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Unternehmerische Verantwortung in Zeiten der Unsicherheit Franz ...

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<strong>Unternehmerische</strong> <strong>Verantwortung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> <strong>Unsicherheit</strong><br />

<strong>Franz</strong> Fehrenbach,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> Robert Bosch GmbH,<br />

anlässlich des Neujahrsempfangs <strong>der</strong> IHK Reutl<strong>in</strong>gen<br />

am 27.01.2010<br />

Es gilt das gesprochene Wort.<br />

26. Januar 2010<br />

RF 084<br />

Robert Bosch GmbH<br />

Postfach 10 60 50<br />

70049 Stuttgart<br />

Corporate Communications<br />

E-Mail<br />

Ingo.Thomas@bosch.com<br />

Telefon: +49 711 811 - 7302<br />

Telefax: +49 711 811 - 5183918<br />

Leitung: Prof. Uta-Micaela Dürig<br />

Presse-Forum:<br />

www.bosch-presse.de


1. Begrüßung und E<strong>in</strong>leitung<br />

Sehr geehrter Herr Reiff,<br />

sehr geehrter Herr Möhrle,<br />

me<strong>in</strong>e sehr verehrten Damen und Herren,<br />

vielen Dank für die E<strong>in</strong>ladung zum diesjährigen Neujahrs-<br />

empfang <strong>der</strong> IHK Reutl<strong>in</strong>gen. Ich b<strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>ladung sehr<br />

gerne gefolgt - zumal zwischen Reutl<strong>in</strong>gen und Bosch seit<br />

vielen Jahren e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung besteht.<br />

E<strong>in</strong>e Neujahrsansprache bietet die Gelegenheit zur Refle-<br />

xion und zur Neuausrichtung. Wir schauen noch e<strong>in</strong>mal auf<br />

das abgelaufene Jahr, und das hatte es ja bekanntlich <strong>in</strong><br />

sich. Gleichzeitig müssen wir aber den Blick nach vorne<br />

richten, mit <strong>der</strong> spannenden Frage, wie es weitergeht, und<br />

was wir selbst tun können und wollen, um wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e posi-<br />

tive Entwicklung e<strong>in</strong>zuschlagen.<br />

Diesem Grundtenor folgt auch me<strong>in</strong> Vortrag mit dem Titel<br />

„<strong>Unternehmerische</strong> <strong>Verantwortung</strong> <strong>in</strong> <strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> Unsicher-<br />

heit“. Was verb<strong>in</strong>de ich konkret mit diesem Titel?<br />

„<strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> <strong>Unsicherheit</strong>“ s<strong>in</strong>d zunächst e<strong>in</strong>mal nichts<br />

Neues. Für Unternehmer ist <strong>Unsicherheit</strong> e<strong>in</strong>e ständige<br />

Begleitung und Herausfor<strong>der</strong>ung des Wirtschaftens – sei es<br />

die <strong>Unsicherheit</strong> durch technologischen Wandel, durch<br />

Wettbewerb o<strong>der</strong> als Folge e<strong>in</strong>er sich ständig vertiefenden<br />

Globalisierung. Mehr noch: Es ist unsere ureigenste Auf-<br />

gabe, mit <strong>Unsicherheit</strong>en umzugehen und mit Mut, Verant-<br />

wortung und Kreativität e<strong>in</strong>en Pfad e<strong>in</strong>zuschlagen, auf dem<br />

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sich unsere Unternehmen nachhaltig positiv entwickeln<br />

können – das ist im Grunde genommen unsere Existenzbe-<br />

rechtigung!<br />

Dabei müssen wir auch immer Risiken e<strong>in</strong>gehen. Doch wir<br />

müssen uns des Risikos bewusst se<strong>in</strong>; e<strong>in</strong> Risiko darf nie zur<br />

Existenzgefährdung für das uns anvertraute Unternehmen<br />

führen.<br />

Was wir aber im Zuge <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />

gesehen haben, geht über das „normale“ Maß an Unsicher-<br />

heit h<strong>in</strong>aus. Diese Krise stellt mit ihren vorausgegangenen<br />

Exzessen vor allem auf den amerikanischen Immobilien- und<br />

F<strong>in</strong>anzmärkten e<strong>in</strong>e Zäsur dar. Sie stellt sogar für viele das<br />

System <strong>der</strong> Marktwirtschaft grundlegend <strong>in</strong> Frage. Und e<strong>in</strong><br />

wesentlicher Grund für die Krise war und ist e<strong>in</strong> eklatanter<br />

Mangel an unternehmerischer <strong>Verantwortung</strong> – bis h<strong>in</strong> zu<br />

krim<strong>in</strong>ellem Verhalten!<br />

Die unternehmerische <strong>Verantwortung</strong> - <strong>der</strong> zweite Aspekt<br />

me<strong>in</strong>es Vortragtitels - rückt damit <strong>in</strong>s Zentrum bei <strong>der</strong> Frage<br />

nach den Ursachen und Konsequenzen <strong>der</strong> Krise. Die<br />

Bedeutung und Aktualität des Themas hat kürzlich <strong>der</strong><br />

Theologe Hans Küng <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wochenzeitschrift „Die Zeit“<br />

bestätigt. Auf die Frage „Warum soll e<strong>in</strong> Unternehmer<br />

ethisch handeln, wenn er dadurch Geschäft verliert?“ lau-<br />

tete se<strong>in</strong>e Antwort: „Weil er langfristig denken sollte!<br />

E<strong>in</strong> Geschäftsmann benötigt Vertrauen und Verlässlichkeit,<br />

um effizient wirtschaften zu können“. Diese Aussage Küng’s<br />

deckt sich ziemlich genau mit e<strong>in</strong>em Zitat von Robert Bosch<br />

von 1921:<br />

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„E<strong>in</strong>e anständige Art <strong>der</strong> Geschäftsführung ist auf Dauer das<br />

E<strong>in</strong>träglichste, und die Geschäftswelt schätzt e<strong>in</strong>e solche<br />

viel höher e<strong>in</strong>, als man glauben sollte.“<br />

Langfristigkeit, Vertrauen, Verlässlichkeit – das s<strong>in</strong>d Beg-<br />

riffe, mit denen also bereits Robert Bosch unternehme-<br />

rische <strong>Verantwortung</strong> verknüpfte. Auch heute s<strong>in</strong>d sie die<br />

Leitbil<strong>der</strong> des wirtschaftlichen Handelns <strong>in</strong> unserem Unter-<br />

nehmen.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund möchte ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Vortrag auf<br />

folgende Fragen e<strong>in</strong>gehen:<br />

� Wie kann unternehmerische <strong>Verantwortung</strong> dazu beitra-<br />

gen, dass wir die Krise überw<strong>in</strong>den und zukünftig bes-<br />

ser gerüstet s<strong>in</strong>d?<br />

� Was s<strong>in</strong>d die Konsequenzen für die Politik, für die Rolle<br />

des Staates und für die Wirtschaft?<br />

� Was bedeutet das alles für den Standort Deutschland,<br />

speziell auch für unsere langjährigen Standorte wie bei-<br />

spielsweise Reutl<strong>in</strong>gen?<br />

� Und schließlich: Wie ist <strong>der</strong> Ausblick auf die weitere<br />

wirtschaftliche Entwicklung? Wie sicher o<strong>der</strong> unsicher<br />

ist sie?<br />

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2. Wirtschaftskrise – Rückblick und aktuelle Lage<br />

Bevor ich auf diese Fragen näher e<strong>in</strong>gehe, möchte ich<br />

zunächst e<strong>in</strong>en kurzen Blick zurück auf die Krise und auf die<br />

aktuelle Lage werfen.<br />

Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Herbst<br />

2008 geriet die Weltwirtschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Art Schockstarre.<br />

Viele versuchten, mit allen Mitteln vor allem die eigene<br />

Liquidität zu sichern – das galt vor allem für die Banken,<br />

aber auch für viele Industrieunternehmen. Bis zur Schmerz-<br />

grenze wurden Investitionen und Lagerbestände zurückge-<br />

fahren. Die Folgen für die Märkte waren dramatisch: Die<br />

Aktienmärkte brachen um mehr als 40 Prozent e<strong>in</strong>, <strong>der</strong><br />

Rohölpreise fiel von gut 140 US-Dollar im Sommer 2008 auf<br />

34 US-Dollar im Dezember 2008 und die Industrieproduk-<br />

tion <strong>der</strong> westlichen Industrielän<strong>der</strong> sank gegenüber ihrem<br />

Höchststand um rund 20 Prozent.<br />

Als Folge g<strong>in</strong>g im Gesamtjahr 2009 die globale Wirtschafts-<br />

leistung um rund zwei Prozent zurück. In Deutschland<br />

stürzte die Wirtschaft gegenüber dem Vorjahr sogar um fünf<br />

Prozent ab. Damit übertrifft diese Krise alle Rezessionen,<br />

die wir weltweit und <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

erlebt haben.<br />

Beson<strong>der</strong>s stark betroffen war die Automobil<strong>in</strong>dustrie. Noch<br />

nie <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en fast 35 Jahren bei Bosch habe ich e<strong>in</strong>en so<br />

drastischen E<strong>in</strong>bruch bei den Kundenabrufen <strong>in</strong> so kurzer<br />

Zeit gesehen – und das weltweit und nahezu synchron.<br />

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Auch bei den Investitionsgütern – bei denen wir mit Bosch<br />

Rexroth vor allem auf dem Gebiet <strong>der</strong> Industrie- und Mobil-<br />

hydraulik aktiv s<strong>in</strong>d – erfolgte zeitverzögert e<strong>in</strong> drama-<br />

tischer E<strong>in</strong>bruch. E<strong>in</strong>ige von Ihnen haben es selbst erlebt:<br />

Zeitweise wurden mehr Aufträge storniert als neue e<strong>in</strong>ge-<br />

gangen s<strong>in</strong>d. Wir hatten also speziell im Masch<strong>in</strong>enbau<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>bruch <strong>der</strong> Auftragsbestände.<br />

Bei den Gebrauchsgütern (Hausgeräte, Elektrowerkzeuge,<br />

Heizungs- und Sicherheitstechnik) war <strong>der</strong> Rückgang nicht<br />

ganz so extrem.<br />

Wir haben heute unsere vorläufigen Zahlen veröffentlicht.<br />

Sie werden diese morgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitung lesen! Insgesamt<br />

ist <strong>der</strong> Umsatz bei Bosch <strong>in</strong> 2009 um 16 Prozent<br />

zurückgegangen, auf rund 38 Milliarden EUR. Und erstmals<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit müssen wir auch e<strong>in</strong>en substantiellen<br />

Verlust ausweisen.<br />

Über die Ursachen <strong>der</strong> Krise ist schon viel gesagt worden.<br />

Wesentliche Gründe waren undurchsichtige F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>nova-<br />

tionen, e<strong>in</strong>e fehlende Bankenaufsicht und das Platzen <strong>der</strong><br />

Blase auf dem US-Immobilienmarkt - Fakten, die weitgehend<br />

bekannt s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong>e noch bedeuten<strong>der</strong>e, noch größere Rolle spielten aber<br />

me<strong>in</strong>es Erachtens Verhaltensgründe, die erst die verhäng-<br />

nisvolle Masch<strong>in</strong>erie <strong>in</strong> Gang setzten wie<br />

� mangelndes Risikobewusstse<strong>in</strong>,<br />

� Konzentration auf kurzfristige Gew<strong>in</strong>ne mit<br />

entsprechenden Entlohnungssystemen,<br />

� das Fehlen nachhaltiger Werte.<br />

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Für mich haben diese Fehlentwicklungen mit e<strong>in</strong>em eklatan-<br />

ten Mangel an unternehmerischer <strong>Verantwortung</strong> zu tun.<br />

Wie aber kann verantwortliches Handeln dazu beitragen,<br />

diese Krise zu überw<strong>in</strong>den und zukünftig besser gerüstet zu<br />

se<strong>in</strong>?<br />

3. Die Bedeutung <strong>der</strong> unternehmerischen <strong>Verantwortung</strong><br />

Zunächst aber: Was verstehe ich überhaupt unter unter-<br />

nehmerischer <strong>Verantwortung</strong>?<br />

Um dies deutlich zu sagen: Damit me<strong>in</strong>e ich nicht e<strong>in</strong>e Form<br />

<strong>der</strong> <strong>Verantwortung</strong>, bei <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Unternehmer o<strong>der</strong> ver-<br />

antwortliche Manager primär, ich betone primär, um das<br />

Geme<strong>in</strong>wohl kümmert. Wer das als Unternehmer o<strong>der</strong><br />

Manager versucht, schafft eher <strong>Verantwortung</strong> ab. Unter-<br />

nehmerische <strong>Verantwortung</strong> heißt vielmehr, sich für den<br />

wirtschaftlichen Erfolg des anvertrauten Unternehmens e<strong>in</strong>-<br />

zusetzen – und zwar auf nachhaltige Weise. Im Kern geht es<br />

also um die Sicherung und Weiterentwicklung des eigenen<br />

Unternehmens.<br />

Dies kann nur gel<strong>in</strong>gen, wenn neue Chancen genutzt und<br />

auch überschaubare Risiken e<strong>in</strong>gegangen werden. Dabei<br />

kommt es darauf an, aktuelle und absehbare Gegebenheiten<br />

im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen<br />

Umfeld frühzeitig mit e<strong>in</strong>zubeziehen, weil sie über kurz o<strong>der</strong><br />

lang auf das eigene Unternehmen zurückwirken.<br />

Das bedeutet also, gesellschaftlichen Normen, ökologischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen und moralischen Wertvorstellungen<br />

Rechnung zu tragen – letztlich also auch gesellschaftliche<br />

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<strong>Verantwortung</strong> zu übernehmen. Wer also nachhaltig<br />

handelt, wird immer auch die langfristigen Folgen und<br />

Rückkopplungen se<strong>in</strong>es Tuns e<strong>in</strong>beziehen.<br />

Hierbei bietet sich <strong>der</strong> Vergleich mit dem hanseatischen<br />

Leitbild des „ehrbaren Kaufmanns“ an. Der ehrbare Kauf-<br />

mann braucht ke<strong>in</strong>en Kodex guter Corporate Governance.<br />

Er handelt vielmehr berechenbar, dafür braucht er aber<br />

auch e<strong>in</strong> berechenbares Umfeld. Im Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von<br />

Geschäftspartnern bedeutet das vor allem Zuverlässigkeit,<br />

Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Ohne Vertrauen wären<br />

Kreditwürdigkeit, Qualitätszusagen o<strong>der</strong> Lieferversprechen<br />

wertlos. Nur so können Unternehmen vor dem Kunden<br />

bestehen, und nur so können sich Unternehmen auf ihre<br />

Lieferanten verlassen.<br />

Aber gerade Vertrauen und Glaubwürdigkeit s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

F<strong>in</strong>anzkrise <strong>in</strong> großem Umfang verloren gegangen. Viele glo-<br />

bal agierende F<strong>in</strong>anzmanager haben eben nicht die Grund-<br />

sätze <strong>der</strong> Nachhaltigkeit beachtet und damit das Weltfi-<br />

nanzsystem gegen die Wand gefahren!<br />

Mehr noch: Sie br<strong>in</strong>gen damit die Grundfeste <strong>der</strong> sozialen<br />

Marktwirtschaft <strong>in</strong>s Wanken. Viele Menschen haben das Ver-<br />

trauen <strong>in</strong> die Leistungsfähigkeit des Marktes und <strong>in</strong> die<br />

Ordnungsfunktion des Staates verloren. Stattdessen setzen<br />

sie jetzt auf den Staat als Reparaturbetrieb, <strong>der</strong> alles retten<br />

und heilen soll.<br />

Was können wir gegen diese Entwicklung tun?<br />

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Entscheidend ist, dass die unternehmerische <strong>Verantwortung</strong><br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Mittelpunkt des Handelns rückt. Bereits unser<br />

Firmengrün<strong>der</strong> Robert Bosch hat vorgelebt, wie wir mit ver-<br />

antwortungsbewusster Unternehmensführung erfolgreich<br />

se<strong>in</strong> können.<br />

Er hat dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aussage zugespitzt, die vielen von Ihnen<br />

sicherlich bekannt ist:<br />

� „Lieber Geld verlieren als Vertrauen“.<br />

Dabei musste auch Robert Bosch zugeben – Zitat: „Es war<br />

nicht immer e<strong>in</strong>fach, die richtige Mitte zu halten zwischen<br />

dem Unternehmer, <strong>der</strong> sich behaupten muss und dem sozial<br />

denkenden Geschäftsmann.“<br />

Robert Bosch hat se<strong>in</strong>e Nachfolger testamentarisch beauf-<br />

tragt, se<strong>in</strong> Unternehmen kraftvoll weiterzuentwickeln und<br />

die unternehmerische Unabhängigkeit zu sichern. Dem füh-<br />

len wir uns bei Bosch auch heute noch mit Nachdruck ver-<br />

pflichtet.<br />

Wir haben uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>in</strong>tensiv damit<br />

beschäftigt, wie wir diesen Auftrag auch <strong>in</strong> unserem zuneh-<br />

mend <strong>in</strong>ternational geprägten Unternehmen erfüllen kön-<br />

nen. Dazu haben wir explizit jene Werte def<strong>in</strong>iert, die die<br />

Leitplanken unseres wirtschaftlichen Handelns weltweit<br />

s<strong>in</strong>d. Herausgreifen möchte ich zwei unserer sieben Werte,<br />

nämlich<br />

� Zukunfts- und Ertragsorientierung, sowie<br />

� Initiative und Konsequenz.<br />

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Wie haben wir diese Werte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise gelebt?<br />

Zunächst zur Zukunfts- und Ertragsorientierung: Sie ist die<br />

zentrale Voraussetzung für das langfristige Bestehen des<br />

Unternehmens.<br />

� Oberste Priorität hatte, die f<strong>in</strong>anzielle Stabilität und die<br />

Substanz des Unternehmens zu sichern. Daraus folgten<br />

konsequente Sparmaßnahmen auf allen Ebenen – bei<br />

Investitionen, Akquisitionen und Beständen. Trotz des<br />

bereits erwähnten Verlustes ist es uns gelungen, 2009<br />

mit e<strong>in</strong>em positiven Free Cash Flow abzuschließen.<br />

Dadurch haben wir bis heute mit AA- das beste Kre-<br />

ditrat<strong>in</strong>g aller großen Industrieunternehmen <strong>in</strong><br />

Deutschland.<br />

� Zudem mussten wir den Spagat zwischen dem kurzfris-<br />

tig Notwendigen und dem langfristig Erfor<strong>der</strong>lichen h<strong>in</strong>-<br />

bekommen. So haben wir unsere FuE-Aufwendungen<br />

mit rund 3,8 Milliarden Euro auf dem Niveau des Vorjah-<br />

res gehalten und wichtige Investitionen fortgesetzt; das<br />

konnten gerade Sie hier <strong>in</strong> Reutl<strong>in</strong>gen mit unseren<br />

neuen Gebäuden direkt verfolgen. Doch auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er<br />

H<strong>in</strong>sicht ist uns die Zukunftssicherung wichtig: Wir<br />

stellen weiterh<strong>in</strong> Auszubildende sowie Ingenieure und<br />

Naturwissenschaftler e<strong>in</strong> und führen unsere Weiterbil-<br />

dung weitgehend unverän<strong>der</strong>t fort.<br />

Diese hohen Vorleistungen trotz Krise s<strong>in</strong>d unsere Antwort<br />

auf die großen globalen Trends, die unverän<strong>der</strong>t gültig s<strong>in</strong>d,<br />

nämlich:<br />

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� die fortschreitende Globalisierung,<br />

� die Notwendigkeit <strong>der</strong> Umwelt- und Ressourcenscho-<br />

nung,<br />

� die Verknappung von Energieressourcen,<br />

� und <strong>der</strong> demographische Wandel.<br />

Um nachhaltig erfolgreich zu se<strong>in</strong>, müssen wir die Chancen<br />

dieser globalen Trends konsequent nutzen. Hierzu e<strong>in</strong>ige<br />

Beispiele:<br />

� Zur weiteren Verr<strong>in</strong>gerung des Energieverbrauchs und<br />

<strong>der</strong> Emissionen <strong>in</strong>vestieren wir sowohl <strong>in</strong> neue Antriebs-<br />

techniken als auch <strong>in</strong> die Weiterentwicklung von Diesel-<br />

und Benz<strong>in</strong>motoren. Auch wenn wir das Elektrofahrzeug<br />

als das Auto <strong>der</strong> Zukunft sehen, so wird es nicht gleich<br />

morgen millionenfach auf unseren Straßen fahren. Zu<br />

groß s<strong>in</strong>d noch die technischen Aufgaben und zu hoch<br />

die Kosten.<br />

� Der Großteil aller Kraftfahrzeuge wird also auch <strong>in</strong> den<br />

nächsten Jahren noch mit Benz<strong>in</strong>- und Dieselmotoren<br />

angetrieben werden. Bei den Motoren sehen wir noch<br />

große E<strong>in</strong>sparpotenziale um weitere 25 - 30 Prozent.<br />

Diesel <strong>der</strong> Mittelklasse als Drei-Liter-Auto und damit<br />

e<strong>in</strong>em CO2-Ausstoß von unter 90 Gramm/Kilometer s<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong>e Utopie mehr.<br />

� Aber auch außerhalb <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie bauen wir<br />

konsequent unser Wachstum aus: So erschließen wir<br />

mit Systemen für regenerative Energien neue Geschäfts-<br />

fel<strong>der</strong> wie etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong> Photovoltaik, <strong>der</strong> Solarthermie<br />

bei Wärmepumpen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> W<strong>in</strong>dkraft. Wir können aber<br />

auch mit etablierten Techniken den Energieverbrauch<br />

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senken – etwa durch den E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Brennwerttechnik<br />

bei Öl- und Gasheizungen.<br />

Wir fahren also e<strong>in</strong>e Doppelstrategie: Zum e<strong>in</strong>en entwickeln<br />

wir etablierte Techniken konsequent weiter, und zwar<br />

schnell und kostengünstig. Zum an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>vestieren wir <strong>in</strong><br />

neue Technikfel<strong>der</strong>, die sich langfristig auszahlen – e<strong>in</strong><br />

Beleg für unternehmerisches Handeln <strong>in</strong> <strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> Unsi-<br />

cherheit.<br />

Bei diesem Spagat zwischen langfristiger Orientierung und<br />

kurzfristiger Substanzsicherung hilft uns vor allem <strong>der</strong> Wert<br />

Initiative und Konsequenz, das heißt: Wir handeln aus<br />

eigener Initiative, <strong>in</strong> unternehmerischer <strong>Verantwortung</strong> und<br />

s<strong>in</strong>d konsequent bei <strong>der</strong> Umsetzung unserer Ziele.<br />

Darauf aufbauend haben wir versucht, unsere Kernmann-<br />

schaft so weit wie möglich zusammenzuhalten. Denn wir<br />

haben aus <strong>der</strong> Krise <strong>in</strong> den 90er Jahren gelernt, wie wichtig<br />

es ist, Mitarbeiter so weit wie möglich im Unternehmen zu<br />

halten.<br />

Die Zahl unserer weltweit beschäftigten Mitarbeiter g<strong>in</strong>g<br />

2009 um rund 11 000 o<strong>der</strong> 4 Prozent auf rund 271 000<br />

zurück. Im Vergleich zum Umsatzrückgang von <strong>in</strong>sgesamt<br />

16 Prozent ist dieser Abbau mo<strong>der</strong>at. Dies war nur möglich,<br />

weil wir weltweit Möglichkeiten <strong>der</strong> Arbeitszeitverkürzung<br />

nutzten konnten. Derzeit s<strong>in</strong>d hiervon rund 80 000 Mitarbei-<br />

ter weltweit betroffen – davon rund 55 000 <strong>in</strong> Deutschland.<br />

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Aber: Solche Modelle s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Allheilmittel. Initiative und<br />

Konsequenz als Bestandteile nachhaltiger Unternehmens-<br />

politik erfor<strong>der</strong>n auch, klar zwischen konjunktureller und<br />

struktureller Unterauslastung zu unterscheiden. Nur e<strong>in</strong>e<br />

konjunkturelle Unterauslastung können wir durch die ver-<br />

schiedenen Möglichkeiten <strong>der</strong> Arbeitsreduzierung überbrü-<br />

cken. Bei strukturellen Problemen müssen wir konsequent<br />

Anpassungen vornehmen – das haben wir getan; und das<br />

tun wir auch weiterh<strong>in</strong>.<br />

Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d die Veräußerung unserer nordameri-<br />

kanischen Bremsenaktivitäten und die Aufgabe wesentlicher<br />

Aktivitäten im Autoradio- und Handelsgeschäft von Blau-<br />

punkt.<br />

Nachhaltigkeit bedeutet also nicht, Probleme auszusitzen.<br />

Ganz im Gegenteil: notwendige Anpassungen s<strong>in</strong>d zur Auf-<br />

rechterhaltung e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung des Unter-<br />

nehmens konsequent umzusetzen.<br />

Der hier skizzierte Weg zeigt sehr anschaulich, wie wir<br />

unsere Bosch Werte leben. Diese Werte s<strong>in</strong>d also nicht<br />

öffentlichkeitswirksame Wohlfühlfaktoren für gute <strong>Zeiten</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e anspruchsvolle Meßlatte für unser Verhalten,<br />

und damit werden sie gelebte Geschäftspraxis und das<br />

gerade auch <strong>in</strong> diesen wirtschaftlich schwierigen <strong>Zeiten</strong>.<br />

Dieser Weg ist nur möglich, weil unsere Mitarbeiter uns<br />

aktiv unterstützen. Für viele Mitarbeiter und Führungskräfte<br />

bedeutete 2009 erhebliche zusätzliche Belastungen – sei es<br />

f<strong>in</strong>anziell o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong> ihrem Arbeitspensum. Hierzu gebührt<br />

13 von 29


Ihnen auch an dieser Stelle hier heute Abend me<strong>in</strong> Dank –<br />

auch im Namen <strong>der</strong> gesamten Geschäftsführung.<br />

Und dieser Weg ist auch nur möglich, weil wir von den<br />

allermeisten unserer Mitarbeiter e<strong>in</strong>e unglaublich große<br />

Loyalität zum Unternehmen erfahren. Das hat auch unsere<br />

neueste Mitarbeiterbefragung bestätigt. An ihr haben sich<br />

weltweit mehr als 80 Prozent aller Mitarbeiter beteiligt. Und<br />

über 80 Prozent <strong>der</strong> Befragten gaben an, stolz darauf zu<br />

se<strong>in</strong>, bei Bosch zu arbeiten – für mich und me<strong>in</strong>e Kollegen<br />

<strong>der</strong> Geschäftsführung e<strong>in</strong> großer Ansporn, unseren e<strong>in</strong>ge-<br />

schlagenen Weg aus <strong>der</strong> Krise weiterzugehen – wir wissen<br />

unsere Mitarbeiter weltweit h<strong>in</strong>ter uns!<br />

An diesen Beispielen sehen Sie, warum für uns unternehme-<br />

rische <strong>Verantwortung</strong> so wichtig ist. Bei <strong>der</strong> Bewältigung<br />

<strong>der</strong> aktuellen Krise können wir den schwarzen Peter nicht<br />

e<strong>in</strong>fach dem Staat zuschieben. Es liegt vor allem an uns<br />

Unternehmern, für Vertrauen und Verlässlichkeit im<br />

geschäftlichen Umgang zu sorgen. Handeln wir nicht lang-<br />

fristig verantwortlich, gefährden wir die Grundpfeiler <strong>der</strong><br />

sozialen Marktwirtschaft. Dabei sehe ich natürlich auch die<br />

F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitute und den Staat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflicht. Darauf möchte<br />

ich nun zu sprechen kommen.<br />

4. Konsequenzen für die Politik und die Rolle des Staates<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> vorrangigsten Aufgaben ist es, alles zu tun, damit<br />

sich e<strong>in</strong>e solche Krise nicht wie<strong>der</strong>holen kann. Was wir hier-<br />

für brauchen ist ke<strong>in</strong> grundsätzlich an<strong>der</strong>es F<strong>in</strong>anzsystem.<br />

Was wir brauchen ist e<strong>in</strong> besseres F<strong>in</strong>anzsystem.<br />

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E<strong>in</strong> besseres F<strong>in</strong>anzsystem ist mit Sicherheit ke<strong>in</strong> verstaat-<br />

lichtes Bankensystem. Der Staat ist nicht <strong>der</strong> bessere Ban-<br />

ker – das haben uns viele Staatsbanken mit ihrem Missma-<br />

nagement nachdrücklich gezeigt. Wir brauchen e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>anz-<br />

system, das an langfristigen und nachhaltigen Geschäftspo-<br />

litiken ausgerichtet ist. Hierbei s<strong>in</strong>d vor allem Politiker und<br />

Banken, aber auch wir Unternehmer gefor<strong>der</strong>t.<br />

So bedarf es verbesserter staatlicher Regulierungen, die zu<br />

höherer Transparenz und zu e<strong>in</strong>em erhöhten Risikobe-<br />

wusstse<strong>in</strong> beitragen. Es bedarf aber auch Banken, die für<br />

die Qualität ihrer Produkte gerade stehen und sich ihren<br />

Kunden verpflichtet fühlen.<br />

Hierbei haben die Banken gerade jetzt dafür zu sorgen, dass<br />

es nicht zu e<strong>in</strong>er generellen Kreditklemme kommt. Gerade<br />

im Aufschwung kann es für manche Unternehmen kritisch<br />

werden, wenn das dann fällige Produktionswachstum nicht<br />

ausreichend f<strong>in</strong>anziert werden kann. Das betrifft vor allem<br />

die Branchen, <strong>in</strong> denen Bosch tätig ist wie die Masch<strong>in</strong>en-<br />

bauer und die Automobilzulieferer. Hier haben die Banken<br />

die <strong>Verantwortung</strong>, die wirtschaftliche Erholung nach Kräf-<br />

ten und <strong>in</strong> eigenem Interesse zu unterstützen. Hier können<br />

sie verlorenes Vertrauen zurückgew<strong>in</strong>nen.<br />

Entscheidend ist auch, dass die gegenwärtige Erholung auf<br />

den Märkten nicht zum Anlass genommen wird, die nötigen<br />

Reformen im F<strong>in</strong>anzbereich aufzuschieben o<strong>der</strong> gar zu ver-<br />

wässern. Hiervor warnen auch <strong>in</strong>ternationale Organisatio-<br />

nen wie <strong>der</strong> Internationale Währungsfonds o<strong>der</strong> die Welt-<br />

bank.<br />

15 von 29


So manche Entwicklung <strong>in</strong> jüngster Zeit gibt mir dabei<br />

Anlass zur Sorge. Obwohl die Debatte über die erfor<strong>der</strong>li-<br />

che Bankenregulierung schon seit Monaten läuft, fehlt es<br />

bislang an konkreten Maßnahmen. Der jüngste Vorstoß von<br />

Präsident Obama, die Banken stärker zu besteuern o<strong>der</strong> gar<br />

das klassische Bankengeschäft vom riskanten Investment-<br />

bank<strong>in</strong>g zu trennen, stößt bei vielen Großbanken auf heftige<br />

Ablehnung. Wie immer man zu den e<strong>in</strong>zelnen Vorschlägen<br />

stehen mag: Entscheidend für mich ist, dass sich die maß-<br />

geblichen Regierungen <strong>in</strong>ternational auf geme<strong>in</strong>same Eck-<br />

pfeiler e<strong>in</strong>er F<strong>in</strong>anzmarktreform verständigen und das dann<br />

auch konsequent umsetzen. Ansatzpunkte gab es ja schon<br />

auf dem G20-Gipfel <strong>in</strong> Pittsburgh im September letzten Jah-<br />

res. Zu diesen Eckpfeilern gehört für mich,<br />

� dass die Banken für die e<strong>in</strong>gegangenen Risiken auch<br />

stärker haften, und<br />

� dass wir zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational abgestimmten Regulie-<br />

rung und Aufsicht <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzmärkte kommen. Nur<br />

geme<strong>in</strong>sam können wir es schaffen, das weltweite<br />

F<strong>in</strong>anzsystem wie<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e solide und belastbare<br />

Basis zu stellen.<br />

Doch wir brauchen nicht nur neue Spielregeln für die<br />

F<strong>in</strong>anzmärkte. Vor allem müssen die Banken ihre Verhal-<br />

tensweisen überzeugend än<strong>der</strong>n – aus eigener Erkenntnis,<br />

dass ihre teilweise verantwortungslosen Praktiken das<br />

weltweite F<strong>in</strong>anzsystem be<strong>in</strong>ahe zum E<strong>in</strong>sturz brachten.<br />

Und diese E<strong>in</strong>sicht kann ich bei vielen Großbanken noch<br />

nicht erkennen. Es ist für mich unfassbar, wie e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>ter-<br />

nationale Spitzenbanker mehr für ihre üppigen Bonuszah-<br />

16 von 29


lungen kämpfen als für die überfällige Neuausrichtung ihres<br />

Geschäfts. Es ist verantwortungslos, wenn e<strong>in</strong>ige Großban-<br />

ken trotz <strong>der</strong> gemachten Erfahrungen mehr o<strong>der</strong> weniger zu<br />

ihren Verhaltensweisen von vor <strong>der</strong> Krise zurückkehren. So<br />

kann ke<strong>in</strong> neues belastbares Vertrauensverhältnis entste-<br />

hen!<br />

Dies ist für mich auch e<strong>in</strong> Grund dafür, nicht nur alle<strong>in</strong> auf<br />

den Staat als Regulierer zu setzen. Selbst bei weitreichen-<br />

den Reformen werden Regelwerke nie „wasserdicht“ se<strong>in</strong> –<br />

dafür ist das Umfeld e<strong>in</strong>fach zu dynamisch und <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>-<br />

dungsreichtum so mancher F<strong>in</strong>anzmarktakteure zu groß.<br />

Vielmehr müssen grundlegende Verhaltensän<strong>der</strong>ungen her.<br />

Und gerade hier haben auch wir Unternehmer e<strong>in</strong>e beson-<br />

<strong>der</strong>e <strong>Verantwortung</strong>: Als Kunden <strong>der</strong> Banken müssen wir<br />

unsere Partner <strong>in</strong> <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzbranche kritisch unter die Lupe<br />

nehmen. Als Unternehmer dürfen wir unverantwortliches<br />

Geschäftsverhalten nicht tolerieren. Und vor allem müssen<br />

auch wir selbst dafür Sorge tragen, dass wir auf zukünftige<br />

Krisen besser vorbereitet s<strong>in</strong>d.<br />

Es kommt also entscheidend darauf an, unternehmerische<br />

<strong>Verantwortung</strong> auf allen Ebenen zu stärken. Tun wir dies<br />

nicht, br<strong>in</strong>gen wir nicht nur die Marktwirtschaft, son<strong>der</strong>n<br />

auch unsere freiheitliche Demokratie <strong>in</strong> Misskredit. Dem<br />

müssen wir alle entschlossen entgegentreten.<br />

Das hat weitreichende Konsequenzen für die Rolle des<br />

Staates. Kernaufgabe des Staates sollte es se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en ver-<br />

lässlichen Ordnungsrahmen für das Funktionieren <strong>der</strong><br />

Märkte bereitzustellen. Entsprechend muss sich die Politik<br />

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auch für e<strong>in</strong>e konsequente Verbesserung <strong>der</strong> Angebotsbe-<br />

d<strong>in</strong>gungen kümmern, vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bildungs-, For-<br />

schungs- und Steuerpolitik.<br />

Im Höhepunkt <strong>der</strong> Krise war es sicher richtig, dass <strong>der</strong> Staat<br />

durch massive f<strong>in</strong>anz- und geldpolitische Maßnahmen stabi-<br />

lisierend e<strong>in</strong>gegriffen hat. Mit zunehmen<strong>der</strong> Erholung muss<br />

er diese Maßnahmen wie<strong>der</strong> zurückführen. Permanente<br />

Staatshilfen o<strong>der</strong> auch Staatsgarantien für e<strong>in</strong>zelne Unter-<br />

nehmen kann es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Marktwirtschaft nicht geben. Sie<br />

führen nur zu Abhängigkeiten, die <strong>der</strong> Wirtschaft auf Dauer<br />

nicht helfen. Vielmehr höhlen sie die eigene <strong>in</strong>ternationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit aus.<br />

Mir ist es wichtig nochmals im H<strong>in</strong>blick auf die Rolle des<br />

Staates und damit auch <strong>der</strong> Unternehmen ausdrücklich<br />

festzustellen:<br />

� Der Staat muss für klare, verlässliche und stabile Rah-<br />

menbed<strong>in</strong>gungen sorgen. Hierzu gehört auch e<strong>in</strong> funk-<br />

tionierendes Regelsystem für die F<strong>in</strong>anzmärkte.<br />

� Wir als Unternehmen – und da schließe ich die Vertreter<br />

<strong>der</strong> Banken ausdrücklich mit e<strong>in</strong> - s<strong>in</strong>d gefor<strong>der</strong>t, Ver-<br />

antwortung im S<strong>in</strong>ne von Nachhaltigkeit zu überneh-<br />

men.<br />

Damit schaffen und sichern wir auch den Kern e<strong>in</strong>er funk-<br />

tionierenden marktwirtschaftlichen Ordnung.<br />

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5. Auswirkungen auf den Standort Deutschland<br />

Nun stellt sich die Frage, was das konkret für die weitere<br />

Entwicklung bedeutet. Vor allem aber: Was bedeutet das<br />

nun für den Standort Deutschland und für uns vor Ort?<br />

Für mich hängt die Antwort hierauf maßgeblich davon ab,<br />

wie wir über die Krise h<strong>in</strong>aus mit den Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> globalen Verän<strong>der</strong>ungen umgehen. Die großen globalen<br />

Trends s<strong>in</strong>d trotz <strong>der</strong> Krise weiterh<strong>in</strong> gültig. Manche haben<br />

aber durch die Krise an Geschw<strong>in</strong>digkeit und Durchschlag-<br />

kraft gewonnen. Das gilt vor allem für die fortschreitende<br />

Globalisierung.<br />

Die Kräfteverhältnisse werden sich <strong>in</strong> noch größerem Maße<br />

und noch schneller <strong>in</strong> Richtung Asien verschieben. Ch<strong>in</strong>a<br />

steigt unaufhaltsam zur wirtschaftlichen und politischen<br />

Großmacht auf. Aber auch an<strong>der</strong>e Schwellenlän<strong>der</strong> wie<br />

Indien, Russland o<strong>der</strong> Brasilien werden zunehmend das<br />

globale Wirtschaftsgeschehen bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Von dieser Verschiebung <strong>der</strong> Kräfteverhältnisse s<strong>in</strong>d gerade<br />

wir <strong>in</strong> Deutschland beson<strong>der</strong>s betroffen. Wie kaum e<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>es Land s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> die <strong>in</strong>ternationale Arbeitsteilung<br />

e<strong>in</strong>gebunden. Auch wenn Ch<strong>in</strong>a nun Deutschland als füh-<br />

rende Exportnation verdrängt haben mag – wir s<strong>in</strong>d weiter-<br />

h<strong>in</strong> ganz wesentlich vom Export abhängig.<br />

Um es vorweg zu sagen. Ich b<strong>in</strong> davon überzeugt, dass uns<br />

<strong>in</strong> Deutschland die fortschreitende Globalisierung und die<br />

Trends h<strong>in</strong> zu mehr Energieeffizienz und Umweltschutz<br />

mehr Chancen als Risiken bieten. Dazu müssen wir aber als<br />

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Unternehmer und als Politiker unsere Hausaufgaben<br />

machen. Was stimmt mich hier zuversichtlich?<br />

E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Standortvorteil <strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong><br />

mehr als 100 Jahren gewachsenen Beziehungsgeflechte aus<br />

kle<strong>in</strong>en, mittleren und großen Unternehmen sowie aus leis-<br />

tungsstarken Forschungse<strong>in</strong>richtungen, Universitäten und<br />

an<strong>der</strong>en Ausbildungse<strong>in</strong>richtungen.<br />

Gerade Baden-Württemberg ist reich an solchen Netzwer-<br />

ken - neudeutsch auch Cluster genannt:<br />

� Kaum e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Region <strong>in</strong> Europa hat e<strong>in</strong>en höheren<br />

Anteil an Beschäftigten im High-Tech Sektor.<br />

� Kaum e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Region <strong>in</strong> Europa hat so viele Patente<br />

pro E<strong>in</strong>wohner.<br />

Beson<strong>der</strong>s ausgeprägt s<strong>in</strong>d diese Netzwerke im Fahrzeug-<br />

bau. Wichtig dabei ist nicht nur, dass <strong>in</strong> Baden-Württemberg<br />

e<strong>in</strong>ige führende Automobilhersteller ansässig s<strong>in</strong>d. Vielleicht<br />

noch wichtiger s<strong>in</strong>d die vielen hun<strong>der</strong>t Zulieferer, die ganz<br />

wesentlich zur Innovationsstärke beitragen.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Erfolgsfaktor ist das Marktumfeld. Nur dort, wo<br />

es anspruchsvolle Märkte gibt und Menschen offen für<br />

Neues s<strong>in</strong>d, existiert e<strong>in</strong> guter Nährboden für Innovationen.<br />

So legen deutsche Autofahrer viel Wert auf die Sicherheit,<br />

Sparsamkeit und Umweltverträglichkeit ihrer Fahrzeuge –<br />

aber durchaus auch immer noch auf Fahrspaß. Ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong><br />

also, dass entsprechende Innovationen maßgeblich von<br />

deutschen Unternehmen hervorgebracht wurden.<br />

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Entsprechendes gilt auch für das allgeme<strong>in</strong> hohe Umwelt-<br />

bewusstse<strong>in</strong>. Nur dadurch war es möglich, dass sich<br />

Deutschland bei regenerativen Energien zum Vorreiter und<br />

auch zu e<strong>in</strong>em wichtigen Testmarkt entwickeln konnte.<br />

Doch <strong>der</strong>artige Wettbewerbsvorteile s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Selbstläu-<br />

fer. Auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den aufstre-<br />

benden Schwellenlän<strong>der</strong>n, werden solche Cluster entste-<br />

hen. Doch das braucht se<strong>in</strong>e Zeit. Entscheidend für den<br />

Standort Deutschland ist es, immer wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Schritt<br />

weiter zu se<strong>in</strong>.<br />

Und damit b<strong>in</strong> ich wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> unternehmerischen Ver-<br />

antwortung. Es liegt an uns, die Voraussetzungen zu schaf-<br />

fen, dass Deutschland e<strong>in</strong> Standort für hochwertige Leis-<br />

tungen bleibt. Unser aller Erfolg hängt im hohen Maße<br />

davon ab. Je<strong>der</strong> von uns kann dazu beitragen, diese<br />

Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Dabei kommt es vor<br />

allem darauf an, die Aus- und Weiterbildung sowie die For-<br />

schung und Entwicklung weiter zu stärken. Nur mit Spitzen-<br />

technologie hat <strong>der</strong> Standort Deutschland e<strong>in</strong>e stabile<br />

Zukunft. Hier s<strong>in</strong>d wir alle gefor<strong>der</strong>t.<br />

Wir bei Bosch stellen uns dieser <strong>Verantwortung</strong> – gerade<br />

auch am Standort Reutl<strong>in</strong>gen. In Reutl<strong>in</strong>gen beschäftigen<br />

wir rund 6 500 Mitarbeiter, davon mehr als 200 junge Leute<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung. Als Sitz unseres Geschäftsbereichs<br />

Automobilelektronik und als Entwicklungs- und Fertigungs-<br />

standort für e<strong>in</strong>e Vielzahl elektronischer Komponenten hat<br />

Reutl<strong>in</strong>gen für uns e<strong>in</strong>e überragende Bedeutung.<br />

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Exemplarisch nennen möchte ich die Entwicklung und Fer-<br />

tigung von Steuergeräten, die zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Motor-<br />

steuerung für Benz<strong>in</strong>- und Dieselmotoren o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Fahrer-<br />

assistenzsystemen zum E<strong>in</strong>satz kommen. O<strong>der</strong> auch wich-<br />

tige Bestandteile von aktiven und passiven Sicherheits-<br />

systemen wie Airbag o<strong>der</strong> ABS und ESP.<br />

Mit <strong>der</strong> Bosch Sensortec GmbH haben wir hier e<strong>in</strong>e Toch-<br />

tergesellschaft, die Sensoren für Anwendungen außerhalb<br />

<strong>der</strong> Kraftfahrzeugtechnik entwickelt und vermarktet, wie<br />

zum Beispiel für Laptops, Handys o<strong>der</strong> Spielkonsolen.<br />

Damit festigen wir unsere Stellung als Weltmarktführer auf<br />

dem Gebiet <strong>der</strong> Mikromechanischen Sensoren, den soge-<br />

nannten MEMS. Hier produzieren wir im Jahr rund<br />

350 Millionen Stück.<br />

Gerade <strong>in</strong> Reutl<strong>in</strong>gen zeigt sich, wie aus dem Zusammen-<br />

spiel von Erfahrung, Fachwissen und hohem Engagement<br />

e<strong>in</strong> bedeuten<strong>der</strong> Standortvorteil resultiert. Das war für uns<br />

auch <strong>der</strong> entscheidende Grund, unsere neue Fabrik für Mik-<br />

rochips – wir nennen sie Wafer-Fab – hier anzusiedeln. Sie<br />

ist mit e<strong>in</strong>em Gesamtvolumen von 600 Millionen Euro über<br />

die gesamte Realisierungszeit das größte Bosch-E<strong>in</strong>zelpro-<br />

jekt weltweit.<br />

Und ich möchte noch e<strong>in</strong> Beispiel für die enge Vernetzung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Region nennen: Die Bosch-Gruppe, die Hochschule<br />

Reutl<strong>in</strong>gen, die Universität Stuttgart und das Land Baden-<br />

Württemberg werden das Robert Bosch Zentrum für Leis-<br />

tungselektronik gründen – das erste Studien- und For-<br />

schungszentrum dieser Art <strong>in</strong> Deutschland.<br />

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Der geplante Verbund Leistungselektronik umfasst e<strong>in</strong><br />

Gesamtvolumen von 25 Millionen Euro. Daraus werden vor-<br />

rangig sieben Lehrstühle an den Hochschulen Reutl<strong>in</strong>gen<br />

und Stuttgart f<strong>in</strong>anziert. Die Bauelemente, Komponenten<br />

und Systeme <strong>der</strong> Leistungselektronik kommen zum Beispiel<br />

bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen, aber auch im Bereich<br />

<strong>der</strong> erneuerbaren Energien zum E<strong>in</strong>satz.<br />

An diesen Beispielen wird deutlich, wie wir geme<strong>in</strong>sam<br />

daran arbeiten, das hiesige starke Cluster zu för<strong>der</strong>n, neue<br />

Techniken voranzutreiben und die Region für herausragende<br />

Köpfe attraktiv zu machen. Und sie s<strong>in</strong>d auch e<strong>in</strong> Beispiel<br />

für unseren Anspruch, „Technik fürs Leben“ zu entwickeln<br />

und zu fertigen.<br />

Trotz aller Begeisterung: An dieser Stelle muss ich aber<br />

auch darauf h<strong>in</strong>weisen, dass wir als Unternehmen immer<br />

öfter auch Defizite erleben. Damit me<strong>in</strong>e ich vor allem gra-<br />

vierende Mängel bei <strong>der</strong> Bildung und Ausbildung unser jun-<br />

gen Bewerber.<br />

Nichts ist für den Standort Deutschland schädlicher als e<strong>in</strong><br />

Mangel an Bildung und Fachkräften – Mängel, die auch<br />

durch die Überalterung <strong>der</strong> Gesellschaft und durch die<br />

unzureichende Integration von Menschen mit ausländi-<br />

schem H<strong>in</strong>tergrund verschärft werden.<br />

Für die Zukunft des Standorts Deutschland ist es vor allem<br />

wichtig, das technische Interesse von Jugendlichen zu för-<br />

<strong>der</strong>n. Dabei geht es nicht um die Begeisterung für Handys<br />

o<strong>der</strong> Computer. Vielmehr geht es um das Interesse, wie<br />

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Technik funktioniert. Es geht also um das tiefere Verständ-<br />

nis <strong>der</strong> physikalischen und chemischen Zusammenhänge.<br />

Hier, me<strong>in</strong>e Damen und Herren, s<strong>in</strong>d Wirtschaft und Politik<br />

gleichermaßen gefor<strong>der</strong>t, deutlich mehr für die Ausbildung<br />

<strong>der</strong> jungen Generation zu tun. Und gerade die Industrie<br />

muss dem Mangel an Technik<strong>in</strong>teresse entgegenwirken.<br />

Wir bei Bosch tun dies auf vielfältige Weise:<br />

� So werden wir auch <strong>in</strong> diesem Jahr wie<strong>der</strong> deutlich<br />

über den eigenen Bedarf ausbilden.<br />

� Zudem unterstützen wir verschiedene Initiativen, die<br />

junge Leute für Technik begeistern sollen wie zum<br />

Beispiel mit <strong>der</strong> Wissensfabrik, die mit ihren Aktivitäten<br />

bereits im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten beg<strong>in</strong>nt und dort Technik- und<br />

Naturwissenschaftliche Spiel- und Lehrbaukästen zur<br />

Verfügung stellt.<br />

� Und wir <strong>in</strong>vestieren weiter <strong>in</strong> den Ausbau unserer<br />

Entwicklungszentren: Neben Reutl<strong>in</strong>gen möchte ich<br />

auch den neuen Forschungsstandort <strong>in</strong> Malmsheim<br />

erwähnen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den nächsten Jahren entstehen wird.<br />

Insgesamt ist also die Stärkung unserer Innovationsfähigkeit<br />

e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Stellhebel für die Sicherung des Stand-<br />

orts Deutschland. Allerd<strong>in</strong>gs dürfen wir e<strong>in</strong>en weiteren<br />

wichtigen Faktor nicht aus dem Auge verlieren: Es ist die<br />

Sicherung <strong>der</strong> kostenmäßigen Wettbewerbsfähigkeit.<br />

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Dabei muss sich die Entwicklung <strong>der</strong> Arbeitskosten vor<br />

allem an <strong>der</strong> langfristigen Entwicklung <strong>der</strong> Produktivität<br />

orientieren. Als Folge <strong>der</strong> Krise hat es im vergangenen Jahr<br />

ke<strong>in</strong>en Produktivitätsanstieg gegeben. Dieser muss jetzt<br />

rasch nachgeholt werden, damit darunter unsere Wettbe-<br />

werbsfähigkeit nicht nachhaltig leidet. Nur so können auch<br />

Spielräume für die F<strong>in</strong>anzierung erfor<strong>der</strong>licher Investitionen<br />

und notwendiger Vorleistungen <strong>in</strong> Forschung und Entwick-<br />

lung erwirtschaftet werden. Nur so kann auch f<strong>in</strong>anzielle<br />

Stabilität im Unternehmen gesichert werden.<br />

Mit Blick auf die bevorstehenden Tarifverhandlungen kann<br />

ich daher alle Beteiligten nur dazu aufrufen, ihrer Verant-<br />

wortung für nachhaltiges Wachstum nachzukommen. In Zei-<br />

ten <strong>der</strong> <strong>Unsicherheit</strong> brauchen wir auch den Mut, neue<br />

Wege e<strong>in</strong>zuschlagen. Die Signale <strong>der</strong> Tarifparteien s<strong>in</strong>d für<br />

mich hier ermutigend.<br />

Unter diesen Voraussetzungen b<strong>in</strong> ich zuversichtlich, dass<br />

die großen globalen Trends für den Standort Deutschland<br />

mehr Chancen als Risiken bieten.<br />

6. Ausblick 2010 und Schlussbemerkungen<br />

Damit komme ich zum letzten Punkt me<strong>in</strong>es Vortrags: zum<br />

weiteren Ausblick.<br />

Unter den Experten <strong>in</strong> Wirtschaft und Politik liegen die Mei-<br />

nungen, wie es weitergehen könnte, noch weit ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

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� Die Pessimisten sehen vor allem die ungelösten Prob-<br />

leme auf den F<strong>in</strong>anzmärkten sowie das Auslaufen vieler<br />

staatlicher Stützungsmaßnahmen, wie etwa die Hilfen<br />

für die Automobil<strong>in</strong>dustrie.<br />

� Die Optimisten setzen auf die gegenseitige Verstärkung<br />

<strong>der</strong> globalen Expansionskräfte, so wie sich vorher auch<br />

die Abschwungkräfte gegenseitig verstärkt hatten.<br />

Ich neige eher zur optimistischen E<strong>in</strong>schätzung, ohne dabei<br />

die Risiken zu übersehen – ob mit Blick auf die noch fra-<br />

gilen F<strong>in</strong>anzmärkte o<strong>der</strong> auf die hohe Staatsverschuldung.<br />

Im deutlichen Gegensatz zur Situation Anfang des vergan-<br />

genen Jahres s<strong>in</strong>d wir nun mit e<strong>in</strong>em merklichen Rücken-<br />

w<strong>in</strong>d unterwegs. Selbst wenn die laufende Expansion nicht<br />

wesentlich zunimmt, werden wir <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong> globales<br />

Wirtschaftswachstum von gut drei Prozent sehen, unter<br />

an<strong>der</strong>em deshalb, weil wir mit e<strong>in</strong>em großen Überhang <strong>in</strong>s<br />

neue Jahr gehen. Damit wird <strong>der</strong> Rückgang des vergan-<br />

genen Jahres von rund zwei Prozent wie<strong>der</strong> mehr als<br />

kompensiert. Für Deutschland erwarten wir <strong>in</strong> diesem Jahr<br />

nach dem E<strong>in</strong>bruch von fünf Prozent <strong>in</strong> 2009 e<strong>in</strong> Wachstum<br />

von gut zwei Prozent. Das heißt, diese Lücke zu schließen<br />

wird voraussichtlich bis 2012 dauern.<br />

Auch bei <strong>der</strong> globalen Automobilproduktion gehen wir nach<br />

dem scharfen E<strong>in</strong>bruch im letzten Jahr wie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>em<br />

merklichen Wachstum aus. Treiber für das Wachstum s<strong>in</strong>d<br />

vor allem Ch<strong>in</strong>a und Indien. Aber auch die Fahrzeugpro-<br />

duktion <strong>in</strong> Nordamerika wird deutlich an Dynamik gew<strong>in</strong>nen.<br />

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Für Europa erwarten wir e<strong>in</strong>e leichte Erholung. In Deutsch-<br />

land dürfte die Produktion von Kraftfahrzeugen trotz <strong>der</strong><br />

ausgelaufenen Abwrackprämie leicht zulegen – dank stei-<br />

gen<strong>der</strong> Auslandsnachfrage.<br />

Für Bosch wird 2010 trotz <strong>der</strong> allmählichen Erholung e<strong>in</strong><br />

schwieriges Jahr. Beim Umsatz rechnen wir damit, <strong>in</strong> die-<br />

sem Jahr mehr als die Hälfte des letztjährigen Umsatzrück-<br />

gangs schon <strong>in</strong> diesem Jahr wie<strong>der</strong> aufholen zu können.<br />

Damit werden wir aber noch substantiell unter dem Niveau<br />

von 2007 bleiben. Für Prognosen zum Ertrag ist es noch zu<br />

früh - wir werden aber für e<strong>in</strong>e schwarze Null, das heißt e<strong>in</strong><br />

ausgeglichenes Ergebnis kämpfen.<br />

Mit Blick auf die großen globalen Trends sehe ich Bosch mit<br />

se<strong>in</strong>er langfristigen Ausrichtung gut aufgestellt. Dabei dür-<br />

fen wir aber nicht übersehen, dass sich neue Entwicklungen<br />

auftun, die unser Geschäft vor große Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

stellen:<br />

� So können zum Beispiel verän<strong>der</strong>te Mobilitätsanfor-<br />

<strong>der</strong>ungen neue Formen <strong>der</strong> Partnerschaft erfor<strong>der</strong>lich<br />

machen.<br />

� Die zunehmende Nachfrage nach Energieeffizienz,<br />

Ressourcenschonung und Emissionsreduzierung führt<br />

zu e<strong>in</strong>er zunehmenden Konvergenz von Energie- und<br />

Gebäudetechnik.<br />

� Und das Softwaregeschäft wird gegenüber dem<br />

Komponentengeschäft stark an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen.<br />

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Wir erleben, wie das Internet <strong>in</strong> immer neue Dimensionen<br />

vordr<strong>in</strong>gt. Am Anfang stand die Vernetzung von Dokumen-<br />

ten, es folgte das Vernetzen von Organisationen, dann das<br />

Vernetzen von Personen. Jetzt folgt das Vernetzen von<br />

Funktionen.<br />

Das hat weitreichende Konsequenzen für unser Geschäft:<br />

So entstehen völlig neue Funktionsebenen, die nur noch <strong>in</strong><br />

Software realisiert werden. Der Hardware wird dann<br />

zunehmend e<strong>in</strong>e ausführende Rolle zugeteilt. Es bilden sich<br />

Systemlösungen heraus, die horizontal über unsere beste-<br />

henden Organisationsstrukturen h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

Ich komme zum Schluss.<br />

Ich hoffe deutlich gemacht zu haben, dass Globalisierung<br />

und technologischer Wandel zahlreiche Chancen bieten –<br />

trotz <strong>der</strong> damit verbundenen <strong>Unsicherheit</strong>en. Um diese<br />

Chancen zu nutzen, brauchen wir – so wie es Robert Bosch<br />

und auch Hans Küng for<strong>der</strong>n – e<strong>in</strong>e langfristige Orientierung<br />

<strong>in</strong> unserem Handeln.<br />

Die F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise hat hier e<strong>in</strong>iges an Porzel-<br />

lan zerschlagen. Sie hat mit ihren Schockwellen das Grund-<br />

vertrauen <strong>in</strong> die freie Marktwirtschaft erschüttert und e<strong>in</strong>en<br />

eklatanten Mangel an <strong>Verantwortung</strong> offenbart.<br />

Der Staat alle<strong>in</strong> kann das nicht richten. Wir alle s<strong>in</strong>d als<br />

Unternehmer gefor<strong>der</strong>t, das verloren gegangene Vertrauen<br />

wie<strong>der</strong> herzustellen und mehr <strong>Verantwortung</strong> im S<strong>in</strong>ne<br />

nachhaltiger Unternehmensführung zu übernehmen.<br />

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Und das bedeutet auch, unsere Unternehmen so auszurich-<br />

ten, dass sie zukünftige Krisen besser bewältigen können.<br />

Denn wir dürfen uns nicht <strong>der</strong> Illusion h<strong>in</strong>geben, dass mit<br />

Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Krise alles getan ist. Vielmehr müssen wir<br />

auch weiterh<strong>in</strong> mit <strong>Unsicherheit</strong>en und Marktvolatilitäten<br />

leben.<br />

Me<strong>in</strong>e Damen und Herren - wir sollten mit Entschlossenheit<br />

und Zuversicht an die Aufgabe gehen, die unternehmerische<br />

<strong>Verantwortung</strong> zu stärken. Damit för<strong>der</strong>n wir auch nachhal-<br />

tig die Wachstumskräfte hier vor Ort. Nutzen wir dabei die<br />

Stärken, die uns auch bislang ausgezeichnet haben: Mut zur<br />

Zukunft, Mut zur Verän<strong>der</strong>ung.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und<br />

Ihren Mitarbeitern für 2010 alles Gute, Gesundheit und viel<br />

Erfolg.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

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