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Forschungsprojekt Algenrasenfilter - Institut für Umwelt und ...

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Wasser/Abwasser: Nahrungsketten <strong>und</strong> ihre Dynamik<br />

<strong>Forschungsprojekt</strong><br />

<strong>Algenrasenfilter</strong><br />

Die Fachstelle Ökotechnologie der Hochschule Wädenswil (HSW) arbeitet an einem<br />

zweijährigen <strong>Forschungsprojekt</strong>. Im Vordergr<strong>und</strong> steht der <strong>Algenrasenfilter</strong>, ein Verfahren<br />

zur Abwasserreinigung. Im Projekt wird das Potenzial dieser <strong>Algenrasenfilter</strong><br />

<strong>für</strong> eine biologische Elimination des Mikronährstoffes Phosphor getestet. Die Anlagen<br />

sind systemneutral <strong>und</strong> können bei allen Gewässern eingesetzt werden, um aktiv<br />

Phosphor zu entziehen. In einem Schwimmteich ergänzen sie die Abbauleistung des<br />

Kiesfilters; dieser soll dadurch kleiner dimensioniert werden können.<br />

Der <strong>Algenrasenfilter</strong> auf einem Garagendach.<br />

VON ANDREAS GRABER UND<br />

RANKA JUNGE<br />

Ökologische Lebensgemeinschaften<br />

bestehen aus Nahrungsketten,<br />

die eine vertikale<br />

Interaktion zwischen verschiedenen<br />

Trophieebenen darstellen – «fressen»<br />

<strong>und</strong> «gefressen werden». Somit besteht<br />

eine Nahrungskette aus Produzenten<br />

<strong>und</strong> Konsumenten. In einem<br />

aquatischen Lebensraum sind die Produzenten<br />

vereinfacht zusammengefasst<br />

Phytoplankton (freischwebende<br />

Algen) <strong>und</strong> Pflanzen, die Konsumenten<br />

bestehen aus Zooplankton<br />

(freischwimmende Wasserkrebschen),<br />

anderen wirbellosen Tieren <strong>und</strong> Fischen.<br />

Nahrungsketten können entweder<br />

von den unteren (Bottom-up) oder<br />

den oberen Trophieebenen (Topdown)<br />

kontrolliert werden. Bei der<br />

Bottom-up-Kontrolle spielen die<br />

Nährstoffe die zentrale Rolle: Je mehr<br />

Nährstoffe vorhanden sind, desto<br />

mehr Phytoplankton wächst heran.<br />

Dieses grössere Futterangebot wiederum<br />

führt zu erhöhten Mengen von<br />

Zooplankton <strong>und</strong> mehr Fischen, die<br />

sich von diesem Zooplankton ernähren.<br />

Umgekehrt beeinflussen bei<br />

62 Dezember 2005, <strong>Umwelt</strong> Perspektiven, Postfach, 8127 Forch<br />

Bilder: Andreas Graber<br />

der Top-down-Kontrolle die Konsumenten<br />

die Nahrungskette. Carnivore<br />

Fische wie Hechte, Barsche <strong>und</strong> Forellen<br />

reduzieren die Dichte von Zooplankton<br />

fressenden Fischen wie Felchen<br />

<strong>und</strong> Karpfenartigen. Dadurch<br />

kann sich das Zooplankton stärker<br />

vermehren, was in der Folge das<br />

Phytoplankton dezimiert. Oft wird die<br />

Nahrungskette in einem stehenden<br />

Gewässer von beiden Mechanismen<br />

abwechselnd kontrolliert. Diese Prozesse<br />

können auf verschiedene Weisen<br />

gesteuert werden, um in Teichen unerwünschtes<br />

Phytoplankton oder Fadenalgen<br />

zu bekämpfen.<br />

Biomanipulation<br />

der Primärproduzenten…<br />

Da man die Eutrophierung tiefer<br />

Seen durch die Manipulation der<br />

Phosphorkonzentration kontrollieren<br />

kann, wurde lange Zeit angenommen,<br />

dass man flache Seen ebenso steuern<br />

kann. Mehrere Studien (Moss 1998,<br />

Jeppesen in press) zeigten jedoch, dass<br />

dem nicht so ist. Es zeigte sich, dass in<br />

Teichen, in denen die Pflanzenbiomasse<br />

intakt ist,eine Zufuhr von Phosphor<br />

weder eine Verdrängung von Pflanzen<br />

noch einen Anstieg der Algenbiomasse<br />

oder von gelöstem Phosphor bewirkte<br />

(Moss 1998). Wurden vor der<br />

Düngung die Pflanzen entfernt, hatte<br />

der zugegebene Phosphor einen star-<br />

Andreas Graber<br />

Dipl. Natw. ETH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />

Fachabteilung <strong>Umwelt</strong> & Natürliche<br />

Ressourcen, Hochschule Wädenswil.<br />

Ranka Junge<br />

Prof. Dr., Fachabteilung <strong>Umwelt</strong> & Natürliche<br />

Ressourcen, Hochschule Wädenswil.


ken Effekt, Phytoplankton <strong>und</strong> gelöster<br />

Phosphor stiegen mit der Nährstoffzufuhr<br />

an.<br />

...<strong>und</strong> der Konsumenten<br />

Bei einer Biomanipulation im<br />

Ro<strong>und</strong> Lake in Michigan USA wurde<br />

der gesamte Fischbestand mit Rotenon<br />

vernichtet. Die Zusammensetzung<br />

der Algengemeinschaft veränderte<br />

sich, nach einer anfänglichen<br />

Abnahme der Algenbiomasse dominierten<br />

im See Algenarten, die resistent<br />

waren gegen Frass durch das<br />

Zooplankton (Lampert & Sommer<br />

1993). Diese frassresistenten Algen<br />

führten zu einer erneuten Wassertrübung,<br />

unter den verschlechterten<br />

Lichtbedingungen kann sich auch der<br />

Pflanzenbestand verändern <strong>und</strong> damit<br />

die Fauna, die wiederum davon abhängig<br />

ist. In den Niederlanden hingegen<br />

führte ein Abfischen von Seen dazu,<br />

dass Daphnien die Algenkonzentrationen<br />

tief halten konnten, trotz hohem<br />

Nährstoffangebot. Dies führte zu<br />

einer höheren Sichttiefe, das Wasser<br />

wurde also klarer, gefolgt von einem<br />

Wachstum von grossen Wasserpflanzen<br />

(Lampert & Sommer 1993).<br />

Makroinvertebraten wie Schnecken<br />

<strong>und</strong> Köcherfliegenlarven beeinflussen<br />

die Pflanzen- <strong>und</strong> Algenzusammensetzung<br />

in einem Gewässer<br />

ebenfalls. Denn nicht nur Phytoplankton,<br />

sondern auch Aufwuchsalgen<br />

konkurrieren mit Pflanzen um CO2, Nährstoffe <strong>und</strong> Licht. In Gewässern<br />

mit Schnecken <strong>und</strong> anderen aufwuchsfressenden<br />

Wirbellosen ist die Biomasse<br />

der Aufwuchsalgen gering. Im<br />

Gegensatz dazu testete Brönmark<br />

(1994) den Einfluss von Schleien,<br />

einem typischen Larven fressenden<br />

Teichfisch, auf ein Gewässer. Die<br />

Schleien reduzierten erfolgreich die<br />

Wirbellosen, gefolgt von einer Zunahme<br />

an Aufwuchsalgen <strong>und</strong> einer Abnahme<br />

des Pflanzenwachstums.<br />

Offensichtlich gibt es keine generellen<br />

Patentrezepte <strong>für</strong> vordefinierte<br />

Fälle, prinzipielle Handlungsvorschläge<br />

können dennoch abgeleitet werden.<br />

Nährstoffe im Schwimmteich<br />

Es ist bekannt, dass hauptsächlich<br />

überhöhte Phosphorgehalte im Teichwasser<br />

Voraussetzung sind <strong>für</strong> eine<br />

Massenvermehrung von Algen. Schon<br />

eine Phosphorkonzentration von 10 µg/l<br />

reicht dazu aus. Bei einem typischen<br />

Teichvolumen von 100 m3 ist das gerade<br />

mal 1 g Phosphor im ganzen<br />

Schwimmteich! Wesner (2004) hat beschrieben<br />

was der Einzelne tun kann,<br />

um diese kritische Phosphorkonzentration<br />

zu unterschreiten.Ziel ist,möglichst<br />

kein Phosphor in den Teich zu<br />

bringen <strong>und</strong> gleichzeitig möglichst viel<br />

aus dem Wasser herauszubekommen.<br />

Wie das?<br />

Offensichtlich sind Algen ja Meister<br />

in dieser Kunst – seit Jahrtausenden<br />

haben sie sich darauf spezialisiert,<br />

kleinste Phosphormengen aus dem<br />

Wasser aufzunehmen. Gewässerökologen<br />

haben unsere natürlichen Grossseen<br />

untersucht <strong>und</strong> festgestellt, dass<br />

das Algenvorkommen einem klar vorgegebenen<br />

Ablauf folgt. Dieser ist abhängig<br />

von der Jahreszeit <strong>und</strong> wiederholt<br />

sich Jahr <strong>für</strong> Jahr nach dem<br />

gleichen Muster (Sommer et al. 1986).<br />

Kurz gefasst treten zweimal jährlich<br />

hohe Algendichten auf, das erste Mal<br />

gefolgt von einer Massenvermehrung<br />

von Algen fressendem Zooplankton,<br />

das alles Futter wegputzt bis der See<br />

eine Klarwasserphase erreicht. Bis in<br />

den Spätsommer wird so sämtlicher<br />

Phosphor aus dem Freiwasser in die<br />

Tiefenzone versenkt, von wo er erst im<br />

nächsten Winter durch die seeinterne<br />

Wasserzirkulation wieder auftaucht.<br />

In tiefen Seen hat die Natur also effiziente<br />

Mechanismen entwickelt, die<br />

Algen auszuhungern.<br />

Die Algenproduktion in natürlichen<br />

Flachseen ist praktisch nie<br />

limitiert durch Phosphor, sondern<br />

durch die verfügbare Lichtmenge.<br />

Freischwebende Algen sind ein ideales<br />

Futter <strong>für</strong> Wasserflöhe, die sich rasant<br />

vermehren. Diese «Algensuppen»<br />

sollten im Schwimmteich kein Problem<br />

darstellen, notfalls kann von einem<br />

benachbarten Gewässer Zooplankton<br />

zugesetzt werden. Das ist<br />

auch der Gr<strong>und</strong>, warum ein Schwimmteich<br />

keine Fische beherbergen sollte –<br />

diese fressen unsere kleinen Helfer<br />

sehr effizient <strong>und</strong> restlos weg. Wasserflöhe<br />

sind übrigens <strong>für</strong> den Menschen<br />

absolut harmlos, ihren Namen verdienten<br />

sie sich einzig durch die ruckartige<br />

Schwimmweise.<br />

Im Sommer reicht die nächtliche<br />

Abkühlung meist aus, um einen Teich<br />

natürlich zu durchmischen. Abgestorbene<br />

Biomasse wird am Teichgr<strong>und</strong><br />

zersetzt <strong>und</strong> gibt Phosphor wieder frei,<br />

die Nährstoffe bleiben im Kreislauf.<br />

Unter diesen Umständen können Fadenalgen<br />

ganzjährig wachsen <strong>und</strong> zerfallen.<br />

Die Nährstoffe müssen also<br />

unnatürlich aus dem Teich entfernt<br />

werden, d.h. durch Eingriff des Menschen.<br />

Entfernung von Nährstoffen<br />

Am einfachsten geschieht dies<br />

durch Einsetzen von wüchsigen Pflanzen<br />

<strong>und</strong> rigorosen Rückschnitt im<br />

Herbst. Ein weiteres Argument <strong>für</strong> einen<br />

gezielten Rückschnitt lieferten<br />

Akeret <strong>und</strong> Stössel (1995): Sie untersuchten<br />

die Wasserpflanzen von neun<br />

Weihern in der Umgebung von Zürich<br />

<strong>und</strong> fanden insgesamt 192 Arten. Im<br />

Total von sieben Weihern stellten sie<br />

eine hohe Biodiversität fest. Hingegen<br />

wurden 65 Prozent der Arten nur in einem<br />

Weiher, 20 Prozent nur in zwei<br />

<strong>und</strong> bloss eine Art in allen Weihern gef<strong>und</strong>en.<br />

Die Untersuchung zeigt, dass<br />

jedes Kleingewässer ein eigenes Gepräge<br />

besitzt <strong>und</strong> Weiher untereinander<br />

nur bedingt vergleichbar sind. Danach<br />

ist im Schwimmteich eine<br />

Artenverarmung zu erwarten. Innert<br />

wenigen Jahren würden sich einige dominante<br />

Arten durchsetzen <strong>und</strong> konkurrenzschwache<br />

verdrängen, wenn<br />

nicht der Besitzer seine Lieblinge<br />

pflegte.<br />

Eine weitere Möglichkeit zur Entfernung<br />

von Nährstoffen ist das Abfischen<br />

von Fadenalgen <strong>und</strong> Teichlinsen,wo<br />

immer man sie sieht <strong>und</strong> fassen<br />

kann.Auf diesen Weg setzt das laufende<br />

<strong>Forschungsprojekt</strong>.<br />

<strong>Forschungsprojekt</strong><br />

<strong>Algenrasenfilter</strong><br />

Seit Sommer 2004 arbeitet die<br />

Fachstelle Ökotechnologie der Hochschule<br />

Wädenswil (HSW) zusammen<br />

mit dem Schweizer Verband <strong>für</strong> naturnahe<br />

Badegewässer <strong>und</strong> Pflanzenkläranlagen<br />

(SVBP). Ziel ist, die<br />

Schwimmteichtechnik durch innovative<br />

Systemkomponenten zu verbessern.<br />

Die HSW leitet ein zweijähriges<br />

<strong>Forschungsprojekt</strong>, das vom SVBP, elf<br />

Schweizer Schwimmteichbauern <strong>und</strong><br />

der Kommission <strong>für</strong> Technologie <strong>und</strong><br />

Innovation des B<strong>und</strong>es (KTI) finanziert<br />

wird.<br />

Objekt der Forschung ist der <strong>Algenrasenfilter</strong>,<br />

ein in den USA patentiertes<br />

Verfahren zur Abwasserreinigung<br />

(Adey 1982). Im Projekt wird<br />

das Potenzial dieser <strong>Algenrasenfilter</strong><br />

(ARF) <strong>für</strong> eine biologische Elimination<br />

des Mikronährstoffes Phosphor<br />

getestet. Die Anlagen sind systemneutral<br />

<strong>und</strong> können bei allen Gewässern<br />

eingesetzt werden, um aktiv<br />

Phosphor zu entziehen. Im Schwimmteich<br />

ergänzen sie die Abbauleistung<br />

des Kiesfilters; dieser soll dadurch<br />

kleiner dimensioniert werden können.<br />

Das soll einen höheren Nutzungsanteil<br />

im Schwimmteich <strong>und</strong> letztlich tiefere<br />

Bau- <strong>und</strong> Betriebskosten ermöglichen.<br />

Durch verbessertes Systemverständnis<br />

<strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

wird auch die Akzeptanz von<br />

Schwimmteichen gestärkt.<br />

System <strong>Algenrasenfilter</strong> (ARF)<br />

Der <strong>Algenrasenfilter</strong> besteht aus<br />

einem flachen Wasserbecken, das kontinuierlich<br />

mit Schwimmteichwasser<br />

versorgt wird. Darin werden Fadenalgen<br />

durch optimale Lichtversorgung<br />

Dezember 2005, <strong>Umwelt</strong> Perspektiven, Postfach, 8127 Forch<br />

63


<strong>und</strong> Nährstoffzufuhr ideale Wachstumsbedingungen<br />

geboten. Eine<br />

Kippschale beim Wassereinlauf sorgt<br />

<strong>für</strong> eine permanente Wellenbewegung,<br />

was das Algenwachstum um Faktor<br />

drei verbessert. Die Algen wachsen<br />

<strong>und</strong> entziehen dem Wasser so lange<br />

Phosphor, bis sie selbst phosphorlimitiert<br />

sind.In diesem Zustand wird auch<br />

das Algenwachstum im Schwimmteich<br />

stark reduziert oder verhindert, <strong>und</strong><br />

jeder neue Phosphoreintrag während<br />

der Badesaison wird im ARF geb<strong>und</strong>en.<br />

Diese Biomanipulation setzt also<br />

nach dem Bottom-up-Prinzip an.<br />

Der ARF wurde modulartig entwickelt,<br />

die Standardmasse sind 55 cm<br />

Breite <strong>und</strong> 200 cm Länge, was 1 m 2 Algenfläche<br />

ermöglicht. Die Filter können<br />

an beliebiger Stelle positioniert<br />

werden, ideal sind ungenutzte Flachdächer<br />

mit starker Sonnenexposition.<br />

Die Hochschule Wädenswil betreibt<br />

im Gewächshaus eine Laboranlage<br />

mit sechs unabhängigen Modulen. Seit<br />

Mai 2005 läuft der Praxistest bei einem<br />

privaten Schwimmteich mit fünf Modulen.Je<br />

nach Algenwachstum werden<br />

die Algen alle zwei bis drei Wochen<br />

manuell geerntet <strong>und</strong> kompostiert,<br />

wobei ein Modul r<strong>und</strong> 100 Liter Spülwasser<br />

verbraucht.<br />

Resultate der<br />

Algenproduktion<br />

In beiden Anlagen wurden bisher<br />

Wachstumsraten von 3.2 g Algen-<br />

Trockensubstanz pro m2 <strong>und</strong> Tag gemessen.<br />

Bei einem Trockensubstanzgehalt<br />

von durchschnittlich 8 Prozent<br />

entspricht das 40 g feuchten Fadenal-<br />

Algenernge aus fünf <strong>Algenrasenfilter</strong>n nach zwei Wochen Betrieb.<br />

gen, die täglich in einem Modul heranwachsen.<br />

Laut Literaturangaben <strong>für</strong><br />

ähnliche Systeme sind bis zu zehnmal<br />

höhere Wachstumsleistungen möglich<br />

(Craggs 1996 & 2001, Kebede 2003,<br />

Mostert 1987, Schumacher 2002, Wilkie<br />

2001). Diese Werte wurden jedoch<br />

bei Algenproduktion in Agrarabwässern<br />

erreicht, wo die Algen üppig mit<br />

Nährstoffen versorgt wurden (r<strong>und</strong> 5 mg<br />

P/l).Ein Versuch zur Phosphorelimination<br />

im Tagesverlauf zeigte, dass Fadenalgen<br />

auch im nährstoffarmen Wasser<br />

der Schwimmteiche gediehen <strong>und</strong><br />

ihr Wachstum erst bei r<strong>und</strong> 5 µg P/l limitiert<br />

wurde (Brunner 2005).<br />

Sechs Wochen nach Inbetriebnahme<br />

bot sich in der Praxisanlage ein gespenstisches<br />

Bild. Sämtliche Algen<br />

waren verschw<strong>und</strong>en, die Chromstahlwannen<br />

blitzblank geputzt, kaum<br />

mehr ein Algenfädchen sichtbar.<br />

Da<strong>für</strong> tummelten sich in den Becken<br />

massenweise Eintagsfliegenlarven, die<br />

emsig Algen abgrasten. Diese Reinigungstruppe<br />

ist im Schwimmteich sehr<br />

willkommen, reinigt sie doch sämtliche<br />

Oberflächen <strong>und</strong> verhindert offensichtlich<br />

hocheffizient das Wachstum<br />

von Fadenalgen. Das Prinzip des<br />

ARF hingegen basiert auf einem Algenwachstum,<br />

in den Algenwannen<br />

können diese Frassfeinde nicht toleriert<br />

werden. Geeignete Massnahmen<br />

zu ihrer Kontrolle werden nun geprüft.<br />

Phosphorentzug<br />

Die gemessene Elimination der<br />

Labormodule lag im Februar bei r<strong>und</strong><br />

14 mgP/m2 /Tag. Berechnet man den<br />

Phosphatentzug der Algen (Algenproduktion<br />

mal Phosporgehalt), wird<br />

64 Dezember 2005, <strong>Umwelt</strong> Perspektiven, Postfach, 8127 Forch<br />

deutlich, dass die Fixierung in der Algenbiomasse<br />

r<strong>und</strong> 20 bis 70 Prozent<br />

dieses Totalentzugs ausmacht.Ein weiterer<br />

Eliminationsweg ist die chemische<br />

Fällung, bei pH-Werten über 9<br />

wird Calciumphosphat ausgefällt. Im<br />

Juli stieg der Phosphorentzug auf 60<br />

bis 250 mgP/m2 /Tag an, die stärkere<br />

Sonneneinstrahlung hatte einen messbaren<br />

Einfluss auf das Algenwachstum.<br />

Verglichen mit Literaturwerten<br />

steht diese Entzugsleistung noch in<br />

den hinteren Rängen (Craggs 1996 &<br />

2001, Jarvie 2002, Kebede 2003, Schumacher<br />

2002,Wilkie 2002).Warum waren<br />

die Module bis zu Faktor neun<br />

langsamer im P-Entzug? Mögliche<br />

Gründe sind das Faktor 10 langsamere<br />

Algenwachstum, die Faktor 500 tiefere<br />

Phosphorkonzentration im Produktionswasser<br />

<strong>und</strong> vermutlich Lichtlimitierung<br />

(Mitteleuropa verglichen mit<br />

Kalifornien). Möglich wäre auch, dass<br />

in den Systemen nicht die idealen<br />

Algenarten wuchsen. Diese sind aber<br />

durch die Algengemeinschaft im<br />

Schwimmteich vorgegeben <strong>und</strong> nicht<br />

kontrollierbar.<br />

Mobile Messtechnik<br />

Zur Kontrolle der Auswirkungen<br />

der ARF <strong>und</strong> zur schnelleren Problemfindung<br />

bei Teichsanierungen<br />

wurde ein mobiles Messsystem konzipiert,<br />

das seit März 2005 erfolgreich<br />

im Einsatz ist. Damit erhält der<br />

Schwimmteichbauer ein Instrument,<br />

das ihm eine permanente Überwachung<br />

der Schwimmteiche ermöglicht.<br />

Die Messdaten werden per Mobilfunknetz<br />

auf das Internetportal<br />

www.m2m-control.com übermittelt.<br />

Der Teichbauer überwacht die Teiche<br />

am PC <strong>und</strong> spart so Kontrollgänge.Die<br />

HSW setzt das System auch in Fischzuchtbetrieben<br />

ein,wo Sauerstoff- <strong>und</strong><br />

Temperaturwerte gemessen <strong>und</strong> alarmiert<br />

werden.<br />

Einfluss der <strong>Algenrasenfilter</strong><br />

auf den pH-Wert<br />

In der Praxisanlage in Grünen BE<br />

fliesst das Schwimmteichwasser durch<br />

einen vertikalen Kiesfilter, bevor es in<br />

die ARF-Module gepumpt wird. Erstaunlicherweise<br />

war die pH-Amplitude<br />

im Schwimmteich dreimal grösser<br />

als die des <strong>Algenrasenfilter</strong>s <strong>und</strong> mit<br />

2 pH-Einheiten sehr ausgeprägt. Die<br />

Pufferfunktion im ARF-Ablauf ist<br />

vermutlich dem vorgeschalteten Kiesfilter<br />

zuzuschreiben. Die kurze Verweilzeit<br />

von r<strong>und</strong> fünf Minuten ist ein<br />

weiterer Gr<strong>und</strong>, dass in den ARF der<br />

pH nicht weiter anstieg. In der Laboranlage<br />

an der HSW wurden im ARF-<br />

Ablauf pH-Werte bis 10.5 erreicht, bei


Einfluss der <strong>Algenrasenfilter</strong> auf den pH-Wert<br />

Die Abbildung zeigt die Tagesgänge pH im Schwimmteich <strong>und</strong> Ablauf der ARF-Module.<br />

pH 11 lösen sich die Algen von den<br />

Trägermatten <strong>und</strong> koagulieren zu<br />

schleimigen Ballen.<br />

Der Einfluss von Algenernten ist<br />

deutlich sichtbar: Geerntet wurden am<br />

6. Juni im ARF 2.4 kg Feuchtgewicht,<br />

am 20. Juni 2.2 kg im ARF <strong>und</strong> zusätzlich<br />

im Schwimmteich 2.5 kg Feuchtgewicht.<br />

Dadurch verkleinerte sich die<br />

pH-Amplitude im ARF-Ablauf, aber<br />

auch im Schwimmteich. Die pH-<br />

Tagesamplitude wurde massgeblich<br />

durch die Algenbiomasse bestimmt.<br />

Ein weiterer Trend: Mit zunehmender<br />

Algenbiomasse stieg der pH im<br />

Schwimmteich.<br />

Taugt der <strong>Algenrasenfilter</strong><br />

zum Solarmodul?<br />

Ein erwünschter Zusatznutzen der<br />

ARF-Module wäre ein Wärmeeintrag<br />

<strong>und</strong> dadurch eine Verlängerung der<br />

Temperaturgänge im Schwimmteich.<br />

Badesaison. Der Datenauszug vom Juni<br />

zeigt die verschiedenen Auswirkungen:<br />

Vom 4. bis 11. Juni kühlte sich der<br />

Teich ab, die Temperatur im ARF lag<br />

r<strong>und</strong> 1° C tiefer, er beschleunigte somit<br />

die Abkühlung. Ab dem 16. Juni<br />

heizte die Sonne den Schwimmteich<br />

auf, die Temperatur im ARF lag r<strong>und</strong><br />

2 °C höher als im Teich, er wurde effektiv<br />

zum Sonnenkollektor. Ab dem<br />

21. Juni wurde tagsüber ein Wärmeeintrag,<br />

nachts eine Abkühlung gemessen.<br />

Der Wärmegewinn aus dem<br />

ARF kann also optimiert werden,<br />

wenn er nur tagsüber betrieben wird.<br />

Fazit<br />

Im Gegensatz zu herkömmlichen<br />

Festbettfiltern erlaubt der ARF eine<br />

biologische Wasserreinigung ohne<br />

Schädigung von Zooplankton. Der Filter<br />

entfernt Phosphor aus dem Zielgewässer<br />

<strong>und</strong> vermindert damit ein un-<br />

erwünschtes Algenwachstum. Der<br />

ARF setzt das Sonnenlicht zur Keimreduktion<br />

ein, um die hygienische<br />

Wasserqualität zu verbessern. Durch<br />

gezielte Wasserumwälzung kann die<br />

Temperatur im Teich gesteuert werden.<br />

Mit dem ARF können auch bestehende<br />

Schwimmteiche mit einer<br />

Überbelastung an Phosphor oder<br />

ungenügender mikrobiologischer<br />

Wasserqualität einfach <strong>und</strong> gezielt<br />

nachgerüstet werden. Und zwar gleichermassen<br />

private wie öffentliche<br />

Anlagen, unabhängig vom Teichsystem.<br />

Im Sommer 2006 werden weitere<br />

Praxisanlagen getestet.<br />

Literatur<br />

Adey,W. (1982):Algal Turf Scrubber ATS. US<br />

Patent 4,333,263, 8. Juni.<br />

Akeret, B. <strong>und</strong> Stössel, F. (1995): Vergleichende<br />

ökologische Untersuchungen an neun<br />

Weihern im Norden des Kantons Zürich. In:<br />

Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich, Nr. 1, S.<br />

3–17.<br />

Brönmark, C. (1994): Effects of tench and<br />

perch on interactions in a freshwater, benthic<br />

food chain. Ecology, 75, 1818–1828.<br />

Brunner,A. (2005): Einsatz von <strong>Algenrasenfilter</strong>n<br />

zur Phosphorelimination aus Schwimmteichen.<br />

Vertrauliche Semesterarbeit der ETH<br />

Zürich, durchgeführt bei A. Graber an der<br />

Hochschule Wädenswil.<br />

Craggs, R. J. (2001): Wastewater treatment<br />

by algal turf scrubbing. Water Science and<br />

Technol. 11–12: 427–433.<br />

Craggs, R., Adey, W., Jessup, B., Oswald, W.<br />

(1996): A controlled stream mesocosm for tertiary<br />

treatment of sewage. Ecological Engineering<br />

6, 149–169.<br />

Jarvie, H., et al., (2002): Phosphorus uptake<br />

into algal biofilms in a lowland chalk river.<br />

The Science of The Total Environment, Volume<br />

282–283, 353–373.<br />

Jeppesen, E., Søndergaard, M., Mazzeo, N.,<br />

Meerhoff, M., Branco, C., Huszar, V. and Scasso,<br />

F. (in press). Lake restoration and biomanipulation<br />

in temperate lakes: relevance for subtropical<br />

and tropical lakes. In: V. Reddy (ed.):<br />

Tropical eutrophic lakes: their restoration and<br />

management.<br />

Kebede-Westhead, E., Pizarro, C. and Mulbry,<br />

W. (2003): Production and nutrient removal<br />

by periphyton grown <strong>und</strong>er different loading<br />

rates of anaerobically digested flushed<br />

dairy manure. Journal of Phycology 39,<br />

1275–1282.<br />

Lampert,W., Sommer, U. (1993): Limnoökologie.<br />

Thieme Verlag, 440 S.<br />

Moss, B. (1998): Shallow lakes biomanipulation<br />

and eutrophication. CEEP-Newsletter<br />

No 29.<br />

http://www.ceep-phosphates.org/Files/Newsletter/scope29/launch.html<br />

Mostert, E., Grobbelaar, J. (1987): The influence<br />

of nitrogen and phosphorus on algal<br />

growth and quality in outdoor mass algal.<br />

Dezember 2005, <strong>Umwelt</strong> Perspektiven, Postfach, 8127 Forch<br />

65

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