erfahren sie mehr.... - kaese guilde saint uguzon
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Einen wie Anton Holzinger findet man nur sehr selten:<br />
auf die Natur konzentriert und dabei weltoffen,<br />
voller Lebens- und Genussfreude, aber penibel und<br />
streng, wenn es um beste Lebensmittel geht<br />
Anton Holzinger<br />
Biokäserei Zurwies<br />
Da staunten die 1.200 Französinnen und<br />
Franzosen nicht schlecht, als <strong>sie</strong> Anton Holzingers<br />
Käse-Buffet beim Empfang in der<br />
Deutschen Botschaft in Paris sahen und sich<br />
durch seine 22 verschiedenen Weichkäsesorten<br />
probierten. Dass solche Käse außerhalb<br />
der Grand Nation entstanden sein<br />
könnten, erschien ihnen unvorstellbar.<br />
Und doch: Der Käse stammte aus<br />
dem Allgäu. In Deuchelried, nahe<br />
Wangen, zweigt ein Sträßchen ab,<br />
das sich durch die saftig-grünen<br />
Wiesen zum etwa 650 m hoch gelegenen<br />
Zurwies schlängelt. Aber<br />
es sind nicht diese Wiesen, die<br />
dem Weiler seinen Namen gaben.<br />
Viel<strong>mehr</strong> war es ein »Wisbildlein«,<br />
das Christus an der Geiselsäule<br />
darstellte, das noch bis vor etwa<br />
50 Jahren hier stand.<br />
Heute ist Zurwies wegen der Biokäserei<br />
gleichen Namens weit über die Grenzen des All-<br />
gäus hinaus bekannt. Geführt wird <strong>sie</strong> von Anton<br />
Holzinger und seiner Tochter Lissy, beide Käsemeister<br />
und beide »Überzeugungstäter«, wenn es um<br />
hochwertigste Bio-Produkte geht. Was machen die<br />
beiden anders als die anderen? Warum schmecken<br />
ihre Käse besser, aromatischer, ja eigentlich »echter«<br />
als die vieler anderer Produzenten?<br />
»Wie wir das machen?«, die Frage scheint Anton<br />
Holzinger zu amü<strong>sie</strong>ren, er fährt mit beiden Händen<br />
durch seinen Rauschebart, über dem, irgendwie von<br />
innen lachende, Augen blitzen, und antwortet: »Wir<br />
machen Käse, ganz einfach Käse – so, wie es sich<br />
gehört. Ohne Chemie, ohne Zusatzstoffe und ohne<br />
diese synthetischen ›Geschmacksergänzungsmittel‹<br />
und all den übrigen Quatsch, der heute vielfach<br />
das Aroma ›optimieren‹ soll und von manchen<br />
Nahrungsmittel-Konzernen gnadenlos<br />
eingesetzt wird. Das braucht’s doch<br />
alles überhaupt nicht, denn<br />
wirklich guten Käse kann<br />
man nur aus wirklich guter<br />
Milch machen. Darum<br />
verarbeiten wir<br />
ausschließlich Milch von Bio-Bauern, die nach den<br />
Richtlinien von Demeter und Bioland wirtschaften.«<br />
Diese Richtlinien verpflichten die Bauern zur artgerechten<br />
Tierhaltung, Verzicht auf jegliche Art von<br />
Chemie wie Kunstdünger, Herbizide oder Pestizide,<br />
um nur einige Beispiele<br />
zu nennen. Silo- und<br />
Milchleistungsfutter sind<br />
ebenso verboten wie<br />
Soja schrot. Die Kühe sind<br />
im Sommer auf der Weide,<br />
im Winter bekommen<br />
<strong>sie</strong> nur betriebseigenes<br />
Heu. Sollte dieses nicht<br />
ausreichen, müssen die<br />
Futterzukäufe selbstverständlich<br />
Bioqualität<br />
aufweisen und zudem<br />
mit Anton Holzinger abgesprochen<br />
werden. Das<br />
ist für den Käsemeister<br />
nicht verhandelbar. Muss<br />
es auch nicht, denn die<br />
22 Biobauern in und<br />
um Wangen, von denen<br />
täglich insgesamt 10.000 l Milch in die Biokäserei<br />
Zurwies geliefert werden, sind durchaus damit einverstanden.<br />
Zum einen entspricht es ihrer eigenen<br />
Philosophie, zum anderen wird die von ihnen gelieferte<br />
Milch entsprechend gut bezahlt: Zusätzlich<br />
zum Kilo-Grundpreis von zur Zeit 43,5 Cent legt<br />
Holzinger jeweils pro Kilogramm (!) Milch so manchen<br />
Cent drauf: 2 Cent als Qualitätszuschlag und<br />
in den Wintermonaten (Oktober bis März) 6,5 Cent<br />
Fütterungszuschlag. Das rechnet sich für beide<br />
Seiten und garantiert allen Beteiligten höchste Biokäsequalität.<br />
Seit 1991 werden in Zurwies Weichkäse in<br />
Manufaktur hergestellt, woran sich auch nach<br />
mensch & produkt<br />
»<br />
Viele seiner 22 Käsesorten werden<br />
nach dem Ende der Reifezeit<br />
außer in Käsepapier zusätzlich in<br />
Spanschachteln verpackt, bevor<br />
<strong>sie</strong> in den Handel kommen. Auch<br />
das Verpacken und Etikettieren<br />
der Schachteln geschieht in<br />
Zurwies ausschließlich in Handarbeit<br />
– wie alles andere auch<br />
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88<br />
Stolz präsentiert Anton Holzinger apéro-<br />
Chefredakteurin Mechthild Piepenbrock-<br />
Fischer einen gereiften Vacherin, den<br />
einzigen aus deutscher Produktion.<br />
Chromblitzende Geräte täuschen nicht<br />
darüber hinweg, dass hier nichts »vom<br />
Band« läuft; jeder einzelne Käse wird von<br />
Hand gefertigt<br />
dem »großen Umbau« nichts geändert hat. Rund<br />
vier Millionen Euro investierte Anton Holzinger in<br />
den letzten fünf Jahren in den Vorzeige-Betrieb, inklusive<br />
eines Zuschauerganges für interes<strong>sie</strong>rte Besucher,<br />
die er – wenn er es eben ermöglichen kann<br />
– selbst führt und informiert.<br />
Kapitalbewegungen in dieser Größenordnung,<br />
und dazu auch noch in einem mittelgroßen Handwerksbetrieb,<br />
sind im ländlichen Raum nicht gerade<br />
an der Tagesordnung, sorgen darum natürlich für<br />
öffentliche Verwirrung, zahlreiche Stammtisch-Diskussionen<br />
wie -Prognosen und nicht zuletzt für Neider.<br />
Genügend Gründe dafür, dass Holzinger sehr<br />
offen zu seinen Bauern ist. Zum Beispiel haben diese<br />
jedes Jahr die Möglichkeit, seine aktuelle Bilanz<br />
zu lesen. Über unsere Verblüffung darüber lacht er<br />
nur, streicht durch seinen Bart und sagt: »In jeder<br />
Partnerschaft müssen sich beide Seiten aufeinander<br />
verlassen können. Das geht nur über ehrliche Offenheit;<br />
nur <strong>sie</strong> schafft Vertrauen und gegenseitiges<br />
Verantwortungsgefühl.« Der persönliche Kontakt<br />
mit seinen Bauern ist ihm generell sehr wichtig, und<br />
so wundert es nicht, dass gemeinsame Sommerfeste<br />
und Weihnachtsfeiern inzwischen in Zurwies<br />
bereits Tradition haben.<br />
22 verschiedene Weichkäsesorten werden zur<br />
Zeit von ihm und seinen 14 Mitarbeitern (inklusive<br />
vier Auszubildenden) gefertigt, darunter der einzige<br />
Vacherin Deutschlands, der hier überraschenderweise<br />
volle 9 Monate reifen darf. Das Ergebnis riecht<br />
man, sobald man die Spanschachtel aus französischer<br />
Fichte öffnet, und man schmeckt es. Schmeckt<br />
es so intensiv, dass das häufig mal so Dahingesagte<br />
»Das ist ja zum Niederknieen!« plötzlich eine recht<br />
real vorstellbare Bedeutung bekommt. Anton Holzinger<br />
liebt reife Käse, »Käse schmeckt nur, wenn er<br />
– natürlich bei richtiger Lagerung – das ›offizielle‹<br />
Haltbarkeitsdatum bereits überschritten hat. Und<br />
es stimmt auch nicht, dass die Leute hierzulande<br />
nur milde Käse essen wollen, wie immer behauptet<br />
wird«, sagt er.<br />
Relativ neu in seinem Sortiment sind zwei feste<br />
Käse, ein Roquefort und ein Tilsiter. Weitere folgen<br />
sicherlich, denn Stillstand und Ruhe sind wohl nichts<br />
für den temperamentvollen 62-Jährigen, der jedoch<br />
schmunzelnd von sich behauptet, inzwischen schon<br />
sehr zahm geworden zu sein und heute wirklich niemals<br />
<strong>mehr</strong> tue, als er wirklich und wahrhaftig wolle.<br />
Offensichtlich will er aber doch immer noch so<br />
einiges <strong>mehr</strong> bewegen. Bereits seit drei Jahren produziert<br />
er neben Käse Bio-Joghurt in verschiedenen<br />
Geschmacksrichtungen, und im März wollen er und<br />
Tochter Lissy mit der Herstellung von Ziegenkäse<br />
beginnen. Die Testphase ist bereits abgeschlossen,<br />
die Rezepturen stehen, die Demeter-Zertifizierung<br />
für die Ziegenmilch soll bis dahin auch vorliegen. Da<br />
stellt sich zwangsläufig die Frage, wie Käse-Rezep-<br />
turen überhaupt entwickelt werden. »Ganz einfach,<br />
genau wie beim Kochen«, lacht Anton Holzinger,<br />
»ausprobieren, schmecken und neu anfangen – so<br />
lange, bis man zufrieden ist.«<br />
Verkauft werden seine Produkte durch den Vertriebspartner<br />
ÖMA (Ökologische Molkereien Allgäu)<br />
in vielen Naturkostgeschäften in ganz Deutschland,<br />
in verschiedenen Käsegeschäften und auf Wochenmärkten.<br />
In Wangen führen die Holzingers das Geschäft<br />
»Alles Bio Käse«, in Zurwies haben <strong>sie</strong> natürlich<br />
einen kleinen Molkereiladen, und dann gibt’s auch<br />
noch den Internet-Shop www.allesbio<strong>kaese</strong>.de,<br />
den nicht zuletzt die ausländischen Zurwies-Liebhaber<br />
nutzen. Und die melden sich unter anderem<br />
aus Großbritannien, den USA, Singapur, Japan oder<br />
Südafrika – und ja, auch aus Frankreich.<br />
mensch & produkt<br />
Mechthild Piepenbrock-Fischer<br />
Käserei<br />
Zurwies GmbH<br />
Zurwies 11<br />
88239 Wangen im Allgäu<br />
Tel.: 07522 - 55 81<br />
www.zurwies.com<br />
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