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BEACHTEN SIE - Strafverteidiger Rainer Brüssow & Dirk Petri

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CHECKLISTE<br />

Um in der Personalpraxis Missbrauchsfälle<br />

konkret einzuordnen und zu beurteilen,<br />

kann sich die Vorgehensweise nach folgender<br />

Checkliste empfehlen:<br />

❑ Ist die private Nutzung von Intranet, Internet und<br />

E-Mail-Diensten im Betrieb oder Unternehmen erlaubt?<br />

→ Wenn ja, sind die Kontrollmöglichkeiten bereits<br />

eingeschränkt.<br />

Besteht eine Betriebsvereinbarung, die sich mit<br />

der Nutzung (dienstlich oder privat) von Internet,<br />

Intranet und E-Mail-Diensten befasst?<br />

→ Aus einer derartigen Vereinbarung können<br />

sich Missbrauchstatbestände ergeben.<br />

❑ Liegt bei einem festgestellten Missbrauchsfall eine<br />

einschlägige Abmahnung vor?<br />

→ Eine einschlägige Abmahnung ist für eine beabsichtigte<br />

verhaltensbedingte Kündigung regelmäßig<br />

erforderlich*.<br />

Ist der festgestellte Missbrauchsfall so schwerwiegend,<br />

dass evtl. sogar eine außerordentliche<br />

Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt<br />

ist?<br />

→ Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem<br />

Grund kommt nur bei schwerwiegendem<br />

Missbrauch in Betracht.<br />

❑ Wurde bei Bestehen eines Betriebsrates dieser zu<br />

einer beabsichtigten Kündigung form- und fristgemäß<br />

angehört?<br />

→ Die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung<br />

ist zwingende Kündigungsvoraussetzung.<br />

❑ Sind die einschlägigen fernmelde- und datenschutzrechtlichen<br />

Vorschriften bei der Kontrolle beachtet<br />

worden?<br />

→ Bei einem Verstoß gegen Fernmelde- und Datengeheimnisse<br />

kann ein Verwertungsverbot<br />

drohen.<br />

——————<br />

* Zur Abmahnung – u.a. mit einem Muster – Schiefer, PuR 01/<br />

07 S. 3 ff.<br />

<strong>Petri</strong>, Arbeitnehmerüberwachung am Arbeitsplatz<br />

triebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder Straftaten.<br />

18<br />

Gerade bei der Privatnutzung kommt es erfahrungsgemäß<br />

aber immer wieder dazu, dass, wenn sich Arbeitnehmer<br />

unbeobachtet fühlen, das Persönlichkeitsrecht<br />

anderer Arbeitnehmer von den eigenen<br />

Kollegen angegriffen wird. Das können vor allem Internet-<br />

und E-Mail-Inhalte mit sexuellem Bezug sein,<br />

oder auch sonstige diskriminierende Inhalte, die<br />

nach dem AGG rechtswidrig sind, § 3 Abs. 4, § 7<br />

Abs. 3 AGG. Auch in diesen Konstellationen besteht<br />

je nach der Abwägung im Einzelfall ein schutzwürdiges<br />

Arbeitgeberinteresse zur Missbrauchskontrolle.<br />

!<br />

<strong>BEACHTEN</strong> <strong>SIE</strong><br />

Das ergibt sich insbesondere aus den Grundsätzen für die<br />

Behandlung von Betriebsangehörigen, die für den Arbeitgeber<br />

verpflichtend sind, § 75 BetrVG.<br />

Weiter ist der Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen<br />

zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen, § 12<br />

AGG. Für jede Missbrauchskontrolle ist aber auch<br />

Voraussetzung, dass ein konkreter Missbrauchsverdacht<br />

besteht. Eine allgemeine, dauerhafte und unspezifische<br />

Missbrauchskontrolle bei Privatnutzung<br />

ist unzulässig. 19<br />

i HINWEIS<br />

Für die Personalpraxis kann auf die in der Rechtsprechung<br />

des BAG entwickelte Je-desto-Formel zur Beurteilung<br />

der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zurückgegriffen werden.<br />

Nach dieser Formel müssen – je intensiver die Missbrauchskontrolle<br />

in allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreift<br />

(z. B. Inhaltskontrolle bei E-Mails) desto gewichtiger<br />

die diesbezüglichen Gründe des Arbeitsgebers für die Kontrolle<br />

sein. 20<br />

Telefonüberwachung<br />

Die Frage der Zulässigkeit von Telefonüberwachungen<br />

ist die „älteste“ Form der Mitarbeiterüberwachung<br />

durch moderne Technik.<br />

Das Mithören und Aufzeichnen des Inhalts von Telefongesprächen<br />

– gleichgültig, ob dienstlich veranlasst<br />

oder privat geführt – ist eine Verletzung des<br />

allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das Verfassungsrang<br />

hat (Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 1 GG), und ist<br />

deshalb grundsätzlich unzulässig. 21 Nach der<br />

Rechtsprechung des BAG kommt es entscheidend<br />

18 Z. B. ArbG Hannover vom 01.02.2000 – 1 Ca 504/00 B – NZA 2001<br />

S. 1022; ArbG Frankfurt/M. v. 02.01.2002 – 2 Ca 5340/01 – NZA<br />

2002 S. 1093.<br />

19 BAG vom 26.08.2008 – 1 ABR 16/07 – n.v.<br />

20 BAG vom 29.06.2004 – 1 ABR 21/03 – NZA 2004 S. 1278.<br />

21 Vgl. z. B. BVerfG vom 15.12. 1983 – 1 BvR 209/83-, NJW 1984<br />

S. 419.<br />

PuR 11-12/08 7<br />

Arbeitsrecht

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