensverwaltung<br />

und die Steuerbefreiung für die Verwaltung<br />

von Sondervermögen infrage gestellt werden könnten.<br />

Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität könne nämlich<br />

nicht für den Umfang eines Befreiungstatbestands bestimmend<br />

sein, sondern sei lediglich ein Auslegungsgrundsatz. Der EuGH<br />

bestätigt damit die Auffassung der Generalanwältin, nach der<br />

es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht erlaubt,<br />

den Geltungsbereich einer ausdrücklichen (eng auszulegenden)<br />

Befreiung ohne entsprechend klaren Wortlaut auszuweiten.<br />

Ort der Leistung<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> aktuell<br />

Beim Ort der Leistung kommt der EuGH zu folgender Auffassung:<br />

Die Vermögensverwaltung fällt unter den Begriff der<br />

„Bank- und Finanzumsätze“ im Sinne der Ortsvorschrift des<br />

Artikels 56 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG<br />

alte Fassung. Der Begriff könne nicht einschränkend dahin<br />

gehend ausgelegt werden, dass nur die von den Steuerbefreiungen<br />

in Artikel 135 Absatz 1 Buchstaben b bis g der Richtlinie<br />

2006/112/EG genannten Leistungen erfasst würden. Es<br />

bestehe kein Grund, die Vermögensverwaltung als Leistung<br />

finanzieller Natur von der Ortsvorschrift auszuschließen.<br />

Denn die in Artikel 135 Buchstaben b bis g der Richtlinie<br />

2006/112/EG genannten Umsätze stellten bei Weitem keine<br />

erschöpfende Auflistung aller Umsätze dar, die von einer Bank<br />

getätigt oder als Finanzumsätze angesehen werden könnten.<br />

Weitere interessante Beiträge finden<br />

Sie in der neuen Ausgabe von<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> aktuell.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: manfred.haas@de.pwc.com


Beratungshinweis<br />

Mit seinem aktuellen Urteil hat der EuGH die bislang von der<br />

deutschen Finanzverwaltung vertretene Auffassung über die<br />

Qualifikation der individuellen Vermögensverwaltung als einheitliche<br />

steuerpflichtige Leistung bestätigt. Die Finanzverwaltung<br />

wird das Urteil aus diesem Grund sicher zumindest im<br />

Hinblick auf die Umsatzsteuerpflicht unmittelbar für alle offenen<br />

Veranlagungszeiträume anwenden.<br />

Hinsichtlich der Bestimmung des Orts der Leistung weicht das<br />

Urteil von der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung ab.<br />

Diese hatte Vermögensverwaltungsleistungen vom Anwendungsbereich<br />

des Artikels 56 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie<br />

2006/112/EG alte Fassung (entspricht § 3 a Absatz 4<br />

Nummer 6 Buchstabe a UStG alte Fassung) und damit vom<br />

Anwendungsbereich der „Katalogleistungen“ ausgenommen.<br />

Stattdessen wurden Vermögensverwaltungsleistungen unter<br />

die bis Ende 2009 gültige allgemeine Ortsbestimmung des § 3 a<br />

Absatz 1 UStG subsumiert. Das hatte zur Folge, dass diese<br />

Leistungen jeweils dort besteuert wurden, wo der jeweilige<br />

Vermögensverwalter sein Unternehmen betrieb. Eine Konsequenz<br />

aus der Anwendung des aktuellen Urteils ist: Bei<br />

Leistungen an sämtliche ausländische Unternehmer und an<br />

Nichtunternehmer im Drittland, also außerhalb der EU, fällt<br />

für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2009 in Deutschland<br />

keine Umsatzsteuer mehr an, da der Leistungsort an den<br />

(Unternehmens-)Sitz des Empfängers verlagert wird. Zwar<br />

verwendet § 3 a Absatz 4 Nummer 6 Buchstabe a UStG alte<br />

Fassung nicht den Begriff der „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze“,<br />

sondern bezieht sich entgegen der Richtlinie<br />

2006/112/EG auf die Steuerbefreiungen in § 4 Nummer 8<br />

UStG. Dazu hat der BFH aber in seinem Urteil vom 11. Oktober<br />

2007 (V R 22/04) bereits ausgeführt, § 3 a Absatz 4 Nummer 6<br />

Buchstabe a UStG alte Fassung setze die Richtlinie nicht zutreffend<br />

um. Steuerpflichtige können sich somit unmittelbar auf<br />

die Ortsbestimmung der Richtlinie und deren Auslegung durch<br />

den EuGH berufen.<br />

Für Veranlagungszeiträume ab 2010 ist zu berücksichtigen,<br />

dass das UStG durch die Umsetzung des sogenannten Mehrwertsteuerpakets<br />

mit Wirkung ab 1. Januar 2010 in Bezug auf<br />

die Vorschriften des Orts der sonstigen Leistung grundlegend<br />

neu gefasst wurde. Demnach sind sonstige Leistungen an<br />

Unternehmer seit dem 1. Januar 2010 grundsätzlich nach<br />

dem Empfängerortprinzip zu beurteilen. Die Anwendung des<br />

Urteils ab 2010 hat somit bezüglich des Leistungsorts nur noch<br />

Auswirkungen auf Vermögensverwaltungsleistungen an Nichtunternehmer<br />

im Drittland, für die dann entgegen der bisherigen<br />

Auffassung der Finanzverwaltung keine Umsatzsteuer<br />

mehr anfällt.<br />

Vermögensverwalter, die ihre Leistungen bislang als umsatzsteuerfrei<br />

behandelt haben, sollten prüfen, welche Veranlagungsjahre<br />

unter Berücksichtigung der Vorschriften der<br />

Steuern A bis Z<br />

Abgabenordnung von diesem Urteil betroffen sind. Bei der<br />

umsatzsteuerlichen Beurteilung achten Sie bitte besonders auf<br />

die Ansässigkeit der Anleger. Darüber hinaus gilt es zu prüfen,<br />

inwieweit aufgrund der Umsatzsteuerpflicht zusätzliche Vorsteuerbeträge<br />

geltend gemacht werden können.<br />

In Fällen, in denen die individuelle Vermögensverwaltung<br />

bereits in der Vergangenheit der Umsatzsteuer unterworfen<br />

wurde, ist zu untersuchen, ob auch Umsätze gegenüber im<br />

Ausland ansässigen Kunden als in Deutschland steuerpflichtig<br />

behandelt worden sind und inwieweit auf Basis des EuGH-<br />

Urteils entsprechende Korrekturen möglich und sinnvoll sind.<br />

Bitte beachten Sie dabei: In diesem Zusammenhang werden<br />

gegebenenfalls auch Rechnungskorrekturen notwendig sein,<br />

um die Umsatzsteuerschuld wirksam zu reduzieren, sofern die<br />

Umsatzsteuer in den Rechnungen gegenüber den Anlegern<br />

ausgewiesen wurde.<br />

Portfolio management services not exempt as<br />

banking<br />

The European Court of Justice (ECJ) has held that portfolio<br />

management services provided by a bank do not<br />

fall under the investment dealing exemption, but are,<br />

as a financial service, taxable in the country of the nonbusiness<br />

customer.<br />

A bank offered a portfolio management service to<br />

(mainly) its private customers. Each customer deposited<br />

an agreed amount, which the bank then invested at its<br />

discretion. It also sold or replaced investments on its own<br />

initiative. In doing so, it followed agreed policy guidelines,<br />

but did not refer back to the customer on specific<br />

transactions. Its fee was a fixed percentage of the total<br />

value of the customer’s fund, split into two elements,<br />

asset management and dealing. It maintained that its<br />

charges were free of value added tax (VAT) as banking or<br />

investment dealing; the tax office saw the advisory or<br />

decision-taking aspects as predominate and the service<br />

as a whole therefore as taxable in Germany.<br />

The ECJ has now held the service to be a single supply<br />

consisting of two elements, both of which carry equal<br />

weight. The two elements are dealing in securities and<br />

monitoring the market in order to come to an investment<br />

decision. Dealing would, on its own, be exempt whereas<br />

monitoring would be taxable as a general service. Since<br />

both are equally important to the single service as perceived<br />

by the customer, and given the need to keep exemptions<br />

to those clearly specified as such in the VAT<br />

Directive, the single supply is not exempt. It is, however,<br />

a financial service under the wider definition relevant to<br />

the place of performance and is therefore deemed to be<br />

performed in the country of residence of the non-EU<br />

private customer. (MH)<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 11


Steuern A bis Z<br />

Sie möchten mehr Informationen zu diesem Thema? – Bitte rufen<br />

Sie Ihre Ansprechpartnerinnen an oder schreiben ihnen einfach<br />

eine E-Mail.<br />

12 <strong>PwC</strong><br />

Sylvia Neubert<br />

Tel.: +49 69 9585-6235<br />

sylvia.neubert@de.pwc.com<br />

Imke Murchner<br />

Tel.: +49 89 5790-6779<br />

imke.murchner@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong><br />

(C-44/11, Deutsche Bank AG)<br />

• BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 (V R 9/10)<br />

• BFH, Urteil vom 11. Oktober 2007 (V R 22/04)<br />

• BMF, Schreiben vom 9. Dezember 2008<br />

Vorsteuerabzug trotz vorübergehender<br />

Privatnutzung eines<br />

Investitions guts<br />

Das Recht auf Vorsteuerabzug wird als fundamentaler<br />

Grundsatz des Mehrwertsteuersystems immer wieder<br />

in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs<br />

thematisiert. So auch in dem vorliegenden Urteil der<br />

European Customs & Trade<br />

Communiqué<br />

Luxemburger Richter vom 19. Juli <strong>2012</strong>. In dem zu<br />

entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob ein Vorsteuerabzug<br />

auch dann möglich ist, wenn ein zum<br />

Unternehmen gehörendes Investitionsgut zunächst<br />

ausschließlich zu privaten Zwecken verwendet wird. –<br />

Alles Wichtige zu den Hintergründen und Folgen dieser<br />

Entscheidung lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … unter welchen Voraussetzungen ein Vorsteuerabzug<br />

trotz zunächst vorübergehender Privatnutzung<br />

eines zum Unternehmen gehörenden<br />

Investitionsguts möglich ist.<br />

• … weshalb es unklar ist, ob und wie dieses Urteil in<br />

Deutschland angewendet werden kann.<br />

Die Klägerin, eine Personengesellschaft mit Sitz in den Niederlanden,<br />

betrieb einen Großhandel für Autolacke. Zu diesem<br />

Zweck wurde ein Lagergebäude erworben, das von Anfang an<br />

für den Großhandel genutzt wurde. Um die Zeit bis zur Fertigstellung<br />

einer neben dem Lagergebäude gelegenen Betriebswohnung<br />

zu überbrücken, wurde ein Teil des Dachgeschosses<br />

des Lagergebäudes zu vorübergehenden Wohnzwecken der<br />

Gesellschafter umgebaut und unter anderem mit zwei Dachgauben<br />

und einer Diele versehen. Die Klägerin zog die für die<br />

Umbauarbeiten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer<br />

ab. Nachdem er knapp zwei Jahre zu Wohnzwecken<br />

verwendet worden war, wurde dieser Gebäudeteil wie von<br />

vornherein geplant betrieblich als Büro und Unterweisungsraum<br />

verwendet.<br />

Das Finanzamt beanstandete den Abzug der auf den Einbau<br />

der zwei Dachgauben und der Diele in Rechnung gestellten<br />

Umsatzsteuer als Vorsteuer. Es war der Auffassung, diese<br />

Arbeiten seien nicht für Zwecke des Unternehmens, sondern<br />

ausschließlich zu privaten Zwecken ausgeführt worden.<br />

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) war der Auffassung, der<br />

Einbau der Dachgauben und der Diele sei als eigenes Investi-<br />

Beiträge zum Themenbereich Zoll<br />

finden Sie in der neuen Ausgabe von<br />

European Customs & Trade Communiqué.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: ilse.juhre@de.pwc.com


tionsgut anzusehen. Für die Frage des Vorsteuerabzugs sei es<br />

dabei entscheidend, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Umbauarbeiten<br />

als Steuerpflichtige gehandelt habe oder nicht.<br />

Das beurteile sich nach der anhand objektiver Anhaltspunkte<br />

belegten Absicht der Steuerpflichtigen, den Gegenstand für<br />

den Bedarf ihres Unternehmens zu verwenden. Zu diesen<br />

Anhaltspunkten zählten unter anderem die Art der betreffenden<br />

Gegenstände und der Zeitraum, der zwischen dem Erwerb<br />

der Gegenstände und ihrer Verwendung für Zwecke der wirtschaftlichen<br />

Tätigkeit liege.<br />

In dem entschiedenen Fall sei es aber nicht eindeutig belegt,<br />

dass der Einbau der Dachgauben und der Diele für den privaten<br />

Bedarf erfolgt sei. Dachgauben und Diele könnten ihrer Art<br />

nach sowohl privat als auch unternehmerisch genutzt werden.<br />

Fest stand außerdem von vornherein: Der ausgebaute Teil des<br />

Lagergebäudes sollte nur vorübergehend zu Wohnzwecken<br />

und später ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzt<br />

werden, wie es später auch geschah. Auch der Zeitraum der<br />

privaten Verwendung von circa zwei Jahren sei angesichts der<br />

langen Haltbarkeit dieser Investitionsgüter kein Gesichtspunkt,<br />

der auf eine private Verwendung schließen lasse.<br />

Das für geschäftliche Zwecke erworbene und dem Unternehmen<br />

zugeordnete Investitionsgut sei zwar nicht sofort einer<br />

geschäftlichen Verwendung zugeführt worden, dieser Umstand<br />

hinderte nach Auffassung des EuGH aber die Entstehung<br />

des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht.<br />

Verweigere man im vorliegenden Fall den Vorsteuerabzug für<br />

die spätere besteuerte betriebliche Nutzung bei gleichzeitig<br />

vollständig beabsichtigter Zuordnung des betreffenden Gegenstandes<br />

zum Unternehmen, bestünde die Gefahr einer Doppelbesteuerung<br />

der unternehmerischen Tätigkeit. Denn die<br />

Privatnutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands<br />

sei einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt und<br />

unterliege damit einer Entnahmebesteuerung.<br />

Praxishinweis<br />

Entscheidend für eine Zuordnung zum Unternehmen ist demnach<br />

auch bei serieller privater und unternehmerischer Nutzung<br />

die unternehmerische Nutzungsabsicht, die bereits bei<br />

Bezug der Leistung bestehen und durch objektive Anhaltspunkte<br />

belegbar sein muss.<br />

Dieses Ergebnis steht allerdings im Widerspruch zu der bislang<br />

geltenden deutschen Rechtslage, nach der eine Zuordnung<br />

zum Unternehmen eine mindestens zehnprozentige unternehmerische<br />

Nutzung des Wirtschaftsguts voraussetzt. Wird diese<br />

Grenze nicht eingehalten, kann nach derzeitigem deutschen<br />

Recht der Vorsteuerabzug vollständig versagt werden. Diese<br />

gesetzliche Regelung beruht auf einer Entscheidung des Rats<br />

der Europäischen Union, deren Wortlaut in solchen Fällen<br />

genau genommen allerdings nicht die Zuordnung zum Unter-<br />

Steuern A bis Z<br />

nehmen, sondern den Vorsteuerabzug ausschließt. Diese Ermächtigung<br />

ist außerdem zunächst bis zum 31. Dezember<br />

<strong>2012</strong> befristet, kann jedoch grundsätzlich auf Antrag verlängert<br />

werden. Ob die Ratsentscheidung das Urteil des EuGH<br />

unanwendbar macht und ob sich beide miteinander vereinbaren<br />

lassen, wird durch die nationale Rechtsprechung zu klären<br />

sein.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartner gern. Rufen Sie sie<br />

bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Miriam Peisker<br />

Tel.: +49 221 2084-482<br />

miriam.christine.peisker@de.pwc.com<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 711 25034-1258<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (C-334/10, X)<br />

• Rat der Europäischen Union, Entscheidung vom 20. Oktober<br />

2009 (2009/791/EG)<br />

Lizenzgebühren: Berücksichtigung<br />

von Ausgaben beim Steuerabzug<br />

Mit seinem Urteil vom 25. April <strong>2012</strong> hat der Bundesfinanzhof<br />

entschieden: Auch beim Quellensteuerabzug<br />

auf Lizenzgebühren, die an Kapitalgesellschaften<br />

gezahlt werden, welche in der Europäischen Union<br />

oder im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig<br />

sind, sind unmittelbar damit im Zusammenhang<br />

stehende Ausgaben steuermindernd zu berücksichtigen.<br />

– Das Urteil skizziert der folgende Beitrag.<br />

Grundsätzlich unterliegen die folgenden Zahlungen an beschränkt<br />

Steuerpflichtige einem Steuerabzug an der Quelle:<br />

• Darbietungen von Künstlern und Sportlern<br />

• Verwertung dieser Darbietungen<br />

• Lizenzgebühren<br />

• Aufsichtsratsvergütungen<br />

• Dividenden<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 13


Steuern A bis Z<br />

Der Steuerabzug bemisst sich grundsätzlich nach den Bruttoeinkünften.<br />

Als Reaktion auf die Rechtsprechung des Europäischen<br />

Gerichtshofs (EuGH) hat der deutsche Gesetzgeber<br />

jedoch eine andere Möglichkeit geschaffen: Unmittelbar mit<br />

den Einnahmen im Zusammenhang stehende Ausgaben können<br />

entweder schon im Rahmen des Abzugsverfahrens oder im<br />

Rahmen eines nachgelagerten Erstattungsverfahrens abgezogen<br />

werden. Letztendlich unterliegen also nur die Nettoeinnahmen<br />

der deutschen Besteuerung. Diese Möglichkeit wurde<br />

aber nicht für alle oben genannten Einkünfte geschaffen, sondern<br />

nur für die Einkünfte von Künstlern und Sportlern sowie<br />

für Vergütungen von Aufsichtsräten. Ein entsprechender<br />

Abzug kann nicht für Lizenzgebühren und Dividenden geltend<br />

gemacht werden.<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden: Die Versagung<br />

des Ausgabenabzugs bei Lizenzgebühren verstößt gegen<br />

Europa<strong>recht</strong>. Entgegen dem gesetzlichen Wortlaut ist der<br />

Abzug auch bei Lizenzgebühren zu gewähren.<br />

Im zu beurteilenden Sachverhalt hatte ein deutscher Fernsehsender<br />

Film<strong>recht</strong>e von einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft<br />

gekauft, die zuvor ihrerseits die Rechte von Lizenzgebern<br />

mit Sitz in Deutschland erworben hatte. Damit vereinnahmte<br />

die luxemburgische Gesellschaft die vom deutschen<br />

Fernsehsender gezahlten Lizenzgebühren, musste aber gleichzeitig<br />

in fast derselben Höhe selbst Gebühren entrichten. Der<br />

deutsche Fernsehsender hatte als Vergütungsschuldner die<br />

Quellen<strong>steuern</strong> auf die Bruttolizenzgebühren zwar in einem<br />

ersten Schritt einbehalten und entrichtet, beantragte nachträglich<br />

jedoch unter Berücksichtigung der Lizenznahme der<br />

luxemburgischen Gesellschaft eine Herabsetzung. Dem Antrag<br />

wurde nun über das BFH-Urteil stattgegeben. Danach errech-<br />

14 <strong>PwC</strong><br />

net sich die maximal einzubehaltende Quellensteuer unter<br />

Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf die Nettoeinkünfte.<br />

Gilt ein Doppelbesteuerungsabkommen, darf diese<br />

Grenze unter-, aber nicht überschritten werden.<br />

Für Dividenden hatte der EuGH in einer Entscheidung von<br />

Oktober 2011 sowie der BFH in zwei Entscheidungen vom<br />

Januar <strong>2012</strong> klargestellt: Eine ausländische Körperschaft, die<br />

in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum<br />

ansässig ist, kann nachträglich eine Rückerstattung der<br />

zu viel gezahlten Quellen<strong>steuern</strong> beantragen. Dabei greift die<br />

für inländische Körperschaften geltende 95-prozentige Freistellung.<br />

Die Frage nach der zusätzlichen Abzugsfähigkeit von<br />

unmittelbaren Betriebsausgaben war nicht Gegenstand der<br />

Entscheidungen. Nach Einschätzung der Autoren wäre aber<br />

auch hier eine Gleichbehandlung zum reinen Inlandsfall zu gewähren.<br />

Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an<br />

oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Dr. Gitta Jorewitz<br />

Tel.: +49 40 6378-1163<br />

gitta.jorewitz@de.pwc.com<br />

Thomas Brink<br />

Tel.: +49 40 6378-8405<br />

thomas.brink@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 25. April <strong>2012</strong> (I R 76/10)<br />

Tax withholding on royalty paid to EU corporation to be based on net income<br />

The Income Tax Act allows the withholding tax on income paid to creditors in other member states of the EU for the performances<br />

of artists and athletes and from remuneration granted to members of supervisory boards to be calculated on the<br />

payment less the direct costs incurred by the recipient (with the rate doubling to 30 per cent if paid to a natural person),<br />

but does not contain any similar provision for royalty payments. This has been challenged by a television station paying film<br />

royalties to a Luxembourg distributor. The station claimed that it should be allowed to base the withholding tax on the payment<br />

to the distributor net of the fees paid by the distributor to the owners of the film copyrights. These were directly<br />

linked to the receipts from broadcasters and were therefore direct costs of earning that income.<br />

The Supreme Tax Court confirmed the position of the taxpayer in a judgment setting aside the relevant provision of the Income<br />

Tax Act in favour of the higher-ranking community law as first expounded by the European Court of justice (ECJ) in<br />

Scorpio (case C-290/04 of October 3, 2006) and subsequently followed in other decisions. On that basis, the Supreme Tax<br />

Court held a tax charge of more than that to be levied on the same income in the hands of a domestic recipient to be an unwarranted<br />

infringement of the freedom to provide services. Since a credit in the country of the recipient for the German tax<br />

deducted at source would not necessarily eliminate double taxation in all circumstances, taxpayers must be allowed the option<br />

of claiming relief in the country of source for the direct costs incurred in earning the income. Thus, the maximum<br />

withholding tax that could be levied was the lower of standard rate corporation tax (for the years pending 26.375 per cent;<br />

currently the rate is 15.825 per cent) on the net income and the royalty withholding tax on the gross revenue at the relevant<br />

treaty rate. (MH)


Entstehung der Umsatzsteuer in Fällen<br />

des unrichtigen Steuerausweises<br />

Wenn ein Unternehmer Umsatzsteuer auf der Rechnung<br />

ausweist, obwohl sie nicht oder nicht in dieser<br />

Höhe nach Gesetz entsteht, wird diese Steuer nach<br />

dem Umsatzsteuergesetz geschuldet. Das Bundesfinanzministerium<br />

hat nun im Umsatzsteuer-Anwendungserlass<br />

klargestellt, wann in solchen Fällen die<br />

Steuer fällig wird.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … worauf es für den Zeitpunkt der Steuerentstehung<br />

im Fall des unrichtigen Steuerausweises<br />

ankommt.<br />

• … welche praktischen Folgen das haben kann.<br />

Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)<br />

sind zwei Fallkonstellationen des zu hohen Steuerausweises im<br />

Sinne des § 14 c Absatz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu unterscheiden:<br />

• Wird über eine steuerpflichtige Lieferung abgerechnet, für<br />

welche die Steuer höher als erforderlich ausgewiesen wird,<br />

entsteht die nach § 14 c Absatz 1 UStG geschuldete Steuer<br />

mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung<br />

bewirkt wurde, spätestens jedoch zu dem Zeitpunkt, zu<br />

dem die Rechnung ausgestellt wird.<br />

Dies betrifft zum Beispiel Fälle, in denen Leistungen, die dem<br />

ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent unterliegen, zum<br />

Regelsteuersatz von 19 Prozent abgerechnet werden. Erfolgt<br />

hier die Leistung im Dezember, wird die Rechnung aber erst im<br />

Januar ausgestellt, entsteht die Steuer also noch im alten Jahr.<br />

• Die zweite Fallkonstellation betrifft Rechnungen, auf denen<br />

Steuer ausgewiesen wird, obwohl die abgerechnete Leistung<br />

steuerfrei ist oder nicht der Umsatzsteuer unterfällt.<br />

Die nach § 14 c Absatz 1 UStG geschuldete Steuer entsteht<br />

dann im Zeitpunkt der Rechnungsausgabe. Wird beispielsweise<br />

im Dezember eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung<br />

im Ganzen (§ 1 Absatz 1 a UStG) ausgeführt, wird aber<br />

erst im Januar über diese Leistung abgerechnet, so entsteht<br />

die Steuer erst im neuen Jahr.<br />

Die Regelung des BMF-Schreibens soll in allen offenen Fällen<br />

angewandt werden.<br />

Praxishinweis<br />

Die Änderung des Anwendungserlasses ist zunächst für die<br />

Frage von Bedeutung, für welchen Voranmeldungs- oder Veranlagungszeitraum<br />

die nach §14 c Absatz 1 UStG geschuldete<br />

Steuer zu melden ist. Außerdem kann die Unterscheidung<br />

Steuern A bis Z<br />

zwischen dem Leistungszeitpunkt und der Rechnungsstellung<br />

zum Beispiel dann von praktischer Bedeutung sein, wenn es<br />

um Fragen der Festsetzungsverjährung und der Zinsberechnung<br />

geht.<br />

Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Bitte rufen<br />

Sie Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine<br />

E-Mail.<br />

Kirsten Krogoll<br />

Tel.: +49 211 981-2557<br />

kirsten.krogoll@de.pwc.com<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 711 25034-1258<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BMF, Schreiben vom 25. Juli <strong>2012</strong> (IV D 2 – S 7270/12/10001;<br />

BStBl. I, 726)<br />

Leistungen eines inländischen<br />

Schadenregulierers und mögliche<br />

Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung<br />

Darf ein Unternehmer eine Rechnung mit Rückwirkung<br />

auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung<br />

berichtigen? – Diese Frage wurde im Urteil<br />

des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Juli 2010<br />

erstmals gestellt. Einer solchen Rückwirkung der<br />

Korrektur formeller Fehler in Rechnungen auf die<br />

Rechnungsausstellung steht derzeit noch die nationale<br />

Praxis entgegen. Auch wenn momentan noch<br />

keine endgültigen Aussagen getroffen werden können,<br />

will sich der Bundesfinanzhof offenbar mit diesem<br />

Thema im Sinne des Steuerzahlers befassen. – Hintergründe<br />

und Konsequenzen dieses Urteils fasst der<br />

folgende Beitrag für Sie zusammen.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welchen Leistungsort der Bundesfinanzhof für<br />

die Tätigkeit eines Schadensregulierers vorsieht.<br />

• … wieso das Gericht in – vielleicht nicht allzu<br />

ferner – Zukunft entscheiden könnte, die Korrektur<br />

formeller Fehler in Rechnungen wirke auf die Rechnungsausstellung<br />

zurück.<br />

• … welche Folgen das für die Praxis hätte.<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 15


Steuern A bis Z<br />

Sachverhalt<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Rahmen eines Antrags<br />

auf Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden. Aus diesem<br />

Grund konnte er nicht abschließend über diesen Fall befinden.<br />

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin ist ein privater<br />

Schadensregulierer. Sie wird tätig bei Unfällen, in die bei<br />

ausländischen Versicherungsgesellschaften versicherte Kfz<br />

verwickelt sind. Aktiv wurde sie im Auftrag eines inländischen<br />

Vereins, der Autohaftpflichtfälle im Rahmen des sogenannten<br />

Grüne-Karten-Systems abwickelt. Der Verein beauftragte die<br />

Antragstellerin, bei Unfällen die Schadensfälle zu regulieren<br />

und abzuwickeln. Weshalb die Klägerin ihre Leistungen als<br />

nicht im Inland steuerbar behandelte, ergibt sich aus dem<br />

Beschluss nicht – denkbar wäre, dass sie die ausländischen<br />

Versicherungen und nicht den Verein als Leistungsempfänger<br />

angesehen haben könnte.<br />

Da sie von Rechtsdienstleistungen ausging und beim Ort der<br />

Leistung folglich das Empfängerortprinzip für ihre Ausgangsleistungen<br />

zugrunde legte, fasste die Antragstellerin ihre Umsätze<br />

nicht unter die Umsatzsteuer.<br />

Bei einer Sonderprüfung der Umsatzsteuer für das Jahr 2007<br />

konnte das Finanzamt (FA) jedoch keine <strong>recht</strong>sberatende<br />

Tätigkeit der Antragstellerin erkennen und behandelte die<br />

Umsätze der Antragstellerin als steuerbare und steuerpflichtige<br />

Inlandsumsätze. Zusätzlich versagte das FA den Vorsteuerabzug<br />

für Eingangsrechnungen, die seiner Auffassung nach nicht<br />

alle Voraussetzungen einer Rechnung erfüllten. – Was genau<br />

an ihnen auszusetzen war, ergibt sich aus dem BFH-Beschluss<br />

nicht. Korrigiert wurden die Rechnungen erst nach Ablauf des<br />

umstrittenen Zeitraums.<br />

Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

Was zunächst den Leistungsort der Tätigkeit eines Schadensregulierers<br />

angeht, hatte der BFH keine ernsthaften Zweifel<br />

daran, die Antragstellerin müsse für ihre Tätigkeit Steuer auf<br />

der Rechnung ausweisen. Es konnte dabei offenbleiben, wer<br />

Empfänger der Leistung war, weil der Besteuerungsort nach<br />

Auffassung des BFH auf jeden Fall im Inland lag.<br />

Denn es habe sich nicht um eine Leistung gehandelt, wie sie<br />

hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der Tätigkeit eines<br />

Anwalts erbracht werde. Es handle sich nicht einmal um eine<br />

ähnliche Tätigkeit. Denn eine Tätigkeit ähnele einer Rechtsanwaltsleistung<br />

dann, wenn sie dem gleichen Zweck diene. Der<br />

Schwerpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin lag aber nicht in<br />

der Rechtspflege wie im Rahmen einer gewöhnlichen Anwaltstätigkeit:<br />

Habe sie Rechtsdienstleistungen erbracht, seien diese<br />

lediglich als Nebenleistung zur Haupttätigkeit anzusehen. Das<br />

mache sie einer Rechtsanwaltsleistung aber noch nicht ähn-<br />

16 <strong>PwC</strong><br />

lich. Vielmehr seien die Leistungen eines Schadensregulierers<br />

wirtschaftlich geprägt und hätten den Charakter einer Vermögensbetreuung.<br />

Darum befinde sich der Leistungsort (nach<br />

damaliger Rechtslage) an dem Ort, von dem aus die Unternehmerin<br />

ihr Unternehmen betreibe – also in Deutschland. Folglich<br />

hätte deutsche Steuer auf der Rechnung ausgewiesen<br />

werden müssen.<br />

Ernsthafte Zweifel äußerte der BFH allerdings daran, dass die<br />

Korrektur unrichtig ausgestellter Rechnungen nicht auf den<br />

Zeitpunkt zurückwirkt, zu dem die Rechnung ausgestellt<br />

wurde. Um das zu begründen, beschäftigte sich der BFH <strong>recht</strong><br />

ausführlich mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs<br />

(EuGH) im Fall Pannon Gép. In diesem Urteil hatte der EuGH<br />

ausgeführt: Der Vorsteuerabzug darf auch nicht versagt werden,<br />

wenn die ursprüngliche Rechnung zwar fehlerhafte Angaben<br />

enthält, aber „die materiell-<strong>recht</strong>lichen Voraussetzungen<br />

für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und der Steuerpflichtige<br />

der betreffenden Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung eine<br />

berichtigte Rechnung zugeleitet hat“, in der diese Fehler behoben<br />

wurden. Der BFH stellt in diesem Zusammenhang fest:<br />

Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung wird durch das<br />

deutsche Recht nicht ausdrücklich ausgeschlossen.<br />

Dabei will der BFH scheinbar einen Widerspruch zwischen<br />

dem Urteil im Fall Pannon Gép und der früheren Entscheidung<br />

im Fall Terra Baubedarf auflösen. In Letzterem entschieden die<br />

Luxemburger Richter: Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht<br />

grundsätzlich erst dann, wenn die Lieferung der Gegenstände<br />

oder die Dienstleistung bewirkt wurde und dem Steuerpflichtigen<br />

eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Der BFH ist der<br />

Auffassung: Eine Rechnung, auf deren Erteilung die Korrektur<br />

zurückwirken könnte, liegt nur dann vor, wenn sie einige (im<br />

Beschluss näher bezeichnete) Mindestanforderungen erfüllt.<br />

Mit anderen Worten: Die Fehler in der Rechnung dürfen nicht<br />

so gravierend sein, dass sich bereits von keiner Rechnung mehr<br />

sprechen lässt.<br />

Praxishinweis<br />

Bislang handelt es sich lediglich um einen Beschluss, der zwar<br />

optimistisch stimmt, aber noch nicht die endgültige Entscheidung<br />

ist. Auf Basis dieses Beschlusses sollte darum noch nicht<br />

aktiv vorgegangen werden.<br />

Die Finanzverwaltung und ein Großteil der befassten Finanzgerichte<br />

haben sich bislang gegen eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung<br />

ausgesprochen. Entschiede der BFH in<br />

einem späteren Urteil (etwa in der anhängigen Rechtssache<br />

XI R 41/10), die Berichtigung einer Rechnung unter bestimmten<br />

weiteren Voraussetzungen wirke zurück auf den Zeitpunkt<br />

der erstmaligen Rechnungserteilung, bliebe das vor allem für<br />

Betriebsprüfungen nicht ohne Folgen.


Können nämlich Rechnungsmängel rückwirkend geheilt werden,<br />

wäre es nicht mehr erforderlich, die betreffende Vorsteuer<br />

für den Prüfungszeitraum zu streichen und nach erfolgter Korrektur<br />

erst im laufenden Jahr abzuziehen. Dann aber könnten<br />

auf solche Vorsteuerkorrekturen keine Nachzahlungszinsen<br />

mehr festgesetzt werden. Darum sollten Zeiträume, in denen<br />

aus solchen Gründen Zinsen festgesetzt wurden, bis auf Weiteres<br />

unbedingt offengehalten werden.<br />

Allerdings sind Unternehmen auch gut beraten, Folgendes zu<br />

bedenken: Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung könnte<br />

sich auch negativ auswirken. Sollte die Finanzverwaltung im<br />

Fall von Vorsteuervergütungsverfahren nämlich auf den Gedanken<br />

verfallen, die Rückwirkung der Rechnungskorrektur<br />

beziehe sich auch auf den anwendbaren Vergütungszeitraum,<br />

für den die betreffende Rechnung einzureichen ist, wäre ein<br />

Antrag unter Umständen bereits verfristet, da die Frist für die<br />

Einreichung eines Vergütungsantrags verhältnismäßig kurz ist.<br />

Sie haben Fragen oder erkennen Beratungsbedarf? Rufen Sie<br />

bitte Ihre Ansprechpartner an oder schreiben ihnen einfach eine<br />

E-Mail.<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 711 25034-1258<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Daniela Maric<br />

Tel.: +49 89 5790-6741<br />

daniela.maric@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BFH, Urteil vom 20. Juli <strong>2012</strong> (V B 82/11)<br />

• EuGH, Urteil vom 15. Juli 2010 (C-368/09, Pannon Gép)<br />

• EuGH, Urteil vom 29. April 2004 (C-152/02,<br />

Terra Baubedarf)<br />

Steuern A bis Z<br />

Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen:<br />

keine Anwendbarkeit<br />

des Halbabzugsverbots<br />

Müssen Aufwendungen, die grundsätzlich nicht unter<br />

das Abzugsverbot des Paragrafen 3 c Absatz 2 Satz 1<br />

Einkommensteuergesetz fallen, doch hierunter subsumiert<br />

werden, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis<br />

veranlasst sind? – Wie der Bundesfinanzhof<br />

diese Frage am 18. April <strong>2012</strong> beantwortete und wie<br />

er seine Entscheidung begründete, fasst der folgende<br />

Beitrag für Sie zusammen.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … wie das Gericht den unbestimmten Rechtsbegriff<br />

des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“ im Kontext<br />

des Halbabzugsverbots auslegt.<br />

• … mit welcher Argumentation sich der Bundesfinanzhof<br />

ausdrücklich gegen die von der Finanzverwaltung<br />

vertretene Auffassung eines „wirtschaftlichen<br />

Zusammenhangs“ wendet.<br />

Sachverhalt<br />

Im Streitjahr bestand eine Betriebsaufspaltung zwischen dem<br />

Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und<br />

einer GmbH als Betriebsgesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter<br />

der Kläger war. Der Kläger gewährte der GmbH zinsfreie<br />

Darlehen und bürgte für Bankdarlehen, die der<br />

Gesellschaft gewährt worden waren. Nachdem sich die Ertragslage<br />

der GmbH im Jahr 2002 nachhaltig verschlechtert<br />

hatte, nahm der Kläger auf die Anteile an der GmbH eine Teilwertabschreibung<br />

vor. Weiterhin schrieb er seine gegen die<br />

GmbH bestehenden Darlehensforderungen in vollem Umfang<br />

ab und bildete eine Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme<br />

aus den übernommenen Bürgschaften.<br />

Unstreitig zwischen den Beteiligten war: Dem Grunde nach<br />

gegeben waren die Voraussetzungen für die vorgenommenen<br />

Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen nach<br />

§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 und § 5 Absatz 1 Einkommensteuergesetz<br />

(EStG) in Verbindung mit § 253 Handelsgesetzbuch<br />

(HGB) sowie für die Bildung der Rückstellung nach § 5<br />

Absatz 1 EStG in Verbindung mit § 249 HGB. Strittig war<br />

jedoch, in welchem Umfang die Aufwendungen aus den Teilwertabschreibungen<br />

auf die Gesellschafterdarlehen und aus<br />

der Rückstellungsbildung steuerlich zu berücksichtigen sind.<br />

Mittelpunkt der Streitfrage bildet das sogenannte Halbabzugsverbot,<br />

das den hälftigen Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen<br />

untersagt, sofern diese im wirtschaftlichen Zusammenhang<br />

mit hälftig steuerfreien Betriebseinnahmen stehen.<br />

So dürfen nach § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG Betriebsvermögens-<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 17


Steuern A bis Z<br />

minderungen, die mit von § 3 Nummer 40 EStG erfassten<br />

Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem<br />

Zusammenhang stehen – unabhängig davon, in welchem<br />

Veranlagungszeitraum sie anfallen –, bei der Ermittlung<br />

der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden (nach geltender<br />

Rechtslage: 60 Prozent). Fraglich war im vorliegenden<br />

Streitfall, ob die Aufwendungen aus den Teilwertabschreibungen<br />

und aus der Bildung von Rückstellungen im wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang mit der Beteiligung an der Betriebs-<br />

GmbH stehen, da die Beteiligungserträge zum damaligen Zeitpunkt<br />

nach § 3 Nummer 40 EStG zu 50 Prozent steuerfrei<br />

waren.<br />

Der Betriebsprüfer und das Finanzamt (FA) bejahten den wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang und sahen unter Verweis auf § 3 c<br />

Absatz 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung<br />

nur Teilbeträge in Höhe von 50 Prozent des Aufwands aus den<br />

Teilwertabschreibungen auf die Darlehen und aus der Rückstellungsbildung<br />

als abziehbar an. Da das Einspruchsverfahren<br />

hiergegen erfolglos endete, beschritt der Kläger den Rechtsweg.<br />

Die Klage hatte Erfolg: Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg<br />

gab der Klage statt und verwies auf den fehlenden wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang mit den in § 3 Nummer 40 EStG<br />

steuerfrei gestellten Einnahmen, der für die Anwendung des<br />

§ 3 c Absatz 2 EStG erforderlich ist. Demnach sind die Aufwendungen<br />

aus den vorgenommenen Teilwertabschreibungen und<br />

aus der Rückstellungsbildung in voller Höhe gewinnmindernd<br />

zu berücksichtigen.<br />

Das FA rügte daraufhin die Verletzung materiellen Rechts. Es<br />

beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage<br />

abzuweisen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist das<br />

Bundesfinanzministerium (BMF) dem Revisionsverfahren beigetreten.<br />

Der Kläger beantragte, die Revision zurückzuweisen.<br />

Strittig zwischen den Beteiligten war die Auslegung des unbestimmten<br />

Rechtsbegriffs des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“<br />

im Kontext der Regelung des § 3 c Absatz 2 EStG.<br />

Entscheidung<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision als unbegründet<br />

zurück. Das FG hat demnach im Ergebnis zu Recht entschieden,<br />

dass die Aufwendungen aus den vorgenommenen Teilwertabschreibungen<br />

und aus der Rückstellungsbildung in<br />

voller Höhe abzugsfähig sind.<br />

Für die Anwendbarkeit des § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG auf<br />

Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen ist nach<br />

Auffassung des erkennenden Senats im Ausgangspunkt entscheidend:<br />

Darlehensforderungen und die Beteiligung als<br />

solche sind selbstständige, voneinander zu trennende Wirtschaftsgüter.<br />

Nach dieser Argumentation sind Wertminderungen<br />

danach zu beurteilen, welche Vorschriften für das jewei-<br />

18 <strong>PwC</strong><br />

lige Wirtschaftsgut gelten. Die Frage der gesellschaftlichen Veranlassung<br />

durch die fremdunübliche Gestaltung der Darlehen<br />

kann somit durch den Senat offengelassen werden, da ein wirtschaftlicher<br />

Zusammenhang mit den in § 3 Nummer 40 EStG<br />

genannten Einnahmen aufgrund der Selbstständigkeit von<br />

Darlehen und Beteiligungen jedenfalls bei Substanzverlusten,<br />

die durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, von Darlehensforderungen<br />

ohnehin nicht gegeben ist. Im Ergebnis ist<br />

der Anwendungsbereich des Abzugsverbots nach § 3 c Absatz 2<br />

Satz 1 EStG unabhängig von der Fremdüblichkeit oder einer etwaigen<br />

gesellschaftlichen Veranlassung einer Darlehensüberlassung<br />

bei Teilwertabschreibungen auf solche nicht eröffnet.<br />

Entsprechendes gilt für den abzugsfähigen Aufwand aus der<br />

Rückstellungsbildung.<br />

Damit wendet sich der BFH explizit gegen die von der Finanzverwaltung<br />

im BMF-Schreiben vom 8. November 2010 vertretene<br />

Auffassung: Die Finanzverwaltung nimmt immer dann<br />

einen „wirtschaftlichen Zusammenhang“ an, wenn die Zinsvereinbarung<br />

dem Drittvergleich nicht standhält. Mit anderen<br />

Worten: Die zinsfreie Gewährung eines Gesellschafterdarlehens<br />

ist gesellschafts<strong>recht</strong>lich veranlasst und steht im wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang mit der Beteiligung selbst. Das zinsfreie<br />

Darlehen wird nach Auffassung der Finanzverwaltung nur<br />

gewährt, um von dem erhöhten Gewinn der GmbH zu profitieren,<br />

und zwar entweder durch anteilig steuerfreie Gewinnausschüttungen<br />

nach § 3 Nummer 40 EStG oder bei Thesaurierung<br />

der Gewinne durch Erhöhung der stillen Reserven.<br />

Der BFH hebt hervor: Die Verneinung des wirtschaftlichen<br />

Zusammenhangs zwischen Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen<br />

und nach § 3 Nummer 40 EStG teilweise<br />

steuerbefreiten Beteiligungserträgen steht auch nicht der<br />

finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des<br />

§ 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG in Fällen der unentgeltlichen Überlassung<br />

wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen einer<br />

Betriebsaufspaltung entgegen. So werde in der finanzgerichtlichen<br />

Rechtsprechung (FG Bremen, Urteil vom 27. April 2006,<br />

1 K 204/05; anderer Ansicht: FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom<br />

23. September 2009, 2 K 1486/08) teilweise vertreten, die Aufwendungen<br />

für das Grundstück ständen während der Zeit seiner<br />

entgeltlichen Überlassung im Rahmen einer Verpachtung<br />

in Zusammenhang mit den erzielten Pachtzinsen. Mit dem<br />

durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Übergang in die<br />

unentgeltliche Überlassung durch Verzicht auf zukünftige<br />

Pachtzahlungen ändere sich diese Veranlassung. Ab diesem<br />

Zeitpunkt ständen die Aufwendungen für das verpachtete<br />

Grundstück nicht mehr mit etwaigen Pachtzinsen in einem<br />

Zusammenhang, sondern mit zukünftigen Gewinnausschüttungen<br />

und Mehrungen des Betriebsvermögens aus der Veräußerung<br />

oder Entnahme der Anteile an der GmbH, die nach § 3<br />

Nummer 40 EStG dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen.<br />

Damit dürften die mit der Nutzungsüberlassung zusammenhängenden<br />

Betriebsausgaben nach § 3 c Absatz 2 Satz 1 EStG<br />

nur noch zur Hälfte beziehungsweise zu 60 Prozent berück-


Full income tax deduction for shareholder loan<br />

write-off<br />

The Income Tax Act contains no provision corresponding<br />

to the Corporation Tax Act exclusion of bad debt losses of<br />

shareholders with more than 25 per cent on their claims<br />

on the company. The Supreme Tax Court has ruled on a<br />

case brought by a natural person shareholder faced with<br />

a partial refusal of the tax office to allow him a deduction<br />

of his write-off of company debt held as business asset.<br />

The shareholder had originally granted his company a<br />

loan at a market rate of interest. The company fell on<br />

difficult times later and the shareholder agreed to reduce<br />

the interest to a purely nominal amount until the company<br />

had returned to profitability. Profits did not, however,<br />

materialize and later the shareholder was forced to<br />

put part of his claim for repayment of the principal into<br />

abeyance in order to prevent insolvency. The tax office<br />

agreed that the amount concerned should be regarded as<br />

a bad debt, but maintained that this bad debt had been<br />

incurred by the shareholder acting for the protection of<br />

his investment in the share capital and that the tax<br />

deduction for the write-down should be limited to the<br />

proportion in which the dividend income from the<br />

holding would be charged to income tax (currently 60<br />

per cent). It based this contention on the low interest<br />

now being earned on the loan, leaving the dividend<br />

expectation as the shareholder’s sole remaining hope<br />

of earning income at some point in the future. It also<br />

pointed out that the loan was effectively a substitute<br />

for share capital and had thus been allowed to remain<br />

outstanding by the creditor acting as a shareholder.<br />

The Supreme Tax Court decided, however, in favour<br />

of the taxpayer. A shareholding was a different type of<br />

asset than a debt, and the write-off was of a debt. The<br />

write-off, as such, did not improve the company’s earning<br />

capacity and would not therefore lead to improved<br />

dividends in the future. As a secondary point, the court<br />

pointed out that the provisions in the agreement for<br />

returning to the old interest rate, and for restoring the<br />

original amount of the principal, once the business had<br />

recovered, suggested a continued intention to treat the<br />

debt as such and to earn from it interest rather than a<br />

dividend. Lastly, the court made the point that a writeback<br />

of the loan, should its value improve, would be fully<br />

taxable income so it would be inconsistent to allow only<br />

a partial deduction of the expense. For the tax office’<br />

suggestion – supported by a finance ministry decree –<br />

that both income and expense should be taken into account<br />

in the “dividend proportion” of 60 per cent there<br />

was no basis in law. In conclusion, the court did not forget<br />

to mention that its findings applied regardless of<br />

whether the transactions had been at arm’s length,<br />

and regardless of their motivation from shareholder<br />

considerations. (MH)<br />

Steuern A bis Z<br />

sichtigt werden. In der Sache hatte der Zehnte Senat nicht zu<br />

entscheiden, das wird erst der Vierte Senat tun müssen (anhängiges<br />

Verfahren: IV R 4/11).<br />

Abschließend ist anzumerken: Für die Körperschaftsteuer<br />

hatte der Erste Senat des BFH bereits entschieden, dass die<br />

ursprünglich dem Halbabzugsverbot entsprechende Regelung<br />

des Körperschaftsteuer<strong>recht</strong>s in § 8 b Absatz 3 Körperschaftsteuergesetz<br />

(KStG) alte Fassung nicht auf Teilwertabschreibungen<br />

auf Darlehensforderungen anzuwenden war. Im Rahmen<br />

der Reform zum Jahressteuergesetz 2008 hatte der Gesetzgeber<br />

daher eine Regelung in § 8 b Absatz 3 Sätze 4 bis 8<br />

KStG aufgenommen. Danach dürfen Teilwertabschreibungen<br />

auf Gesellschafterdarlehen, bei denen der Gesellschafter zu<br />

mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist<br />

oder war, das Einkommen nicht mindern. Es sei denn, die Darlehenskonditionen<br />

halten einem Drittvergleich stand. Auf eine<br />

entsprechende Regelung in § 3 c Absatz 2 EStG hatte der<br />

Gesetzgeber jedoch verzichtet.<br />

Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann<br />

rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder senden ihnen einfach<br />

eine E-Mail.<br />

Dr. Michael Scheel<br />

Tel.: +49 69 9585-3911<br />

michael.scheel@de.pwc.com<br />

Carina Kunze<br />

Tel.: +49 69 9585-5923<br />

carina.kunze@de.pwc.com<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 19


Steuern A bis Z<br />

20 <strong>PwC</strong><br />

Corinna Weber<br />

Tel.: +49 69 9585-6247<br />

corinna.weber@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• BFH, Urteil vom 18. April <strong>2012</strong> (X R 5/10)<br />

• BFH, Urteil vom 18. April <strong>2012</strong> (X R 7/10)<br />

• BFH, Urteil vom 14. Januar 2009 (I R 52/08)<br />

• FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2010<br />

(2 K 1424/06)<br />

• FG Bremen, Urteil vom 27. April 2006 (1 K 204/05)<br />

• FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. September 2009<br />

(2 K 1486/08)<br />

• BMF, Schreiben vom 8. November 2010<br />

(V C 6 – S 2128/07/10001)<br />

Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen<br />

Der Leistungsort von Buchhaltungsleistungen war<br />

bislang nicht eindeutig definiert. Die Praxis ging zum<br />

Teil von Leistungen aus im Sinne des Paragrafen 3 a<br />

Absatz 4 Umsatzsteuergesetz: den sogenannten Katalogleistungen,<br />

die am Empfängerort steuerbar sind.<br />

Der Bundesfinanzhof ist jedoch zu einer anderen Auffassung<br />

gelangt. Wie er seine Auffassung begründet<br />

hat, fasst der aktuelle Beitrag für Sie zusammen.<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … welche Auffassung der Bundesfinanzhof zum<br />

Leistungsort bei Buchhaltungsleistungen vertritt.<br />

• … welchen Handlungsbedarf dieses Urteil für<br />

zurückliegende Veranlagungszeiträume nach sich<br />

ziehen kann.<br />

Sachverhalt<br />

Die Klägerin, eine inländische GmbH, unterstützte eine in<br />

einem Drittland ansässige Schwestergesellschaft entgeltlich bei<br />

ihrer Finanzbuchhaltung, indem ein Buchhalter der Klägerin<br />

sämtliche Belege der Konzerngesellschaft erfasste und kontierte<br />

sowie die Erstellung des Abschlusses vorbereitete. Für<br />

diese Tätigkeiten stellte die Klägerin Rechnungen ohne gesonderten<br />

Ausweis von Umsatzsteuer. Nach ihrer Auffassung<br />

handelte es sich nämlich um eine Katalogleistung nach § 3 a<br />

Absatz 4 Umsatzsteuergesetz (UStG, in der Fassung bis einschließlich<br />

2009). Da der Leistungsempfänger im Ausland<br />

ansässig gewesen sei, sei folglich die Leistung im Inland nicht<br />

steuerbar. Das Finanzamt war anderer Auffassung. Nach seiner<br />

Ansicht bestimmt sich der Leistungsort der erbrachten Buchhaltungsleistungen<br />

nach § 3 a Absatz 1 UStG (alte Fassung)<br />

und richtet sich folglich nach dem Ansässigkeitsort des leistenden<br />

Unternehmers. Da die Klägerin im Inland ansässig war,<br />

unterlagen die Buchhaltungsleistungen der deutschen Umsatzbesteuerung.<br />

Die erbrachten Leistungen wurden daher nachversteuert.<br />

Entscheidung des Bundesfinanzhofs<br />

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte in seinem Urteil vom<br />

9. Februar <strong>2012</strong> die Auffassung des Finanzamts.<br />

Zur Begründung seiner Entscheidung führte der BFH aus: Die<br />

von der Klägerin erbrachten Buchhaltungsleistungen seien<br />

keine typischen Leistungen, die „hauptsächlich und gewöhnlich“<br />

von den in § 3 a Absatz 4 Nummer 3 UStG genannten<br />

Berufen erbracht würden. Sie stellten auch keine „ähnlichen<br />

Leistungen“ im Sinne dieser Vorschrift dar. Denn als „ähnliche<br />

Leistungen“ könnten nach dem BFH nur solche Leistungen gelten,<br />

die den in derselben Vorschrift aufgeführten Tätigkeiten<br />

ähnlich sind und demselben Zweck dienten.<br />

Belege zu erfassen und zu kontieren sowie die Vorbereitungsarbeiten<br />

für die Abschlusserstellung sind nach Auffassung des<br />

BFH vielmehr als „routinemäßige Verwaltungsarbeiten“ anzusehen,<br />

die sich im Laufe der Zeit ständig wiederholen und eine<br />

geringe Komplexität aufweisen. Fertigkeiten in diesem Bereich<br />

seien unerlässlich für die Arbeit von zum Beispiel Steuerberater<br />

oder Wirtschaftsprüfer, da sie eine Grundlage für deren<br />

Tätigkeit bildeten. Jedoch gehörten solche Leistungen nicht zu<br />

den berufstypischen Arbeiten eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers.<br />

Diese Ausführungen sollten allerdings nicht für<br />

die Errichtung der Buchhaltung oder für die Erstellung eines<br />

Jahresabschlusses gelten.<br />

Praxishinweis<br />

Die Entscheidung des BFH ist für alle Veranlagungszeiträume<br />

seit 2010 – also seit Umsetzung des Mehrwertsteuerpakets –<br />

nicht von entscheidender Bedeutung. Denn seither gilt für die<br />

Bestimmung des Leistungsorts das sogenannte Empfängerortprinzip.<br />

Ist der Leistungsempfänger im Ausland ansässig,<br />

bedarf es nun auch für im Drittland ansässige Leistungsempfänger<br />

eines Nachweises der Unternehmereigenschaft. Im Falle<br />

von in der EU ansässigen Unternehmern war ein Unternehmernachweis<br />

schon bislang nötig.


Das Urteil hat indessen Bedeutung für die Veranlagungsräume<br />

vor 2010. Wurden für Buchhaltungsleistungen Rechnungen<br />

ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis ausgestellt, ist es nicht<br />

ausgeschlossen, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer nacherhebt.<br />

Dementsprechend kann es sich empfehlen, solche<br />

Rechnungen korrigieren zu lassen. Bitte beachten Sie: Die für<br />

Zeiträume vor 2009 geschuldete Umsatzsteuer unterliegt<br />

inzwischen der Vollverzinsung zu sechs Prozent pro Jahr.<br />

Sie haben noch Fragen? – Bitte rufen Sie Ihre Ansprechpartner an<br />

oder mailen ihnen einfach.<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 711 25034-1258<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Denis Specht<br />

Tel.: +49 69 9585-1113<br />

denis.specht@de.pwc.com<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 9. Februar <strong>2012</strong> (V R 20/11)<br />

Umsatzsteuer: Vorstufenbefreiung<br />

bei bestimmten Umsätzen zur Verwendung<br />

durch international tätige<br />

Fluglinien<br />

Am 19. Juli <strong>2012</strong> erging das Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofs in der Rechtssache A Oy. Anders als in<br />

seiner früheren Rechtsprechung haben die Luxemburger<br />

Richter im vorliegenden Fall entschieden:<br />

Bestimmte Leistungen, die zwar nicht unmittelbar an<br />

eine im internationalen Luftverkehr tätige Fluglinie<br />

erbracht werden, aber zur Verwendung für eine solche<br />

Fluglinie bestimmt sind, können steuerfrei sein. Alles<br />

Wichtige über die Hintergründe und Folgen dieser<br />

Entscheidung lesen Sie im folgenden Beitrag.<br />

Sachverhalt<br />

Der Kläger erwarb zwei Flugzeuge aus einem anderen Mitgliedstaat<br />

der Europäischen Union und überließ sie einem<br />

Tochterunternehmen zur Nutzung, das im internationalen<br />

Steuern A bis Z<br />

In diesem Beitrag erfahren Sie …<br />

• … ob auch Charterfluglinien unter die Steuerbefreiung<br />

der Sechsten Richtlinie, die dem Umsatzsteuergesetz<br />

entspricht, fallen können.<br />

• … ob und welche Leistungen, die zwar nicht unmittelbar<br />

an eine international tätige Fluglinie<br />

erbracht werden, aber zur Verwendung für eine<br />

solche bestimmt sind, steuerfrei sein können.<br />

Charterverkehr tätig war. Dem Kläger wurde die Steuerbefreiung<br />

des innergemeinschaftlichen Erwerbs des Flugzeugs<br />

verwehrt, vor allem mit dem Argument, er habe die Flüge nicht<br />

selbst durchgeführt.<br />

Entscheidung aus Luxemburg<br />

Zunächst stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar:<br />

Artikel 15 Nummer 6 der Sechsten Richtlinie (Artikel 148 f der<br />

Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL, entspricht § 8<br />

Absatz 2 Umsatzsteuergesetz, UStG) umfasst auch Chartergesellschaften.<br />

Nach Ansicht des EuGH ergibt sich aus der<br />

Richtlinie nicht, dass die betreffenden Flüge „regelmäßigen“<br />

Charakter haben müssen. „Internationaler Verkehr“ sei so zu<br />

verstehen, dass es sich im Wesentlichen um Flüge handeln<br />

müsse, die mittels Luftfahrzeug zwischen zwei geografischen<br />

Punkten durchgeführt würden, die der betreffenden Beförderung<br />

eher internationalen als nationalen Charakter verliehen.<br />

In einem zweiten Schritt entschied der EuGH: Steuerbefreit ist<br />

bereits der Erwerb eines Flugzeugs durch einen Unternehmer,<br />

der selbst nicht hauptsächlich im entgeltlichen internationalen<br />

Verkehr tätig ist, aber das Flugzeug ausschließlich einer solchen<br />

steuerbegünstigten Gesellschaft überlässt (sogenannte<br />

Befreiung auf der Vorstufe).<br />

Hierbei griffen die Luxemburger Richter zunächst auf die deutsche<br />

und mehrere andere Sprachfassungen der Richtlinie zurück,<br />

die den Nachdruck nicht auf den Leistungsempfänger<br />

oder den Eigentümer des Flugzeugs, sondern auf die ausschließliche<br />

Verwendung der Luftfahrzeuge durch eine begünstigte<br />

Luftfahrtgesellschaft legen. Ein steuerpflichtiger<br />

Erwerb stünde dem Ziel der Steuerbefreiung insoweit entgegen,<br />

als sich der für die Nutzung des Flugzeugs zu zahlende<br />

Preis erhöhe. Und zwar nicht (wie bei den unechten Steuerbefreiungen)<br />

um die Vorsteuer, sondern um die Finanzierungskosten<br />

für den Liquiditätsabfluss infolge der Entrichtung der<br />

Mehrwertsteuer, die im konkreten Fall besonders hoch ausfallen<br />

könnten. So würde die fehlende Befreiung von der Mehrwertsteuer<br />

letztlich mittelbar die Gesellschaft treffen, die das<br />

Luftfahrzeug verwendet.<br />

In früheren Urteilen (Velker und Elmeka) hatte der EuGH zwar<br />

noch die Vorstufenbefreiung für Lieferungen und sonstige<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 21


Steuern A bis Z<br />

Leistungen nach Artikel 15 Nummer 4 und 8 der Sechsten<br />

Richtlinie oder Artikel 148 MwStSystRL abgelehnt. Das hatte<br />

er damals damit begründet, die Mitgliedstaaten müssten<br />

Kontrollmechanismen einführen, um sich der bestimmungsgemäßen<br />

Verwendung der betreffenden Gegenstände und<br />

Dienstleistungen zu vergewissern. Diese Mechanismen würden<br />

für die Mitgliedstaaten und für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer<br />

Zwänge schaffen, die mit einer „korrekten und<br />

einfachen Anwendung der Befreiungen“ unvereinbar wären.<br />

Wie der EuGH nunmehr ausführt, sind Steuerbefreiungen zwar<br />

eng auszulegen, aber nicht derart eng, dass ihnen die praktische<br />

Wirkung genommen würde. Im Fall eines Luftfahrzeugs<br />

stellten sich die geschilderten Probleme in Anbetracht der Art<br />

der gelieferten Gegenstände und besonders der Zulassungsverfahren,<br />

denen sie unterliegen, nicht – oder zumindest nicht in<br />

einem Maße, das der korrekten und einfachen Anwendung der<br />

Richtlinie entgegenstünde.<br />

Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />

Das vorliegende Urteil ist bereits insoweit von Bedeutung, als<br />

der EuGH eine Ausnahme macht von seiner bisherigen Rechtsprechung:<br />

Er lässt eine Steuerbefreiung auf der Vorstufe zu.<br />

Das EuGH-Urteil bestätigt die in Deutschland angewandte<br />

Praxis weitgehend. Zum einen stand die Begünstigung auch<br />

von Charterfluglinien in Deutschland schon bislang nicht infrage,<br />

wie sich bereits an der jährlich vom Bundesfinanzministerium<br />

(BMF) veröffentlichten Liste der begünstigten<br />

inländischen Gesellschaften aufzeigen ließe, auf der einige<br />

Chartergesellschaften stehen.<br />

Zum anderen sieht bereits das BMF-Schreiben vom 24. Januar<br />

2004 vor: Lieferungen von Wasser- und Luftfahrzeugen sind<br />

nach § 8 UStG auf der Vorstufe steuerbefreit, wenn die Zweckbestimmung<br />

nachweislich endgültig feststeht und vom Unternehmer<br />

nachgewiesen wird.<br />

Das vorliegende Urteil bietet zudem mehr Rechtssicherheit im<br />

Hinblick auf die Frage, ob die Vorstufenbefreiung unter den<br />

weiteren Voraussetzungen auch bei der Überlassung eines<br />

Flugzeugs, die nicht in einer Lieferung besteht, in Anspruch<br />

genommen werden kann.<br />

Unklar ist derzeit allerdings noch, ob auch die Lieferung anderer<br />

Gegenstände als Flugzeuge, wie die Lieferung teurerer und<br />

gut zuordenbarer Fertigungsteile wie etwa Turbinen oder Einrichtungsgegenstände,<br />

unter die Vorstufenbefreiung fallen<br />

kann. Das könnte vor allem dann zutreffen, wenn diese Gegenstände<br />

speziell und exklusiv für die Ausrüstung von Flugzeugen<br />

angefertigt werden.<br />

Derzeit ist es noch nicht empfehlenswert, Lieferungen anderer<br />

Gegenstände als Luftfahrzeuge (etwa Gegenstände zur Aus-<br />

22 <strong>PwC</strong><br />

rüstung derselben) ohne Weiteres nach Artikel 148 der<br />

MwStSystRL steuerfrei zu stellen. Diese Frage ließe sich aber in<br />

Anträgen auf verbindliche Auskünfte klären, um hier Rechtssicherheit<br />

zu erlangen.<br />

Ihre Fragen beantworten Ihre Ansprechpartner gern. Rufen Sie sie<br />

bitte an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.<br />

Martin Diemer<br />

Tel.: +49 711 25034-1258<br />

martin.diemer@de.pwc.com<br />

Aleksandra Kostecka<br />

Tel.: +49 211 981-1904<br />

aleksandra.kostecka@de.pwc.com<br />

Fundstellen<br />

• EuGH, Urteil vom 19. Juli <strong>2012</strong> (C-33/11, A Oy)<br />

• EuGH, Urteil vom 26. Juni 1990 (C-185/89, Velker)<br />

• EuGH, Urteil vom 14. September 2006 (C-181-183/04,<br />

Elmeka)<br />

• BMF, Schreiben vom 24. Januar 2008 (BStBl. I, 294)<br />

Änderung der Rechtsprechung:<br />

nachträgliche Schuldzinsen bei<br />

Vermietungseinkünften<br />

Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der<br />

Finanzierung von Anschaffungskosten eines vermieteten<br />

Wohngrundstücks dienen, können auch bei einer steuerbaren<br />

Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten<br />

abgezogen werden. Der Bundesfinanzhof (BFH)<br />

knüpfte an diese Rechtsauffassung die Bedingung, dass die<br />

Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt<br />

werden. Damit hält der BFH an seiner bisherigen – restriktiven<br />

– Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher<br />

Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung<br />

nicht länger fest.<br />

Im entschiedenen Fall erwarb ein Ehepaar (Kläger) 1994 ein<br />

Wohngebäude, vermietete dies und erzielte hieraus Einkünfte.<br />

Im Jahr 2001 veräußerten die Eheleute die Immobilie mit<br />

Verlust, sodass mit dem Veräußerungserlös die bei der<br />

Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht


vollständig abgelöst werden konnten. Die Kläger mussten<br />

daraufhin auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die<br />

ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden.<br />

Das Finanzamt erkannte die vom Ehepaar im Rahmen seiner<br />

Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten<br />

„nachträglichen Schuldzinsen“ jedoch nicht als Werbungskosten<br />

an. Anders beurteilte der BFH den Fall. Danach seien<br />

die geltend gemachten Schuldzinsen zu Un<strong>recht</strong> nicht bei der<br />

Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung<br />

berücksichtigt worden. Eine überraschende Entscheidung,<br />

denn die obersten Finanzrichter halten damit nicht länger an<br />

ihrer bisherigen restriktiven Rechtsprechung zur beschränkten<br />

Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften<br />

aus Vermietung und Verpachtung fest.<br />

Der BFH begründete seine Änderung der Rechtsprechung sowohl<br />

mit der im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002<br />

vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, Wertsteigerungen<br />

bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen<br />

Grundstücken innerhalb einer auf zehn Jahre erweiterten<br />

Frist zu erfassen als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung<br />

von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen<br />

steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des<br />

Grundstücks durch die Regelung in § 23 Absatz 3 Satz 4 des<br />

Einkommensteuergesetz, welche bewirke, dass die Ermittlung<br />

des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft<br />

strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung<br />

eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt<br />

werde. Nach Ansicht der Richter besteht ein ursprünglich<br />

gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem Restdarlehen,<br />

das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines<br />

zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjekts<br />

diente, und den früheren Einkünften aus Vermietung und<br />

Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fort, wenn die<br />

Immobilie veräußert wird und der daraus resultierende Erlös<br />

nicht ausreicht, um das Darlehen abzulösen. GS<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 20. Juni <strong>2012</strong> (IX R 67/10)<br />

Formwechsel: Nichtberücksichtigung<br />

der ursprünglichen Anschaffungskosten<br />

bei Veräußerung eines<br />

Mitunternehmeranteils<br />

Die ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich<br />

beteiligten Gesellschafters für den Erwerb der Gesellschaftsanteile<br />

einer GmbH mindern, nachdem die GmbH formwechselnd<br />

in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist,<br />

nicht den Gewinn aus einer späteren Veräußerung des Mitunternehmeranteils.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt der Bundes-<br />

Steuern A bis Z<br />

finanzhof (BFH) in einem aktuell veröffentlichten Urteil, in<br />

dem die Beteiligten über die Höhe eines Gewinns aus der Veräußerung<br />

einer Kommanditbeteiligung stritten.<br />

Der Formwechsel einer GmbH in eine Personengesellschaft ist<br />

in der Praxis häufig mit erheblichen steuerlichen Übergangsproblemen<br />

verbunden. Diese resultieren insbesondere aus den<br />

unterschiedlichen Beteiligungsformen der Gesellschafter. So<br />

können die Beteiligungen im Betriebsvermögen und je nach<br />

Beteiligungshöhe auch im Privatvermögen gehalten werden.<br />

Die Krux: Der Gesetzgeber hat im Umwandlungsteuergesetz an<br />

die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse unterschiedliche<br />

Rechtsfolgen geknüpft.<br />

Im aktuell entschiedenen Fall beschlossen die Gesellschafter<br />

einer GmbH im Rahmen einer Gesellschaftervollversammlung<br />

einstimmig, diese formwechselnd in eine Personengesellschaft<br />

umzuwandeln. Nach dem Umwandlungsbeschluss entsprachen<br />

die Einlagen der Gesellschafter betragsmäßig ihren Stammeinlagen<br />

an der GmbH. Mit Wirkung zum 1. Januar 2004 wurden<br />

die Kommanditbeteiligungen wieder veräußert. Das Finanz-<br />

#amt stellte daraufhin in Abweichung von der Feststellungserklärung<br />

der Klägerin, der X GmbH & Co. KG, für die zum<br />

1. Januar 2004 ausgeschiedenen Gesellschafter aus der Veräußerung<br />

von deren Kommanditbeteiligungen Veräußerungsgewinne<br />

fest. Dabei zog das Finanzamt von dem für die Veräußerung<br />

des Kommanditanteils vereinnahmten Kaufpreis die<br />

nominelle Beteiligung (Wert des anteiligen Kapitalkontos) ab.<br />

Zu Recht, wie der BFH jetzt entschied.<br />

Für den Fall der nicht wesentlichen Beteiligung sieht das Umwandlungssteuergesetz<br />

vor, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten<br />

der Beteiligung nach der formwechselnden<br />

Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft nicht<br />

mehr zu berücksichtigen sind. Dies hat zur Folge, dass die ursprünglichen<br />

Anschaffungskosten – wie im aktuell entschiedenen<br />

Fall – den Gewinn einer späteren Veräußerung der<br />

Mitunternehmeranteile nicht mindern. In ihrer Urteilsbegründung<br />

führten die BFH-Richter hierzu an, dass die Beteiligten<br />

den mit dem Formwechsel verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen<br />

hätten ausweichen können, indem sie dem Umwandlungsbeschluss<br />

hätten widersprechen und gegen eine<br />

angemessene Abfindung ihre Kapitalbeteiligung vor dem<br />

erfolgten Formwechsel an den formwechselnden Rechtsträger,<br />

hier die GmbH, hätten veräußern können. In diesem Fall hätten<br />

sie die in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven<br />

steuerfrei realisieren können. Weitere Alternative: Sie hatten<br />

überdies die Möglichkeit, die Anteile an der GmbH vor deren<br />

Umwandlung „freihändig“ zu veräußern und sodann die Mitunternehmeranteile<br />

an der formwechselnd errichteten KG<br />

zurückzuerwerben. GS<br />

Fundstelle<br />

BFH, Urteil vom 12. Juli <strong>2012</strong> (IV R 39/09)<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 23


Recht aktuell<br />

Bundesarbeitsgericht erklärt sachlich<br />

begründete Befristung im Einzelfall<br />

für <strong>recht</strong>smissbräuchlich<br />

Mit Urteil vom 18. Juli <strong>2012</strong> (7 AZR 443/09) entschied das<br />

Bundesarbeitsgericht (BAG): Die Befristung eines Arbeitsvertrags<br />

kann auch dann <strong>recht</strong>smissbräuchlich sein, wenn ein<br />

gesetzlich geregelter Sachgrund vorliegt.<br />

Eine Angestellte im Justizdienst hatte eine Befristungskontrollklage<br />

erhoben. Das beklagte Land als Arbeitgeber bot der<br />

Klägerin über elf Jahre hinweg immer wieder befristete Vertretungen<br />

von Festangestellten an. Insgesamt schlossen die<br />

Parteien 13 befristete Verträge. Gegenstand des vorliegenden<br />

Verfahrens war der letzte Vertrag.<br />

Nach § 14 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und<br />

befristete Arbeitsverträge (TzBfG) ist die Befristung von Arbeitsverträgen<br />

nur zulässig, wenn dafür ein sachlicher Grund<br />

vorliegt. Auch für den 13. Vertrag gab das Land – wie schon bei<br />

den vorherigen Verträgen – als Sachgrund die Vertretung eines<br />

Angestellten an. Nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Absatz<br />

1 Satz 2 Nummer 3 TzBfG ist die Vertretung eines anderen<br />

Arbeitnehmers ein anerkannter Sachgrund. Der erkennende<br />

Senat gab zunächst zu erkennen, nach der Rechtsprechung sei<br />

allein maßgeblich, ob für den zu kontrollierenden Vertrag ein<br />

Sachgrund vorliege. Vorhergehende Verträge mit demselben<br />

Arbeitgeber sind bei strikter Anwendung des § 14 Absatz 1 Satz<br />

2 Nummer 3 TzBfG unbeachtlich. Er zweifelte jedoch an der<br />

Vereinbarkeit der isolierten Betrachtung mit dem Unions<strong>recht</strong><br />

und legte deshalb dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)<br />

diese Frage vor.<br />

Daraufhin erklärte der EuGH mit Urteil vom 26. Januar <strong>2012</strong><br />

(C-586/10): Die Anzahl und Dauer der zuvor geschlossenen<br />

Verträge kann zwischen den Parteien Hinweise darauf geben,<br />

ob die Befristung im Einzelfall <strong>recht</strong>smissbräuchlich ist. Auf<br />

der Grundlage dieser Entscheidung ging das BAG davon aus,<br />

das beklagte Land wolle vermeiden, der Klägerin eine Festanstellung<br />

anbieten zu müssen, und nutze die Personalnot in der<br />

Behörde aus, um die Klägerin in befristeten Verträgen zu halten.<br />

Darin liegt nach der Auffassung des BAG ein <strong>recht</strong>smissbräuchliches<br />

Verhalten. Zur weiteren Klärung wies das BAG<br />

den Fall an das Landesarbeitsgericht zurück.<br />

Anders entschied das BAG laut Pressemitteilung über die Befristungskontrollklage<br />

einer Angestellten, die bei einem Einzelhandelsunternehmen<br />

vertretungsweise tätig war (Urteil vom<br />

18. Juli <strong>2012</strong>, 7 AZR 783/10). Aufgrund von vier befristeten<br />

Verträgen war sie über sieben Jahre lang dort beschäftigt. Anzahl<br />

und Dauer der befristeten Anstellung erschienen dem BAG<br />

in diesem Fall als nicht ausreichend, um von einem Rechtsmissbrauch<br />

des Arbeitgebers auszugehen. Das BAG wies die<br />

Befristungskontrollklage der Arbeitnehmerin deshalb ab.<br />

24 <strong>PwC</strong><br />

Für die Praxis bedeuten die Entscheidungen: Kettenbefristungen<br />

sind weiterhin zulässig. Im Einzelfall kann eine hohe<br />

Anzahl von aufeinanderfolgenden Befristungen von Arbeitsverträgen<br />

über einen längeren Zeitraum hinweg jedoch <strong>recht</strong>smissbräuchlich<br />

sein.<br />

Bundesgerichtshof zu vorzeitiger<br />

Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern<br />

Laut Pressemitteilung 116/<strong>2012</strong> des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH) – die amtliche Begründung der Entscheidung lag bei<br />

Drucklegung noch nicht vor – hat der BGH am 17. Juli <strong>2012</strong><br />

(II ZR 55/11) entschieden: Die vorzeitige Wiederbestellung<br />

von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft (AG) ist<br />

grundsätzlich zulässig.<br />

In dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde lag,<br />

hatte der Aufsichtsrat einer aus zwei Familienstämmen bestehenden<br />

AG für zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm<br />

zuzurechnen waren und noch circa zweieinhalb Jahre<br />

zu Vorständen der Gesellschaft bestellt waren, die laufenden<br />

Vorstandsbestellungen einvernehmlich aufgehoben und für jeweils<br />

fünf Jahre erneut zu Vorstandsmitgliedern bestellt. Einen<br />

Tag später fand die Hauptversammlung der Gesellschaft statt,<br />

in der ein neuer Aufsichtsrat gewählt wurde.<br />

Die Entscheidung ist im Kontext der folgenden Vorschriften zu<br />

sehen: Nach § 84 Absatz 1 Satz 1 bis 3 Aktiengesetz (AktG)<br />

können Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat auf höchstens<br />

fünf Jahre bestellt werden, wobei eine wiederholte Bestellung<br />

oder Verlängerung, jeweils für höchstens fünf Jahre, zulässig<br />

ist. Für die Verlängerung ist ein Aufsichtsratsbeschluss erforderlich.<br />

Dieser kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen<br />

Amtszeit gefasst werden. Nach Ziffer 5.1.2 des Deutschen<br />

Corporate Governance Kodex müssen für eine Wiederbestellung<br />

vor Jahresfrist besondere Umstände vorliegen.<br />

Der BGH hat nunmehr entschieden: Nach § 84 Absatz 1 AktG<br />

ist eine Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern nach<br />

einvernehmlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere<br />

Gründe zulässig. Das begründet er einerseits mit der Gesetzgebungsgeschichte<br />

der Vorschrift und andererseits mit ihrem<br />

Sinn und Zweck. Danach kommt es lediglich darauf an, dass<br />

der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Absatz 1 AktG<br />

zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung<br />

der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung<br />

trifft.<br />

Die Zulässigkeit des Sachverhalts, den der BGH im vorliegenden<br />

Fall zu entscheiden hatte, war in der Literatur umstritten,


sodass die Entscheidung Rechtssicherheit in dieser Frage für<br />

die Praxis schafft.<br />

Gesetzentwurf zum Verfahren der<br />

Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung<br />

Am 18. Juli <strong>2012</strong> hat das Bundeskabinett die Neuregelung des<br />

Verfahrens zur Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung<br />

beschlossen.<br />

Der Entwurf ist der zweite Teil eines dreiaktigen Reformplans<br />

zur Neuregelung der Insolvenzverfahren. Im März <strong>2012</strong> trat<br />

mit dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen<br />

bereits der erste Teil der Reform in Kraft. Folgen soll<br />

ein Gesetz zur Konzerninsolvenz.<br />

Inhalt des erarbeiteten Gesetzentwurfs ist im Wesentlichen die<br />

Verkürzung des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Bisher<br />

konnten Schuldner innerhalb von sechs Jahren von ihren<br />

Restschulden befreit werden. Die Neuregelung sieht vor, dass<br />

Schuldner schon innerhalb von drei Jahren frei werden, wenn<br />

sie mindestens ein Viertel der Gläubigerforderungen und die<br />

angefallenen Verfahrenskosten zahlen. Schuldner, die zumindest<br />

die Verfahrenskosten zahlen, können innerhalb von fünf<br />

Jahren von ihren Restschulden befreit werden. Außerdem<br />

sollen nun auch Verbraucher am Insolvenzplanverfahren teilnehmen<br />

können.<br />

Gläubiger erhalten eine weitergehende Befugnis als bisher, die<br />

Restschuldbefreiung zu verhindern. Ihnen wird die Möglichkeit<br />

eingeräumt, unter der Berufung auf Versagungsgründe<br />

jederzeit den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung<br />

zu stellen.<br />

Gesetzentwurf zur Bilanzierung in<br />

Kleinstunternehmen<br />

Am 31. Juli <strong>2012</strong> veröffentlichte die Bundesregierung einen<br />

Gesetzentwurf zur Bilanzierung in sogenannten Kleinstkapitalgesellschaften.<br />

Mit dem Gesetz soll die im März <strong>2012</strong> in Kraft getretene Micro-<br />

Richtlinie (12/06 EU) in deutsches Recht umgesetzt werden.<br />

Vorgesehen ist die Neuregelung der Rechnungs- und Offenlegungspflicht<br />

für Kleinstunternehmen. Erfasst sind Unternehmen,<br />

die als Kapitalgesellschaft oder als Personenhandelsgesellschaft<br />

ohne voll haftende natürliche Personen organisiert<br />

sind – in Deutschland zumeist in der Form einer GmbH & Co.<br />

HG oder GmbH.<br />

Recht aktuell<br />

Zu den Kleinstunternehmen zählen nach dem Gesetzentwurf<br />

Gesellschaften, die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen<br />

zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:<br />

• Umsatzerlöse bis zu 700.000 Euro<br />

• Bilanzsumme bis zu 350.000 Euro<br />

• nicht mehr als zehn beschäftigte Arbeitnehmer<br />

Die Neuregelung soll für alle Kleinstunternehmen gelten,<br />

deren Abschlussstichtag nach dem 30. Dezember <strong>2012</strong> liegt.<br />

Diese Gesellschaften müssen unter Angabe bestimmter Daten<br />

keinen Anhang zur Bilanz mehr erstellen. Sie können ihre<br />

Jahresabschlüsse mit weniger Darstellungstiefe erstellen. Zur<br />

Offenlegung der Bilanz genügt es künftig, den Bericht zu hinterlegen<br />

und nur noch elektronisch an den Bundesanzeiger zu<br />

senden. Dritte können die Bilanz als kostenpflichtige Kopie<br />

erhalten.<br />

Es ist vorgesehen, das Gesetz so zügig wie möglich zu verabschieden.<br />

Sie haben Fragen? Die Experten helfen Ihnen gern weiter.<br />

Nina Stößel<br />

Tel.: +49 40 6378-2821<br />

nina.stoessel@de.pwc.com<br />

Dirk Kohlenberg<br />

Tel.: +49 40 6378-2370<br />

dirk.kohlenberg@de.pwc.com<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 25


Länder<br />

Länderreport<br />

Moldawien<br />

Neue Regelungen zur Außensteuer<br />

Seit dem 25. Mai <strong>2012</strong> gelten folgende<br />

Änderungen des Gesetzes über die Rückführung<br />

von Bargeld, Waren und Dienstleistungen<br />

aus Auslandstransaktionen:<br />

Die Frist für die Berichtigung von<br />

Einkünften aus Auslandsbeziehungen<br />

wurde verlängert (siehe Tab. 1).<br />

Der Höchstbetrag der Strafsteuer für die<br />

Missachtung der Regelungen für die<br />

Besteuerung von Auslandsbeziehungen<br />

wurde von 100 auf 40 Prozent des Werts<br />

der nicht besteuerten Einkünfte gesenkt.<br />

Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen,<br />

einen Abschlag in Höhe von<br />

50 Prozent auf den festgesetzten Zuschlag<br />

zu erhalten. Dafür gelten die folgenden<br />

Voraussetzungen:<br />

• Zahlung von 50 Prozent der festgesetzten<br />

Strafsteuer innerhalb von drei<br />

Tagen nach Erhalt des Berichtigungsbescheids<br />

• Einreichen von Nachweisen über die<br />

erfolgte Zahlung an das Finanzamt<br />

26 <strong>PwC</strong><br />

Aktuelles aus<br />

Osteuropa<br />

Die Möglichkeit, schriftlich Rückgriffsansprüche<br />

beim ausländischen Geschäftspartner<br />

geltend zu machen,<br />

wurde von einem auf drei Monate ab<br />

Wirksamwerden des Berichtigungsbescheids<br />

verlängert. Ebenfalls verlängert<br />

wurde die Möglichkeit, die vorgenannten<br />

Rückgriffsansprüche gerichtlich<br />

geltend zu machen: von zwei auf sechs<br />

Monate ab Wirksamwerden des Berichtigungsbescheids.<br />

Neue Regelungen zur Registrierung<br />

von Steuerpflichtigen<br />

Die Hauptsteuerbehörde hat neue Vorschriften<br />

zur Anmeldung von Steuerpflichtigen<br />

erlassen.<br />

Die neue Regelung umfasst die Details<br />

der Verfahren zur Änderung und zur Ergänzung<br />

des staatlichen Steuerregisters<br />

sowie zur Zuordnung und Aufhebung<br />

von Steueridentifikationsnummern.<br />

Darüber hinaus regeln die neuen Vorschriften<br />

die Meldepflichten von Bankinstituten,<br />

der moldawischen Nationalbank<br />

und der lokalen Steuerbehörden im<br />

Fall der Eröffnung, Änderung oder<br />

Schließung eines Bankkontos sowie Ein-<br />

Tab. 1 Neue Fristen für die Berichtigung von Einkünften aus Auslandsbeziehungen<br />

Vertrag oder Vereinbarung alte Frist neue Frist<br />

• Kauf, Tausch oder Ausfuhrlieferung ein Jahr zwei Jahre<br />

• Weiterverarbeitung von Rohstoffen 60 Tage ein Jahr<br />

• Erbringung von Dienstleistungen, bei denen<br />

Anzahlungen vereinbart sind ein Jahr zwei Jahre<br />

• Bauleistungen sowie Arbeitsverträge<br />

mit Ausländern 15 Tage ein Jahr<br />

Osteuropa kompakt<br />

zelheiten hinsichtlich des Inhalts und der<br />

Aufbewahrung von behördlichen Steuerakten.<br />

Die Vorschrift trat am 25. Mai <strong>2012</strong> in<br />

Kraft und setzt die bisher gültige Anweisung<br />

236 vom 18. Dezember 2006 außer<br />

Kraft.<br />

Maxim Banaga<br />

Tel.: +373 22 23-8122<br />

Polen<br />

Haftung von Vorstandsmitgliedern<br />

trotz Berichtigung einer Steuererklärung<br />

Nach einer wichtigen Entscheidung des<br />

Obersten Gerichts vom 20. Juni <strong>2012</strong><br />

schützt die nachträgliche Berichtigung<br />

einer Erklärung zusammen mit der Zahlung<br />

überfälliger Steuern entsprechend<br />

Artikel 16 a des Steuerstrafgesetzes nicht<br />

mehr vollständig vor allen steuerstraf<strong>recht</strong>lichen<br />

Folgen, die sich aus einer<br />

falschen Steuererklärung ergeben.<br />

Das Oberste Gericht hat entschieden: Die<br />

strafbefreiende Nacherklärung (geregelt<br />

in Artikel 16 a Steuerstrafgesetz) gewährt<br />

Befreiung von der Strafverfolgung<br />

nur mit Blick auf Artikel 56 des Steuerstrafgesetzes,<br />

dem zufolge die Abgabe<br />

einer falschen oder ungenauen Erklärung<br />

strafbewehrt ist. Strafbefreiung<br />

kann jedoch nicht für andere Handlungen<br />

erlangt werden, die nach anderen<br />

Bestimmungen strafbar sind und die in<br />

der Praxis oft in Verbindung mit Artikel<br />

56 des Steuerstrafgesetzes auftreten. Die<br />

relevanten Bestimmungen, deren gleich-<br />

Weitere interessante Beiträge finden Sie in<br />

der neuen Ausgabe von Osteuropa kompakt.<br />

Bestellung<br />

E-Mail: anja.mueller-lezius@de.pwc.com


zeitige Verletzung bei einer Straftat nach<br />

Artikel 56 des Steuerstrafgesetzes am<br />

häufigsten droht, sind Artikel 61 § 1 – er<br />

bestraft die sorgfaltspflichtwidrige Führung<br />

einer falschen Steuerbuchhaltung –<br />

und Artikel 62 § 2 des Steuerstrafgesetzes,<br />

der sich auf die Ausstellung von<br />

Rechnungen in unzuverlässiger Weise<br />

bezieht.<br />

Das Oberste Gericht gab mit seiner Entscheidung<br />

unmissverständlich zu erkennen:<br />

Die nachträgliche Berichtigung<br />

einer Erklärung ist nicht als umfassendes<br />

„Schutzschild vor Haftung“ zu verstehen.<br />

Daher ist es zu befürchten, dass die Berichtigung<br />

einer Erklärung automatisch<br />

zu Folgeermittlungen der Steuerstrafbehörden<br />

führen wird. Insoweit sollten die<br />

Folgen einer – nur noch teilweise – strafbefreienden<br />

Nacherklärung vorab genau<br />

geprüft werden. Zwar kann eine Nacherklärung<br />

die Strafverfolgung nach Artikel<br />

56 Steuerstrafgesetz ausschließen, auf<br />

der anderen Seite bleibt nun das Risiko<br />

der Strafverfolgung aufgrund der anderen<br />

genannten Bestimmungen. Nach den<br />

Erfahrungen der Ansprechpartnerinnen<br />

können die Artikel 61 § 1 und Artikel 62<br />

§ 2 Steuerstrafgesetz gerade im Bereich<br />

des Bankensektors zu teilweise empfindlichen<br />

Geldstrafen führen.<br />

Malgorzata Jablonska<br />

Tel.: +49 30 2636-3084<br />

Wieslawa Ksycka<br />

Tel.: +48 71 356-1161<br />

Russland<br />

Steuerbeitreibung von einem<br />

Steuerbeauftragten: neuer Standpunkt<br />

des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />

Am 5. Juni <strong>2012</strong> wurde der Präsidiumsbeschluss<br />

Nummer 15483/11 (vom<br />

3. April <strong>2012</strong>) des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />

auf dessen Internetseite veröffentlicht.<br />

Diese Entscheidung könnte die<br />

aktuelle Rechtsprechung aufheben. Danach<br />

wird der Steueragent, der seiner<br />

Verpflichtung zur Einbehaltung von<br />

Steuern nicht nachkommt, zwar mit<br />

einer Strafe belegt, aber nicht für die<br />

Zahlung der Steuer verantwortlich gemacht.<br />

Die Strafe und die Verzugszinsen<br />

sind ausdrücklich als Haftungsarten im<br />

Steuergesetzbuch der Russischen Föderation<br />

(SeuerGB RF) geregelt (Strafe: Artikel<br />

123; Verzugszinsen: Artikel 75.7,<br />

beschlossen durch das Föderale Gesetz<br />

137 vom 27. Juli 2006). Bisher sind die<br />

Gerichte mit dem Problem der Steuereinbehaltung<br />

einheitlich umgegangen. Ihre<br />

Argumentation: Das russische Steuer<strong>recht</strong><br />

untersage die Zahlung der Steuer<br />

aus Mitteln des Steueragenten (unter anderem<br />

basierend auf der Interpretation<br />

der Artikel 24.3 und 45.1 SteuerGB RF).<br />

Im vorliegenden Fall unterstützte das<br />

Oberste Wirtschaftsgericht die Steuerbehörden<br />

und <strong>recht</strong>fertigte die Eintreibung<br />

der Umsatzsteuer aus Mitteln des Steueragenten<br />

selbst.<br />

Sachverhalt<br />

Das Unternehmen OAO Ulyanovsk Motor<br />

Works leistete eine Zahlung an ein englisches<br />

Unternehmen (UltraMotive<br />

Limited) für eine in Russland erbrachte<br />

Leistung. Dem Vertrag nach enthielt der<br />

Betrag keine Umsatzsteuer. Die Steueraufsichtsbehörde<br />

belastete das russische<br />

Unternehmen mit einer zusätzlichen<br />

Umsatzsteuer in Höhe von 1,8 Millionen<br />

Russischen Rubeln (circa 45.808 Euro),<br />

die aus der grenzüberschreitenden Zahlung<br />

nicht einbehalten wurde, plus entsprechenden<br />

Strafen und Verzugszinsen.<br />

Bezüglich der belasteten Strafen und<br />

Verzugszinsen waren sich die Gerichte<br />

einig, nicht jedoch hinsichtlich der Beitreibung<br />

des Steuerbetrags vom Unternehmen.<br />

Das Präsidium des Obersten<br />

Wirtschaftsgerichts widersprach dem<br />

Standpunkt der Vorgerichte zur Einbehaltung<br />

der Steuer vom Steueragenten<br />

und hob die diesbezüglichen Urteile der<br />

Vorinstanzen auf.<br />

Standpunkt des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />

Die Artikel 161, 173 und 166 SteuerGB<br />

RF zeigen: Ein Unternehmen, das als<br />

Steueragent handelt, muss den Steuerbetrag<br />

unter Berücksichtigung der<br />

Vertragsbestimmungen berechnen und<br />

zahlen.<br />

Länder<br />

Ungeachtet der Vertragsbedingungen,<br />

die mit dem ausländischen Unternehmen<br />

geschlossen wurden, befreit die<br />

Nichteinbehaltung der Umsatzsteuer aus<br />

der an die andere Partei getätigten Zahlung<br />

das russische Unternehmen keineswegs<br />

von der Pflicht zur Feststellung und<br />

Zahlung der Steuer. Diese Pflicht entspricht<br />

dem Recht zum Abzug gezahlter<br />

Umsatzsteuer nach Artikel 171.3 SteuerGB<br />

RF. In diesem Fall gilt die <strong>recht</strong>liche<br />

Argumentation gerade nicht mehr,<br />

nach der der Steuerpflichtige für die<br />

Zahlung der Steuer an die Steuerbehörden<br />

(Artikel 45 SteuerGB RF) verantwortlich<br />

bleibt, da das ausländische<br />

Unternehmen nicht bei den russischen<br />

Steuerbehörden registriert ist.<br />

Folgen für die Praxis<br />

Falls Ihre Geschäftsvorgänge dem im genannten<br />

Fall entsprechen, besonders die<br />

Formulierung der Vereinbarung, ist Ihr<br />

Risiko, mit zusätzlicher Umsatzsteuer<br />

(im Fall der Nichteinhaltung der Steuer)<br />

belastet zu werden, erheblich gestiegen.<br />

Ist die grundlegende Vertragsvereinbarung<br />

anders formuliert, bleibt das Risiko<br />

der Steuerbeitreibung gleichwohl hoch –<br />

falls der Steueragent zu einem entsprechenden<br />

Umsatzsteuerabzug ermächtigt<br />

war. Besteht kein Recht zum Abzug nach<br />

Artikel 171.3 SteuerGB RF (in diesem<br />

Fall kann der Steueragent die Umsatzsteuer<br />

entweder in seinen Ausgaben mit<br />

einschließen oder es nicht als steuerliche<br />

Zwecke abrechnen), kann das Risiko<br />

einer Inanspruchnahme des Steueragenten<br />

derzeit nicht abschließend bewertet<br />

werden (mangels ausreichend einschlägiger<br />

Rechtsprechung).<br />

Im Moment ist es außerdem schwierig,<br />

den Einfluss der Entscheidung des<br />

Obersten Wirtschaftsgerichts auf einkommensteuerliche<br />

Aspekte abzuschätzen.<br />

Um die Steueragenten zu unterstützen,<br />

ließe sich folgendermaßen argumentieren:<br />

Erstens gilt der Beschluss des Obersten<br />

Wirtschaftsgerichts nur für die Umsatzsteuer<br />

und bezieht sich auf Teil 1 und<br />

Kapitel 21 des SteuerGB RF. Zweitens<br />

legt Kapitel 25 SteuerGB RF eindeutig<br />

die Verpflichtung des Steueragenten zum<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 27


Länder<br />

Einbehalt der Steuer aus dem Einkommen<br />

ausländischer Unternehmen<br />

(Artikel 287.2, 310.1 SteuerGB RF) fest.<br />

Drittens gibt es Beispiele dafür, dass das<br />

Oberste Wirtschaftsgericht hinsichtlich<br />

einkommensteuerlicher Aspekte Partei<br />

für die Steueragenten ergreift. Im Präsidiumsbeschluss<br />

14977/09 vom 6. April<br />

2010 des Obersten Wirtschaftsgerichts<br />

wird etwa die Schlussfolgerung gezogen,<br />

der Steuerpflichtige müsse die Strafe<br />

sowie Verzugszinsen zahlen, aber dass<br />

„Gewinnsteuer aus den Mitteln gezahlt<br />

werden muss, die an das ausländische<br />

Unternehmen gezahlt werden, und nicht<br />

aus Eigenmitteln der Steueragenten“.<br />

Der Präsidiumsbeschluss 5317/11 vom<br />

29. September 2011 bestätigt die Anwendung<br />

einer Strafe und Verzugszinsen,<br />

sagt aber aus: „die Zahlung von<br />

Steuern für an ausländische Unternehmen<br />

getätigte Zahlungen durch das<br />

Unternehmen [ist] <strong>recht</strong>swidrig […], da<br />

diese Steuern aus den Mitteln für ausländische<br />

Unternehmen gezahlt werden<br />

müssen und nicht aus den Mitteln des<br />

Steueragenten selbst (Artikel 24 und 310<br />

SteuerGB RF)“.<br />

Auf der anderen Seite könnten die Steuerbehörden<br />

die Schlussfolgerungen des<br />

Obersten Wirtschaftsgerichts breiter interpretieren.<br />

Der abschließende Teil der<br />

Begründung im Fall der OAO Ulyanovsk<br />

Motor Works besagt: Das ausländische<br />

Unternehmen ist nicht bei den Steuer -<br />

behörden registriert und kann selbst<br />

keine Steuern zahlen. Deshalb gilt die<br />

<strong>recht</strong>liche Argumentation, die den<br />

Steuer agenten nicht zusätzlich belastet,<br />

nicht mehr. Möglicherweise werden sich<br />

die Steuerbehörden auf dieses Argument<br />

beziehen, kommt es zu Streitigkeiten<br />

über Gewinn- oder Umsatzsteuer.<br />

Das russische Steuer<strong>recht</strong> untersagt eine<br />

Zahlung von Steuern aus eigenen Mitteln<br />

der Steueragenten (Artikel 269.9 SteuerGB<br />

RF): „Die Zahlung von Steuern aus<br />

den Mitteln der Steueragenten ist untersagt.<br />

Es ist untersagt, Steuerklauseln in<br />

Vereinbarungen oder anderen Geschäftsvorgängen<br />

einzuarbeiten, unter denen<br />

Steueragenten, die Leistungen auszahlen,<br />

eine Haftung übernehmen, um Aus-<br />

28 <strong>PwC</strong><br />

lagen bezüglich der Steuer im Namen<br />

von Einzelpersonen zu machen.“ In diesem<br />

Zusammenhang wird der Steueragent<br />

im Fall einer Nichteinbehaltung<br />

von Einkommensteuer gegebenenfalls<br />

mit einer Strafe oder Verzugszinsen<br />

belegt. Des Weiteren kann der nicht einbehaltene<br />

Steuerbetrag (falls weitere<br />

Zahlungen zur Zeit der Prüfung immer<br />

noch an Einzelpersonen erfolgen) vom<br />

Steueragenten aus darauffolgenden Zahlungen,<br />

die bestimmten Beschränkungen<br />

unterliegen, einbehalten werden.<br />

Weitere Schritte<br />

Aktuell ist es schwierig, vorherzusehen,<br />

wie die Rechtsprechung sich entwickeln<br />

wird und wie der beschriebene Fall zu<br />

bewerten ist. Ob die Schlussfolgerungen<br />

in der Entscheidung auf andere Steuern<br />

angewendet werden, lässt sich ebenfalls<br />

schwer abschätzen. Die Ansprechpartner<br />

werden die weiteren Entwicklungen<br />

beobachten und Sie über neue Entwicklungen<br />

informieren. Aktuell empfehlen<br />

Ihnen die Experten Folgendes:<br />

Kommt es zu einer Streitigkeit mit den<br />

Steuerbehörden in Sachen Umsatzsteuer,<br />

betonen Sie am besten zu Ihrer Verteidigung<br />

die Unterschiede zwischen den Tatsachen<br />

in Ihrem Fall und denen im Fall<br />

von OAO Ulyanovsk Motor Works. Die<br />

<strong>PwC</strong>-Mitarbeiter vor Ort haben bei Streitigkeiten<br />

über Unterkapitalisierung bei<br />

einer solchen Vorgehensweise zugunsten<br />

des Steuerpflichtigen bereits gute Erfahrungen<br />

gemacht.<br />

Tanja Galander<br />

Tel.: +49 30 2636-5483<br />

Daniel Kast<br />

Tel.: +49 30 2636-5252<br />

Stanislav Rogojine<br />

Tel.: +49 30 2636-5207<br />

Weitere aktuelle Hinweise und<br />

Empfehlungen finden Sie im<br />

Russland-Blog:<br />

blogs.pwc.de/russland-news<br />

Tschechien<br />

Neues Paket von Reformen – mit<br />

Wirkung ab 2013 und 2014<br />

Die Regierung hat zusätzliche Maßnahmen<br />

beschlossen, mit denen sie die<br />

Staatsverschuldung in den nächsten drei<br />

Jahren unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

halten will. Die Einnahmen<br />

des Staates sollen hierfür durch die<br />

folgenden Vorschläge des Kabinetts gestärkt<br />

werden.<br />

Ab 2013:<br />

• Einführung eines „Solidaritätszuschlags“<br />

für drei Jahre in Höhe von<br />

sieben Prozent für höhere Einkommen,<br />

soweit diese die Beitragsbemessungsgrenze<br />

der Sozialversicherungen übersteigen,<br />

das heißt ab Einkommen von<br />

circa 100.000 Tschechischen Kronen<br />

(CZK) pro Monat (circa 3.906 Euro).<br />

• Die Grenze zur Bemessung der Höchstbeiträge<br />

für Krankenversicherungen,<br />

die derzeit ab Einkommen von rund<br />

1,8 Millionen CZK pro Jahr (circa<br />

70.311 Euro) greift, wird für drei<br />

Jahre ausgesetzt. Allerdings bleibt die<br />

Grenze der Gesamthöchstbeiträge für<br />

die Sozialversicherungen bestehen.<br />

• Selbstständige mit jährlichen Einkünften<br />

von bis zu zwei Millionen CZK<br />

(etwa 78.123 Euro) erhalten die Möglichkeit,<br />

Betriebsausgaben mit einer<br />

Pauschale in Höhe von 30 bis 40 Prozent<br />

ihrer jährlichen Einkünfte steuerlich<br />

geltend zu machen.<br />

• Selbstständige, die die genannte Möglichkeit<br />

des pauschalierten Ausgabenabzugs<br />

nutzen, verlieren im Gegenzug<br />

eine Anzahl von Steuervergünstigungen,<br />

zum Beispiel in Bezug auf Ehegatten<br />

ohne eigenes Einkommen oder<br />

Kinderfreibeträge.<br />

• Die Grunderwerbsteuer wird um einen<br />

Prozentpunkt auf vier Prozent erhöht.<br />

• Rentner, die neben ihrer Rente weiter<br />

arbeiten, können für einen Zeitraum<br />

von drei Jahren den steuerlichen<br />

Grundfreibetrag nicht mehr geltend<br />

machen.<br />

• Die Quellensteuer auf Einkünfte von<br />

beschränkt Steuerpflichtigen wird auf<br />

35 Prozent erhöht. Dieser Prozentsatz<br />

wird allerdings im Ergebnis nur auf


Einkünfte solcher in Tschechien beschränkt<br />

Steuerpflichtigen angewandt,<br />

deren Ansässigkeitsstaaten mit Tschechien<br />

kein Doppelbesteuerungsabkommen<br />

abgeschlossen haben.<br />

• Die Mehrwertsteuersätze werden<br />

erhöht, und zwar auf 15 Prozent<br />

(ermäßigt) und 21 Prozent (regulär).<br />

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer<br />

soll auf die Jahre 2013 bis 2015 beschränkt<br />

bleiben. Die Einordnung von<br />

Waren unter die anwendbaren Steuersätze<br />

bleibt unverändert. Ausgenommen<br />

sind einige medizinische Produkte<br />

und Babywindeln, die entgegen<br />

den entsprechenden Regelungen der<br />

Europäischen Union in Zukunft dem<br />

ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen<br />

sollen.<br />

• Für Landwirte entfällt die Möglichkeit,<br />

vergünstigte Steuersätze für Biokraftstoffe<br />

in Anspruch zu nehmen.<br />

• Die Tabaksteuer für Schnitttabak wird<br />

angehoben. Diese Maßnahme soll<br />

zudem den Unterschied in der Besteuerung<br />

von Zigaretten und Schnitttabak<br />

verringern.<br />

• Schließlich ist die Einführung einer<br />

neuen indirekten Steuer für bestimmte<br />

Versicherungsverträge geplant. Details<br />

zu dieser Steuer und der Einführungstermin<br />

sind derzeit jedoch noch nicht<br />

bekannt.<br />

Ab 2014:<br />

• Der sogenannte Superbruttolohn wird<br />

abgeschafft und ein einheitlicher Steuersatz<br />

von 20 Prozent für Einkünfte<br />

aus nicht selbstständiger Tätigkeit eingeführt.<br />

• Die geplanten Werbekostenpauschale<br />

von 3.000 CZK (circa 117 Euro) für<br />

Arbeitnehmer wird nicht eingeführt.<br />

Dafür wird im Gegenzug die Steuerbefreiung<br />

für die Gewährung von Essenscoupons<br />

oder von Kantinenmahlzeiten<br />

beibehalten.<br />

• Die Tabaksteuer auf Schnitttabak wird<br />

(wie bereits im Vorjahr) weiter erhöht.<br />

• Eingeführt wird eine Weinsteuer von<br />

zehn CZK (circa 0,39 Euro) pro Liter.<br />

Kleinere Weinproduzenten sollen jedoch<br />

von der neuen Steuer ausgenommen<br />

werden.<br />

• Eingeführt wird eine Emissionskomponente<br />

bei den Verbrauch<strong>steuern</strong> auf<br />

Heizöle, Festbrennstoffe, Erdgas und<br />

weitere Gase.<br />

• Die Steuerbefreiung auf Gas, das Endverbraucher<br />

in ihren Haushalten nutzen,<br />

beispielsweise in Gasboilern,<br />

-heizungen oder -kochern, wird abgeschafft.<br />

Lenka Mrázová<br />

Tel.: +420 2 5115-2553<br />

Ukraine<br />

Steueränderungen im Überblick<br />

Körperschaftsteuer<br />

Angesammelte Verlustvorträge zum<br />

1. Januar <strong>2012</strong>, welche bis Ende 2015<br />

nicht genutzt werden, können in darauffolgenden<br />

Perioden genutzt werden.<br />

Der Betrag der steuerlichen Verlustvorträge<br />

(Stand 1. Januar <strong>2012</strong>) sollte die<br />

angesammelten Ausfälle mit Stand vom<br />

1. Januar 2011 beinhalten.<br />

Steuerpflichtige mit einem jährlichen<br />

Umsatz von über zehn Millionen Griwna<br />

(UAH), circa 983.748) müssen monatlich<br />

Körperschaftsteuervorauszahlungen<br />

leisten (ein Zwölftel der Steuerschulden<br />

des Vorjahres).<br />

Zusammen mit der jährlichen Steuererklärung<br />

müssen zuvor genannte<br />

Steuerpflichtige eine Berechnung der<br />

monatlichen Vorauszahlungen für die<br />

nächsten zwölf Monate vorlegen. Es<br />

scheint daher möglich, dass solche Steuerpflichtigen<br />

keine quartalsmäßigen Körperschaftsteuererklärungen<br />

abgeben<br />

müssen.<br />

Im Januar/Februar 2013 werden die<br />

Körperschaftsteuervorauszahlungen innerhalb<br />

von 20 Tagen nach dem Ende<br />

des jeweiligen Berichtsmonats in Höhe<br />

von einem Neuntel der Steuerschulden<br />

für den Zeitraum der ersten neun Monate<br />

für <strong>2012</strong> gezahlt.<br />

Die Verpflichtung juristischer Personen<br />

zur Vorlage einer Liste mit Einnahmen<br />

und Ausgaben bezogen auf Transaktionen<br />

mit Steuerpflichtigen der Einheit-<br />

steuer bei den Steuerbehörden wurde<br />

abgeschafft.<br />

Länder<br />

Umsatzsteuer<br />

Große Vorsteuerüberhänge von Steuerpflichtigen<br />

begründen keinen automatischen<br />

Anspruch auf eine Umsatzsteuerrückerstattung.<br />

Umsatzsteuerrechnungen sollten unter<br />

anderem die Nummer und das Datum<br />

der Einfuhrzollerklärung beinhalten.<br />

Die Umsatzsteuerbefreiung für die (weiteren)<br />

Lieferungen von Getreide- und<br />

Industriepflanzen ist insoweit nicht anwendbar,<br />

als die Pflanzen umsatzsteuerpflichtig<br />

durch den Agrarfonds<br />

angekauft wurden.<br />

Einkommensteuer<br />

Beiträge in eine nicht staatliche Altersvorsorge<br />

oder langfristige Lebensversicherung,<br />

die von einem ansässigen<br />

Arbeitgeber gezahlt werden, sind bis zu<br />

dem fünffachen Betrag des Mindestlohns<br />

steuerfrei.<br />

Einkünfte aus Investmentfonds mit inländischen<br />

Treasury Bonds unterliegen<br />

der Steuer mit einem Steuersatz in Höhe<br />

von fünf Prozent.<br />

Dividendeneinkünfte aus ausländischen<br />

Quellen unterliegen der Steuer mit<br />

einem Steuersatz von fünf Prozent.<br />

Andreas Pfeil<br />

Tel.:+380 44 4906-777<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 29


Ticker<br />

Steuern & Recht: die Seite für alle Steuerfragen<br />

In allen Phasen des wirtschaftlichen Handelns spielen Steuerfragen eine wichtige<br />

Rolle. Die Quellen des Steuer<strong>recht</strong>s sind mannigfaltig, international vor allem durch<br />

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und im Inland durch Verfügungen<br />

der Finanzverwaltung sowie durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geprägt.<br />

Umfassend und aktuell stellt Ihnen <strong>PwC</strong> deshalb die erforderlichen Informationen<br />

online auf der Steuern-&-Recht-Seite in deutscher und englischer Sprache<br />

zur Verfügung. Neben aktuellen Steuernachrichten, Newslettern und Publikationshinweisen<br />

erläutern die Steuerexperten von <strong>PwC</strong> Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für Unternehmen.<br />

Ihr neuer Link zur deutschen Seite<br />

blogs.pwc.de/<strong>steuern</strong>-und-<strong>recht</strong><br />

Ihr neuer Link zur englischen Seite<br />

blogs.pwc.de/german-tax-and-legal-news<br />

Statutes<br />

Cases<br />

Decrees<br />

30 <strong>PwC</strong><br />

Tax & Legal News<br />

BFH – kurz und knapp<br />

Nachweis der Investitionsabsicht<br />

Die Nachweispflichten für Betriebsgründer,<br />

die einen Investitionsabzugsbetrag<br />

geltend machen wollen, hat der Bundesfinanzhof<br />

eingeschränkt. Eine verbindliche<br />

Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen,<br />

um den Investitionsabzugsbetrag<br />

bei neu gegründeten Betrieben<br />

geltend zu machen, ist danach<br />

nicht mehr zwingend notwendig.<br />

BFH, Urteil vom 20. Juni <strong>2012</strong><br />

(X R 42/11)<br />

Praxisgebühr keine Sonderausgabe<br />

Der Bundesfinanzhof hat entschieden:<br />

Die Zuzahlungen in der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung, die sogenannten<br />

Praxisgebühren, können nicht als Sonderausgaben<br />

abgezogen werden.<br />

BFH, Urteil vom 18. Juli <strong>2012</strong><br />

(X R 41/11)<br />

Bilanzkorrektur bei fehlerhafter<br />

Aktivierung<br />

Wurden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten<br />

eines abnutzbaren Wirtschaftsguts<br />

des Anlagevermögens in einem bestandskräftig<br />

veranlagten Jahr nur unvollständig<br />

aktiviert, führt der Grundsatz des<br />

formellen Bilanzzusammenhangs zu einer<br />

erfolgswirksamen Nachaktivierung im ersten<br />

verfahrens<strong>recht</strong>lich noch offenen Jahr.<br />

BFH, Urteil vom 9. Mai <strong>2012</strong><br />

(X R 38/10)<br />

Übertragungs<strong>recht</strong>e an Sportveranstaltungen<br />

Vergütungen, die eine im Ausland ansässige<br />

Gesellschaft für die Überlassung von<br />

Fernsehübertragungs<strong>recht</strong>en an Sportveranstaltungen<br />

von einer im Inland ansässigen<br />

Gesellschaft erhält, können<br />

nicht in Deutschland besteuert werden.<br />

BFH, Urteil vom 13. Juni <strong>2012</strong><br />

(I R 41/11)<br />

Beiträge in Englisch finden Sie in<br />

der neuen Ausgabe von Tax & Legal<br />

News.<br />

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Friedrich-Ebert-Anlage 35–37<br />

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Druck<br />

Kohlhammer und Wallishauser GmbH, Hechingen<br />

Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten<br />

bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie<br />

bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung<br />

unserer für Sie tätigen Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung<br />

dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung<br />

durch den Herausgeber nachgedruckt oder vervielfältigt<br />

werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen<br />

Autoren wieder. Beiträge ohne Ansprechpartner hat die Tax-<br />

Redaktion verfasst.<br />

Über uns<br />

Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben,<br />

möchten neue Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten,<br />

dass wir sie ganzheitlich betreuen und praxisorientierte<br />

Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb<br />

setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />

oder kommunaler Träger, unser gesamtes<br />

Potenzial ein: Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen,<br />

Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen<br />

unseres Expertennetzwerks in 158 Ländern. Besonders wichtig<br />

ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren<br />

Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen,<br />

umso gezielter können wir sie unterstützen.<br />

<strong>PwC</strong>. 8.900 engagierte Menschen an 28 Standorten.<br />

1,45 Milliarden Euro Gesamtleistung. Führende Wirtschaftsprüfungs-<br />

und Beratungsgesellschaft in Deutschland.<br />

Die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

bekennt sich zu den <strong>PwC</strong>-Ethikgrundsätzen<br />

(zugänglich in deutscher Sprache über www.pwc.de/<br />

de/ethikcode) und zu den Zehn Prinzipien des UN Global<br />

Compact (zugänglich in deutscher und englischer Sprache<br />

über www.globalcompact.de).<br />

© August/September <strong>2012</strong><br />

PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die Pricewaterhouse-<br />

Coopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,<br />

die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers<br />

International Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften<br />

der <strong>PwC</strong>IL ist eine <strong>recht</strong>lich selbstständige Gesellschaft.<br />

<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> August/September <strong>2012</strong> 31


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