Beitrag als PDF runterladen - Fachverband Kulturmanagement
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ERWARTUNGEN AN DEN OPERNBESUCH UND BEVORZUGTE INSZENIERUNGSSTILE 259<br />
geäußert. Wenn sie geäußert wird, dann bezieht sie sich eher auf einen<br />
zu ‚modernen‘ <strong>als</strong> an einen zu traditionellen Inszenierungsstil. In dieser<br />
Hinsicht unterscheiden sich die Düsseldorfer im Übrigen – wie eine Vergleichsstudie<br />
von uns zeigt – nicht grundsätzlich von den Hamburgern,<br />
die sich selbst <strong>als</strong> Opernliebhaber begreifen, aber keine Opernaufführungen<br />
besuchen (REUBAND 2008b).<br />
4. Das Sozialprofil der Besucher und dessen<br />
Einfluss auf deren Erwartungen<br />
Nun ist das Publikum keine homogene Ansammlung von Individuen –<br />
ebenso wenig wie die Gesellschaft. Vielmehr gibt es soziale Differenzierungen,<br />
die mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Präferenzen<br />
einhergehen. Könnte es daher sein, dass zumindest in Untergruppen der<br />
Opernbesucher eine Präferenz für das moderne Regietheater vorherrscht,<br />
und ein Gegenwartsbezug der Inszenierung begrüßt wird? In der Vergangenheit<br />
hat man vielfach Jüngeren eine größere Aufgeschlossenheit<br />
für derartige Inszenierungen unterstellt. Sie, die weniger durch historische<br />
Arten der Inszenierung geprägt seien, müssten für Neues besonders<br />
empfänglich sein. Die Aktualität des Gegenwartsbezugs einer Inszenierung<br />
müsste ihrem Lebensgefühl in besonderem Maße entsprechen.<br />
Und manche Eindrücke scheinen auf den ersten Blick für die Gültigkeit<br />
einer solchen Annahme zu sprechen. So schreibt Michael Gielen<br />
(2008) in seiner Autobiographie, dass sich das Publikum in Frankfurt in<br />
seiner Zeit <strong>als</strong> Intendant, die sich durch moderne, neuartige Inszenierungen<br />
auszeichnete, verjüngt hätte. Mit ähnlichem Tenor meint Udo<br />
Bermbach, dass sich in Bayreuth im Gefolge von Patrice Chereaus Ring<br />
des Nibelungen von 1976, der die Handlung ‚modernisierte‘ und – mit<br />
einem Akzent auf einer Kritik des bürgerlich-kapitalistischen Systems<br />
– in die Zeit Richard Wagners verlagerte, auch das Publikum der Festspiele<br />
verjüngt habe (BERMBACH 2005: 320). Und in die gleiche Richtung<br />
geht auch die Aussage von Winfried Gebhardt und Andre Zingerle<br />
(1998), die in ihrer Untersuchung des Bayreuther Festspielpublikums<br />
von 1996 zu erkennen meinten, dass in der modernen Inszenierung wie<br />
der des Rings das Publikum jünger sei <strong>als</strong> in eher traditionellen Inszenierungen<br />
(GEBHARDT/ZINGERLE 1998). Wären alle diese Impressionen<br />
richtig (empirische Untersuchungen dazu liegen nicht vor), müsste<br />
man in unserer Untersuchung einen Zusammenhang zwischen Alter und<br />
Akzeptanz bzw. Präferenz für moderne Inszenierungen finden.