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Zur Kritik des deutschen Trivialromans seit der Aufklärung

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Notwendigkeit aufgrund von Werturteilen aus <strong>der</strong> Darstellung ausgeschlossen wird, so hat<br />

z. B. ein Enzyklopädieartikel über deutsche Literatur, <strong>der</strong> nur wenige Namen erfassen<br />

kann, natürlich mit Recht eine extrem große Subliteratur, während z. B. Eva Beckers<br />

Spezialarbeit über die Romane <strong>des</strong> Jahres 1780 15 gar keine Subliteratur hat, da sie alle<br />

überhaupt noch greifbaren Titel dieser engen historischen Umschlagsphase erfaßt. Sie<br />

verzichtet nicht auf Wertung, aber auf die sogenannte Filterfunktion und bedeutet damit in<br />

ihrer wissenschaftlichen Ergiebigkeit eine praktische Wi<strong>der</strong>legung <strong>des</strong> orthodoxen<br />

Standpunkts.<br />

Je<strong>des</strong> literarische Produkt ist im Prinzip solange (und in dem Maße) legitimer potentieller<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Wissenschaft, als seine Behandlung poetologisch o<strong>der</strong> historisch<br />

innovative, erkenntnisför<strong>der</strong>nde Resultate verspricht. Sinnlos wird z. B. eine<br />

Untersuchung, wenn ihr Objekt nur ein vorgegebenes literarisches Schema ohne<br />

Innovation reproduziert und bereits ein gleichzeitiges und gleichartiges Produkt<br />

exemplarisch erforscht worden ist, so daß sie nur eine Verbreiterung bekannten Wissens<br />

statt einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Erkenntnisstan<strong>des</strong> erreichen könnte. Daß auch die<br />

Spezialarbeit mit hoher Subliteratur o<strong>der</strong> die Interpretation eines literarischen<br />

Gipfelwerkes von <strong>der</strong> allgemeinen Ausweitung <strong>des</strong> literaturwissenschaftlichen<br />

Interessenspielraums berührt würde, hat 1958 Hugo Kuhns “Versuch über Interpretation<br />

schlechter Gedichte” in <strong>der</strong> Rothacker Festschrift gezeigt. Der Vergleich eines relativ<br />

schlechten Gedichts von Julius Rodenberg und eines besseren von C. F. Meyer führt ihn<br />

zu dem methodologisch-programmatischen Resultat, daß “die Interpretation <strong>der</strong><br />

Funktionsganzheit und die Wertung <strong>des</strong> einzelnen Gedichts ( ... ) auch beim<br />

überzeitlichen Gedicht nur (stimmen), wenn man die Epochen ganz bis hinunter zur<br />

vergänglichen Gebrauchsliteratur einbezieht” 16 . Mit dem Verzicht auf die ahistorisch-<br />

theoretische Zweiteilung (o<strong>der</strong> Dreiteilung 17 ) und <strong>der</strong> Eliminierung <strong>der</strong> literarpolitischen<br />

15 E. D. Becker, Der deutsche, Roman um 1780. Germanist. Abh. 5, Stuttgart 1964.<br />

16 H. Kuhn, Versuch über Interpretation schlechter Gedichte. In: Konkrete Vernunft. Festschrift f. E.<br />

Rothacker, Bonn 1958, S, 399. – J. Müller (s. Anm. 6) meint zwar, die literarwissenschaftliche<br />

Untersuchung <strong>der</strong> Trivialliteratur sei historisch sinnlos, – Dichtung und Trivialliteratur z.B. <strong>der</strong> Goethezeit<br />

stünden “buchstäblich auf einem an<strong>der</strong>en historischen Blatt. Aber die empirischen Untersuchungen<br />

sprechen eine an<strong>der</strong>e Sprache. Vgl. etwa Marion Beaujean, Der Trivialroman in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>des</strong><br />

18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Abh. zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft, Bd. 212, Bonn 1964.<br />

17 Die eingangs erwähnte Dreiteilung, die z. B. H. F. Foltin (vgl. Anm. 5) im Anschluß an Klaus Ziegler<br />

befürwortet, än<strong>der</strong>t an <strong>der</strong> theoretischen Problematik <strong>des</strong> literarischen Klassensystems grundsätzlich<br />

nichts, worauf schon Hermann Bausinger in einem Vortrag hingewiesen hat, den die Nie<strong>der</strong>schrift <strong>des</strong><br />

Thyssen-Kreises (s. Anm. 2) festhält.<br />

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