Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer Pasewaldt B ... - ZIS
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<strong>Claus</strong>, <strong>Gewinnabschöpfung</strong> <strong>und</strong> <strong>Steuer</strong> <strong>Pasewaldt</strong><br />
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f<strong>und</strong>ene Resultat zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse in<br />
Form einer doppelten Be- oder Entlastung des Abschöpfungsadressaten<br />
zu berichtigen ist. Dabei gelangt die Autorin<br />
zu dem Schluss, dass etwa bei den Betrugsdelikten der (nach<br />
dem sog. Bruttoprinzip zu ermittelnde) Verfallsbetrag den der<br />
Besteuerung unterliegenden (<strong>und</strong> nach dem sog. Nettoprinzip<br />
zu ermittelnden) Gewinn des Täters mitunter um ein Vielfaches<br />
übersteige, was der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufwendungen<br />
des Täters für die Tat geschuldet sei. Deshalb sei<br />
eine Korrektur dieser Diskrepanz im Wege einer verfassungskonformen<br />
Auslegung von § 12 Nr. 4 EStG in dem Sinne<br />
herbeizuführen, dass der Abschöpfungsbetrag bei der Besteuerung<br />
nur in der Höhe zum Abzug zugelassen werde, in der<br />
der illegale Gewinn zuvor auch tatsächlich besteuert worden<br />
sei. Im Bereich des Kapitalmarktstrafrechts, also bei den<br />
Delikten des Insiderhandels <strong>und</strong> der Marktpreismanipulation,<br />
soll die Auflösung entsprechender Abweichungen dagegen<br />
über die steuerrechtlichen Sonderregelungen für Einkünfte<br />
aus Kapitalvermögen erfolgen, während wiederum etwa auf<br />
dem Gebiet der Kartellordnungswidrigkeiten schon wegen der<br />
weitgehenden (ertrag-)steuerlichen Neutralität der Abschöpfung<br />
wirtschaftlicher Vorteile mittels der Geldbuße regelmäßig<br />
keine Gefahr einer Doppelbelastung oder Überkompensation<br />
des Abschöpfungsadressaten bestehe. Und für den Bereich<br />
des <strong>Steuer</strong>strafrechts gelangt <strong>Claus</strong> sogar zu der Feststellung,<br />
dass ein Konflikt zwischen <strong>Gewinnabschöpfung</strong> <strong>und</strong><br />
Besteuerung regelmäßig bereits deshalb nicht entstehen könne,<br />
weil der typische Vorteil der <strong>Steuer</strong>hinterziehung in der<br />
Ersparnis von Aufwendungen liege, die aber kein abschöpfbares<br />
„Erlangtes“ darstellen würden. Darüber hinaus sei eine<br />
Verfallsanordnung insoweit auch durch die sog. Verfallssperre<br />
des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB ausgeschlossen, weil bei einer<br />
Vereitelung von <strong>Steuer</strong>ansprüchen der <strong>Steuer</strong>fiskus als durch<br />
die Tat „Verletzter“ anzusehen sei.<br />
Im fünften Kapitel („Gesetzesvorschlag“) verleiht die<br />
Autorin ihrer Kritik an den „Systemfehlern“ sowohl im geltenden<br />
Recht der <strong>Gewinnabschöpfung</strong> als auch im <strong>Steuer</strong>recht,<br />
die derzeit im Wege verfassungskonformer Auslegung<br />
zu korrigieren seien, durch Vorschläge für eine Neufassung<br />
der einschlägigen Vorschiften Gestalt. Konkret präsentiert<br />
<strong>Claus</strong> einen Entwurf zur Neufassung von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr.<br />
8 EStG, der – als einzige Gegenausnahme zum Gr<strong>und</strong>satz der<br />
wertneutralen Besteuerung (§ 40 AO) – auch die derzeitigen<br />
Abzugsverbote für „Strafen <strong>und</strong> Maßnahmen mit gleicher<br />
Wirkung“ der §§ 12 Nr. 4 EStG, 10 Nr. 3 UStG in einem<br />
allgemeinen Betriebsausgabenabzugsverbot in sich vereint.<br />
Ferner plädiert die Autorin für eine Abschaffung des sog.<br />
Bruttoprinzips im Rahmen des straf- <strong>und</strong> ordnungswidrigkeitenrechtlichen<br />
Verfalls zugunsten des sog. Nettoprinzips, der<br />
durch eine Ersetzung der Worte „etwas erlangt“ durch die<br />
Worte „einen Vermögensvorteil erlangt“ in den §§ 73 Abs. 1<br />
S. 1 StGB, 29a Abs. 1 OWiG Rechnung getragen werden<br />
soll, um einen Gleichlauf zwischen <strong>Gewinnabschöpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> <strong>Steuer</strong>recht herbeizuführen.<br />
In einem letzten Teil fasst <strong>Claus</strong> die wichtigsten Ergebnisse<br />
ihrer Untersuchung in 20 Thesen zusammen.<br />
Fazit: Mit ihrer umfangreichen Untersuchung zum Zusammenspiel<br />
von <strong>Gewinnabschöpfung</strong> <strong>und</strong> Besteuerung lie-<br />
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536<br />
<strong>ZIS</strong> 10/2012<br />
fert die Autorin einen beachtlichen Beitrag zur wissenschaftlichen<br />
Aufarbeitung eines Themas, das Lehre <strong>und</strong> Rechtsprechung<br />
aufgr<strong>und</strong> seiner hohen Praxisrelevanz auch künftig<br />
noch beschäftigen wird. Die Arbeit besticht – über ihre klare<br />
Struktur <strong>und</strong> verständliche Darstellung hinaus – vor allem<br />
durch die zahlreichen Beispiele <strong>und</strong> Rechendarstellungen,<br />
mittels derer <strong>Claus</strong> das komplexe Thema mit seinen vielseitigen<br />
Verknüpfungen zwischen Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht<br />
einerseits sowie Abschöpfungs- <strong>und</strong> <strong>Steuer</strong>recht<br />
andererseits für den Leser greifbar macht. Hinsichtlich ihrer<br />
Schlussfolgerungen wird man der Autorin freilich nicht uneingeschränkt<br />
zustimmen müssen. Dies gilt besonders für die<br />
Forderung nach einer (Wieder-)Einführung des sog. Nettoprinzips<br />
beim straf- <strong>und</strong> ordnungswidrigkeitenrechtlichen<br />
Verfall. Hier bleibt <strong>Claus</strong> letztlich insbesondere eine Antwort<br />
auf die Frage schuldig, wie Gerichte <strong>und</strong> Strafverfolgungsbehörden<br />
dann den in der Praxis auftretenden Nachweis- <strong>und</strong><br />
Beweisproblemen bei der Bemessung des Verfallsbetrags<br />
begegnen sollen, die nach der alten Rechtslage häufig zu<br />
einer Aushöhlung der <strong>Gewinnabschöpfung</strong> geführt hatten <strong>und</strong><br />
den Gesetzgeber erst zur Einführung des sog. Bruttoprinzips<br />
im Jahr 1992 veranlasst haben. Zumindest greift <strong>Claus</strong> diesem<br />
Einwand insoweit vor, als sie geltend macht, dass die<br />
Effektivität der <strong>Gewinnabschöpfung</strong> weniger von der Ausgestaltung<br />
des rechtlichen Instrumentariums als von der Bereitschaft<br />
<strong>und</strong> Fähigkeit der Gerichte <strong>und</strong> Strafverfolgungsbehörden<br />
zu ihrer Umsetzung abhänge, zumal jedenfalls eine<br />
ständige Ausdehnung der materiell-rechtlichen Regelungen<br />
zur <strong>Gewinnabschöpfung</strong> aus rechtsstaatlicher Sicht auch<br />
nicht unbedenklich sei. Alles in allem handelt es sich um ein<br />
Werk, das durchaus lesenswert <strong>und</strong> jedem interessierten Leser,<br />
gleich ob aus Wissenschaft oder Praxis, vollauf zu empfehlen<br />
ist.<br />
Rechtsanwalt Dr. David <strong>Pasewaldt</strong>, Wirtschaftsjurist<br />
(Univ. Bayreuth), Frankfurt a.M.