Bestimmte Tagebucheinträge aus dem Leben von ... - SwissEduc
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Menschen in der Weimarer Republik Mario Ramisberger<br />
<strong>Bestimmte</strong> <strong>Tagebucheinträge</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Leben</strong> <strong>von</strong> Günther Jaucher<br />
Tagebucheintrag vom 09.11.1923:<br />
Heute während der Arbeit in der Textilfabrik erfuhr ich vom Putschversuch <strong>von</strong> Adolf<br />
Hitler. Die meisten meiner Mitarbeiter waren sehr enttäuscht darüber, dass der<br />
Putschversuch heute Morgen im Feuer der Polizei endete. Mein Gott, was für ein<br />
Mann. Ich weiss noch nicht so recht, wie ich diesen Mann einordnen soll. Ich habe<br />
noch nicht sehr viel <strong>von</strong> ihm selbst gehört. Aber es scheint wohl so, dass seine<br />
Reden <strong>von</strong> vielen hoch gelobt werden. Ich habe bis heute noch nie eine Rede <strong>von</strong><br />
ihm verfolgt. Einerseits finde ich das Vorgehen der NSDAP ein bisschen<br />
beängstigend, allem voran diese Sturmabteilung, aber andererseits verstehe ich<br />
auch meine Mitarbeiter. Ich habe den 1. Weltkrieg auch miterlebt, und das, was der<br />
Völkerbund ohne uns in diesem Versailler Vertrag beschlossen hat, erzürnt mich<br />
auch sehr. Ich denke da vor allem an die hohen Reparationszahlungen, an denen<br />
sogar die 3. Generation noch zu kauen hat. Mir ist auch klar, dass durch die Inflation<br />
viele Leute sehr viel Geld verloren haben. In diesem Punkt bin ich gut da<strong>von</strong><br />
gekommen. Ich verdiene in der Textilfabrik nur gerade so viel, wie ich zum <strong>Leben</strong><br />
brauche. Dies reicht mir. Ich musste mir nach <strong>dem</strong> 1. Weltkrieg ein neues <strong>Leben</strong><br />
aufbauen, und so lange ich leben kann, geht es mir schon sehr viel besser als vielen<br />
anderen mit Familien usw. Aber ich bin noch nicht überzeugt, dass durch Hitler alles<br />
besser werden wird. Ich bin sowieso einer <strong>dem</strong> nachgesagt wird, keine Ahnung <strong>von</strong><br />
Politik zu haben. Ich gebe zu, dass es mich bis jetzt auch nicht allzu gross<br />
interessiert hat. Meiner Meinung nach hat die Demokratie weiter die Chance verdient,<br />
da jetzt Hitler <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Verkehr gezogen wurde.<br />
Tagebucheintrag vom 05.03.1928:<br />
Heute hörte ich zum ersten Mal eine Rede <strong>von</strong> Adolf Hitler. Was für eine Freude war<br />
es, Adolf Hitler in unserer Fabrik live zu hören. Ein unglaublicher Mensch.<br />
Unglaublich was er leistet. Er reist durchs ganze Land und hält seine Reden, die man<br />
auch immer durch den Volksempfänger zu H<strong>aus</strong>e hören kann. Ein richtiger Kämpfer.<br />
Nicht einmal der Knast hat diesen Mann <strong>von</strong> seinem Vorhaben abgebracht. Dieser<br />
Mann schafft es einfach mit seinen Reden alle Zweifel an der NSDAP <strong>aus</strong> den<br />
Köpfen zu schlagen. Er sprach da<strong>von</strong>, Deutschland wieder stark zu machen und<br />
erwähnte, dass diese Schwatzbude (Demokratie) zu nichts zu gebrauchen ist. Einen<br />
Führer sagte er, muss das Volk haben. Er beeindruckte mich mit dieser Rede zu<br />
tiefst. Klar habe ich mir schon viele seiner Reden mit <strong>dem</strong> Volksempfänger angehört.<br />
Aber man kann sich kaum vorstellen, wie viel Energie dieser Mann in seine Reden<br />
steckt ohne ihn zu sehen. Seine Ausstrahlung und sein Wille sind unübertrefflich.<br />
Wer würde ein besserer Führer sein als er? Ich folge ihm. Denn er öffnete mir die<br />
Augen über diese Demokraten. Vollkommen recht hat er mit dieser Schwatzbude.<br />
Diese Demokraten haben uns überhaupt nicht weiter gebracht. Dieser Mann, Adolf<br />
Hitler, bringt uns weiter. Er kämpft für das Volk, und hat nie etwas Schlechtes getan.<br />
Zum Teufel mit den Demokraten, die ihn ins Gefängnis gesteckt haben. Er ist einer<br />
<strong>von</strong> uns. Einer wie ich und alle meine Mitarbeiter. Wir alle folgen ihm.<br />
Kantonsschule Baden 5. Dezember 2007
Menschen in der Weimarer Republik Mario Ramisberger<br />
Tagebucheintrag vom 03.01.1930:<br />
Heute habe ich, sowie alle anderen meiner Mitarbeiter, als Folge dieses<br />
Wirtschaftszusammenbruches in den USA die Arbeit in der Fabrik verloren. Ich teile<br />
mir ab heute mit fünf meiner besten Freunde <strong>aus</strong> der Fabrik eine enge Wohnung. Wir<br />
wissen nicht was wir tun sollen. Es gibt keine Arbeit mehr. Aber eines ist für uns alle<br />
klar: Der Führer ist unsere letzte Hoffnung. Wir müssen ihn mit allem was wir haben<br />
unterstützen, damit er so schnell wie möglich als Reichskanzler gewählt wird. So<br />
haben wir uns alle entschlossen, für die NSDAP mehr beizutragen als je zu vor. Uns<br />
ist klar, dass unser Führer uns auch noch mehr gibt als das, was er in seinen Reden<br />
proklamiert hat. Er gibt uns Vertrauen, Zuversicht und Zugehörigkeit in dieser<br />
schweren Zeit ohne Arbeit. Nur durch ihn und die NSDAP sind wir alle in der Fabrik<br />
viel näher zusammengewachsen. So eine Entwicklung hätte sich niemand erträumen<br />
lassen. Wir sind alle Brüder unseres Führers.<br />
Tagebucheintrag vom 30.08.1933:<br />
Heute war der Beginn des 5. Reichsparteitages in Nürnberg, der Bezug auf die<br />
Machtergreifung und den Sieg über die Weimarer Republik nimmt. Es war einer<br />
der schönsten Tage meines <strong>Leben</strong>s. Ich stand da, auf <strong>dem</strong> riesigen Platz als<br />
einer <strong>von</strong> über 5000 Soldaten, die <strong>dem</strong> Führer die Ehre und Treue erweisen<br />
durften. Wir haben es geschafft. Wir haben unseren Führer. An diesem Tag<br />
wurde uns klar die Überlegenheit Hitlers als Führer <strong>dem</strong>onstriert. Wie er diesen<br />
Reichstagsbeginn organisieren konnte. Einfach unglaublich! Das Ergebnis<br />
versetzt mein äußeres in grosses Staunen und mein inneres in einen Wirbel <strong>von</strong><br />
Glücksgefühlen. Bereits in diesen 8 Monaten als Reichkanzler, hat er mehr für<br />
das Volk getan als die Demokraten in ganzen 15 Jahren. Ich bin überglücklich,<br />
einem solchen Führer, bis in den Tod, zu dienen.<br />
Photo<br />
<strong>aus</strong> urheberrechtlichen<br />
Gründen darf die<br />
Photographie hier nicht<br />
abgebildet werden<br />
Dieses Bild zeigt Günther Jaucher, nach<strong>dem</strong> er als<br />
Folge der Weltwirtschaftskrise seine Arbeit in der<br />
Textilfabrik verlor.<br />
Kantonsschule Baden 5. Dezember 2007