Präsentation - Ameos
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5. Bad Ausseer Symposium für Psychosomatische Medizin und<br />
Psychotherapie am 24.9.2011<br />
Klinik der somatoformen Störungen<br />
Peter Henningsen<br />
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />
Klinikum rechts der Isar der TU München
Übersicht<br />
Einleitung<br />
Behandlung beginnt mit Diagnostik<br />
Ätiologische Modelle prägen die therapeutischen Ansätze<br />
Therapie ist mehr als Psychotherapie<br />
Fazit
Körperbeschwerden<br />
Alltägliche (selbst limitierende) Körperbeschwerden<br />
Zusammenhang mit eher körperlichen Faktoren<br />
(Muskel-)Kater, Rückenschmerz nach vielem Bücken, Schmerzen bei<br />
der Periode etc.<br />
Gesundheit<br />
Zusammenhang mit eher psychischen Faktoren<br />
Kopf- u./o. Magenschmerz bei Ärger, Durchfall bei Angst<br />
unklarer Zusammenhang
Körperbeschwerden<br />
Alltägliche (selbst limitierende) Körperbeschwerden<br />
Zusammenhang mit eher körperlichen Faktoren<br />
(Muskel-)Kater, Rückenschmerz nach vielem Bücken, Schmerzen bei<br />
der Periode etc.<br />
Gesundheit<br />
Zusammenhang mit eher psychischen Faktoren<br />
Kopf- u./o. Magenschmerz bei Ärger, Durchfall bei Angst<br />
unklarer Zusammenhang<br />
Anhaltende Körperbeschwerden, die klar auf eine organische<br />
Ursache zurückgehen<br />
Magenschmerz bei Magengeschwür, Lähmung bei Schlaganfall,<br />
Herzbeschwerden bei Rhythmusstörung etc.<br />
Krankheit „classic“
Körperbeschwerden<br />
Anhaltende, durch Organpathologie nicht ausreichend<br />
erklärbare, beeinträchtigende Körperbeschwerden,<br />
die “ähnlich körperlich begründeten” sind<br />
Krankheit „neo“<br />
Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation<br />
(Rücken, Kopf, Bauch/ Unterleib, Extremitäten)<br />
Funktionsstörungen (Schwindel, Herz, Verdauung, Gefühlsstörungen,<br />
Bewegungsstörungen etc.)<br />
Erschöpfung/ Müdigkeit<br />
Körperbeschwerden, die nicht (so stark) erlebt wie berichtet<br />
und vorgeführt werden<br />
Simulation/ Aggravation<br />
Täuschung
Klassifikation somatoformer Störungen nach<br />
ICD-10 F45<br />
F 45.0 Somatisierungsstörung<br />
seltene Extremform, multiple Beschwerden > 2 Jahre<br />
F 45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung<br />
häufige Minusvariante, geringe Aussagekraft<br />
F 45.2 Hypochondrische Störung<br />
ängstlich getönte Ursachenüberzeugung dominiert<br />
F 45.3 Somatoforme autonome Funktionsstörung<br />
Beschwerden autonom innervierter Organe<br />
analog ICD-9 306<br />
F 45.4 Anhaltende Schmerzstörung<br />
Schmerzbeschwerde dominiert<br />
F 45.40 Anhaltende somatoforme Schmerzstörung<br />
F 45.41 Chronische Schmerzstörung mit somatischen und<br />
psychischen Faktoren<br />
F 45.5/8 sonstige/n.n.b. somatoforme Störung
Klassifikation ähnlicher Störungen nach<br />
ICD-10 Kapitel F<br />
F 44.4-7 Dissoziative Störungen der Bewegung und<br />
Empfindung (Konversionsstörungen)<br />
pseudoneurologische Störungen<br />
F 48.0 Neurasthenie<br />
entspricht Chronischem Erschöpfungssyndrom<br />
F 52 Nichtorganische sexuelle Funktionsstörungen
Einzelsymptombezogene Klassifikation<br />
funktioneller Syndrome nach ICD-10, z.B.:<br />
Gastroenterologie<br />
K 58 Reizdarmsyndrom<br />
K 30 Nicht-ulzeröse Dyspepsie<br />
Rheumatologie<br />
M 79.0 Fibromyalgie<br />
Innere Medizin/ Neurologie<br />
G 93.3 Chronisches Erschöpfungssyndrom<br />
Gynäkologie<br />
N 94 Pelvipathie<br />
Zahnmedizin<br />
K 07.6 Orofaziales Schmerz-Dysfunktionssyndrom
Weitere funktionelle Körperbeschwerde-<br />
Syndrome außerhalb der ICD-10<br />
Umweltbezogene Körperbeschwerden<br />
amalgambezogene Beschwerden<br />
“Multiple chemical sensitivity”<br />
“Elektrosmog”<br />
“Golfkriegssyndrom”<br />
“HWS-Schleudertrauma”<br />
“Nahrungsmittelunverträglichkeit”<br />
“Chronische Borreliose”
Der aktuelle Vorschlag der DSM V work group<br />
http://www.dsm5.org/ProposedRevisions/Pages/SomatoformDisorders.aspx<br />
Complex Somatic Symptom Disorder<br />
Breiter Oberbegriff! Umfasst frühere Diagnosen<br />
- Somatisierungsstörung<br />
- Undifferenzierte Somatisierungsstörung<br />
- Hypochondrie<br />
- Schmerzstörung
Der aktuelle Vorschlag der DSM V work group<br />
http://www.dsm5.org/ProposedRevisions/Pages/SomatoformDisorders.aspx<br />
CSSD-Kriterien<br />
A Multiple somatic symptoms that are distressing, or one severe symptom<br />
B Misattributions, excessive concern or preoccupation with symptoms and illness:<br />
At least two of the following are required to meet this criterion:<br />
(1) High level of health-related anxiety.<br />
(2) Disproportionate and persistent concerns about the medical seriousness of one's<br />
symptoms.<br />
(3) Excessive time and energy devoted to these symptoms or health concerns.*<br />
C Chronicity: Although any one symptom may not be continuously present, the state of being<br />
symptomatic is chronic and persistent (at least 6 months).<br />
* Criteria B is still under active discussion
Bewertung des aktuellen Vorschlags der<br />
DSM V work group zu CSSD<br />
Gut: stärkere Betonung psychobehavioraler Kriterien<br />
Aber: Auswahl (Fehlen interpersoneller Aspekte), Operationalisierung<br />
Organische Unerklärtheit vermutlich zu weit rausgenommen<br />
Abgrenzung zu PFAMC/ F54 unklar<br />
Name schwierig<br />
Bodily Distress Disorder!<br />
CSSD ist eher Oberkategorie als Einzeldiagnose<br />
Relation zu funktionellen somatischen Syndromen bleibt unklar
Praktische Konsequenz<br />
Stärkung des psychotherapeutischen Aspekts der Diagnostik<br />
wie erlebt der Pat seine Beschwerden, welche Emotionen, Gedanken<br />
Verhalten gehen damit einher<br />
Erleichterung hinsichtlich des schwierigen Entscheidens,<br />
ob organisch ausreichend erklärt<br />
Förderung der gemeinsamen Perspektive auf somatoforme und<br />
somatopsychische Störungen
Somatoforme/ dissoziative Störungen in der<br />
Neurologie – wie häufig sind Fehldiagnosen?<br />
18 Mon FU: Fehldiagnosen n =
Somatoforme/ dissoziative Störungen in der<br />
Neurologie – wie häufig sind Fehldiagnosen?<br />
18 Mon FU: Fehldiagnosen n = 4<br />
(z.B. Angststörung – MS; atyp.<br />
Gesichtsschmerz – Hirnstammtumor)
Warum sind Patienten mit somatoformen/<br />
funktionellen Störungen “Heart sink patients”?<br />
Liegt meist nicht an der Art ihrer Beschwerden, sondern an<br />
anhaltend organischer Ursachenüberzeugung<br />
unrealistischer Behandlungserwartung trotz Chronifizierung<br />
dysfunktionalem Krankheitsverhalten<br />
Unsicherheit der Ärzte über angemessenen Umgang
Patient-Behandler-Beziehung:<br />
Hoffnungs-Enttäuschungs-Zirkel<br />
Patient Arzt<br />
Hoffnung, hohe Erwartungen,<br />
Idealisierung des Behandlers<br />
Enttäuschung,<br />
Entwertung des Behandlers<br />
erneute Enttäuschung, Arztwechsel:<br />
dysfunktionales doctor (s)hopping,<br />
Koryphäenkiller-Syndrom<br />
eigene hohe Ansprüche,<br />
Übernahme der Erwartungen,<br />
offene und latente Versprechen<br />
negative Gegenübertragungsgefühle:<br />
Ärger, Hilflosigk., Enttäuschg.<br />
iatrogene Fixierung / Chronifizierung;<br />
Pat. wird weggeschickt
© The New Yorker
Historischer Wandel von Erklärungsmodellen<br />
des Patienten<br />
Wandel der Diagnosen bei gleichbleibendem Beschwerdebild<br />
Diagnostische Bezeichnungen für Erschöpfung seit dem 19. Jh.:<br />
Neurasthenie – Chronic Fatigue – Myalgic Encephalomyelitis (ME)<br />
Wandel der Beschwerdebilder beeinflusst vom<br />
Wandel der Erklärungsmodelle<br />
Von der Konversion Ende des 19. Jh. zum Schmerz Anfang des 21.Jh.<br />
Von den Kriegszitterern im 1. WK zum Golfkriegssyndrom<br />
Zentrales Kriterium für den Wandel<br />
Stand der biologischen Erklärbarkeit/ Legitimität
Einfluss der Medien auf die Krankheitskonzeptualisierung<br />
klinischer Praxisalltag
Einfluss der Medien auf die Krankheitskonzeptualisierung<br />
Von ihrer Natur her eher amplifizierend, hysterisierend,<br />
vor allem bei umweltbezogenen Beschwerdesyndromen<br />
(Elektrosmog, Amalgam, Holzschutzmittel etc.)<br />
Selten auch moderierend, distanzierend
Iatrogene Faktoren in der Entstehung und<br />
Aufrechterhaltung somatoformer Störungen<br />
Übersehen emotionaler „cues“ des Patienten<br />
Repetitive somatische Diagnostik zur „Beruhigung“<br />
vorschnelle Mitteilung organischer Verdachtsdiagnosen (z.B.<br />
vor Abschluss der Untersuchungen)<br />
Fehlinterpretation von Bagatell- und Zufallsbefunden zB in MRT<br />
Verschreibung von Medikation trotz zweifelhafter Diagnose<br />
ausschliesslich negative Erklärung der Beschwerden<br />
(„Sie haben nichts“)<br />
mangelnde Kommunikation mit anderen Behandlern
Was ist die beste Haltung im Umgang mit diesen<br />
Patienten?<br />
Es sind ernstzunehmende körperliche Beeinträchtigungen,<br />
auch wenn keine (peripher) organische Ursache vorliegt<br />
Eine psycho-somatische Herangehensweise ist angezeigt<br />
“Sowohl-als-Auch” statt “Entweder-Oder”<br />
Bereitschaft, sich auf psychosoziale Aspekte der Erkrankung<br />
einzulassen, ist ein erstes Behandlungsziel, keine Bringschuld
Wer therapiert was bei somatoformen/<br />
funktionellen Störungen?<br />
Psychosozialer<br />
Kontext<br />
Psych. Konflikte/<br />
strukturelle<br />
Defizite<br />
Psychische<br />
„Ko-Morbidität“<br />
Erklärungsmodell u.<br />
Krankheitsverhalten<br />
Gesamt-Muster an<br />
Körperbeschwerden<br />
Körperliches<br />
Leitsymptom
Evidenzbasis: Studienlage<br />
Mehrheit der Studien zu einzelnen funktionellen Syndromen<br />
Reizdarmsyndrom<br />
Fibromyalgie-Syndrom<br />
Chronic Fatigue Syndrom etc. etc.<br />
breites Spektrum an therapeutischen Ansätzen<br />
“biomedizinisch-organfunktionszentriert” vs.<br />
“psychomedizinisch-erlebens/verhaltensorientiert”<br />
(Medikamente, Spritzen, Operationen, KG, Psychotherapie etc.)<br />
Minderheit der Studien zu somatoformen Störungen i.w.S.<br />
verschiedene Studien zu Psychotherapie und<br />
Psychopharmakotherapie<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Evidenzbasis: Hauptbefunde<br />
Genereller Trend über alle funktionellen Syndrome hinweg<br />
zentrale, aktivierende Therapien sind wirksamer als<br />
peripher ansetzende, passivierende<br />
(Psychotherapie – Antidepressiva – gestufte Aktivierung – multimodal)<br />
Studien trotz hoher Überlappungsraten meist nur auf ein funktionelles<br />
Syndrom bezogen<br />
heterogene Outcome-Kriterien: Symptombesserung vs. Lebensqualität<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Evidenzbasis: Hauptbefunde<br />
Psychotherapie<br />
wirksam u.a. bei CFS, IBS, FMS; multiplen somatischen Symptomen<br />
Wirkung von kognitiver Verhaltenstherapie am besten belegt<br />
Belege auch für psychodynamische Therapie und Hypnotherapie<br />
geringe bis moderate Effektstärken (0,3 – 0,6)<br />
Wirkung unabhängig von Wirkung auf Depressivität<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55<br />
Kroenke K, Swindle R: Cognitive-behavioral therapy for somatization and symptom syndromes: a critical review<br />
of controlled clinical trials. Psychother Psychosom 2000; 69: 205–215.<br />
Abbass A, Kisely S, Kroenke K. Short-Term Psychodynamic Psychotherapy for Somatic Disorders. Systematic<br />
Review and Meta-Analysis of Clinical Trials. Psychother Psychosom 2009;78:265–274.
Evidenzbasis: Hauptbefunde<br />
Pharmakotherapie<br />
Schmerz ist die am besten beeinflussbare funktion. Körperbeschwerde<br />
(vor Erschöpfung, Schwindel, Verdauungsstörung etc.)<br />
trizyklische AD sind niedrig dosiert analgetisch wirksam<br />
dual wirkende AD sind wirksam - unklar, ob mehr als andere AD<br />
Opioide bei funktionellen/ somatoformen Störungen nicht indiziert!<br />
cave hohe Nebenwirkungsempfindlichkeit der Pat.<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55<br />
Kapfhammer HP. Psychopharmakotherapie somatoformer Störungen und funktioneller somatischer<br />
Syndrome. Psychiatrie und Psychotherapie 2007; 3: 153-168<br />
Reinecke H, Sorgartz H. S3-Leitlinie LONTS. Schmerz 2009; 23: 440-47
Evidenzbasis: Hauptbefunde<br />
Multimodale Therapie<br />
Wirksamkeit besonders bei Fibromyalgie und chron. Rückenschmerz<br />
nachgewiesen<br />
Wirkung größer als unimodale Behandlungen<br />
kombiniert Psychotherapie mit Krankengymnastik, Körpertherapie,<br />
ggf. Pharmakotherapie<br />
kohärentes Behandlungskonzept und Patientenaktivierung wichtig<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Aktuelle Leitlinienentwicklung<br />
AWMF-Leitlinie „Patienten mit nicht-spezifischen, funktionellen und<br />
somatoformen Körperbeschwerden“<br />
Federführung Psychosomatische Medizin<br />
(Nachfolge/ Erweiterung der Leitlinien Somatoforme Störungen 2002)<br />
Beteiligung u.a.<br />
Psychiatrie, klinische/ medizin. Psychologie, Innere Medizin,<br />
Allgemeinmedizin, Neurologie, Orthopädie, Urologie, HNO, Pädiatrie,<br />
Frauenheilkunde, Arbeitsmedizin, Zahnmedizin etc.<br />
Evidenz- und Konsensbasierung für alle Versorgungsebenen<br />
Schwerpunkt auf Handlungsempfehlungen für somatische Medizin<br />
Konsensuskonferenzen beendet, Fertigstellung 2011
Aktuelle Leitlinienentwicklung<br />
Leitlinie Klinische Psychologie<br />
„Psychotherapie somatoformer Störungen“<br />
Federführung Klinische Psychologie<br />
Beteiligung Psychiatrie, Psychosomatische Medizin<br />
enge Kooperation mit AWMF-Leitlinie<br />
Fertigstellung auch 2011
Organische<br />
Erkrankung<br />
Periphere Stimuli<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche<br />
Erkrankung<br />
Katastrophisieren<br />
Angst /Depression<br />
Modell der<br />
Symptomentstehung<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung Periphere Stimuli<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
Modell der<br />
Symptomentstehung<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung Periphere Stimuli<br />
Symptomkontrolle:<br />
Entspannungstechniken<br />
Körperpsychotherapie<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Periphere Stimuli<br />
Stress<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
Biofeedback<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung Periphere Stimuli<br />
Kognitive Umbewertung<br />
Reframing<br />
Psychosomatisches<br />
Krankheitsverständnis<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung Periphere Stimuli<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Aktivierung<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Organische Erkrankung Periphere Stimuli<br />
Psychodynamisch<br />
interpersonelle Psychotherapie<br />
Aufrechterhaltende<br />
interpersonelle oder<br />
somatische Faktoren<br />
Wahrnehmung<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Wahrnehmung chron.<br />
körperlicher<br />
Beschwerden<br />
Funktionelle<br />
Einschränkungen<br />
Sozialmedizinische<br />
Folgen<br />
Maladaptive frühe oder<br />
aktuelle Beziehungen<br />
Traumatisierungen<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Interpretation als<br />
körperliche Erkrankung,<br />
Katastrophisieren<br />
Inanspruchnahme<br />
medizinischer<br />
Hilfen<br />
Angst /Depression<br />
Selbstwertkrise<br />
Schonungsverhalten<br />
Angst /Depression<br />
Körperbild<br />
Krankheits-Repräsentationen und<br />
Kulturelle Überzeugungen<br />
Wahrnehmung<br />
als schwere Erkrankung<br />
(Kruse, modifiziert nach<br />
Henningsen et al.<br />
Lancet 2007)
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 1<br />
Allgemeine Empfehlung zur therapeutischen Haltung:<br />
Balance von symptomorientiert/ biomedizinisch und<br />
erlebens-/ verhaltensorientiert/ psychotherapeutisch<br />
entspricht in der Regel Erwartung des Patienten<br />
erfordert vom Hausarzt/ somatischen Facharzt schon in der<br />
Diagnostikphase Reflektion des eigenen Anteils:<br />
- emotionale “cues” nicht übersehen<br />
- keine somatische Diagnostik nur zur Beruhigung,<br />
- Berücksichtigung der Beziehungsbotschaft von sachbezogenen<br />
Mitteilungen - etc.<br />
erfordert vom Psychotherapeuten eine aktive, symptom- und<br />
bewältigungsorientierte Haltung
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 1<br />
Allgemeine Handlungsempfehlungen<br />
Diagnostische Unterscheidung:<br />
unkompliziertes oder kompliziertes funktionelles Syndrom?<br />
Gestuftes, primärversorgungsnahes Vorgehen<br />
Förderung von körperlicher Aktivität/<br />
Erweiterung des Erklärungsmodells<br />
Chance zur Sekundärprävention aktiv nutzen
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 2<br />
Zur Unterscheidung<br />
unkompliziertes – kompliziertes funktionelles Syndrom<br />
körperliche/ psychische Symptome jenseits eines einzelnen Syndroms?<br />
überproportional starke Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit?<br />
dysfunktionale Erwartungen und/ oder Krankheitsverhalten?<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 3<br />
Differentielle Stufentherapie, Stufe 1<br />
Stufe 1a (unkompliziertes funktionelles Syndrom)<br />
- Versicherung, positive Erklärung<br />
- ggf. symptomatische Massnahmen<br />
- Beratung zu gestufter Aktivierung statt Schonung<br />
Stufe 1b (kompliziertes funktionelles Syndrom)<br />
- Maßnahmen wie bei 1a für gegenwärtiges Leitsymptom<br />
- Beratung zu dysfunktionalem Krankheitsverhalten/<br />
bio-psycho-sozialem Krankheitsmodell<br />
- ggf. antidepressive Medikation<br />
- ggf. regelmäßige statt beschwerdegesteuerte Termine<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 4<br />
Differentielle Stufentherapie, Stufe 2<br />
falls Stufe 1a/b nicht ausreichend<br />
- aufrechterhaltende Bedingungen (zB Rentenbegehren)<br />
und ggf. traumatische Stressoren prüfen<br />
- Überweisung zum Psychotherapeuten<br />
(vorbereiten! “Nachschautermin”!)<br />
- weiterhin regelmäßige Termine<br />
- enge Zusammenarbeit mit Psychotherapeut bzgl.<br />
Behandlungsplanung<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Handlungsempfehlungen in der Therapie<br />
funktioneller/ somatoformer Störungen 5<br />
Differentielle Stufentherapie, Stufe 3<br />
falls Stufe 2 nicht ausreichend<br />
- multidisziplinäre, multimodale tagesklinische oder<br />
stationäre Behandlung inkl. aktivierender körperorientierter<br />
und psychotherapeutischer Maßnahmen<br />
- “Stationäre psychosomatische Behandlung” statt<br />
“Stationäre Psychotherapie”<br />
Henningsen P et al. Management of functional somatic syndromes. Lancet 2007; 369: 946-55
Psychotherapie somatoformer Störungen:<br />
schulenübergreifende Initialphase<br />
Hohe Ansprüche relativieren, Bewältigung statt Heilung<br />
Aktiv Informationen geben über somatoforme Zusammenhänge<br />
Organisierendes Entgegennehmen der Symptomklage<br />
Initialer Verzicht auf Deutung von Zusammenhängen<br />
Tangentiale Gesprächsführung<br />
Einbeziehung des Körpers<br />
Motivation zur Psychotherapie nicht als Bringschuld des Patienten,<br />
sondern als Ziel der Anfangsphase<br />
Henningsen P, Martin A. Somatoforme Störungen.<br />
In Herpertz SC et al. (Hg.) Störungsorientierte Psychotherapie. 2008; S. 541-560
Psychotherapeutische Haltung<br />
Behandler als personales Gegenüber<br />
Bezug zur Psychotherapie struktureller/ Persönlichkeitsstörungen<br />
Aber auch: Bezug zur (idealen) ärztlichen Haltung<br />
Daher: auch bei Patienten mit somatoformen Störungen ohne<br />
frühe Körperbeziehungsstörung indiziert<br />
Therapieschulenübergreifend, Vorteile für ärztliche Therapeuten
Störungsorientierung der Therapie als Prozess<br />
Orientierung am Erklärungsmodell - Arbeitsbeziehung<br />
Orientierung am Symptom - Bewältigung<br />
Orientierung an der Persönlichkeit - Sekundärprävention
Affektphänomene im Umgang mit Patienten<br />
mit somatoformen Störungen<br />
In der (initialen) Interaktion um Legitimität der Beschwerden<br />
negative Affekte (Enttäuschung, Ohnmacht etc.)<br />
ausbleibende Affekte (Normalisierung oder<br />
Widerstand gegen Verbindung als Schutz vor Infragestellung)<br />
Begleitende Affekte im Distresssyndrom des Patienten<br />
Angst, Depressivität<br />
Dispositionelle Störung des Patienten<br />
mangelnde Differenzierung negativer Affekt – Körperbeschwerde<br />
Disposition zur “Beziehungsstörung im Gesundheitswesen”<br />
Bezug zum Konzept der “Alexithymie”
PISO - Psychosomatische Kurz-Intervention bei Patienten<br />
mit multisomatoformen Störungen<br />
Ziele<br />
bessere körperbezogene Lebensqualität<br />
Erweiterung des Erklärungsmodells<br />
(inkl. Motivation, Krankheitsverhalten etc.)<br />
3 Phasen/ Säulen<br />
Aufbau therapeutischer Beziehung, Legitimierung,<br />
Symptombewältigung (inkl. zweistufiges Tagebuch, Entspannung)<br />
Erste Schritte zur Affektklarifizierung und Aufarbeitung der<br />
Beziehungserfahrungen (benennen, differenzieren etc.)<br />
Beendigung/ Transfer (inkl. persönlicher Brief)<br />
Bezug zur psychodynamischen Konzeptbildung<br />
primär eher struktur- als konfliktbezogen<br />
Arbeitsgruppe PISO: Somatoforme Störungen - Psychodynamisch-Interpersonelle Therapie (PISO).<br />
In Beutel M, Doering S, Leichsenring F: Praxis der psychodynamischen Therapie. Hogrefe Verlag (im Druck)
PISO – die Studie<br />
Charakteristika<br />
Vergleich PISO-Intervention mit Enhanced Medical Care (EMC)<br />
6 Zentren: München, Düsseldorf, Hannover, Heidelberg, Münster,<br />
Regensburg; assoziiert: E. Guthrie/Manchester<br />
Förderung durch DFG-Programm „Klinische Studien“<br />
Pat im somatischen Kontext rekrutiert<br />
2006-2009, n = 211 Pat.<br />
Sattel H, (...), Gündel H, (...) Henningsen P. Brief psychodynamic-interpersonal psychotherapy for patients with<br />
multisomatoform disorder: a randomized controlled trial. Brit J Psychiatry, in press
PISO<br />
Design<br />
6 Studienzentren – lokale Kooperationen<br />
Screening von Patienten mit schmerzdominanter<br />
multisomatoformer Störung<br />
Testbatterie T0<br />
Klinisches Interview<br />
Psychophysiologie<br />
Intervention 1:<br />
12 Sitzungen Therapie<br />
1 Boostersitzung nach 3<br />
Monaten<br />
Testbatterie T1<br />
nach Therapie<br />
12-Monats-<br />
Folgeerhebung<br />
(postalisch)<br />
Randomisierung<br />
Testbatterie T0<br />
Klinisches Interview<br />
Psychophysiologie<br />
Intervention 2:<br />
3 Sitzungen „intensivierte<br />
medizinische Behandlung“<br />
(enhanced medical care)<br />
Testbatterie T1<br />
nach Therapie<br />
12-Monats-<br />
Folgeerhebung<br />
(postalisch)
PISO – die Studie<br />
a) Significant improvement in both conditions between t1 and t3<br />
(effect sizes d=0.61, p=.00 and d=0.32, p=.02 respectively)<br />
b) Significantly higher extent of improvement in PIT compared to EMC (differential<br />
effect size d=0.37, p=.00)<br />
Sattel H, (...), Gündel H, (...) Henningsen P. Brief psychodynamic-interpersonal psychotherapy for patients with<br />
multisomatoform disorder: a randomized controlled trial. Brit J Psychiatry, in press
Fazit<br />
Die Kategorie “somatoforme Störungen” wird ersetzt durch<br />
eine deutlich veränderte Nachfolge-Kategorie<br />
war nicht selbstverständlich!<br />
Auswirkungen noch nicht absehbar…
Fazit<br />
Die Kategorie “somatoforme Störungen” wird ersetzt durch<br />
eine deutlich veränderte Nachfolge-Kategorie<br />
war nicht selbstverständlich!<br />
Auswirkungen noch nicht absehbar…<br />
Ätiologiemodelle sind bio-psycho-sozial,<br />
diagnostisch-therapeutische Haltung entsprechend:<br />
“Sowohl-als-Auch statt Entweder-Oder”
Fazit<br />
Die Kategorie “somatoforme Störungen” wird ersetzt durch<br />
eine deutlich veränderte Nachfolge-Kategorie<br />
war nicht selbstverständlich!<br />
Auswirkungen noch nicht absehbar…<br />
Ätiologiemodelle sind bio-psycho-sozial,<br />
diagnostisch-therapeutische Haltung entsprechend:<br />
“Sowohl-als-Auch statt Entweder-Oder”<br />
Verschränkung der Versorgungsebenen und stepped care
Fazit<br />
Die Kategorie “somatoforme Störungen” wird ersetzt durch<br />
eine deutlich veränderte Nachfolge-Kategorie<br />
war nicht selbstverständlich!<br />
Auswirkungen noch nicht absehbar…<br />
Ätiologiemodelle sind bio-psycho-sozial,<br />
diagnostisch-therapeutische Haltung entsprechend:<br />
“Sowohl-als-Auch statt Entweder-Oder”<br />
Verschränkung der Versorgungsebenen und stepped care<br />
Psychosomatische Behandlung ist “Störungsorientierte<br />
Psychotherapie plus”
Fazit<br />
Die Kategorie “somatoforme Störungen” wird ersetzt durch<br />
eine deutlich veränderte Nachfolge-Kategorie<br />
war nicht selbstverständlich!<br />
Auswirkungen noch nicht absehbar…<br />
Ätiologiemodelle sind bio-psycho-sozial,<br />
diagnostisch-therapeutische Haltung entsprechend:<br />
“Sowohl-als-Auch statt Entweder-Oder”<br />
Verschränkung der Versorgungsebenen und stepped care<br />
Psychosomatische Behandlung ist “Störungsorientierte<br />
Psychotherapie plus”<br />
Die Behandlung auch dieser “schwierigen” Patienten kann<br />
befriedigen und Spaß machen!
Thank you!<br />
Cambridge University Press 2011