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Ambulant Betreutes Wohnen - Das Boot eV

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Jahresbericht 2008<br />

Verein „<strong>Das</strong> <strong>Boot</strong>“ zur Förderung seelischer Gesundheit<br />

<strong>Ambulant</strong> <strong>Betreutes</strong><br />

<strong>Wohnen</strong><br />

für Menschen mit<br />

Suchterkrankungen und<br />

Mehrfachdiagnosen<br />

Geschäftsstelle: Dollartstraße 11<br />

26723 Emden<br />

Tel.: 04921-964033<br />

Fax: 04921-964035<br />

eMail: das.boot@ewetel.net<br />

1<br />

www.das-boot-emden.de


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort<br />

1. Beschreibung<br />

1.1 Art und Ziel der Leistung<br />

1.2 Inhalte der Betreuung<br />

2. Die Klienten<br />

2.1 Anzahl der Betreuten Ende 2008<br />

2.2 Dauer des <strong>Ambulant</strong> Betreuten <strong>Wohnen</strong>s<br />

2.3 Altersstruktur<br />

2.4 Erkrankungungsformen<br />

2.4.1. Suchtmittel<br />

2.5 Wohn-und Lebenssituation<br />

2.6 Einkommensverhältnisse<br />

2.7 Tagesstruktur und Beschäftigung<br />

2.8 Helfersystem<br />

3. Organisation<br />

3.1 Standort und Räumlichkeiten<br />

3.2 Mitarbeiter<br />

3.3 Betreuungsplanung und Dokumentation<br />

3.4 Informations- und Kommunikationssystem<br />

3.5 Kooperation und Außenkontakte<br />

4. Bewertung der Arbeit<br />

5. Ausblick<br />

Die in diesem Bericht verwendeten männlichen Bezeichnungen gelten sämtlich für<br />

Frauen in entsprechender Form.<br />

2


Vorwort<br />

Liebe Leser und Leserinnen,<br />

auch wenn die Menschen schon seit Jahrtausenden psychoaktive Substanzen in<br />

unterschiedlichsten Formen und Zubereitungen einnehmen, um ihr Bewusstsein<br />

und ihre Wahrnehmung (der Wirklichkeit) zu verändern, gewinnt das Thema<br />

Sucht in unserer Gesellschaft zunehmend mehr an Aktualität und Brisanz. Nicht<br />

zuletzt deshalb, weil die Folgen der Sucht und der schweren Suchterkrankungen<br />

erhebliche Kosten für das Gesundheitswesen bzw. für die Gesellschaft<br />

verursachen. Sucht führt auf der subjektiven Seite bei den betroffenen (und mit<br />

betroffenen) Menschen zu Leid, Elend, sozialer Isolation, Verzweiflung am Leben.<br />

Sucht ist eine schwere Krankheit mit chronischen, aber in der Regel<br />

prozesshaften Verläufen, wobei sowohl die Entstehungsbedingungen als auch der<br />

Verlauf individuell zu sehen sind. Jede Suchtentwicklung ist anders, nicht jeder<br />

Fall gleich tief begründet, nicht jede Phase gleich problematisch. Die Erkrankung<br />

erfasst die ganze Person, einschließlich ihrer sozialen Bezüge.<br />

Neben der Prävention kommt der zielgerichteten Behandlung und der<br />

Rehabilitation sowie der nachgehenden Begleitung von suchtkranken Menschen<br />

eine große Bedeutung zu. Es ist wichtig, dass jeweilige Behandlung- und<br />

Betreuungsangebot möglichst genau auf den suchtkranken Menschen und seine<br />

besondere Lebenslage abzustimmen.<br />

Im neuesten Drogen und Suchtbericht der Bundesregierung heißt es: „Alkohol ist<br />

die am weitesten verbreitete psychoaktive Substanz. 9,5 Mio. Menschen in<br />

Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Mio.<br />

Menschen gelten als alkoholabhängig. Jedes Jahr sterben in Deutschland nach<br />

neuen Berechnungen 70.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs.<br />

In der Gesellschaft herrscht eine weit verbreitete unkritisch positive Einstellung<br />

zum Alkohol vor. Zehn Liter reinen Alkohols werden pro Kopf in der Bevölkerung<br />

jährlich konsumiert… (und es) wird deutlich, dass Kinder und Jugendliche sehr<br />

früh mit Alkohol in Kontakt kommen.“<br />

Die Versorgung suchtkranker Menschen, insbesondere auch der nicht<br />

abstinenzmotivierten Suchtkranken oder chronisch mehrfachbeeinträchtigten<br />

Abhängigkeitskranken ist eine Gemeinschafts- und Pflichtaufgabe einer<br />

Kommune. Da langfristig nicht mit einer suchtmittelfreien Gesellschaft zu<br />

rechnen ist, müssen den suchtkranken Menschen vielfältige Beratungs-, Hilfe-<br />

und Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Trotz einiger<br />

Mängel haben wir hier in Emden ein gut ausgebautes Hilfesystem mit<br />

differenzierten Angeboten ambulanter Beratungs- und Begleitungseinrichtungen<br />

bis hin zur stationären Behandlung.<br />

Der Verein „<strong>Das</strong> <strong>Boot</strong>“ zur Förderung seelischer Gesundheit e.V. bietet nun schon<br />

seit sechs Jahren das <strong>Ambulant</strong> Betreute <strong>Wohnen</strong> (im folgenden ABW<br />

genannt) für Menschen mit Suchterkrankungen und Mehrfachdiagnosen an. Mit<br />

dem vorliegenden Tätigkeitsbericht möchten wir über unsere Arbeit informieren<br />

3


und sie gleichzeitig zur Diskussion stellen. Deshalb würden wir uns über<br />

Rückmeldungen und Anregungen freuen.<br />

Wir wissen, dass ein breit gefächertes Hilfesystem nicht durch kommunale<br />

Anbieter realisiert werden kann, sondern dass verschiedene Träger, Institutionen<br />

und Einrichtungen an der Ausgestaltung einer kommunalen Suchtkrankenhilfe<br />

mitwirken müssen und Verantwortung tragen. Eine Vernetzung ist daher<br />

Voraussetzung, um die Angebote effektiv zum Tragen zu bringen und weiter zu<br />

entwickeln.<br />

Für die gute Zusammenarbeit im Berichtszeitraum möchten wir uns bei<br />

allen Netzwerkpartnern und Unterstützern herzlich bedanken. Wir<br />

hoffen, auch mit diesem Bericht einen kleinen Impuls für die<br />

Weiterentwicklung der Suchtkrankenhilfe in Emden geben zu können.<br />

Emden, im April 2009<br />

Andrea Hoffmann, Dipl. Sozialarbeiterin/-pädagogin<br />

Teamleitung<br />

Rainer Hempel, Dipl. Sozialarbeiter/-pädagoge<br />

Geschäftsführung<br />

4


1. Beschreibung<br />

1.1 Art und Ziel der Leistung<br />

5<br />

"Krisen sind Weichenstellungen des Lebens.“<br />

Andrea Tenzer<br />

„Man sollte dem anderen die Wahrheit<br />

wie einen Mantel hinhalten,<br />

dass er hineinschlüpfen kann und sie<br />

ihm nicht wie einen nassen Lappen<br />

um die Ohren schlagen.“<br />

Max Frisch<br />

<strong>Das</strong> <strong>Ambulant</strong> Betreute <strong>Wohnen</strong> für Menschen mit Suchterkrankungen und<br />

Mehrfachdiagnosen (ABW) ist ein aufsuchend-ambulantes Unterstützungsangebot<br />

in der Stadt Emden und den Gemeinden Hinte und Krummhörn. Es richtet sich an<br />

mehrfach geschädigte Menschen, die auf Grund von körperlichen Schädigungen<br />

und sozialen Beeinträchtigungen und/oder einer zusätzlichen Behinderung einer<br />

längerfristigen Unterstützung im Alltag, zur Sicherung des gesunden Überlebens<br />

und zur Ermöglichung längerer Abstinenzphasen bedürfen. Sozialrechtliche<br />

Grundlage dafür sind die die §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch XII.<br />

Ausgangspunkt und Zentrum der Hilfen ist das den Klienten vertraute<br />

Lebensumfeld beziehungsweise ihre Wohnung. Die eigene Wohnung ist der<br />

Inbegriff von “Normalität“. Diesen Lebensraum zu sichern ist grundlegend wichtig<br />

für die Stabilisierung der Lebensverhältnisse und Voraussetzung für einen<br />

erfolgreichen Hilfe- bzw. Begleitungsprozess. <strong>Das</strong> ABW richtet sich aber auch an<br />

wohnungslose Menschen, die aus allen sozialen Bezügen „herausgefallen“ sind.<br />

Ziel ist es, die Betroffenen in ihrem Lebensraum und -umfeld dabei zu<br />

unterstützen, ein eigenverantwortliches Leben in Würde und Selbstachtung zu<br />

führen oder (wieder) zu erlangen. Dabei geht es insbesondere darum, die<br />

Kompetenzen und Stärken der Betroffenen zu erhalten und zu fördern, um ihnen<br />

einen „gelingenden Alltag“ sowie die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu<br />

ermöglichen oder zu erleichtern und eine weitgehende Unabhängigkeit von einer<br />

regelmäßigen Betreuung zu erreichen.<br />

Grundlage für ein Gelingen der Betreuungs- und Begleitungsarbeit ist der Aufbau<br />

einer tragfähigen (dialogischen) Beziehung, die dann zustande kommen kann,<br />

wenn der Betroffene wertungsfrei angenommen und sein Lebensentwurf, seine<br />

bisherige Lebensbewältigung und seine Lebenswelt akzeptiert werden. Dazu<br />

gehört auch, die Betroffenen nicht von Abstinenz überzeugen zu wollen.<br />

Die Wertschätzung, das gemeinsame, partnerschaftliche Analysieren der<br />

Problemlagen und das gemeinsame Entwickeln von Lösungen - oder besser:<br />

Antworten - auf die Problemlagen stehen im Vordergrund. Dies schließt<br />

ausdrücklich den Respekt vor der eigenen Zeit und den eigenen Wegen der<br />

Klienten, vor einer noch so desolaten Lebensführung und der Verzicht auf enge<br />

Zeithorizonte und standardisierte Hilfepläne ein. Wichtig dabei ist auch, die<br />

sozialen Bezugspersonen (aus Familie, Arbeitswelt, Freundeskreisen etc.), sofern<br />

sie (noch) vorhanden sind, einzubeziehen.


Teilhabe, Begleitung und unterstützende Intervention sollen zu einer<br />

Verbesserung der Lebensqualität der Klienten führen. <strong>Das</strong> Überleben der vom<br />

ABW begleiteten Menschen zu sichern bzw. ihre Lebenserwartung zu verlängern<br />

ist hierbei das Minimalziel. Letzteres schließt die Minderung schwerer körperlicher<br />

Folgeschäden und die Verhinderung sozialer Desintegration ein.<br />

Die Maßnahme beinhaltet für die teilnehmenden Menschen keinen Zwang zur<br />

Abstinenz. Im Idealfall können Verhaltens- und Handlungsalternativen zum<br />

Suchtmittelkonsum gemeinsam erarbeitet werden.<br />

Vorhandene körperliche Schädigungen bei den Klienten und die Folgen der<br />

psychischen Behinderung korrelieren mit vielfältigen sozialen und<br />

Alltagsproblemen. Die individuelle Begleitung und Betreuung beinhaltet und<br />

steuert Hilfen und Unterstützungsleistungen zur besseren Selbstsorge, zur<br />

Bewältigung der alltagspraktischen Anforderungen, zum Umgang mit der<br />

Erkrankung/Behinderung, zur Aufnahme und Gestaltung sozialer Beziehungen,<br />

zur Tagesstrukturierung und zur Inanspruchnahme von<br />

medizinischen/psychiatrischen sowie sozialen Hilfen.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Ambulant</strong> Betreute <strong>Wohnen</strong> ist auch als Nachsorge-Maßnahme für ehemalige<br />

Klienten in stationären Einrichtungen wie z.B. aus Übergangs- und (Langzeit-)<br />

Entwöhnungseinrichtungen geeignet.<br />

1.2 Inhalte der Betreuung<br />

Ein wichtiger Bestandteil der Betreuungs- und Begleitungsarbeit im ABW sind<br />

regelmäßige Hausbesuche und Gespräche über die Sorgen und Nöte im Alltag,<br />

die möglicherweise zu verstärktem Alkohol- bzw. Suchtmittelkonsum führten,<br />

über die Bedürfnisse und Wünsche der Klienten. Je nach Bedarf werden die Hilfe<br />

und Unterstützungsleistungen in den Lebensfeldern „<strong>Wohnen</strong>“,<br />

„Tagesstruktur/Arbeit/Ausbildung“ und „Tagesgestaltung/Freizeit/Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben“ erbracht. <strong>Das</strong> professionelle Tun lässt sich<br />

differenzieren in „Information und Beratung“, „begleitende und übende<br />

Unterstützung“, „Erschließung und Einbezug von Hilfen im Umfeld und aus dem<br />

professionellen Hilfesystem“ sowie „intensive und regelmäßige Angebote“.<br />

Grundsätzlich gilt, dass die Klienten, also die Adressaten unserer professionellen<br />

Unterstützungsleistungen nicht in dem was sie sind und tun in eine bestimmte,<br />

messbare Richtung verändert werden sollen, möglichst noch orientiert an vorab<br />

definierten Zielen, die wenig mit der Lebenslage, mit den Lebenssituation, mit<br />

den Kompetenzen, Bedürfnissen und Beeinträchtigungen zu tun haben, sondern<br />

es geht darum, ihren tatsächlichen Raum an Handlungs- und<br />

<strong>Das</strong>einsmöglichkeiten und damit ihre realen Freiheiten im Rahmen von<br />

Verwirklichungschancen zu erweitern. Hier sind nur kleine Schritte möglich, auch<br />

deshalb, weil CMA- Klienten durch verschiedene Beeinträchtigungen in ihrer<br />

Handlungsplanung beeinträchtigt sowie kognitiv eingeschränkt sind. Auch in<br />

trockenen Phasen steht der Suchtdruck oft so im Vordergrund, dass alle<br />

(durchaus notwendigen und sinnvollen) perspektivischen Planungen dem<br />

6


Trinkbedürfnis untergeordnet werden. Wir wollen den Klienten also nur so viel<br />

abfordern wie sie auch tatsächlich leisten können. Ein wichtiger Rahmen für<br />

unser professionelles Tun geben die nachfolgenden Punkte ab:<br />

Anleitung und Unterstützung bei alltagspraktischen Fragen wie Ernährung,<br />

Haushaltsführung<br />

Erstellen eines Finanz- bzw. Haushaltsplans (ggf. auch Geldeinteilung<br />

durch ABW- Mitarbeiter)<br />

Hilfen in Behörden- und Rechtsangelegenheiten<br />

Hilfen bei Inanspruchnahme von allgemeinen Dienstleistungen<br />

Hilfe und Unterstützung bei der Inanspruchnahme (fach)ärztlicher<br />

Versorgung<br />

Hilfe und Unterstützung bei der Inanspruchnahme von<br />

ergänzenden/weiterführenden psychiatrischen und nichtpsychiatrischen<br />

Hilfen<br />

Hilfen beim Umgang mit Krankheit und Gesundheit, insbesondere<br />

Rückfallprophylaxe sowie Vermittlung und Erlernen von Kompetenzen für<br />

eine gesunde Lebensführung<br />

Hilfe und Unterstützung beim Aufbau und bei der Ausgestaltung einer<br />

Tagesstruktur sowie einer Eingliederung in den Arbeitsprozess<br />

Kompetenzstärkung zur angemessenen Bewältigung von Konflikt- und<br />

Krisensituationen<br />

Aufbau und Aufrechterhaltung von sozialen Bezügen zu Angehörigen,<br />

Freunden und zu Gruppen<br />

Förderung eines eigenverantwortlichen Freizeitverhaltens<br />

Angehörigengespräche (auf Wunsch)<br />

Vermittlung von Kontaktmöglichkeiten zu abstinent orientierten Gruppen<br />

(auf Wunsch)<br />

Bei allem verantwortlichen Versorgungsdenken, soll aber nicht außer Acht<br />

gelassen werden, dass wir auch an „unsere“ Klienten Ansprüche stellen wollen<br />

und dürfen. Es muss seitens der Klienten zumindest rudimentär eine Bereitschaft<br />

zur Mitwirkung am Prozess der Begleitung vorhanden sein. Und CMA- Klienten<br />

müssen die Grenzen des Hilfesystems und seiner Helfer respektieren.<br />

Unumstößlich ist vor allen Dingen der absolute Gewaltverzicht.<br />

2. Die Klienten<br />

2.1 Anzahl der Betreuten<br />

Am 31.12.2008 wurden 31 Klienten durch das ABW für Menschen mit<br />

Suchterkrankungen betreut; 74 % (23) davon sind männlich, 26 % (8) weiblich.<br />

Die Gesamtbetreuungsstundenzahl liegt bei 150, durchschnittlich also<br />

4, 8 Betreuungsstunden pro Klient.<br />

7


12 Klienten sind in 2008 neu aufgenommen worden. Sie wurden durch das<br />

Klinikum Emden, dem sozialpsychiatrischen Dienst, von juristischen Betreuern,<br />

und anderen Netzwerk- und Kooperationspartnern an das ABW vermittelt.<br />

2 Klienten konnten aus dem stationären Wohnbereich des Vereins entlassen<br />

werden und in eine eigene Wohnung einziehen. Beide werden nun durch das<br />

ABW betreut.<br />

Ein großer Teil der Klienten fand durch Mund-zu Mundpropaganda den Weg<br />

selbst zu uns.<br />

13 Klienten haben in 2008 das ABW beendet. Ein Klient hat eine stationäre<br />

Langzeittherapie begonnen, ein Klient wurde inhaftiert. 5 Klienten haben zu<br />

einem anderen Anbieter gewechselt, ein Klient ist in ein stationäres <strong>Wohnen</strong> für<br />

Menschen mit chronifizierten Suchterkrankungen gewechselt. Ein weiterer Klient<br />

ist im Jahr 2008 verstorben.<br />

Für 4 Personen war das ABW nicht das passende Angebot, so dass die Hilfe nach<br />

kurzer Zeit wieder beendet wurde.<br />

2.2 Dauer des <strong>Ambulant</strong> Betreuten <strong>Wohnen</strong>s<br />

36% (11) der Klienten werden erst kurz, d.h. zwölf Monate oder weniger, durch<br />

das ABW betreut.<br />

48% (15) werden zwischen einem und drei Jahren betreut, 10% (3) werden seit<br />

drei bis fünf Jahren von uns begleitet, 6% (2) Klienten nehmen unsere Hilfe seit<br />

mehr als 5 Jahren in Anspruch.<br />

Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 23 Monate.<br />

10%<br />

48%<br />

6%<br />

36%<br />

8<br />

< 1 J.<br />

1-3 J.<br />

3-5 J.<br />

> 5 J.


2.3 Altersstruktur<br />

Der größte Teil unserer Klienten, 36 % (11 Personen) ist zwischen 50 und 59<br />

Jahren alt, gefolgt von der Altersgruppe der 30-39jährigen, deren Anteil bei 26%<br />

(8 Personen) liegt.<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

18-30 J. 30-39 J. 40-49 J. 50-59.J > 59<br />

2.4 Erkrankungsformen<br />

9<br />

Frauen<br />

Männer<br />

gesamt<br />

Da bei einem Großteil der ABW- Klienten zusätzlich zu einer chronischen<br />

Abhängigkeitserkrankung auch eine psychische Behinderung und/oder eine<br />

schwere körperliche Erkrankung (als Folge eines langjährigen<br />

Suchtmittelmissbrauchs) vorliegen, sind hier Mehrfachnennungen möglich.<br />

Eine prozentuale Auswertung ist hier nicht möglich.<br />

20<br />

15<br />

7<br />

8<br />

23<br />

Abhängigkeit<br />

schädl.Gebrauch<br />

Abstinenz<br />

psych.Erkrankung<br />

grav.<br />

Körperl.Erkrankung


Die Unterscheidung zwischen „Abhängigkeit“ und „schädlichem Gebrauch“ richtet<br />

sich nach dem ICD-10, wobei der „schädliche Gebrauch“ oft eine Vorstufe zur<br />

Entwicklung der „Abhängigkeit“ darstellt. 1<br />

„nur schädlicher Gebrauch“: kein Vorliegen einer etwaigen Abhängigkeit von<br />

einem anderen Suchtstoff – also ausschließlich „schädlicher Gebrauch“<br />

„zus. psych. Krankheit“: eine zusätzlich zur Suchterkrankung diagnostizierte<br />

psychische Erkrankung/Behinderung – häufig auch kausal mit dem<br />

Suchtmittelkonsum verbunden, wie im Fall der „Selbstmedikation“ zur Linderung<br />

von Angstzuständen und anderen Symptomen<br />

„grav. körperliche Erkrankung“: die gravierende körperliche Erkrankung ist<br />

häufig als Folgeerkrankung des Suchtmittelkonsums oder als<br />

konsumbegünstigender Faktor (etwa zur Schmerzunterdrückung) mit der<br />

Suchterkrankung verbunden 1<br />

2.4.1 Suchtmittel<br />

14<br />

4<br />

2<br />

27<br />

10<br />

Alkohol<br />

Medikamente<br />

illegale Drogen<br />

nicht stoffgebundene<br />

Sucht<br />

Da viele Klienten mehrere Suchtmittel konsumieren, sind Mehrfachnennungen<br />

möglich, d.h. sie können nicht prozentual ausgedrückt werden.<br />

2.5 Wohn- und Lebenssituation<br />

Die meisten Klienten des ABW wohnen allein in einer eigenen Wohnung (22<br />

Personen (71%).<br />

1 vgl. KRUSE/KÖRKEL/SCHMALZ: Alkoholabhängigkeit erkennen und behandeln. 2. Aufl. Bonn 2001,<br />

S.41ff.


13 % (4) leben zusammen mit einem/r Partnerin, 7% (2) sind allein erziehend<br />

mit einem oder mehreren Kindern. 6% (2) sind am 31.12.2008 (Stichtag der<br />

Erhebung) wohnungslos, 3 % (1) Klientin lebt mit Kind und Ehemann.<br />

Es gibt deutlich Schwerpunkte, in welchen Stadtteilen die KlientInnen des ABW<br />

leben. Fast die Hälfte wohnt im Stadtteil Barenburg, in dem sich auch die<br />

Anlaufstelle des <strong>Ambulant</strong> Betreuten <strong>Wohnen</strong>s befindet.<br />

6%<br />

13%<br />

19% Barenburg<br />

13%<br />

2.6 Einkommensverhältnisse<br />

ALG II 17 Personen<br />

ALG I 1 Person<br />

Grundsicherung 3 Personen<br />

Rente 7 Personen<br />

EU-Rente 2 Personen<br />

Lohn Emlo 1 Person<br />

49%<br />

11<br />

Innenstadt<br />

Port<br />

Arthur/Transvaal<br />

Hinte/Krummhörn<br />

sonstige<br />

An der Aufzählung des Einkommens wird deutlich, dass die überwiegende Anzahl<br />

der Klienten von staatlichen Sozialleistungen abhängig sind. <strong>Das</strong> Fehlen<br />

ausreichender finanzieller Mittel führt zu weiteren Problemen bei den<br />

Klienten (Überschuldung, Vernachlässigung der Ernährung, schlechte<br />

Wohnungseinrichtungen etc.).<br />

Lediglich ein Klient des ABW hat ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit auf<br />

dem ersten Arbeitsmarkt.<br />

2.7 Tagesstruktur und Beschäftigung<br />

An den o.g. Zahlen und den damit deutlich gemachten finanziellen


Problemen wird deutlich, dass den Klienten eine Beschäftigung (und damit<br />

einhergehend Tagesstruktur) fehlt bzw. die Tagesgestaltung oft durch<br />

Suchtmittelkonsum geprägt ist. Möglichkeiten zu Arbeit oder Beschäftigung<br />

werden oft nicht wahrgenommen, die Teilnahme an tagesstrukturierenden<br />

Angeboten gelingt oft nur zeitweise.<br />

10%<br />

3% 3%<br />

3%<br />

81%<br />

12<br />

keine<br />

Tagesstätte<br />

Emlo<br />

Tagesklinik<br />

Ausbildung<br />

Erhoben wurden hier nur Beschäftigungen oder Tagesstrukturierungen außerhalb<br />

des familiären Rahmens (also nicht Haus- und Erziehungsarbeit)<br />

2.8 Helfersystem<br />

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt ist die Vernetzung (und damit auch der<br />

Austausch und die Abstimmung) mit anderen Einrichtungen und Institutionen der<br />

Emder Suchtkrankenhilfe nicht nur sinnvoll, sondern von uns explizit gewünscht.<br />

Genannt werden im Folgenden unsere Netzwerk- und Kooperationspartner, die<br />

das Hilfesystem unserer Klienten ausmachen.<br />

Haus-und Fachärzte sind von dieser Nennung ausgenommen, da es grundsätzlich<br />

Ziel unserer Arbeit ist, KlientInnen hier anzubinden. Auch die Beratungsstellen<br />

sind in der Aufzählung nicht erwähnt, da die ABW- Klienten in der Regel diese<br />

Angebote nicht wahrnehmen.<br />

Hier sind Mehrfachnennungen möglich.<br />

Kooperationspartner KlientInnen<br />

Tagesaufenthalt 2<br />

Institutsambulanz HSK 2<br />

Bewährungshilfe 2<br />

Gesetzl. Betreuer 9<br />

Tandem 4


Tagesklinik 1<br />

Emlo 1<br />

Sozialpädagogische Familienhilfe 1<br />

Selbsthilfe 2<br />

3. Organisation<br />

3.1 Standort und Räumlichkeiten<br />

Standort des <strong>Ambulant</strong> Betreuten <strong>Wohnen</strong>s für Menschen mit Suchterkrankungen<br />

und Mehrfachdiagnosen sind die Räumlichkeiten in der Hermann-Allmers-Str. 3b<br />

in 26721 Emden.<br />

Der Arbeitsbereich ist büroorganisatorisch vom Bereich des <strong>Ambulant</strong> Bettreuten<br />

<strong>Wohnen</strong>s für Menschen mit psychischen Behinderungen getrennt.<br />

Durch die steigenden Klientenzahlen im ABW Sucht und der damit auch<br />

wachsenden Mitarbeiterzahl ist in 2009/2010 ein Umzug in neue Räumlichkeiten<br />

geplant.<br />

3.2 Mitarbeiter<br />

Die direkten und mittelbaren Betreuungsleistungen sowie indirekten Leistungen<br />

(zum Beispiel für Leitungs- und Regieaufgaben, Netzwerkarbeit) die<br />

Dokumentation der erbrachten Leistungen, die Vorbereitung von<br />

Hilfeplangesprächen, die Fortschreibung des Konzeptes etc. wurden und werden<br />

überwiegend von Diplom Sozialarbeitern/pädagogen erbracht. Ein<br />

Heilerziehungspfleger und eine Dipl.-Pädagogin, beide mit Erfahrungen in der<br />

ambulanten und stationären Behinderten- und Altenhilfe ergänzen das Team.<br />

3.3 Betreuungsplanung und Dokumentation<br />

<strong>Das</strong> <strong>Ambulant</strong> Betreute <strong>Wohnen</strong> wird nach der Einzelfallregelung finanziert.<br />

Grundlage der Betreuungs- und Begleitungsarbeit ist der im Rahmen von<br />

Hilfeplangesprächen erstellte und regelmäßig aktualisierte Hilfeplan. Hier sollen<br />

Grobziele und Richtungen gewissermaßen als Geländer für den Prozess der<br />

Betreuung und Begleitung Erwähnung finden. Wie aber bereits an anderer Stelle<br />

erwähnt, ist eine konkrete Planung und eine lineare Umsetzung der Schritte mit<br />

CMA- Klienten auf Grund ihrer beeinträchtigten Handlungsplanung sowie zum Teil<br />

ihrer kognitiven Einschränkungen nicht möglich.<br />

Auch die nicht-professionellen Ressourcen, beispielsweise von Angehörigen und<br />

weiteren soziale Bezugspersonen (aus Arbeitswelt, Freundeskreisen etc.) werden<br />

nach Absprache in die Betreuung einbezogen.<br />

13


Im Prozess der Antragstellung und Problemdiagnose werden die aktuellen<br />

Lebensführungsprobleme und die Relevanzstruktur dieser Probleme erfasst. In<br />

der Hilfeplankonferenz werden der Hilfebedarf der Klienten grob beschrieben, die<br />

erforderlichen Hilfen –wenn möglich- benannt, sowie der zeitliche Rahmen der<br />

Betreuung festgelegt. Mit jedem Verlängerungs- oder Veränderungsantrag wird<br />

ein neuer Bericht über die erfolgte Betreuung und die Lebenssituation des<br />

Betreuten erstellt.<br />

Die einzelnen Hilfemaßnahmen werden von den MitarbeiterInnen in einer<br />

Verlaufs- und Leistungsdokumentation festgehalten. Hier werden u.a. die<br />

Betreuungsinhalte, die Gesprächsergebnisse, die Einschätzung der Problemlagen<br />

sowie kurzfristige Planungen dokumentiert.<br />

3.4 Informations- und Kommunikationssystem<br />

<strong>Das</strong> ABW-Team hält wöchentlich eine Teamsitzung ab, in der Fallbesprechungen,<br />

inhaltlich-konzeptionelle Fragen sowie organisatorische Angelegenheiten<br />

verhandelt werden. Die Teamleitung ist darüber hinaus in den monatlich<br />

stattfindenden Leitungstreffen des Vereins eingebunden. Zudem finden<br />

regelmäßige fallbezogene Supervisionssitzungen und in größeren Abständen eine<br />

Beratung in medizinischen Fragen durch eine Ärztin des Klinikums Emden statt.<br />

Einmal im Monat nimmt ein ABW- Mitarbeiter an der AG Nachsorge statt, an der<br />

der Sozialdienst der psychiatrischen Stationen des HSK, der sozialpsychiatrische<br />

Dienst, die Tagesstätte Tandem und das ABW beteiligt sind.<br />

Zwei Mal im Jahr nimmt die Teamleitung an der Vollversammlung des<br />

sozialpsychiatrischen Verbundes Emden teil. Die Teamleitung ist darüber hinaus<br />

noch Mitglied des Arbeitskreises „Resozialisierung“ und des Arbeitskreises<br />

„Sucht“ des Präventionsrates der Stadt Emden. Die Teamleitung ist auch für die<br />

Vorbereitung und Durchführung der ABW- Netzwerktreffen zuständig. Im<br />

Rahmen dieser Treffen geht es primär um Rückmeldungen bezüglich der Arbeit<br />

des ABWs und um die Verbesserung der Kooperation und Abstimmung zwischen<br />

den Einrichtungen.<br />

Die Mitarbeiter des ABW nahmen im Berichtszeitraum an diversen Fachtagungen<br />

und Fortbildungen teil, unter anderem zum Thema „Hilfeplanung“ sowie<br />

„Konfliktmanagement“.<br />

3.5 Kooperation und Außenkontakte<br />

Klientenbezogene Kooperationen und Kontakte gab es in 2008 mit Mitarbeitern<br />

aus folgenden Einrichtungen:<br />

Sozialpsychiatrischer Dienst Emden, Leer und Aurich<br />

(Psychiatrische) Klinik des Klinikums Emden<br />

Sozialer Dienst des Klinikums Emden<br />

<strong>Ambulant</strong>e Psychotherapeuten<br />

Sozialstation/ambulante Pflegedienste<br />

14


Niedergelassene (Nerven-)Ärzte<br />

Bewährungshilfe<br />

JVA Emden<br />

Tagesstätte „Tandem“<br />

Beruflicher Integrationsdienst (BID)<br />

Tagesaufenthalt<br />

Wohnheime<br />

gerichtlich bestellte Betreuer<br />

Drogenberatungsstelle<br />

Suchtberatungsstelle<br />

Selbsthilfegruppen im Bereich der Suchtkranken<br />

Arbeitsagentur und ARGE<br />

Bewährungshilfe<br />

Ostfriesische Gesellschaft für soziale und psychische Gesundheit gGmbH<br />

Stadt Emden, FD Sozialamt, FD Wohngeld, FD Grundsicherung etc.<br />

Schuldnerberatung<br />

Verein für Menschen in Wohnungsnot, Emden<br />

Vermieter<br />

Cafe „An`t Land“<br />

Zur gegenseitigen Information über Konzepte und für die Entwicklung von<br />

Arbeitsgrundlagen für eine konstruktive Zusammenarbeit fanden nach Bedarf<br />

Gespräche mit den MitarbeiterInnen der unterschiedlichen Einrichtungen statt.<br />

4. Bewertung der Arbeit<br />

Sowohl Mitarbeiter als auch Klienten des ABW haben ein ereignisreiches Jahr<br />

2008 erlebt. In der zweiten Hälfte des Jahres gab es einen Wechsel in der<br />

Teamleitung, weil sich der Verein von der bis dato tätigen Teamleitung trennen<br />

musste. Nach der Neubesetzung der Teamleitung und vorheriger Turbulenzen,<br />

u.a. Kündigung von Betreuungsvereinbarungen, musste sich das Team neu<br />

finden und reorganisieren.<br />

Trotz der zum Teil unerfreulichen Ereignisse ist es den Mitarbeitern gelungen,<br />

das ABW- System wieder zu beruhigen und die engagierte und qualifizierte Arbeit<br />

fortzusetzen bzw. weiter zu entwickeln.<br />

Auch wenn wir es in letzter Zeit nicht immer durchgehalten haben, die<br />

Betreuungskontinuität zu wahren, ist es weiterhin nicht nur unser Wunsch,<br />

sondern ein Teil unserer professionellen Haltung, alles dafür zu tun, dass<br />

Klienten verlässliche, vertrauensvolle Betreuungsbeziehungen erleben. Wir<br />

wissen, dass für Menschen, die auf Grund ihrer Erkrankung und Behinderung in<br />

ihrer Kontaktaufnahme und –pflege eingeschränkt sind, eine feste (und sie<br />

langfristig begleitende) Bezugsperson enorm wichtig ist. Ein Auftrag an uns, dies<br />

zunehmend mehr zu realisieren.<br />

Auffällig ist, dass im letzten Jahr viele Klienten von Wohnungslosigkeit bedroht<br />

waren oder auch tatsächlich ihre Wohnung verloren haben. Ursächlich hierfür<br />

waren oft finanzielle Schwierigkeiten, wie z.B. Mietrückstände, aber auch<br />

15


Streitigkeiten mit Nachbarn der Hausgemeinschaft oder dem Vermieter.<br />

In diesen Fällen ist fachlich gute Beratung und Begleitung besonders gefragt.<br />

Wie in Punkt 2.6 bereits erwähnt, sind die meisten unserer Klienten Empfänger<br />

von Sozialleistungen wie Grundsicherung, ALG II etc. Oft können sie finanzielle<br />

Verpflichtungen nicht erfüllen, haben hohe Schulden. Hier war in vielen Fällen<br />

eine Kontaktaufnahme zur Schuldnerberatung unentbehrlich und sehr hilfreich.<br />

Auch die Versorgung mit Mitteln des täglichen Bedarfs ist bei vielen ABW-<br />

Klienten schwierig. Hier bieten die Mitarbeiter vielfältige Hilfen an, indem<br />

beispielsweise den Klienten die Möglichkeit gegeben wird, ihr Geld zusammen mit<br />

Mitarbeitern bzw. der Bezugsperson zu verwalten und einzuteilen.<br />

Auch die Planung und Durchführung gemeinsamer Einkäufe zur Sicherstellung<br />

der Grundversorgung mit Lebensmitteln ist hier zu nennen.<br />

Wie schon aus unserer Statistik deutlich wird, leidet ein Großteil unserer Klienten<br />

an einer chronischen Abhängigkeitserkrankung (mit all seinen Folgen für die<br />

Selbstsorge, Selbstorganisation …). Hier beschränkt sich unsere Unterstützung<br />

oft auf basale Hilfen zur Sicherstellung des Überlebens, um eine Verfestigung<br />

oder Verschlimmerung von gesundheitlichen Schädigungen und sonstigen<br />

Problemen (Isolation, extreme Verwahrlosung) zu verhindern.<br />

Fallbeispiel:<br />

Bei Herrn G. liegt seit vielen Jahren eine chronifizierte Alkoholabhängigkeit vor. In den<br />

Jahren der Erkrankung ist es zu mehr als 150 Aufnahmen im Klinikum Emden<br />

gekommen.<br />

Im Laufe der Jahre hat Herr G. verschiedene Versuche unternommen, in unterschiedlich<br />

ausgerichteten sozialtherapeutischen Einrichtungen zu leben.<br />

<strong>Das</strong> gefährliche und unkontrollierte Trinkverhalten in Form von lebensbedrohlichen<br />

Exzessen setzte sich jedoch immer weiter fort, so dass all diese Versuche scheiterten.<br />

Während eines etwa anderthalbjährigen Aufenthaltes in einer geschlossenen Einrichtung<br />

hat Herr G. sich soweit stabilisieren können, dass er dort entlassen werden konnte.<br />

Im Winter 2007 zog Herr G. wieder nach Emden und wurde in das ABW für Suchtkranke<br />

aufgenommen.<br />

Zu dieser Zeit war Herr G. wohnungslos, lebte bei einem nahen Verwandten in Emden.<br />

Ziel der Maßnahme war es, Herrn G. bei der Wohnungssuche zu unterstützen und Herrn<br />

G. im Alltag zu stabilisieren.<br />

Trotz intensiven Bemühens war die Wohnungssuche für den Klienten erfolglos, so dass<br />

der Klient im Frühjahr 2008 beschloss, wieder in ein stationäres <strong>Wohnen</strong> zu ziehen.<br />

Die Unterstützung und Hinführung zu dem stationären Wohnangebot verlief kooperativ<br />

zwischen Klient, der ABW- Bezugsperson und dem juristischen Betreuer.<br />

Seit Juli 2008 wird Herr G. wieder im ABW betreut, mit 5 Wochenstunden und 2<br />

Kontakten pro Woche. Er lebt mittlerweile in seiner eigenen Wohnung, kümmert sich<br />

weitgehend selbständig um Haushalt und Einkäufe. Unser Angebot nutzt er in Form von<br />

reflektierenden, unterstützenden Gesprächen. Auch die Einrichtung und der Erhalt der<br />

Wohnung ist Bestandteil unserer Betreuung. Er wird regelmäßig begleitet, seine<br />

medizinische Versorgung wahrzunehmen.<br />

Der Klient lebt seit August 2008 vom Alkohol abstinent, unterbrochen durch eine<br />

zweiwöchige Rückfallphase im September 2008.<br />

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Er besucht regelmäßig die Suchtgruppe/Gruppenangebote der hiesigen psychiatrischen<br />

Klinik, sowie eine Selbsthilfegruppe in seinem Stadtteil.<br />

Herr G. hat mittlerweile wieder regelmäßigen Kontakt zur Mutter seines jüngsten Sohnes,<br />

sowie zu seinem erwachsenen Stiefsohn.<br />

Für das Jahr 2009 plant er, sich bei der EMLO zu bewerben, um wieder einer geregelten<br />

Arbeit nachgehen zu können. Hier hat er in der Vergangenheit schon einmal gearbeitet.<br />

Die Arbeit in der Werkstatt hat ihm in der Vergangenheit viel bedeutet, so dass eine<br />

erneute Aufnahme sicherlich der weiteren Stabilisierung förderlich wäre.<br />

Anmerkung:<br />

<strong>Das</strong> Beispiel von Herrn G. zeigt, dass Umwege möglich sein müssen, um zum Ziel zu<br />

kommen. Herr G. brauchte offensichtlich zeitweilig ein stationäres Setting und auch Zeit,<br />

um sich mit seiner Sucht und den Ursachen auseinandersetzen zu können, genauso wie<br />

er das ambulante Setting und die dortigen Unterstützungsleistungen benötigte, die<br />

Schritte außerhalb einer Sondereinrichtung gehen zu können und sich darüber mehr und<br />

mehr zu stabilisieren, Erfolge in der Alltagsbewältigung, im Umgang mit Konflikten, mit<br />

seinem sozialen Umfeld zu sehen und zu erfahren, die ihn dann sukzessive zu weiteren<br />

kleinen Schritten weg vom Suchtmittelmissbrauch gebracht haben, so dass jetzt sogar<br />

wieder eine regelmäßige Beschäftigung angestrebt wird, d.h. auch über<br />

Zukunftsgestaltung nachgedacht wird. Der Faktor Zeit, die Umwege und das Tempo<br />

waren für Herrn G. letztlich wirksam, sicherlich, alles wurde zurückhaltend bis<br />

konfrontativ professionell begleitet, aber keine evidenzbasierte Maßnahme und keine<br />

ausgefeilte Hilfeplanung ohne Berücksichtigung der Bedürfnisse, der Wünsche, des<br />

Leidensdrucks, der Krisenkompetenz, der Ressourcen von Herrn G. hätte zu diesem<br />

Ergebnis geführt.<br />

5. Ausblick<br />

In den Jahren 2009ff. wünschen wir uns auch weiterhin ein reges Interesse an<br />

unserem Begleitungs- und Betreuungsangebot im Bereich der Stadt Emden und<br />

in den Gemeinden Hinte und Krummhörn. Wir möchten unsere Betreuungs- und<br />

Begleitungsarbeit noch besser machen, wir möchten unsere Erfahrungen in der<br />

direkten Klienten- und Beziehungsarbeit zum Anlass nehmen, das Angebot an die<br />

chronisch mehrfach beeinträchtigten Abhängigkeitskranken, zu optimieren,<br />

weiter zu entwickeln, um noch mehr Zufriedenheit und die Verbesserung der<br />

Lebensqualität zu erreichen.<br />

Wir möchten aber auch gegenüber dem Kosten- und Leistungsträgern und<br />

unseren Netzwerkpartnern weiterhin deutlich machen, dass wir für fachlich gute<br />

und qualitätsvolle Arbeit stehen, für Zuverlässigkeit, Flexibilität, Entwicklung und<br />

stets offen sind für neue Ideen und Anregungen.<br />

Da ein Großteil unserer Klienten keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgeht<br />

und oftmals ohne feste Struktur den Tag durchlebt, wollen wir uns in nächster<br />

Zeit inhaltlich-konzeptionell mehr um niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten,<br />

beispielsweise als Zuverdienst oder als Arbeitsgelegenheit,<br />

kümmern. Wir können uns aber auch „Individuelle Arbeitsbegleitung“ (IAB) als<br />

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Eingliederungshilfemaßnahme gemäß § 53f. SGB XII vorstellen. Hier sehen wir<br />

insgesamt noch einen großen Handlungsbedarf, den wir auch bereits in<br />

Planungsgremien des Vereins eingebracht haben. In Anlehnung an einen Satz<br />

von K. Dörner möchten wir sagen: Auch Suchtkranke wollen „eine Tagesdosis an<br />

Bedeutung für Andere haben“.<br />

Zudem möchten wir gerne CMA- Klienten mit komplexem Hilfebedarf in einem<br />

niedrigschwelligen Setting, wie bspw. „Hotelplus“ oder im Rahmen eines Intensiv<br />

Betreuten <strong>Wohnen</strong>s (IBW) begleiten. Hierfür wären auch ergänzende Hilfen<br />

(psychiatrische Pflege, haushaltsnahes Dienstleistungsangebot etc.) zu<br />

organisieren bzw. zu entwickeln.<br />

Wir wollen uns in Zukunft noch mehr mit den Themen (Rückfall)-Prävention,<br />

suchtspezifische Diagnostik, Psychodynamik von Suchterkrankungen,<br />

psychoedukative Unterstützungsmöglichkeiten, besonderen Angeboten für<br />

Frauen, aufsuchende Hilfen in der „Szene“ und dem System der<br />

Suchtkrankenhilfe als eine Art „Verantwortungsgemeinschaft“ auseinandersetzen.<br />

Wir denken, dass es in Emden ein gut abgestimmtes Versorgungskonzept, ein<br />

Netzwerk der Leistungsanbieter, geben sollte, bei dem die einzelnen<br />

Leistungserbringer an definierten Stellen einen bestimmten Auftrag erfüllen. Die<br />

Schnittstellen sollten definiert, Aufgaben der jeweiligen Seiten sowie<br />

Qualitätsstandards festgelegt und die Zusammenarbeit geregelt werden. Wir<br />

möchten unseren Beitrag dazu leisten!<br />

„Wer vom Ziel nichts weiß,<br />

kann den Weg nicht haben,<br />

wird im selben Kreis<br />

all sein Leben traben.“<br />

Christian Morgenstern<br />

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Kontakt<br />

DAS BOOT e.V. – Verein zur Förderung<br />

seelischer Gesundheit<br />

<strong>Ambulant</strong> <strong>Betreutes</strong> <strong>Wohnen</strong> für<br />

Menschen mit Suchterkrankungen und<br />

Mehrfachdiagnosen<br />

Teamleitung: Andrea Hoffmann<br />

Hermann-Allmers-Str. 3b<br />

26721 Emden<br />

Telefon: 04921 – 395552<br />

Fax: 04921 – 680 93 08<br />

Mobil: 0160 – 421 65 98<br />

e-mail: hoffmann-das.boot@ewetel.net<br />

Sprechstunde:<br />

Donnerstag: 9.00 – 11.00 Uhr<br />

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