im PDF-Format - JAKO-O Familien-Kongress
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Ursula Herchenbach<br />
Starke Kinder, starke Leistungen –<br />
<strong>JAKO</strong>-O <strong>Familien</strong>-<strong>Kongress</strong> 2010<br />
Blick über den Zaun: Das Kind in der Mitte, am Beispiel Bodensee-Schule<br />
Die Bodensee-Schule St. Martin in Friedrichshafen ist eine Katholische Freie Schule, mit staatl.<br />
Anerkennung und umfasst die Grund-, Haupt- und Werkrealschule. Die vierzügige Grundschule<br />
wird jahrgangsgemischt geführt, die Klassen 5 – 9 dreizügig und Kl. 10 zweizügig in<br />
Jahrgangsform.<br />
Das christliche Menschenbild und die Pädagogik Maria Montessoris sind Grundlage der<br />
Konzeption dieser Schule. „Kinder sind anders“, so lautet der deutsche Titel des ersten<br />
pädagogischen Buches Maria Montessoris. Für sie hat das Kind von Anfang an eine personale<br />
Würde und ist in seiner Individualität ernst zu nehmen. Nach einem gehe<strong>im</strong>en Bauplan, in den wir<br />
Erwachsenen keinen Einblick haben, entwickelt es seine Fähigkeiten in tätiger<br />
Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden Umwelt. Das Kind selbst entfaltet sich zum<br />
selbständigen Menschen mit Kopf, Herz, Hand und Fuß. Diese ganzheitliche Sicht müssen<br />
Pädagogen sich aneignen, wenn sie die Entwicklung des Kindes verstehen und unterstützen<br />
wollen. Kinder sind anders, lernen auch anders, Schule muss darauf eine Antwort geben, sie muss<br />
neu gedacht werden.<br />
Eine solche Pädagogik erfordert eine Umkehr <strong>im</strong> Denken und Handeln, eine radikale Wende:<br />
eine Hinwendung zum einzelnen Kind,<br />
eine Blickwende – vom Kind aus denken zu lernen.<br />
Schule muss Stätte der Personwerdung sein und muss die dafür notwendigen Bedingungen bereit<br />
stellen:<br />
-Ganztagsschule in gebundener Form<br />
-Eigener Bildungsplan mit kognitiven, emotionalen, handwerklichen und sozialen Lernzielen.<br />
Sie muss eine für diese Lernziele vorbereitete Umgebung bieten, <strong>im</strong> großen Rahmen des Ortes<br />
und <strong>im</strong> kleinen des Klassenz<strong>im</strong>mers. So kann dort eine Vorbereitung für das Leben geschehen, in<br />
dem Aufgaben gestellt werden, an denen das einzelne Kind sich herausgefordert fühlt und daran<br />
wachsen kann, lebenswertes Leben nachgelebt werden kann, durch ganzheitliche Bildung eine<br />
möglichst weitreichende Anpassung an unabsehbare veränderte Bedingungen möglich wird,<br />
möglichst viele Lebensbedürfnisse befriedigt werden, eine Gemeinschaft vorhanden ist, in deren<br />
Schonraum sich das einzelne Kind bewähren und erproben kann, die Eigenzeit des einzelnen<br />
Schülers respektiert wird, der Umgang mit der Zeit verschwenderisch ist.<br />
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Ursula Herchenbach<br />
<strong>JAKO</strong>-O <strong>Familien</strong>-<strong>Kongress</strong> 2010<br />
Der Schultag , die Schulwoche, das Schuljahr an der Bodensee-Schule St. Martin ist klar<br />
strukturiert und rhythmisiert. Der Stundenplan umfasst sieben Strukturelemente:<br />
der Morgenkreis / der Abschlusskreis<br />
die tägliche Freie Stillarbeit<br />
der Vernetzte Unterricht<br />
der Fachunterricht<br />
die Mittagsfreizeit<br />
die Freizeiterziehung<br />
die Handwerkserziehung<br />
Alle Elemente des Stundenplans sind gleichwertig und damit gleichgewichtig. Es entsteht eine<br />
Einheit zwischen dem Vormittag und dem Nachmittag auch dadurch, dass Lehrer auch am<br />
Nachmittag in Freizeitgruppen eingesetzt sind, bzw. Erzieher auch bei Projekten des Vernetzten<br />
Unterrichts mitarbeiten.<br />
Schule wird so zum Lebensraum für das Kind, für die Lehrer und alle Mitarbeiter und für die Eltern.<br />
Es entwickelt sich durch gemeinsames Leben eine Schulkultur, durch die sie unterscheidbar,<br />
attraktiv und anspruchsvoll wird.<br />
Die Schule muss selbst ein Vorbild der Gemeinschaft sein, zu der und für die sie erzieht. Sie muss<br />
ein Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche die Erfahrung machen, dass es auf sie ankommt,<br />
dass sie gebraucht werden und „zählen“. Sie muss ihnen die Zuversicht mitgeben, dass das<br />
gemeinte gute Leben möglich ist, dass es dabei auf jeden Einzelnen ankommt, dass Regeln und<br />
Ordnungen hilfreich und notwendig sind. Zu diesem guten Leben gehört, dass die<br />
Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Menschen als Reichtum angesehen wird, dass Schwächere<br />
geschützt werden, dass die gemeinsam festgelegten Regeln und geltenden Werte dem Egoismus<br />
der Einzelnen Grenzen setzen. Dazu gehört auch die Erfahrung von gemeinsamen Festen, Feiern<br />
und Reisen, von selbst gestalteter freier Zeit und Diensten an der Gemeinschaft, von Orientierung<br />
in der Arbeitswelt und der Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft. Die Werte, zu der<br />
diese Schule erzieht, müssen mehr als „Unterrichtsstoff“ sein: Selbstständigkeit und<br />
Verantwortung, Solidarität und Hilfsbereitschaft, Empathie, Zuwendung und Mitleid müssen <strong>im</strong><br />
Alltag gelebt werden. Die Zukunft der „Bürgergesellschaft“ hängt auch davon ab, ob und wie die<br />
nachwachsende Generation sich ihre kulturelle Überlieferung und ihre Werte aneignet; dazu gehört<br />
auch, andere Kulturen zu verstehen und achten zu lernen.<br />
„Es ist gut, dass Du da bist!“, ist wohl der wichtigste Zuspruch an ein Kind, einen Jugendlichen, der<br />
ins Leben entlassen wird, und dort viele heute noch unvorhersehbaren Hindernisse als starke<br />
Persönlichkeit überwinden wird.<br />
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