Tausch, Leistung an Zahlungs statt oder Rabatt bei ... - adbtax.ch
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Dokument<br />
zsis) 2011, BestCase Nr. 7<br />
Autor Claudio Fis<strong>ch</strong>er, Roger Rohner<br />
Titel 7 <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>, <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> <strong>oder</strong> <strong>Rabatt</strong> <strong>bei</strong><br />
Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äften<br />
Publikation zsis) - Zeits<strong>ch</strong>rift für S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es und<br />
Internationales Steuerre<strong>ch</strong>t - BestCase<br />
Herausgeber Institut für S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es und Internationales<br />
Steuerre<strong>ch</strong>t (isis)<br />
Verlag Institut für S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es und Internationales<br />
Steuerre<strong>ch</strong>t (isis)<br />
<strong>Taus<strong>ch</strong></strong>, <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> <strong>oder</strong> <strong>Rabatt</strong> <strong>bei</strong><br />
Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äften<br />
Urteil des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts vom 28. Juni 2011 1 betreffend<br />
Bemessungsgrundlage <strong>bei</strong> Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äften<br />
von lic.iur. Claudio Fis<strong>ch</strong>er, Advokat, Ernst & Young AG, Züri<strong>ch</strong>, und Dr.iur. Roger<br />
Rohner, Master of Adv<strong>an</strong>ced Studies in VAT, Altorfer Duss & Beilstein AG, Züri<strong>ch</strong><br />
Die Autoren bes<strong>ch</strong>äftigen si<strong>ch</strong> mit der mehrwertsteuerli<strong>ch</strong>en Abgrenzung des <strong>Rabatt</strong>s<br />
vom <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> und der Zahlung <strong>an</strong> <strong>Leistung</strong>s <strong>statt</strong>: Ein Unternehmen gewährte <strong>bei</strong>m<br />
Kauf eines neuen Staubsaugers gegen Eintaus<strong>ch</strong> eines alten einen <strong>Rabatt</strong>, worin die<br />
ESTV ein Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äft erblickte. Weil dem alten Staubsauger aus Si<strong>ch</strong>t des<br />
Unternehmens kein Wert zukam und au<strong>ch</strong> keine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> vorlag,<br />
qualifizierte das Bundesgeri<strong>ch</strong>t den Preisna<strong>ch</strong>lass als <strong>Rabatt</strong>. Die Autoren stimmen<br />
dem zu und strei<strong>ch</strong>en ergänzend hervor, dass das Unternehmen den <strong>Rabatt</strong> mitunter<br />
selbst d<strong>an</strong>n gewährte, wenn gar kein alter Staubsauger eingetaus<strong>ch</strong>t wurde.<br />
1 Sa<strong>ch</strong>verhalt und Prozessges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
1.1 Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
1.2 Prozessges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
2 Strittige Re<strong>ch</strong>tsfrage und Erwägungen des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts<br />
2.1 Strittige Re<strong>ch</strong>tsfrage<br />
2.2 Erwägungen des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts<br />
2.2.1 Massgebende Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
User-ID: roger.rohner@<strong>adbtax</strong>.<strong>ch</strong>, 14.06.2013 12:41:37<br />
1 Aufhor<strong>ch</strong>en lässt, wenn das Bundesgeri<strong>ch</strong>t eine Praxis der ESTV zum<br />
Warenumsatzsteuerbes<strong>ch</strong>luss (!) ohne weiteren Kommentar als au<strong>ch</strong> unter der Mehrwertsteuer<br />
<strong>an</strong>wendbar erklärt.
2.2.2 Auss<strong>ch</strong>luss eines <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äfts<br />
2.2.3 Fazit<br />
3 Kommentar<br />
3.1 Vorbemerkung<br />
3.2 Entgelt aus Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
3.3 <strong>Taus<strong>ch</strong></strong><br />
3.3.1 Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
3.3.2 Anwendung im konkreten Fall<br />
3.4 <strong>Rabatt</strong> 3.4.1 Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
3.4.2 Anwendung im konkreten Fall<br />
3.5 <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong><br />
3.5.1 Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
3.5.2 Anwendung im konkreten Fall<br />
3.6 Fazit<br />
1. Sa<strong>ch</strong>verhalt und Prozessges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
1.1 Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
Die in der S<strong>ch</strong>weiz <strong>an</strong>sässige, mehrwertsteuerpfli<strong>ch</strong>tige X bot in einem Inserat gegen<br />
Abgabe eines Bons und eines alten Staubsaugers (irgendeiner Marke) bestimmte neue<br />
Staubsauger zu einem um CHF 75 reduzierten Preis <strong>an</strong>, wo<strong>bei</strong> die X nur die<br />
Mehrwertsteuer auf dem reduzierten Preis abre<strong>ch</strong>nete.<br />
Betitelt war das Inserat mit "jetzt eintaus<strong>ch</strong>en". Neben der Abbildung von vier<br />
Staubsaugern mit den jeweils reduzierten Preisen wurde das Folgende ausgeführt:<br />
"Jetzt profitieren! Bringen Sie ihren alten Staubsauger zur fa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>ten Entsorgung<br />
<strong>bei</strong>m Kauf eines neuen [...] Staubsaugers mit und Sie erhalten mit Bon CHF 75 <strong>Rabatt</strong><br />
auf das aktuelle [...] Staubsauger-Sortiment!". Der dem Inserat <strong>bei</strong>gefügte Bon enthielt<br />
die Anmerkung: "Geben Sie ihren alten Staubsauger und den Bon <strong>bei</strong>m Kauf eines<br />
aktuellen [...] Staubsaugers ab und Sie erhalten CHF 75 <strong>Rabatt</strong>".<br />
Dem Sa<strong>ch</strong>verhalt, wie er im Ents<strong>ch</strong>eid der Vorinst<strong>an</strong>z dargelegt ist, 2 k<strong>an</strong>n im Weiteren<br />
entnommen werden, dass na<strong>ch</strong> Angaben der X au<strong>ch</strong> Bons zu den erwähnten<br />
Konditionen eingelöst worden seien, ohne dass der jeweilige Kunde ein altes Gerät<br />
zurückgebra<strong>ch</strong>t hätte.<br />
1.2 Prozessges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
Die mehrwertsteuerpfli<strong>ch</strong>tige X betra<strong>ch</strong>tete nur jenen Betrag als steuerbares Entgelt,<br />
der dur<strong>ch</strong> die Barbezahlung ausgegli<strong>ch</strong>en wurde. Mit zwei Ents<strong>ch</strong>eiden vom 15.<br />
Februar 2007 ma<strong>ch</strong>te die Eidgenössis<strong>ch</strong>e Steuerverwaltung 3 geltend, die X habe für die<br />
Steuerperioden vom 1. Quartal 1998 bis zum 3. Quartal 2003 zu wenig Mehrwertsteuer<br />
abgere<strong>ch</strong>net. Es liege nämli<strong>ch</strong> ein sogen<strong>an</strong>ntes "Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äft" vor (das der<br />
Entgegennahme von Gegenständen <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> entspri<strong>ch</strong>t), weshalb zusätzli<strong>ch</strong><br />
zur Barzahlung derjenige Betrag als Entgelt zu berücksi<strong>ch</strong>tigen sei, der dur<strong>ch</strong> die<br />
Entgegennahme des Gegenst<strong>an</strong>ds - mithin der alten Staubsauger - ausgegli<strong>ch</strong>en wurde.<br />
Na<strong>ch</strong> erfolgloser Einspra<strong>ch</strong>e <strong>bei</strong> der ESTV erhob die X am 21. Dezember 2007<br />
Bes<strong>ch</strong>werden vor Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t. Sie ma<strong>ch</strong>te geltend, die Kunden hätten<br />
<strong>bei</strong>m Kauf eines neuen Staubsaugers einen <strong>Rabatt</strong> erhalten, wenn sie ihr altes Gerät<br />
2 Urteil A-8794/2007 und A-8755/2007 des Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>ts vom 18. Oktober 2010.<br />
3 Im Folgenden als ESTV abgekürzt.<br />
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zusammen mit einem in Inseraten publizierten Guts<strong>ch</strong>ein zurückgaben. Grund für den<br />
Beginn dieser Rücknahmeaktion sei die Einführung der Verordnung vom 14. J<strong>an</strong>uar<br />
1998 über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektris<strong>ch</strong>er und<br />
elektronis<strong>ch</strong>er Geräte 4 gewesen, wona<strong>ch</strong> ausgediente Elektrogeräte von Händlern<br />
kostenlos zurückzunehmen und zu entsorgen seien. 5 Da<strong>bei</strong> hätten die Händler die<br />
Kunden auf die Entsorgungsmögli<strong>ch</strong>keit hinzuweisen, was die X dazu genutzt habe, die<br />
Kunden glei<strong>ch</strong>zeitig zu einem Neukauf zu bewegen. Es liege kein Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äft<br />
vor, sondern ein Preisna<strong>ch</strong>lass (<strong>Rabatt</strong>). Bezügli<strong>ch</strong> des zurückgegebenen Altgeräts sei<br />
kein <strong>Leistung</strong>saustaus<strong>ch</strong> gegeben. Es gehe weder der X no<strong>ch</strong> den Kunden darum, die<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr benötigten Staubsauger zu kaufen bzw. zu verkaufen. Die zurückgebra<strong>ch</strong>ten<br />
Altgeräte seien wertlos und deren Reparatur käme teurer als ein Neukauf. Es fehle<br />
mithin <strong>an</strong> der Voraussetzung eines Entgelts.<br />
Mit Ents<strong>ch</strong>eid vom 18. Oktober 2010 hiess das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t die<br />
Bes<strong>ch</strong>werde gut. Es wies darauf hin, dass für die Frage, ob die Hingabe des alten<br />
Staubsaugers als Teil des Entgelts zu qualifizieren sei, die Si<strong>ch</strong>t der Kunden als<br />
<strong>Leistung</strong>sempfänger der neuen Staubsauger massgebend sei. Aufgrund des Inserats<br />
hänge die Beibringung des alten Staubsaugers zwar mit dem Kauf des neuen<br />
zusammen, allerdings ni<strong>ch</strong>t in dem Sinn, dass der alte Staubsauger zusammen mit der<br />
Barleistung Entgelt für den neuen Staubsauger sei. Dur<strong>ch</strong> die Rückgabe sei es den<br />
Kunden ledigli<strong>ch</strong> darum geg<strong>an</strong>gen, die Bedingung für den Erhalt des <strong>Rabatt</strong>s zu<br />
erfüllen. Das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t kam damit zum S<strong>ch</strong>luss, dass im vorliegenden<br />
Fall keine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong>, sondern ein <strong>Rabatt</strong> vorliege.<br />
Gegen den Ents<strong>ch</strong>eid des Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>ts rei<strong>ch</strong>te die ESTV in der Folge<br />
Bes<strong>ch</strong>werde in öffentli<strong>ch</strong>-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Angelegenheiten am Bundesgeri<strong>ch</strong>t ein.<br />
2. Strittige Re<strong>ch</strong>tsfrage und Erwägungen des<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>ts<br />
2.1 Strittige Re<strong>ch</strong>tsfrage<br />
Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t hatte zu prüfen, ob das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t betreffend die<br />
Bemessungsgrundlage für die Verkäufe neuer Staubsauger dur<strong>ch</strong> die X zu Re<strong>ch</strong>t von<br />
einem <strong>Rabatt</strong> ausgeg<strong>an</strong>gen war <strong>oder</strong> ob eine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> dur<strong>ch</strong> Hingabe<br />
der alten Staubsauger dur<strong>ch</strong> die Kunden <strong>oder</strong> ein <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>verhältnis vorlag.<br />
2.2. Erwägungen des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts<br />
2.2.1. Massgebende Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
Begriff und Umf<strong>an</strong>g des Entgelts für die von der X verkauften neuen Staubsauger sind<br />
au<strong>ch</strong> gemäss Bundesgeri<strong>ch</strong>t aus der Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers zu beurteilen. Der<br />
Wortlaut des massgebenden Inserats sei da<strong>bei</strong> insofern klar und unmissverständli<strong>ch</strong>, als<br />
dem Kunden <strong>bei</strong>m Kauf eines neuen Staubsaugers mit Bon CHF 75 <strong>Rabatt</strong> auf die<br />
bezei<strong>ch</strong>neten Staubsauger eingeräumt werde. Dass d<strong>an</strong>eben no<strong>ch</strong> der alte Staubsauger<br />
zur Entsorgung mitgebra<strong>ch</strong>t werde, ändere dar<strong>an</strong> ni<strong>ch</strong>ts. Für den Kunden sei klar<br />
gewesen, dass die Übergabe des alten Staubsaugers mit Bon die Bedingung dafür war,<br />
dass er <strong>an</strong> der <strong>Rabatt</strong>-Aktion teilnehmen konnte. Der S<strong>ch</strong>luss des<br />
Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>ts, dass die Beibringung des alten Staubsaugers zwar mit dem<br />
Kauf des neuen zusammenhänge, dass aber der <strong>Rabatt</strong> mit einer Sonderaktion<br />
verbunden sei, sei daher ni<strong>ch</strong>t zu be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>den. 6<br />
4 VREG; SR 814.620; In Kraft seit 1. Juli 1998.<br />
5 Art. 4 Abs. 1 Satz 1 bzw. Art. 5 Abs. 1 VREG.<br />
6 E. 3 (2C_928/2010) au<strong>ch</strong> zum Folgenden.<br />
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2.2.2. Auss<strong>ch</strong>luss eines <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äfts<br />
Würde es si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um einen <strong>Rabatt</strong>, sondern um einen <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> h<strong>an</strong>deln, so wäre na<strong>ch</strong><br />
den Erwägungen des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts au<strong>ch</strong> die Si<strong>ch</strong>t der <strong>an</strong>deren Partei als<br />
<strong>Leistung</strong>sempfängerin des alten Staubsaugers massgebend. Ents<strong>ch</strong>eidend wäre die<br />
Frage, ob der alte Staubsauger aus Si<strong>ch</strong>t der X als <strong>Leistung</strong>sempfängerin einen Wert<br />
hatte. Diese habe aber die alten Geräte entsorgt. Es stehe somit fest, dass die Geräte für<br />
die X keinen Wert hatten, sodass kein <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> vorgelegen habe.<br />
2.2.3. Fazit<br />
Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t kommt zum S<strong>ch</strong>luss, dass betreffend die Hingabe der alten<br />
Staubsauger kein <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äft - und implizit au<strong>ch</strong> keine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> -<br />
vorliege, sondern dass <strong>bei</strong> der Bemessungsgrundlage für die Verkäufe neuer<br />
Staubsauger dur<strong>ch</strong> die X von einem entspre<strong>ch</strong>enden <strong>Rabatt</strong> auszugehen sei.<br />
3. Kommentar<br />
3.1. Vorbemerkung<br />
Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t hatte den vorliegenden Fall no<strong>ch</strong> aufgrund des<br />
Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 bzw. der Verordnung über die<br />
Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994 zu beurteilen. Au<strong>ch</strong> unter dem seit dem 1. J<strong>an</strong>uar<br />
2010 geltenden neuen Mehrwertsteuergesetz hätte der Ents<strong>ch</strong>eid glei<strong>ch</strong> ausfallen<br />
müssen, haben do<strong>ch</strong> die für diesen Fall grundlegenden gesetzli<strong>ch</strong>en Bestimmungen<br />
ni<strong>ch</strong>t geändert. Das gilt für die hier zentrale Frage des <strong>Leistung</strong>sverhältnisses (<strong>Leistung</strong><br />
gegen Entgelt) sowie für die Begriffe des <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>s, der <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> und<br />
des <strong>Rabatt</strong>s, auf die im Folgenden näher einzugehen ist. Der Gesetzgeber hat <strong>bei</strong>m<br />
neuen Gesetz grosse Mühe darauf verwendet, die für das Mehrwertsteuerre<strong>ch</strong>t<br />
zentralen Begriffe der <strong>Leistung</strong> und des Entgelts klar zu definieren und damit au<strong>ch</strong> in<br />
das Bewusstsein der Re<strong>ch</strong>ts<strong>an</strong>wender zu rücken. Es ist zu hoffen, dass dies dazu<br />
<strong>bei</strong>tragen wird, dass si<strong>ch</strong> Re<strong>ch</strong>tsstreitigkeiten wie die vorliegende künftig gar ni<strong>ch</strong>t<br />
mehr ergeben werden.<br />
Der vorliegende Fall streift einige fundamentale Fragen der Mehrwertsteuer. Das<br />
hö<strong>ch</strong>stri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>e Urteil darf deshalb als Leitents<strong>ch</strong>eid für das Mehrwertsteuerre<strong>ch</strong>t<br />
bezei<strong>ch</strong>net werden, au<strong>ch</strong> wenn es ni<strong>ch</strong>t zur Publikation in der amtli<strong>ch</strong>en Sammlung<br />
bestimmt ist. Die s<strong>ch</strong>on fast lehrbu<strong>ch</strong>mässig aufgebauten, klar strukturierten und<br />
umfassenden bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Erwägungen hätten für eine Publikation<br />
eine gute Grundlage gebildet. Es ist daher fast zu bedauern, dass si<strong>ch</strong> das<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>t mit den sp<strong>an</strong>nenden Fragen - insbesondere zum <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> und zur<br />
<strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> - ni<strong>ch</strong>t ausführli<strong>ch</strong>er bes<strong>ch</strong>äftigt hat, sondern si<strong>ch</strong> darauf<br />
bes<strong>ch</strong>ränkt, den Ents<strong>ch</strong>eid der Vorinst<strong>an</strong>z zu bestätigen. 7<br />
3.2. Entgelt aus Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
Im vorliegenden strittigen Fall übergeben - etwas vereinfa<strong>ch</strong>t gesagt - <strong>bei</strong>de Parteien<br />
jeweils einen Staubsauger. Eine mehrwertsteuerli<strong>ch</strong>e <strong>Leistung</strong> ist damit s<strong>ch</strong>nell<br />
<strong>an</strong>genommen, dürften do<strong>ch</strong> prima vista au<strong>ch</strong> die Definitionselemente der <strong>Leistung</strong><br />
gemäss Art. 3 Bst. c MWSTG erfüllt sein. 8 Daraus jedo<strong>ch</strong> bereits auf einen steuerbaren<br />
Vorg<strong>an</strong>g zu s<strong>ch</strong>liessen, ist verfrüht, da eine <strong>Leistung</strong> mehrwertsteuerli<strong>ch</strong> erst d<strong>an</strong>n<br />
relev<strong>an</strong>t ist, wenn ihr ein Entgelt gegenübersteht und sie mit diesem innerli<strong>ch</strong> verknüpft<br />
7 Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t weist in E. 2.2 zwar auf <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> und <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> hin, nimmt<br />
jedo<strong>ch</strong> zu den dur<strong>ch</strong> die Vorinst<strong>an</strong>z <strong>an</strong>gestellten Überlegungen ni<strong>ch</strong>t Stellung.<br />
8 Das bisherige Re<strong>ch</strong>t verwendete zwar den Begriff der <strong>Leistung</strong>, definierte ihn aber ni<strong>ch</strong>t.<br />
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ist. 9 In wel<strong>ch</strong>er Form das Entgelt geleistet wird, ist da<strong>bei</strong> nebensä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>. Das neue<br />
Gesetz definiert das Entgelt abstrakt als "Vermögenswert, den der Empfänger <strong>oder</strong> die<br />
Empfängerin <strong>oder</strong> <strong>an</strong> seiner <strong>oder</strong> ihrer Stelle eine Drittperson für den Erhalt einer<br />
<strong>Leistung</strong> aufwendet". 10<br />
Das bisherige Re<strong>ch</strong>t äusserte si<strong>ch</strong> über Art. 5 aMWSTG hinaus ni<strong>ch</strong>t weiter zum<br />
Zusammenspiel von <strong>Leistung</strong> und Entgelt. Unter dem neuen Re<strong>ch</strong>t kommt dem Entgelt<br />
eine doppelte Rolle zu:<br />
Einerseits brau<strong>ch</strong>t es eine Entgeltserwartung des <strong>Leistung</strong>serbringers. Als<br />
Tatbest<strong>an</strong>dselement der <strong>Leistung</strong> führt ihr Fehlen dazu, dass es bereits <strong>an</strong> der <strong>Leistung</strong><br />
m<strong>an</strong>gelt. 11 Ob die Entgeltserwartung vorliegt, k<strong>an</strong>n nur aus Si<strong>ch</strong>t des<br />
<strong>Leistung</strong>serbringers beurteilt werden. 12<br />
Andererseits k<strong>an</strong>n die Frage, ob ein bestimmter Vermögenswert, also ein Entgelt, für<br />
den Erhalt einer <strong>Leistung</strong> aufgewendet wird, nur aus Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
beurteilt werden, wie au<strong>ch</strong> das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t klar festhält. 13 Insgesamt ist<br />
folgli<strong>ch</strong> das Vorliegen eines <strong>Leistung</strong>sverhältnisses aus Si<strong>ch</strong>t des <strong>Leistung</strong>sempfängers<br />
zu beurteilen. Dies entspri<strong>ch</strong>t einer kausalen Verknüpfung von <strong>Leistung</strong> und Entgelt<br />
und damit dem Verbrau<strong>ch</strong>ssteuer<strong>ch</strong>arakter der Mehrwertsteuer, die letztli<strong>ch</strong> ja den<br />
Konsum des <strong>Leistung</strong>sempfängers erfassen will. 14<br />
3.3. <strong>Taus<strong>ch</strong></strong><br />
3.3.1. Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
Beim <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>vertrag verpfli<strong>ch</strong>ten si<strong>ch</strong> die Parteien zur gegenseitigen Übertragung je<br />
eines <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>gegenst<strong>an</strong>ds. Im Unters<strong>ch</strong>ied zum Kauf wird die Gegenleistung zu einem<br />
Gegenst<strong>an</strong>d ni<strong>ch</strong>t in Geldform erbra<strong>ch</strong>t, sondern als ein <strong>an</strong>derer Gegenst<strong>an</strong>d. 15 Das<br />
s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Obligationenre<strong>ch</strong>t 16 erklärt denn au<strong>ch</strong> die Vors<strong>ch</strong>riften des<br />
Kaufvertrags in dem Sinne für <strong>an</strong>wendbar auf <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äfte, dass jede<br />
Vertragspartei mit Bezug auf die von ihr verspro<strong>ch</strong>ene Sa<strong>ch</strong>e als Verkäufer und mit<br />
Bezug auf die ihr zugesagte Sa<strong>ch</strong>e als Käufer beh<strong>an</strong>delt wird. 17 Getaus<strong>ch</strong>t werden<br />
k<strong>an</strong>n mithin alles, was Gegenst<strong>an</strong>d eines Kaufvertrags sein k<strong>an</strong>n.<br />
3.3.2. Anwendung im konkreten Fall<br />
Wie im Zivilre<strong>ch</strong>t gilt au<strong>ch</strong> für das Mehrwertsteuerre<strong>ch</strong>t, dass <strong>bei</strong>m <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> jede Partei<br />
sowohl <strong>Leistung</strong>sempfängerin als au<strong>ch</strong> <strong>Leistung</strong>serbringerin ist. Jede Partei erbringt<br />
eine <strong>Leistung</strong>, d.h. räumt einen verbrau<strong>ch</strong>sfähigen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Wert ein. Ein<br />
Entgelt ist hingegen zunä<strong>ch</strong>st ni<strong>ch</strong>t ersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>. Art. 24 Abs. 3 MWSTG erklärt deshalb<br />
jede <strong>Leistung</strong> glei<strong>ch</strong>zeitig zum Entgelt für die <strong>an</strong>dere <strong>Leistung</strong>. Diesem Entgelt fehlt<br />
aber damit eine objektiv messbare Grösse wie <strong>bei</strong>spielsweise <strong>bei</strong> einem Geldbetrag.<br />
Daraus ergeben si<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Konsequenzen: Zunä<strong>ch</strong>st erlaubt die "Verkürzung"<br />
des <strong>Leistung</strong>sverhältnisses auf die <strong>Leistung</strong>sseite die Annahme von<br />
<strong>Taus<strong>ch</strong></strong>verhältnissen, <strong>bei</strong> denen fragli<strong>ch</strong> sein k<strong>an</strong>n, ob ein Entgelt überhaupt vorliegt. 18<br />
Die Bestimmung des Entgelts k<strong>an</strong>n sod<strong>an</strong>n problematis<strong>ch</strong> sein, zumal ein Marktwert<br />
<strong>bei</strong> gebrau<strong>ch</strong>ten Gegenständen <strong>oder</strong> <strong>bei</strong> Dienstleistungen regelmässig nur s<strong>ch</strong>wer<br />
feststellbar ist. Die mehrwertsteuerli<strong>ch</strong>e Regelung des <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äfts k<strong>an</strong>n weiter zur<br />
10 Art. 3 Bst. f MWSTG.<br />
11 Art. 3 Bst. c MWSTG.<br />
12 Claudio Fis<strong>ch</strong>er/Claude Grosje<strong>an</strong>, Der <strong>Leistung</strong>sbegriff, in: ASA 78 (2009/10) 711.<br />
13 E. 3.1 (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
14 Fis<strong>ch</strong>er/Grosje<strong>an</strong> (Fn 12), 711.<br />
15 Jörg S<strong>ch</strong>mid/Hubert Stöckli, Obligationenre<strong>ch</strong>t Besonderer Teil, Züri<strong>ch</strong>/Basel/Genf 2010, Rz 178<br />
ff.<br />
16 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Zivilgesetzbu<strong>ch</strong>es (Fünfter Teil:<br />
Obligationenre<strong>ch</strong>t) vom 30. März 1911 (SR 220).<br />
17 Art. 237 OR.<br />
18 Vgl. hierzu die Beispiele <strong>bei</strong> Holger Stadie, <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>vorgänge und Umsatzsteuer, in:<br />
Umsatzsteuerrunds<strong>ch</strong>au 2009, 745 f.<br />
Ausdruckseite 5 von 9
Folge haben, dass die Marktwerte und damit die Bemessungsgrundlagen der<br />
<strong>Leistung</strong>en unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> sind, 19 obwohl die <strong>Leistung</strong>en für die Parteien ja<br />
offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> subjektiv glei<strong>ch</strong>wertig sein müssen, <strong>an</strong>sonsten sie kaum taus<strong>ch</strong>en<br />
würden. Und s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ist fragli<strong>ch</strong>, ob der <strong>Leistung</strong>serbringer <strong>bei</strong> einem <strong>Taus<strong>ch</strong></strong><br />
überhaupt MWST vereinnahmt, die er ja d<strong>an</strong>n in Form von Geld <strong>an</strong> die<br />
Steuerverwaltung abliefern muss. Kritis<strong>ch</strong>e Stimmen vertreten daher die Auffassung,<br />
dass der <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> mit dem Zweck und dem System der Mehrwertsteuer ni<strong>ch</strong>t zu<br />
vereinbaren ist. 20 Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> können dur<strong>ch</strong> das Konstrukt des <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>es<br />
Überbesteuerung und Verzerrungen <strong>bei</strong> der Mehrwertsteuer ni<strong>ch</strong>t ausges<strong>ch</strong>lossen<br />
werden, <strong>bei</strong>spielsweise wenn eine Partei in teilweiser S<strong>ch</strong>enkungsabsi<strong>ch</strong>t einen<br />
marktwertmässig weit wertvolleren Gegenst<strong>an</strong>d taus<strong>ch</strong>t. Ebenso ist ein <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> zu<br />
Herstellungskosten ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>, da von Gesetzes wegen der Marktwert<br />
her<strong>an</strong>zuziehen ist. 21<br />
Die Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung nimmt <strong>bei</strong>m <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> jeweils zwei separate <strong>Leistung</strong>sverhältnisse<br />
mit zwei selbständigen <strong>Leistung</strong>en und je zwei Entgelten - mithin also zwei<br />
Re<strong>ch</strong>tsges<strong>ch</strong>äfte - <strong>an</strong>, die in der Folge verre<strong>ch</strong>net werden. 22 Diese Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung<br />
verdeutli<strong>ch</strong>t aber au<strong>ch</strong>, dass gerade <strong>bei</strong> <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>ges<strong>ch</strong>äften genau zu prüfen ist, ob <strong>bei</strong>de<br />
Parteien jeweils eine Entgeltserwartung haben und ob sie au<strong>ch</strong> willens sind, für den<br />
Empf<strong>an</strong>g der <strong>Leistung</strong> ein Entgelt aufzuwenden. 23 Diese Prüfung führt im<br />
vorliegenden Fall zur Erkenntnis, dass bezügli<strong>ch</strong> der Übertragung des alten<br />
Staubsaugers vom Kunden <strong>an</strong> die X weder der Kunde als "<strong>Leistung</strong>serbringer" eine<br />
Entgeltserwartung hat no<strong>ch</strong> die X gewillt ist, für den Erhalt des gebrau<strong>ch</strong>ten<br />
Staubsaugers ein Entgelt aufzuwenden (dies im Unters<strong>ch</strong>ied etwa zu den<br />
Eintaus<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äften im Autoh<strong>an</strong>del). Letzteres folgt bereits daraus, dass die X<br />
gesetzli<strong>ch</strong> verpfli<strong>ch</strong>tet ist, die alten Staubsauger zurückzunehmen und zu entsorgen. Es<br />
ergibt si<strong>ch</strong> weiter daraus, dass die X die alten Staubsauber ni<strong>ch</strong>t unabhängig vom<br />
Verkauf eines neuen Staubsaugers aufkauft, was aber zwingendes Indiz dafür wäre,<br />
dass die X bereit ist, für die alten Staubsauger ein Entgelt zu bezahlen. Damit sind die<br />
Voraussetzungen für einen <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> ni<strong>ch</strong>t gegeben, da eben gerade ni<strong>ch</strong>t zwei<br />
<strong>Leistung</strong>sverhältnisse vorliegen. Sowohl die ESTV wie au<strong>ch</strong> die Geri<strong>ch</strong>te haben<br />
deshalb zu Re<strong>ch</strong>t das Vorliegen eines <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>es im konkreten Fall verneint.<br />
Na<strong>ch</strong> dem Gesagten wäre g<strong>an</strong>z allgemein zu fragen, ob die Bestimmung in Art. 24<br />
Abs. 3 MWSTG zur Bemessungsgrundlage <strong>bei</strong> <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>verhältnissen überhaupt<br />
erforderli<strong>ch</strong> ist. Bezei<strong>ch</strong>nenderweise enthält die europäis<strong>ch</strong>e<br />
Mehrwertsteuersystemri<strong>ch</strong>tlinie 24 keine Bestimmung zum <strong>Taus<strong>ch</strong></strong>. Das deuts<strong>ch</strong>e<br />
Umsatzsteuergesetz 25 regelt den <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> in § 10 Abs. 2 Satz 2, setzt aber keine<br />
"Mindestbemessungsgrundlage" im Sinne eines Marktwertes fest.<br />
3.4. <strong>Rabatt</strong><br />
3.4.1. Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
Als <strong>Rabatt</strong> wird ein vertragli<strong>ch</strong> gewährter Preisna<strong>ch</strong>lass bezei<strong>ch</strong>net, der ni<strong>ch</strong>t wie ein<br />
Skonto von der Bedingung einer fristgere<strong>ch</strong>ten Bezahlung abhängt, sondern ohne<br />
19 BGr, 13.02.2002 (2A.150/2001), E. 7a.<br />
20 Stadie (Fn 18), 745.<br />
21 Das alte Gesetz enthielt das ents<strong>ch</strong>eidende Wort "Marktwert" ni<strong>ch</strong>t. Obwohl gemäss Bots<strong>ch</strong>aft<br />
zur Vereinfa<strong>ch</strong>ung der Mehrwertsteuer vom 25. Juni 2008 (BBl 2008, 6971) die Absätze 3 bis 5<br />
von Art. 24 MWSTG dem bisherigen Artikel 33 Absatz 4 aMWSTG entspre<strong>ch</strong>en sollen, hat hier<br />
der Wortlaut eine kleine, aber unter Umständen ents<strong>ch</strong>eidende Änderung erfahren.<br />
22 BGr, 13.02.2002 (2A.150/2001), E. 7a.<br />
23 Siehe vorne Ziff. 3.2.<br />
24 Ri<strong>ch</strong>tlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28.<br />
November 2006 (MwStSystRL; ABl EU 2006 L 347, 1).<br />
25 in der Fassung der Bek<strong>an</strong>ntma<strong>ch</strong>ung vom 21. Februar 2005 (UStG; BGBl 2005 I 386), zuletzt<br />
geändert am 21. Juli 2011 (BGBl 2011 I 1475).<br />
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Rücksi<strong>ch</strong>t auf den Zeitpunkt der Zahlung gewährt wird. 26 Der <strong>Rabatt</strong> wird regelmässig<br />
in der ursprüngli<strong>ch</strong>en Offerte bereits zugest<strong>an</strong>den <strong>oder</strong> ausgeh<strong>an</strong>delt und <strong>bei</strong><br />
Vertragsabs<strong>ch</strong>luss zum Best<strong>an</strong>dteil der Preisabrede gema<strong>ch</strong>t. Er ist somit ni<strong>ch</strong>ts <strong>an</strong>deres<br />
als eine vereinbarte Ermässigung der ges<strong>ch</strong>uldeten Vergütung, während etwa die<br />
Skontoabrede den Kunden ledigli<strong>ch</strong> bere<strong>ch</strong>tigt, <strong>bei</strong> fristgere<strong>ch</strong>ter Zahlung einen Abzug<br />
<strong>an</strong> dem bis dahin ges<strong>ch</strong>uldeten Vergütungsbetrag vorzunehmen. 27<br />
Der <strong>Rabatt</strong> unterliegt keiner gesetzli<strong>ch</strong> vorges<strong>ch</strong>riebenen Vereinbarungsform. Er k<strong>an</strong>n<br />
summenmässig <strong>oder</strong> als prozentuale Reduktion der ges<strong>ch</strong>uldeten Vergütung vereinbart<br />
werden.<br />
3.4.2. Anwendung im konkreten Fall<br />
Die X bietet ihren Kunden im Inserat <strong>an</strong>, gegen Abgabe eines alten Staubsaugers einen<br />
neuen für einen um CHF 75 reduzierten Preis erwerben zu können. Ents<strong>ch</strong>eidend für<br />
die Beurteilung ist, ob - wie <strong>bei</strong>m Skonto - davon ausgeg<strong>an</strong>gen werden muss, dass<br />
zunä<strong>ch</strong>st der ni<strong>ch</strong>t reduzierte Vergütungsbetrag für einen neuen Staubsauger ges<strong>ch</strong>uldet<br />
ist, wo<strong>bei</strong> der Kunde bere<strong>ch</strong>tigt ist, dur<strong>ch</strong> Hingabe eines alten Staubsaugers einen<br />
Abzug <strong>an</strong> dem ges<strong>ch</strong>uldeten Vergütungsbetrag vorzunehmen, <strong>oder</strong> ob bereits <strong>bei</strong><br />
Vertragsabs<strong>ch</strong>luss der Preisna<strong>ch</strong>lass gewährt wird.<br />
Die Auslegung der Offerte der X bzw. des infolge dieser abges<strong>ch</strong>lossenen Vertrags soll<br />
den übereinstimmenden, wirkli<strong>ch</strong>en Willen der beteiligten Parteien feststellen. 28 Als<br />
Vertragswille ist <strong>bei</strong> der objektivierten Auslegung <strong>an</strong>zusehen, was vernünftig und<br />
redli<strong>ch</strong> h<strong>an</strong>delnde Parteien unter den gegebenen - au<strong>ch</strong> persönli<strong>ch</strong>en - Umständen<br />
dur<strong>ch</strong> die Verwendung der auszulegenden Worte <strong>oder</strong> ihr sonstiges Verhalten<br />
ausgedrückt und folgli<strong>ch</strong> gewollt haben würden. 29 Da<strong>bei</strong> ist na<strong>ch</strong> einem sa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>ten<br />
Resultat zu su<strong>ch</strong>en, da ni<strong>ch</strong>t <strong>an</strong>zunehmen ist, dass die Parteien eine un<strong>an</strong>gemessene<br />
Lösung gewollt haben. 30 Neben dem grammatikalis<strong>ch</strong>en sowie dem systematis<strong>ch</strong>en<br />
Auslegungselement sind da<strong>bei</strong> ebenso die Umstände des Vertragsabs<strong>ch</strong>lusses, 31<br />
insbesondere die Interessenlage der Parteien <strong>bei</strong> Vertragsabs<strong>ch</strong>luss, 32 sowie das<br />
Verhalten der Parteien na<strong>ch</strong> Vertragsabs<strong>ch</strong>luss 33 zu berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />
Im betreffenden Inserat wird zwar der Begriff "<strong>Rabatt</strong>" verwendet; allerdings wird<br />
ebenso klar erwähnt, dass für dessen Gewährung ein alter Staubsauger hinzugeben ist.<br />
Für die Gewährung des Preisna<strong>ch</strong>lasses wird somit eine Bedingung aufgestellt. 34 Somit<br />
k<strong>an</strong>n ni<strong>ch</strong>t mehr von einem einfa<strong>ch</strong>en <strong>Rabatt</strong> gespro<strong>ch</strong>en werden, sondern es könnte<br />
dur<strong>ch</strong>aus die Auffassung vertreten werden, dass der ni<strong>ch</strong>t reduzierte Vergütungsbetrag<br />
für einen neuen Staubsauger ges<strong>ch</strong>uldet ist und dieser Vergütungsbetrag erst dur<strong>ch</strong> die<br />
Erfüllung der Bedingung (Hingabe eines alten Staubsaugers) reduziert wird.<br />
Im Gegensatz zum Ents<strong>ch</strong>eid des Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>ts setzt si<strong>ch</strong> das<br />
Bundesgeri<strong>ch</strong>t jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mit weiteren Auslegungselementen ausein<strong>an</strong>der, sondern<br />
belässt es <strong>bei</strong> der Feststellung, dass die Hingabe des alten Staubsaugers zur Entsorgung<br />
ni<strong>ch</strong>ts am <strong>Rabatt</strong><strong>ch</strong>arakter ändere und verweist auf den S<strong>ch</strong>luss der Vorinst<strong>an</strong>z, dass der<br />
<strong>Rabatt</strong> mit einer Sonderaktion zusammenhänge. 35<br />
26 BGE 118 II 63 E. 4, 64 f.<br />
27 Peter Gau<strong>ch</strong>, Der Werkvertrag, 5. A., Züri<strong>ch</strong>/Basel/Genf 2011, Rz 1244 ff., au<strong>ch</strong> zum Folgenden.<br />
28 Vgl. Art. 18 Abs. 1 OR sowie Peter Gau<strong>ch</strong>/Walter R. S<strong>ch</strong>luep, S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es<br />
Obligationenre<strong>ch</strong>t, Allgemeiner Teil, Bd. II, 9. A., Züri<strong>ch</strong>/Basel/Genf 2008, Rz 1200 ff., au<strong>ch</strong><br />
zum Folgenden.<br />
29 BGE 129 III 118 E. 2.5, 122.<br />
30 BGE 122 V 142 E. 4c, 146.<br />
31 BGE 117 II 609 E. 6c, 621.<br />
32 BGE 122 III 426 E. 5b, 429.<br />
33 BGE 110 II 141, E. 2b, 145 ff.<br />
34 Dies entspri<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> der Beurteilung des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts in E. 3 (2C_928/2010).<br />
35 E. 3 (2C_928/2010).<br />
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Für das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t wird aus den Umständen klar, dass die<br />
Rücknahmeaktion der X eine Werbe- bzw. Verkaufsförderungsaktion war und der<br />
Kunde den Staubsauger ledigli<strong>ch</strong> zur fa<strong>ch</strong>gere<strong>ch</strong>ten Entsorgung zurückbra<strong>ch</strong>te. 36 Von<br />
einem Anre<strong>ch</strong>nungswert sei etwa im Inserat keine Rede gewesen. 37 Allerdings hält<br />
au<strong>ch</strong> das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t fest, dass der Grund für die Hingabe des alten<br />
Staubsaugers die Erfüllung der Bedingung für den Erhalt des <strong>Rabatt</strong>s gewesen sei. 38<br />
Weder das Bundesgeri<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t gehen jedo<strong>ch</strong> auf ein<br />
Sa<strong>ch</strong>verhaltselement ein, das ein wi<strong>ch</strong>tiges Indiz für die Interessenlage der Parteien und<br />
somit für die Auslegung darstellt. 39 So wurden au<strong>ch</strong> Guts<strong>ch</strong>eine eingelöst und der<br />
Preisna<strong>ch</strong>lass von der X gewährt, ohne dass der jeweilige Kunde einen alten<br />
Staubsauger zurückbra<strong>ch</strong>te. 40 Diese Vorgehensweise entspri<strong>ch</strong>t der Gewährung eines<br />
einfa<strong>ch</strong>en <strong>Rabatt</strong>s und ist somit ents<strong>ch</strong>eidend für die Beurteilung. Hätte die X den<br />
Preisna<strong>ch</strong>lass ohne Hingabe eines alten Staubsaugers ni<strong>ch</strong>t gewährt, hätte <strong>an</strong>genommen<br />
werden müssen, dass eben gerade die <strong>Leistung</strong> eines alten Staubsaugers - unabhängig<br />
von dessen tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>em Wert - erst zum Preisna<strong>ch</strong>lass um CHF 75 des ges<strong>ch</strong>uldeten<br />
Vergütungsbetrages führt und es wäre eine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> zu prüfen<br />
gewesen. 41<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> könnte <strong>bei</strong> Vertragss<strong>ch</strong>luss eine bedingte Entgeltsminderung vereinbart<br />
werden. Besteht die Bedingung jedo<strong>ch</strong> darin, dass die vereinbarte S<strong>ch</strong>uld dur<strong>ch</strong> eine<br />
<strong>an</strong>dere als die ursprüngli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>uldete <strong>Leistung</strong> erfüllt werden k<strong>an</strong>n, so liegt -<br />
zumindest aus privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t - eine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> vor. 42 No<strong>ch</strong>mals<br />
sei aber da<strong>bei</strong> darauf hingewiesen, dass die Entgeltserwartung des <strong>Leistung</strong>serbringers<br />
aus mehrwertsteuerli<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t ein Tatbest<strong>an</strong>dselement der <strong>Leistung</strong> darstellt.<br />
3.5. <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong><br />
3.5.1. Privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Begriff<br />
Eine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> liegt vor, wenn si<strong>ch</strong> Gläubiger und S<strong>ch</strong>uldner darüber<br />
einigen, dass eine bestehende S<strong>ch</strong>uld dur<strong>ch</strong> eine <strong>an</strong>dere als die ursprüngli<strong>ch</strong><br />
ges<strong>ch</strong>uldete <strong>Leistung</strong> erfüllt wird. Es h<strong>an</strong>delt si<strong>ch</strong> da<strong>bei</strong> um eine vertragli<strong>ch</strong>e<br />
Modifikation der ges<strong>ch</strong>uldeten <strong>Leistung</strong>. Die Vertragsänderung bewirkt, dass eine<br />
<strong>an</strong>dere als die ursprüngli<strong>ch</strong> vereinbarte <strong>Leistung</strong> ges<strong>ch</strong>uldet ist. Erst die Erbringung der<br />
neu vereinbarten <strong>Leistung</strong> tilgt die S<strong>ch</strong>uld. 43 Gemäss einem Teil der Lehre basiert die<br />
vertragli<strong>ch</strong>e Änderung auf einem Angebot des S<strong>ch</strong>uldners, das dur<strong>ch</strong> den Gläubiger<br />
<strong>an</strong>genommen werden muss. 44<br />
Ist die Ersatzleistung mehr wert als die ges<strong>ch</strong>uldete <strong>Leistung</strong>, so hat der Gläubiger den<br />
Vorteil, <strong>an</strong>dernfalls trägt er au<strong>ch</strong> das Risiko. 45<br />
3.5.2. Anwendung im konkreten Fall<br />
Ents<strong>ch</strong>eidend für die Beurteilung ist, ob bereits eine S<strong>ch</strong>uld besteht, die dur<strong>ch</strong> die<br />
Hingabe des alten Staubsaugers <strong>an</strong><strong>statt</strong> der Zahlung im Betrag von CHF 75 erfüllt wird.<br />
Da<strong>bei</strong> k<strong>an</strong>n grundsätzli<strong>ch</strong> auf die vorgehenden Erläuterungen unter Ziff. 3.4.2<br />
36 E. 4.1 (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
37 E. 4.2.4 (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
38 E. 4.1 (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
39 Im Ents<strong>ch</strong>eid des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts wird dieses Element ni<strong>ch</strong>t einmal mehr im Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />
erwähnt.<br />
40 Sa<strong>ch</strong>verhalt, C. (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
41 Vgl. hinten Ziff. 3.5.<br />
42 Vgl. hinten Ziff. 3.5.1.<br />
43 Gau<strong>ch</strong>/S<strong>ch</strong>luep (Fn 28), Rz 2277 ff.<br />
44 Urs Leu, in: Heinri<strong>ch</strong> Honsell/Nedim Peter Vogt/Wolfg<strong>an</strong>g Wieg<strong>an</strong>d (Hrsg.), Basler Kommentar,<br />
Obligationenre<strong>ch</strong>t I, 4. A. Basel 2007, Vor Art. 68-74 N 5; Theo Guhl, Das S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e<br />
Obligationenre<strong>ch</strong>t, 9. A. Züri<strong>ch</strong> 2000, § 29 Rz 11.<br />
45 Guhl (Fn 44), § 29 Rz 12.<br />
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verwiesen werden. Wird nämli<strong>ch</strong> im Falle eines <strong>Rabatt</strong>s bereits <strong>bei</strong> Vertragsabs<strong>ch</strong>luss<br />
der Preis entspre<strong>ch</strong>end reduziert, so wurde gar nie eine S<strong>ch</strong>uld im Umf<strong>an</strong>g des ni<strong>ch</strong>t<br />
reduzierten Preises begründet, die dur<strong>ch</strong> eine <strong>an</strong>dere als die ursprüngli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>uldete<br />
<strong>Leistung</strong> erfüllt werden könnte. Andernfalls wurde zunä<strong>ch</strong>st der ni<strong>ch</strong>t reduzierte<br />
Vergütungsbetrag ges<strong>ch</strong>uldet, der dur<strong>ch</strong> <strong>Leistung</strong> des alten Staubsaugers <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong><br />
<strong>statt</strong> um CHF 75 reduziert wird.<br />
Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t bes<strong>ch</strong>reibt zwar in seinem Ents<strong>ch</strong>eid den zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Begriff<br />
der <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> sowie deren mehrwertsteuerli<strong>ch</strong>e Beh<strong>an</strong>dlung, 46<br />
beurteilt aber in der Folge ni<strong>ch</strong>t, ob eine <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
vorliegen könnte.<br />
Die unter Ziff. 3.4.2 erläuterte Auslegung führt zum S<strong>ch</strong>luss, dass ein einfa<strong>ch</strong>er <strong>Rabatt</strong><br />
vorliegt und somit gar nie eine S<strong>ch</strong>uld im Umf<strong>an</strong>g des ni<strong>ch</strong>t reduzierten Preises<br />
begründet wurde, die dur<strong>ch</strong> <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> erfüllt werden könnte. Art. 33<br />
Abs. 4 aMWSTG bzw. Art. 24 Abs. 5 MWSTG finden aus diesem Grund keine<br />
Anwendung.<br />
Au<strong>ch</strong> aus einem weiteren Grund s<strong>ch</strong>eitert die Annahme einer <strong>Leistung</strong> <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong><br />
<strong>statt</strong>: Voraussetzung hierfür wäre, dass die Hingabe des alten Staubsaugers Teil des<br />
Entgelts für den neuen Staubsauger bilden würde. Wie oben unter Ziff. 3.2 ausgeführt,<br />
ist die Frage, ob ein Entgelt für eine <strong>Leistung</strong> vorliegt, aus Si<strong>ch</strong>t des<br />
<strong>Leistung</strong>sempfängers, also des Kunden zu beurteilen. Wie au<strong>ch</strong> das<br />
Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t zutreffend <strong>an</strong>nimmt, 47 k<strong>an</strong>n na<strong>ch</strong> der allgemeinen<br />
Lebenserfahrung ni<strong>ch</strong>t davon ausgeg<strong>an</strong>gen werden, dass jem<strong>an</strong>d einen alten<br />
Staubsauger als (Teil-)Entgelt für einen neuen Staubsauger <strong>an</strong>sieht. Dies umso mehr,<br />
als die X den <strong>Rabatt</strong> teilweise au<strong>ch</strong> gewährte, ohne überhaupt einen alten Staubsauger<br />
entgegenzunehmen. 48<br />
3.6. Fazit<br />
Das Urteil des Bundesgeri<strong>ch</strong>tes, das im Hauptpunkt das <strong>an</strong>gefo<strong>ch</strong>tene Urteil des<br />
Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>tes vollumfängli<strong>ch</strong> stützt, ist im Ergebnis ri<strong>ch</strong>tig und<br />
sa<strong>ch</strong>logis<strong>ch</strong>. Der Fall illustriert mustergültig, dass ni<strong>ch</strong>t jede Übergabe eines<br />
Gegenst<strong>an</strong>des bzw. jede Dienstleistung und ni<strong>ch</strong>t jeder Mittelfluss bereits<br />
mehrwertsteuerli<strong>ch</strong> relev<strong>an</strong>t sind und Steuerfolgen na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> ziehen - eine überdehnte<br />
Auffassung, die von der ESTV allzu oft vertreten worden ist. Eine sorgfältige<br />
Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit den Tatbest<strong>an</strong>dselementen der <strong>Leistung</strong>, des Entgelts und des<br />
<strong>Leistung</strong>sverhältnisses, wie sie insbesondere das Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>t in<br />
vorbildli<strong>ch</strong>er Weise vorgenommen hat, führt zum Ergebnis, dass im vorliegenden<br />
Sa<strong>ch</strong>verhalt weder ein <strong>Taus<strong>ch</strong></strong> no<strong>ch</strong> eine Hingabe <strong>an</strong> <strong>Zahlungs</strong> <strong>statt</strong> vorliegen.<br />
46 E. 2.2.2 (2C_928/2010).<br />
47 E. 4.1 (A-8794/2007 und A-8755/2007).<br />
48 Siehe vorne Ziff. 3.4.2.<br />
E. 4 (2C_928/2010).<br />
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