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erfahren sie mehr.... - kaese guilde saint uguzon

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86<br />

Einen wie Anton Holzinger findet man nur sehr selten:<br />

auf die Natur konzentriert und dabei weltoffen,<br />

voller Lebens- und Genussfreude, aber penibel und<br />

streng, wenn es um beste Lebensmittel geht<br />

Anton Holzinger<br />

Biokäserei Zurwies<br />

Da staunten die 1.200 Französinnen und<br />

Franzosen nicht schlecht, als <strong>sie</strong> Anton Holzingers<br />

Käse-Buffet beim Empfang in der<br />

Deutschen Botschaft in Paris sahen und sich<br />

durch seine 22 verschiedenen Weichkäsesorten<br />

probierten. Dass solche Käse außerhalb<br />

der Grand Nation entstanden sein<br />

könnten, erschien ihnen unvorstellbar.<br />

Und doch: Der Käse stammte aus<br />

dem Allgäu. In Deuchelried, nahe<br />

Wangen, zweigt ein Sträßchen ab,<br />

das sich durch die saftig-grünen<br />

Wiesen zum etwa 650 m hoch gelegenen<br />

Zurwies schlängelt. Aber<br />

es sind nicht diese Wiesen, die<br />

dem Weiler seinen Namen gaben.<br />

Viel<strong>mehr</strong> war es ein »Wisbildlein«,<br />

das Christus an der Geiselsäule<br />

darstellte, das noch bis vor etwa<br />

50 Jahren hier stand.<br />

Heute ist Zurwies wegen der Biokäserei<br />

gleichen Namens weit über die Grenzen des All-<br />

gäus hinaus bekannt. Geführt wird <strong>sie</strong> von Anton<br />

Holzinger und seiner Tochter Lissy, beide Käsemeister<br />

und beide »Überzeugungstäter«, wenn es um<br />

hochwertigste Bio-Produkte geht. Was machen die<br />

beiden anders als die anderen? Warum schmecken<br />

ihre Käse besser, aromatischer, ja eigentlich »echter«<br />

als die vieler anderer Produzenten?<br />

»Wie wir das machen?«, die Frage scheint Anton<br />

Holzinger zu amü<strong>sie</strong>ren, er fährt mit beiden Händen<br />

durch seinen Rauschebart, über dem, irgendwie von<br />

innen lachende, Augen blitzen, und antwortet: »Wir<br />

machen Käse, ganz einfach Käse – so, wie es sich<br />

gehört. Ohne Chemie, ohne Zusatzstoffe und ohne<br />

diese synthetischen ›Geschmacksergänzungsmittel‹<br />

und all den übrigen Quatsch, der heute vielfach<br />

das Aroma ›optimieren‹ soll und von manchen<br />

Nahrungsmittel-Konzernen gnadenlos<br />

eingesetzt wird. Das braucht’s doch<br />

alles überhaupt nicht, denn<br />

wirklich guten Käse kann<br />

man nur aus wirklich guter<br />

Milch machen. Darum<br />

verarbeiten wir<br />

ausschließlich Milch von Bio-Bauern, die nach den<br />

Richtlinien von Demeter und Bioland wirtschaften.«<br />

Diese Richtlinien verpflichten die Bauern zur artgerechten<br />

Tierhaltung, Verzicht auf jegliche Art von<br />

Chemie wie Kunstdünger, Herbizide oder Pestizide,<br />

um nur einige Beispiele<br />

zu nennen. Silo- und<br />

Milchleistungsfutter sind<br />

ebenso verboten wie<br />

Soja schrot. Die Kühe sind<br />

im Sommer auf der Weide,<br />

im Winter bekommen<br />

<strong>sie</strong> nur betriebseigenes<br />

Heu. Sollte dieses nicht<br />

ausreichen, müssen die<br />

Futterzukäufe selbstverständlich<br />

Bioqualität<br />

aufweisen und zudem<br />

mit Anton Holzinger abgesprochen<br />

werden. Das<br />

ist für den Käsemeister<br />

nicht verhandelbar. Muss<br />

es auch nicht, denn die<br />

22 Biobauern in und<br />

um Wangen, von denen<br />

täglich insgesamt 10.000 l Milch in die Biokäserei<br />

Zurwies geliefert werden, sind durchaus damit einverstanden.<br />

Zum einen entspricht es ihrer eigenen<br />

Philosophie, zum anderen wird die von ihnen gelieferte<br />

Milch entsprechend gut bezahlt: Zusätzlich<br />

zum Kilo-Grundpreis von zur Zeit 43,5 Cent legt<br />

Holzinger jeweils pro Kilogramm (!) Milch so manchen<br />

Cent drauf: 2 Cent als Qualitätszuschlag und<br />

in den Wintermonaten (Oktober bis März) 6,5 Cent<br />

Fütterungszuschlag. Das rechnet sich für beide<br />

Seiten und garantiert allen Beteiligten höchste Biokäsequalität.<br />

Seit 1991 werden in Zurwies Weichkäse in<br />

Manufaktur hergestellt, woran sich auch nach<br />

mensch & produkt<br />

»<br />

Viele seiner 22 Käsesorten werden<br />

nach dem Ende der Reifezeit<br />

außer in Käsepapier zusätzlich in<br />

Spanschachteln verpackt, bevor<br />

<strong>sie</strong> in den Handel kommen. Auch<br />

das Verpacken und Etikettieren<br />

der Schachteln geschieht in<br />

Zurwies ausschließlich in Handarbeit<br />

– wie alles andere auch<br />

87


88<br />

Stolz präsentiert Anton Holzinger apéro-<br />

Chefredakteurin Mechthild Piepenbrock-<br />

Fischer einen gereiften Vacherin, den<br />

einzigen aus deutscher Produktion.<br />

Chromblitzende Geräte täuschen nicht<br />

darüber hinweg, dass hier nichts »vom<br />

Band« läuft; jeder einzelne Käse wird von<br />

Hand gefertigt<br />

dem »großen Umbau« nichts geändert hat. Rund<br />

vier Millionen Euro investierte Anton Holzinger in<br />

den letzten fünf Jahren in den Vorzeige-Betrieb, inklusive<br />

eines Zuschauerganges für interes<strong>sie</strong>rte Besucher,<br />

die er – wenn er es eben ermöglichen kann<br />

– selbst führt und informiert.<br />

Kapitalbewegungen in dieser Größenordnung,<br />

und dazu auch noch in einem mittelgroßen Handwerksbetrieb,<br />

sind im ländlichen Raum nicht gerade<br />

an der Tagesordnung, sorgen darum natürlich für<br />

öffentliche Verwirrung, zahlreiche Stammtisch-Diskussionen<br />

wie -Prognosen und nicht zuletzt für Neider.<br />

Genügend Gründe dafür, dass Holzinger sehr<br />

offen zu seinen Bauern ist. Zum Beispiel haben diese<br />

jedes Jahr die Möglichkeit, seine aktuelle Bilanz<br />

zu lesen. Über unsere Verblüffung darüber lacht er<br />

nur, streicht durch seinen Bart und sagt: »In jeder<br />

Partnerschaft müssen sich beide Seiten aufeinander<br />

verlassen können. Das geht nur über ehrliche Offenheit;<br />

nur <strong>sie</strong> schafft Vertrauen und gegenseitiges<br />

Verantwortungsgefühl.« Der persönliche Kontakt<br />

mit seinen Bauern ist ihm generell sehr wichtig, und<br />

so wundert es nicht, dass gemeinsame Sommerfeste<br />

und Weihnachtsfeiern inzwischen in Zurwies<br />

bereits Tradition haben.<br />

22 verschiedene Weichkäsesorten werden zur<br />

Zeit von ihm und seinen 14 Mitarbeitern (inklusive<br />

vier Auszubildenden) gefertigt, darunter der einzige<br />

Vacherin Deutschlands, der hier überraschenderweise<br />

volle 9 Monate reifen darf. Das Ergebnis riecht<br />

man, sobald man die Spanschachtel aus französischer<br />

Fichte öffnet, und man schmeckt es. Schmeckt<br />

es so intensiv, dass das häufig mal so Dahingesagte<br />

»Das ist ja zum Niederknieen!« plötzlich eine recht<br />

real vorstellbare Bedeutung bekommt. Anton Holzinger<br />

liebt reife Käse, »Käse schmeckt nur, wenn er<br />

– natürlich bei richtiger Lagerung – das ›offizielle‹<br />

Haltbarkeitsdatum bereits überschritten hat. Und<br />

es stimmt auch nicht, dass die Leute hierzulande<br />

nur milde Käse essen wollen, wie immer behauptet<br />

wird«, sagt er.<br />

Relativ neu in seinem Sortiment sind zwei feste<br />

Käse, ein Roquefort und ein Tilsiter. Weitere folgen<br />

sicherlich, denn Stillstand und Ruhe sind wohl nichts<br />

für den temperamentvollen 62-Jährigen, der jedoch<br />

schmunzelnd von sich behauptet, inzwischen schon<br />

sehr zahm geworden zu sein und heute wirklich niemals<br />

<strong>mehr</strong> tue, als er wirklich und wahrhaftig wolle.<br />

Offensichtlich will er aber doch immer noch so<br />

einiges <strong>mehr</strong> bewegen. Bereits seit drei Jahren produziert<br />

er neben Käse Bio-Joghurt in verschiedenen<br />

Geschmacksrichtungen, und im März wollen er und<br />

Tochter Lissy mit der Herstellung von Ziegenkäse<br />

beginnen. Die Testphase ist bereits abgeschlossen,<br />

die Rezepturen stehen, die Demeter-Zertifizierung<br />

für die Ziegenmilch soll bis dahin auch vorliegen. Da<br />

stellt sich zwangsläufig die Frage, wie Käse-Rezep-<br />

turen überhaupt entwickelt werden. »Ganz einfach,<br />

genau wie beim Kochen«, lacht Anton Holzinger,<br />

»ausprobieren, schmecken und neu anfangen – so<br />

lange, bis man zufrieden ist.«<br />

Verkauft werden seine Produkte durch den Vertriebspartner<br />

ÖMA (Ökologische Molkereien Allgäu)<br />

in vielen Naturkostgeschäften in ganz Deutschland,<br />

in verschiedenen Käsegeschäften und auf Wochenmärkten.<br />

In Wangen führen die Holzingers das Geschäft<br />

»Alles Bio Käse«, in Zurwies haben <strong>sie</strong> natürlich<br />

einen kleinen Molkereiladen, und dann gibt’s auch<br />

noch den Internet-Shop www.allesbio<strong>kaese</strong>.de,<br />

den nicht zuletzt die ausländischen Zurwies-Liebhaber<br />

nutzen. Und die melden sich unter anderem<br />

aus Großbritannien, den USA, Singapur, Japan oder<br />

Südafrika – und ja, auch aus Frankreich.<br />

mensch & produkt<br />

Mechthild Piepenbrock-Fischer<br />

Käserei<br />

Zurwies GmbH<br />

Zurwies 11<br />

88239 Wangen im Allgäu<br />

Tel.: 07522 - 55 81<br />

www.zurwies.com<br />

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