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Neuseeland - marina.ch - marina.ch - das nautische Magazin der ...

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Na<strong>ch</strong> erholsamem Zwis<strong>ch</strong>en-<br />

halt im ges<strong>ch</strong>ützten Minerva-<br />

Riff mit dessen prä<strong>ch</strong>tigen Un-<br />

terwasserwelt beginnt die Reise<br />

na<strong>ch</strong> <strong>Neuseeland</strong> mit einem<br />

Riss im Grosssegel.<br />

TexT und FoTos: RoLF eRne<br />

«nØRd-nØRd von AnnA-MARIA – AnnA-MARIA<br />

ruft nØRd» – tönt die wohltuende stimme von Winfried<br />

aus dem Lautspre<strong>ch</strong>er unseres ssB-Transceivers<br />

(single side Band).es ist a<strong>ch</strong>t uhr morgens und Zeit<br />

für die tägli<strong>ch</strong>e Wetterrunde. Winfried – offizier <strong>der</strong><br />

deuts<strong>ch</strong>en Bundeswehr im Ruhestand – segelt seit<br />

über se<strong>ch</strong>s Jahren im südwestpazifik und kennt die<br />

Gegend wie seine Westentas<strong>ch</strong>e. Tägli<strong>ch</strong> analysiert er<br />

an Bord seiner Ya<strong>ch</strong>t Wetterdaten aus vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Quellen, verglei<strong>ch</strong>t Computermodelle und gibt standortspezifis<strong>ch</strong>e<br />

Prognosen an deuts<strong>ch</strong>spra<strong>ch</strong>ige Ya<strong>ch</strong>ties<br />

weiter. eigene Beoba<strong>ch</strong>tungen, Wetterfaxe und<br />

Grib-Files ergänzen Winfrieds eins<strong>ch</strong>ätzungen. so<br />

können wir uns über die bevorstehenden Wetter- und<br />

seebedingungen ein Bild ma<strong>ch</strong>en: na<strong>ch</strong> vier s<strong>ch</strong>önen<br />

Tagen mit mässigem Wind aus ostsüdost wird heute<br />

Abend eine Front direkt über uns hinweg ziehen.<br />

Auf den restli<strong>ch</strong>en 500 Meilen bis opua werden wir<br />

uns nun, zu Beginn <strong>der</strong> westpazifis<strong>ch</strong>en Hurrikanzeit<br />

zwis<strong>ch</strong>en Mitte und ende november, mit Gegenwind<br />

von zwis<strong>ch</strong>en 25 und 35 Knoten und entspre<strong>ch</strong>endem<br />

seegang abfinden müssen. «da müsst ihr dur<strong>ch</strong>!» –<br />

tönt es lakonis<strong>ch</strong> aus dem Lautspre<strong>ch</strong>er. es ist ein<br />

s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>er Trost, <strong>das</strong>s die drei deuts<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>iffe,<br />

wel<strong>ch</strong>e <strong>das</strong> nord-Minerva-Riff zwei Tage na<strong>ch</strong> uns<br />

verlassen haben, ein no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>teres Los gezogen<br />

haben.<br />

Oase in <strong>der</strong> Weite des Pazifiks<br />

neun Tage sind wir in diesem abgelegenen Riff vor Anker<br />

gelegen und ges<strong>ch</strong>ützt in einem türkisfarbenen<br />

Auge von rund zwei seemeilen dur<strong>ch</strong>messer festgesessen.<br />

ohne Land und strand in si<strong>ch</strong>t, mindestens<br />

200 Meilen weg von <strong>der</strong> nä<strong>ch</strong>sten Insel, haben wir auf<br />

ein Wetterfenster gewartet. Rund herum s<strong>ch</strong>äumende<br />

Gis<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> anrollenden Bre<strong>ch</strong>er in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er<br />

Wu<strong>ch</strong>t, abhängig von ebbe und Flut.<br />

<strong>der</strong> aussergewöhnli<strong>ch</strong>e Ankerplatz mitten in den<br />

Weiten des Pazifiks war denno<strong>ch</strong> ein Genuss: <strong>das</strong><br />

saumriff lockte mit einer weitgehend intakten unterwasserwelt<br />

zum s<strong>ch</strong>nor<strong>ch</strong>eln, mit den tongais<strong>ch</strong>en<br />

Fis<strong>ch</strong>ern taus<strong>ch</strong>ten wir rei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> Langusten gegen unseren<br />

letzten Rum aus Panama. endli<strong>ch</strong> war au<strong>ch</strong> Zeit<br />

für letzte Vorbereitungen und Kontrollen an Bord: Mit<br />

gemis<strong>ch</strong>ten Gefühlen haben wir no<strong>ch</strong> einmal die vielen<br />

Merkblätter, Formulare, Vors<strong>ch</strong>riften, Warn- und<br />

strafhinweise <strong>der</strong> neuseeländis<strong>ch</strong>en Behörden dur<strong>ch</strong>gelesen,<br />

zusammen gehalten in einer Ho<strong>ch</strong>glanzmappe<br />

mit dem Titel «new Zealand Bor<strong>der</strong> Agencies Information».<br />

neuseeland steht im Ruf, äusserst restriktive<br />

einreisebestimmungen dur<strong>ch</strong>zusetzen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

was die einfuhr von fris<strong>ch</strong>em Gemüse, Frü<strong>ch</strong>ten, samen,<br />

Fleis<strong>ch</strong> und Honig betrifft. Via Kurzwellen-Mail<br />

informieren wir die Behörden wie vorges<strong>ch</strong>rieben über<br />

unsere geplante einreise, was mindestens 48 stunden<br />

vor errei<strong>ch</strong>en <strong>der</strong> Hoheitszone zu ges<strong>ch</strong>ehen hat.<br />

Bei fünf Meter Seegang<br />

die Planung <strong>der</strong> rund 1000 Meilen langen Passage<br />

von Tonga na<strong>ch</strong> neuseeland ist ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong>, da man<br />

die Breite <strong>der</strong> verlässli<strong>ch</strong>en Passatwinde verlässt und<br />

si<strong>ch</strong> in ein Gebiet mit we<strong>ch</strong>selhaftem Westwindwetter<br />

begibt. die von Australien über die Tasmanis<strong>ch</strong>e<br />

see heranziehenden Tiefs folgen si<strong>ch</strong> alle fünf, se<strong>ch</strong>s<br />

Tage. es gilt, mögli<strong>ch</strong>st s<strong>ch</strong>nell den unvermeidli<strong>ch</strong>en,<br />

s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>windigen Ho<strong>ch</strong>druck-Kern zu dur<strong>ch</strong>queren<br />

und glei<strong>ch</strong>zeitig bei Annäherung an die nordinsel die<br />

starken südwestwinde zu meiden. unsere dieselvorräte<br />

erlauben uns zwei Flautetage – mehr ni<strong>ch</strong>t.<br />

Was uns erfahrene neuseelandsegler prophezeit<br />

haben, trifft ein: Au<strong>ch</strong> uns erwis<strong>ch</strong>t es auf dieser<br />

Passage. «unser» Tief zieht langsamer als erwartet<br />

vorbei, überlagert und verstärkt si<strong>ch</strong> zudem mit einem<br />

zweiten, weiter nordöstli<strong>ch</strong> gelegenen. dadur<strong>ch</strong> sind<br />

die Winde stetiger, meist genau gegenan und die<br />

erwarteten Winddreher während <strong>der</strong> letzten zwei<br />

Tage vor dem Landfall bleiben ebenfalls aus. Mit konstanten<br />

Windstärken zwis<strong>ch</strong>en 25 und 30 Knoten, in<br />

Böen über 35 und bis zu fünf Meter seegang pressen<br />

wir soviel Höhe wie mögli<strong>ch</strong>, um s<strong>ch</strong>nell dur<strong>ch</strong>zukommen<br />

– alles an<strong>der</strong>e als «eine seefahrt, die ist lustig!»<br />

<strong>der</strong> zweite starkwindmorgen begrüsst uns mit einem<br />

eingerissenen Grosssegel: Wir haben es versäumt, <strong>das</strong><br />

dritte Reff zusätzli<strong>ch</strong> mit einem Tampen na<strong>ch</strong> unten<br />

zu binden, um den Baum zu entlasten! Glückli<strong>ch</strong>erweise<br />

hat die Lattentas<strong>ch</strong>e den Riss gestoppt und mit<br />

etwas Improvisation können wir <strong>das</strong> segel stehen<br />

lassen. <strong>das</strong> Trysegel ist zwar bereit und anges<strong>ch</strong>lagen,<br />

würde uns aber wertvolle Höhe kosten. Am dritten<br />

Tag muss <strong>das</strong> Babystag mit dem spinnakerbaum-<br />

Topnant entlastet werden: direkt über dem Pressterminal<br />

sind se<strong>ch</strong>s <strong>der</strong> 21 drähte gebro<strong>ch</strong>en. Trotz allem<br />

segelt nØRd unter stagfock gut dur<strong>ch</strong> die Welle: Wir<br />

laufen im dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt 4,8 Knoten über Grund. um<br />

die segelwe<strong>ch</strong>sel angenehmer und trockener zu<br />

gestalten – wir fahren no<strong>ch</strong> Vorsegel mit stagreitern<br />

– fallen wir jeweils ab auf Halbwind.<br />

die Kälte und nässe sitzt uns in den Kno<strong>ch</strong>en. Wollsocken,<br />

Fliespullover und gefüttertes Regenzeug werden<br />

aus <strong>der</strong> Versenkung geholt. Mehrmals versu<strong>ch</strong>en<br />

wir, vermutete Winddreher zu nutzen und fahren einige<br />

Wenden in die entspre<strong>ch</strong>ende Ri<strong>ch</strong>tung – nur hält si<strong>ch</strong><br />

<strong>der</strong> Wind ni<strong>ch</strong>t an unsere Vermutungen.<br />

Knapp zwei Tage vor dem Landfall flaut <strong>der</strong> Wind etwas<br />

ab. Wir setzen Genua 2 und müssen uns beeilen,<br />

denn in zwei Tagen soll eine neue, kräftige Front exakt<br />

über die nordinsel neuseelands ziehen. Immer no<strong>ch</strong><br />

weht <strong>der</strong> Wind genau von dorther, wohin wir wollen:<br />

opua. Gut, <strong>das</strong>s wir diesel gespart haben. Mit gerefftem<br />

Gross als stützsegel motoren wir in geeignetem<br />

Winkel gegen die Wellen an. Am 4. dezember nehmen<br />

wir über Kurzwelle mit «Taupo Maritime Radio»<br />

Kontakt auf und melden uns wie vorges<strong>ch</strong>rieben an.<br />

Wir halten direkt auf die Bay of Islands zu. <strong>der</strong> Wind<br />

wird s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>er und <strong>der</strong> seegang legt si<strong>ch</strong>. opua sollte<br />

bis zum Abend errei<strong>ch</strong>bar sein. Wir benutzen unseren<br />

Überfluss an produziertem süsswasser, um <strong>das</strong> ganze<br />

Cockpit, die Aufbauten und uns selber gründli<strong>ch</strong> vom<br />

salz zu befreien. einen majestätis<strong>ch</strong> und neugierig über<br />

uns hinweg s<strong>ch</strong>webenden Albatros betra<strong>ch</strong>ten wir als<br />

gutes omen. do<strong>ch</strong> wir haben uns zu früh gefreut: Innert<br />

einer halben stunde blasen wie<strong>der</strong> 20 Knoten aus<br />

Westsüdwest, bei kurzem und unangenehm steilem<br />

seegang. do<strong>ch</strong> Cape Brett ist in si<strong>ch</strong>t und wir fahren<br />

mit maximaler drehzahl, um gegen die Wellen anzukommen.<br />

Weiteres ungema<strong>ch</strong> bleibt uns erspart. ein<br />

wun<strong>der</strong>bar tiefroter Abendhimmel empfängt uns und<br />

stimmt uns na<strong>ch</strong> fünf unruhigen Tagen versöhnli<strong>ch</strong>. Am<br />

5. dezember na<strong>ch</strong>ts um eins legen wir am<br />

Quarantänesteg an. <strong>der</strong> Champagner mundet hervorragend,<br />

trotz bleierner Müdigkeit.<br />

Ges<strong>ch</strong>enk von Amtes wegen<br />

Am nä<strong>ch</strong>sten Morgen überras<strong>ch</strong>t uns die neuseeländis<strong>ch</strong>e<br />

Gastfreundli<strong>ch</strong>keit in Form von rücksi<strong>ch</strong>tsvollen<br />

Beamten. sie ers<strong>ch</strong>einen mit ihrem munteren<br />

und lang gezogenen «Goodaaay» erst gegen zehn uhr<br />

an Bord und wickeln die Formalitäten zügig, freundli<strong>ch</strong><br />

und professionell ab. die dame vom Zoll erledigt<br />

au<strong>ch</strong> die Immigration und füllt die entspre<strong>ch</strong>enden<br />

Kälte und Strapazen auf 1000<br />

Meilen: Do<strong>ch</strong> die Zuversi<strong>ch</strong>t ist<br />

ständige Begleiterin von Karin<br />

Olbri<strong>ch</strong>t und Rolf Erne.<br />

80 seaside <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong> januar/februar 08 januar/februar 08 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong><br />

seaside 81<br />

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Tel: 031 301 00 31 • Tel Abodienst: 031 300 63 43<br />

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