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Elemente der Risikoethik - ethik im diskurs

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Grosse Risiken<br />

Betrachten wir jetzt die grossen Risiken. A spielt mit B Russisches Roulette. B<br />

merkt davon nichts, da er schläft. A drückt einen Knopf auf <strong>der</strong> Pistole, <strong>der</strong> das<br />

Kugelmagazin mit sechs Kugeln in eine Drehbewegung versetzt. Das Magazin<br />

stoppt, an einem Ort, an dem sich keine Kugel befindet. Es geschieht B kein<br />

Schaden.<br />

Muss man in dieser Situation nicht sagen, dass es wahr ist, dass A den Knopf<br />

nicht hätte betätigen dürfen? Gewiss ist das richtig. Nur, dass wir etwas „Wahres“<br />

gesagt haben, bezieht sich hier allein auf die normative Beurteilung <strong>der</strong> Situation:<br />

Es war moralisch falsch von A, B einem solch hohen Risiko auszusetzen (1:6<br />

Chance, dass B stirbt). Deshalb ist A auch zu Recht moralisch zu tadeln. So<br />

gesehen hat dieses Beispiel aber, an<strong>der</strong>s als Thomson suggeriert, mit Moores<br />

Argument nichts zu tun.<br />

Thomson selbst hält Moores Argument für kontraintuitiv. Denn „we do not think<br />

that the permission of acting un<strong>der</strong> uncertainty is settable only later, when<br />

uncertainty has yielded to certainty“ (Thomson 1985:135).<br />

Deshalb ist die Frage, welchen Risiken wir an<strong>der</strong>e aussetzen dürfen, ihrer<br />

Meinung nach ein eigenständiges Problem <strong>der</strong> Moraltheorie.<br />

Diese These möchten wir unterstützen. Nehmen wir hierzu noch ein drittes<br />

Beispiel: Zwei Autofahrerinnen fahren die gefährliche Serpentine an <strong>der</strong> Tremola<br />

hinunter. Beide haben zwei Tramper mitgenommen. Die erste Fahrerin, Ursula,<br />

fährt behutsam, die zweite, Michaela, mit überhöhter Geschwindigkeit. Betrachten<br />

wir die möglichen Fälle.<br />

Fall 1:<br />

Beide Autos kommen heil die Serpentine hinunter. In diesem Fall hat keine<br />

Person einen Schaden erlitten. Wir haben hier den Fall eines glücklich<br />

überstandenen riskanten Handelns.<br />

Fall 2:<br />

Beide Fahrerinnen verunglücken. Sie selbst haben nur leichte<br />

Verletzungen, die vier Mitfahrer sind schwer verletzt. Mit Sicherheit werden<br />

wir in diesem Falle <strong>der</strong> Raserin grössere moralische Schuld zuweisen.<br />

Michaela hat in schuldhafter Weise das Risiko verkannt und ihre Beifahrer<br />

gefährdet. Die vorsichtige Fahrerin Ursula hatte dagegen moralisches Pech.<br />

Eigentlich war nicht zu erwarten, dass ein Unglück geschieht.<br />

Die hier relevante Frage ist, ob die Raserin ihren Beifahrern <strong>im</strong> Unfallsfalle<br />

moralisch etwas Schlechteres getan hat als in jenem Fall, wo es zu keiner<br />

Schädigung kam. Dies ist nicht <strong>der</strong> Fall. Denn sie hat <strong>im</strong> glücklichen wie <strong>im</strong><br />

unglücklichen Fall den Beifahrern dasselbe getan. Michaela hat das Risiko, dass<br />

den beiden Trampern ein Schaden zustösst, erhöht. Dass <strong>der</strong> Schaden einmal<br />

eintrat, das an<strong>der</strong>e Mal nicht, sind Fälle von ‚bad luck’ und ‚good luck’. Dieses ist<br />

ihr nicht zuzuschreiben.<br />

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