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China und der Süden - INKOTA-netzwerk eV

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CHINA UND DER SÜDEN<br />

westlichen Regierungen wegen Menschenrechtsverletzungen<br />

<strong>und</strong> Demokratiedefiziten<br />

kritisiert werden, als verlässlicher Partner<br />

an. „Frieden, Öffnung, Zusammenarbeit,<br />

Harmonie <strong>und</strong> ein allseitiger Vorteil (‚winwin‘)<br />

ist unsere Politik“, heißt es im Weißbuch.<br />

„<strong>China</strong>s Entwicklung wird nie eine<br />

Bedrohung sein für an<strong>der</strong>e, stattdessen bietet<br />

sie mehr Entwicklungsmöglichkeiten <strong>und</strong><br />

größere Märkte für den Rest <strong>der</strong> Welt.“<br />

Das Weißbuch for<strong>der</strong>t explizit eine Demokratisierung<br />

<strong>der</strong> internationalen Beziehungen,<br />

um die Macht <strong>der</strong> Entwicklungslän<strong>der</strong> zu erhöhen,<br />

bekennt sich zur Süd-Süd-Kooperation<br />

<strong>und</strong> enthält das übliche Bekenntnis zu den<br />

„Fünf Prinzipien <strong>der</strong> friedlichen Koexistenz“<br />

(Souveränität <strong>und</strong> territoriale Integrität, gegenseitiger<br />

Aggressionsverzicht, gegenseitige<br />

Nichteinmischung in innere Angelegenheiten,<br />

Gleichheit <strong>und</strong> gegenseitiger Nutzen<br />

sowie friedliche Koexistenz).<br />

Wechselhafte Politik gegenüber<br />

dem <strong>Süden</strong><br />

Diese Prinzipien bilden seit den 1950er<br />

Jahren eine Konstante in einer ansonsten<br />

wechselhaften Politik gegenüber den Län<strong>der</strong>n<br />

des <strong>Süden</strong>s. So wurde in den 60er<br />

<strong>und</strong> 70er Jahren das Verhältnis zu an<strong>der</strong>en<br />

<strong>China</strong>: Entwicklungsland o<strong>der</strong> Weltmacht? O<strong>der</strong> beides?<br />

Foto: Thomas Ruttig<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> zu antikolonialen<br />

Befreiungsbewegungen vor allem aus dem<br />

Blickwinkel des sino-sowjetischen Konflikts<br />

beurteilt. Das führte zu zum Teil merkwürdigen<br />

Koalitionen. So sah die chinesische<br />

6 <strong>INKOTA</strong>-Brief 137 • September 2006<br />

Führung das persische Schah-Regime als<br />

Gegengewicht zum sowjetischen Expansionismus<br />

<strong>und</strong> nahm 1971 mit Teheran diplomatische<br />

Beziehungen auf. In Angola unterstützte<br />

Beijing die antikommunistische Unita,<br />

weil Moskau bereits mit <strong>der</strong> später siegreichen<br />

MPLA liiert war.<br />

<strong>China</strong>s Interesse an an<strong>der</strong>en Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

hatte in den 80er Jahren abgenommen.<br />

Beijing wollte sich auf den eigenen<br />

wirtschaftlichen Reform- <strong>und</strong> Öffnungsprozess<br />

konzentrieren <strong>und</strong> Beziehungen<br />

zu an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n fortan stärker<br />

an Effizienzkriterien ausrichten. Doch nach<br />

dem Tiananmen-Massaker 1989 wurden<br />

fre<strong>und</strong>schaftliche Verhältnisse zu Län<strong>der</strong>n<br />

des <strong>Süden</strong>s plötzlich politisch wie<strong>der</strong> sehr<br />

wichtig. Denn vom Westen sanktioniert <strong>und</strong><br />

isoliert brauchte <strong>China</strong>s Regierung dringend<br />

internationale Unterstützung, um zum Beispiel<br />

einer Verurteilung bei <strong>der</strong> jährlichen<br />

Sitzung <strong>der</strong> UN-Menschenrechtskommission<br />

zu entgehen. Seit 1990 nahm die Zahl <strong>der</strong><br />

Empfängerstaaten chinesischer Hilfe deshalb<br />

wie<strong>der</strong> zu.<br />

Mit dem Ende <strong>der</strong> Sowjetunion <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

von George Bush nach dem Golfkrieg 1991<br />

ausgerufenen „neuen Weltordnung“ suchte<br />

Beijing zur Verhin<strong>der</strong>ung einer US-geführten<br />

„unipolaren Welt“ zunächst nach Partnern,<br />

die es sich außer in Russland, Indien <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

EU auch bei großen Län<strong>der</strong>n des <strong>Süden</strong>s erhoffte.<br />

Mit Überwindung <strong>der</strong> Isolation durch<br />

den Westen <strong>und</strong> mit wachsendem Selbstvertrauen<br />

aufgr<strong>und</strong> des eigenen Wirtschaftsbo-<br />

oms begann <strong>China</strong>, allmählich eine wichtigere<br />

<strong>und</strong> aktivere Rolle in internationalen<br />

Organisationen zu spielen.<br />

Gelobt wurde Beijing bei <strong>der</strong> asiatischen<br />

Finanzkrise 1997/98, als es den Yuan<br />

nicht abwertete <strong>und</strong> so das internationale<br />

Finanzsystem <strong>und</strong> die angeschlagenen Ökonomien<br />

seiner ost- <strong>und</strong> südostasiatischen<br />

Nachbarstaaten stabilisierte. In Südostasien<br />

gelang es Beijing in den letzten Jahren,<br />

durch konstruktive Diplomatie sowie nicht<br />

unerhebliche Zugeständnisse <strong>China</strong>s Ansehen<br />

zu vergrößern <strong>und</strong> Ängste vor seiner<br />

wachsenden Macht zu zerstreuen. Und mit<br />

seiner Rekordhilfe nach dem Tsunami am<br />

indischen Ozean von insgesamt 83 Millionen<br />

US-Dollar stieg <strong>China</strong> 2005 zu einer<br />

regional wichtigen Gebernation auf.<br />

Die Suche nach Rohstoffen<br />

Angesichts <strong>der</strong> wachsenden Abhängigkeit<br />

<strong>China</strong>s von Rohstoffimporten ist in den letzten<br />

zehn Jahren das Verhältnis zu mittelöstlichen,<br />

afrikanischen <strong>und</strong> lateinamerikanischen<br />

Staaten wichtiger geworden. <strong>China</strong><br />

bietet außer dem Zugang zu seinem großen<br />

Markt große Investitionen, Kredite, Hilfen,<br />

Schuldenerlasse <strong>und</strong> auch Waffen. Um die<br />

Staaten enger an sich zu binden, bietet Beijing<br />

„strategische Partnerschaften“ an. Das<br />

gibt den Beziehungen einen exklusiven<br />

Charakter <strong>und</strong> erhöht die Hemmschwelle für<br />

Kritik an <strong>China</strong>.<br />

Im Rahmen einer Rohstoffdiplomatie haben<br />

<strong>China</strong>s Präsidenten, Premiers <strong>und</strong> Außenminister<br />

in den letzten Jahren Afrika <strong>und</strong><br />

Lateinamerika weit öfter persönlich besucht<br />

als westliche Führer. Rohstoffexportierende<br />

Län<strong>der</strong> profitieren von den wegen <strong>China</strong>s<br />

großer Nachfrage gestiegenen Rohstoffpreisen.<br />

Da die Volksrepublik in Konkurrenz zu<br />

an<strong>der</strong>en Großverbrauchern aus dem Westen<br />

<strong>und</strong> Osten (Japan, Indien) tritt, erhöht<br />

dies die Verhandlungsmacht <strong>der</strong> Rohstoffexportlän<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> verschafft ihnen eine größere<br />

Unabhängigkeit von westlichen Regierungen<br />

<strong>und</strong> Konzernen.<br />

Die Afrikapolitik <strong>China</strong>s bilanziert Carsten<br />

Giese vom Institut für Asienk<strong>und</strong>e in<br />

Hamburg so: „<strong>China</strong> ist es in den vergangenen<br />

zehn Jahren aufgr<strong>und</strong> seines größeren<br />

Verständnisses für die Bedürfnisse <strong>und</strong><br />

die Psychologie afrikanischer Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

sowie aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> eindrucksvollen<br />

Erfolge des eigenen Entwicklungsmodells<br />

gelungen, sich als die bessere Alternative<br />

zum Westen darzustellen. Chinesische Politik<br />

wirkt in Afrika glaubwürdiger <strong>und</strong> verzichtet<br />

nicht zuletzt auf jegliche Kritik an<br />

Menschenrechtsverletzungen, Demokratiedefiziten<br />

o<strong>der</strong> mangeln<strong>der</strong> politischer Legitimation<br />

von Regierungen.“<br />

Kritiker werfen <strong>China</strong> vor, mit seinem Ve-

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