Niedersächsisches Justizministerium Postfach 201 - Verband der ...
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<strong>Verband</strong> <strong>der</strong> Rechtspfleger e.V. ● Gaußstraße 6 ● 31787 Hameln<br />
<strong>Nie<strong>der</strong>sächsisches</strong> <strong>Justizministerium</strong><br />
<strong>Postfach</strong> <strong>201</strong><br />
30002 Hannover<br />
Hameln, 25. April <strong>201</strong>2<br />
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Hinterlegungsrechts und zur Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes<br />
über Kosten im Bereich <strong>der</strong> Justizverwaltung<br />
Schreiben vom 05. April <strong>201</strong>2 - 3860 – <strong>201</strong>. 21<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
sehr geehrte Frau Brosche,<br />
ich bedanke mich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung<br />
des Hinterlegungsrechts und zur Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes über Kosten im Bereich <strong>der</strong> Justizverwaltung.<br />
Der <strong>Verband</strong> <strong>der</strong> Rechtspfleger begrüßt ausdrücklich das Ziel, ein mo<strong>der</strong>nes und den praktischen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechendes Hinterlegungsverfahren zu schaffen, das die unterschiedlichen Interessen<br />
zu einem angemessen Ausgleich bringt, die das Hinterlegungsverfahren prägen. Angesichts<br />
<strong>der</strong> lei<strong>der</strong> äußerst knapp bemessenen Frist muss sich die Stellungnahme allerdings auf einige<br />
grundsätzliche Anmerkungen beschränken.<br />
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Diese orientieren sich an folgenden Leitgedanken:<br />
I. Hinterlegungsmasse ist fremdes Kapital, das dem Staat in Konfliktfällen anvertraut wird. Daraus<br />
folgt die Notwendigkeit einer Neutralität, <strong>der</strong> die Verfahrensregeln <strong>der</strong> freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />
und die Unabhängigkeit des Rechtspflegers besser zu Gesicht stehen als das Justizverwaltungsverfahren.<br />
II. Hinterlegungsmasse ist Kapital, das befristet in das Eigentum des Landes Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
übergehen kann - aber nicht muss. Ob Nie<strong>der</strong>sachsen in den Genuss ersparter Kapitalmarktzinsen<br />
durch Hinterlegungsmasse kommt o<strong>der</strong> nicht, hängt von <strong>der</strong> Attraktivität <strong>der</strong> Hinterlegungsbedingungen<br />
in Nie<strong>der</strong>sachsen im Vergleich zu denen an<strong>der</strong>er Bundeslän<strong>der</strong> ab. Diese<br />
werden maßgeblich von <strong>der</strong> Effektivität des Rechtsschutzes und <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Verzinsung bestimmt.<br />
Die Einzelheiten entnehmen Sie bitte <strong>der</strong> Anlage.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Angela Teubert-Soering Jens-NiklasKrause<br />
Vorsitzende stv. Vorsitzen<strong>der</strong><br />
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Recht als Standortvorteil<br />
Die Chancen eines mo<strong>der</strong>nen Hinterlegungsverfahrens<br />
für Nie<strong>der</strong>sachsen nutzen<br />
I. Hinterlegungssachen als Angelegenheit <strong>der</strong> freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />
Die Einordnung <strong>der</strong> Hinterlegungssachen als Justizverwaltungssachen ist nicht mehr zeitgemäß, die<br />
Behandlung <strong>der</strong> Beschwerden im Aufsichtswege anachronistisch. Die Hinterlegungssachen sind als<br />
Verfahren <strong>der</strong> freiwilligen Gerichtsbarkeit zu behandeln, mit unabgängig entscheidenden Rechtspflegerinnen<br />
und Rechtspflegern, gegen <strong>der</strong>en Entscheidung die Beschwerde zum Oberlandesgericht<br />
gegeben ist.<br />
Die lange umstrittene Frage, ob es sich bei Hinterlegungssachen nicht eher um Angelegenheiten <strong>der</strong><br />
freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, ist - nach preußischem Vorbild - erst durch die Hinterlegungsordnung<br />
1937 zugunsten <strong>der</strong> Justizverwaltungssachen entschieden worden, und dies mit dem fragwürdigen<br />
Motiv, im Effizienzinteresse gerichtlichen Rechtsschutz gegen Entscheidungen <strong>der</strong> Hinterlegungsstelle<br />
zu versagen (Amtl. Begr. zu § 3 HO 1937, DJ 1937 S. 423ff; vgl. Drischler, Hinterlegungsordnung,<br />
1951, § 3 Anm. 8). Auch wenn sich die Motive zwischenzeitlich gewandelt haben: die<br />
Vorschaltung einer Aufsichtsbeschwerde vor die Eröffnung des Art. 23 EGGVG ist we<strong>der</strong> sach- noch<br />
zeitgemäß und rechtstatsächlich überflüssig. Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass Entscheidungen<br />
<strong>der</strong> Hinterlegungsstelle die Beteiligten keineswegs nur marginal tangieren. Als Beispiel sei hingewiesen<br />
auf den Umtausch hinterlegter Sicherheiten nach § 235 BGB o<strong>der</strong> die Verweigerung o<strong>der</strong><br />
die Anerkennung von Vollstreckungshandlungen in Herausgabeansprüche, die für den Hinterleger<br />
bzw. den Herausgabeberechtigten mit gravierenden (wirtschaftlichen) Folgen verbunden sein können.<br />
Neben <strong>der</strong> Intensität ist diesen Entscheidungen aber auch gemeinsam, dass die Hinterlegungsstelle<br />
als neutrale Instanz handeln und als solche wahrgenommen werden muss. Die zugrunde liegende<br />
Konstellation entspricht eben nicht dem für Verwaltungshandeln typischen Gegenüber von Staat und<br />
Bürger. Vielmehr entscheidet die Hinterlegungsstelle regelmäßig als neutrale Instanz zwischen den<br />
gegensätzlichen Interessen <strong>der</strong> Beteiligten. Diesem Umstand kommt gerade dann erhebliche Bedeu-<br />
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tung zu, wenn <strong>der</strong> Staat selbst Beteiligter eines Hinterlegungsverfahrens wird: wenn beispielsweise<br />
Staatsanwaltschaften o<strong>der</strong> Finanzbehörden in Herausgabeansprüche <strong>der</strong> Beteiligten vollstrecken. In<br />
diesen Fällen beeinträchtigt die verwaltungsförmige Ausgestaltung des Hinterlegungsverfahrens die<br />
gebotene Neutralität <strong>der</strong> Hinterlegungsstelle.<br />
Unabhängig davon ist auf die gegenläufige Entwicklung in den sonstigen Verwaltungsverfahren hinzuweisen,<br />
in denen die verwaltungsinterne Kontrolle im Rahmen des Wi<strong>der</strong>spruchsverfahrens überwiegend<br />
abgeschafft wird. Die Annahme, in Hinterlegungssachen bestünde ein größeres Bedürfnis<br />
nach interner Kontrolle als in allen an<strong>der</strong>en Verwaltungsverfahren, für die das Wi<strong>der</strong>spruchsverfahren<br />
in Nie<strong>der</strong>sachsen zwischenzeitlich abgeschafft wurde, ist wenig überzeugend. We<strong>der</strong> sind die<br />
Verfahren zahlreich genug noch dürfte die Än<strong>der</strong>ungsquote überproportional hoch sein.<br />
Als Lösungsmöglichkeit sollte auf die Vorschriften des FamFG, Allgemeiner Teil, verwiesen werden,<br />
soweit dies mit den Beson<strong>der</strong>heiten des Hinterlegungsverfahrens vereinbar ist. Dies dürfte in etwa<br />
die §§ 6 bis 85 FamFG umfassen. Darüber hinaus sollten die §§ 6 bis 13 RPflG für entsprechend<br />
anwendbar erklärt werden. Dadurch erübrigten sich die §§ 4 bis 7 des Entwurfs.<br />
II. Beibehaltung <strong>der</strong> Verzinsung<br />
Die in dem Entwurf vorgesehene Beibehaltung einer Verzinsung wird ausdrücklich unterstützt.<br />
Die verschiedentlich diskutierte und von einigen Län<strong>der</strong>n eingeführte zinslose Hinterlegung erscheint<br />
rechtlich angreifbar und wäre zudem wirtschaftlich kontraproduktiv. Jedenfalls dort, wo eine Alternative<br />
zur Hinterlegung nicht besteht, wäre die staatliche Anordnung einer zinslosen Hinterlegung ein<br />
kaum zu rechtfertigen<strong>der</strong>, weil entschädigungsloser Eingriff in die Eigentumsfreiheit, und auch in den<br />
übrigen Fällen stünde die Angemessenheit einer solchen Regelung in Frage.<br />
Auch wirtschaftlich erscheint ein Verzicht auf eine Verzinsung zu kurz gedacht. Zwar ließen sich so<br />
die Mittel für Zinsen einsparen. Im Gegenzug ginge aber das Kapital verloren, welches das Land aus<br />
den Hinterlegungen bezieht und nicht am Kapitalmarkt aufnehmen muss. Da die Kapitalmarktzinsen<br />
regelmäßig über den Hinterlegungszinsen liegen, wäre ein Abwan<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Hinterlegungen also wirtschaftlich<br />
schädlich. Gerade Hinterleger größerer Summen werden ihr Geld aber vorzugsweise dort<br />
hinterlegen, wo die Hinterlegungsmasse verzinst wird. Das Fehlen durchgreifen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> jedenfalls<br />
unabdingbar Zuständigkeitsregelungen eröffnet hierbei erhebliche Wahlmöglichkeiten, die dazu führen<br />
werden, dass Län<strong>der</strong> mit zinsloser Hinterlegung Hinterlegungsmasse an die übrigen Län<strong>der</strong> ver-<br />
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lieren. Im Übrigen dürfte sich <strong>der</strong> Arbeitsaufwand für Zinsberechnungen im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t in über-<br />
schaubaren Grenzen halten.<br />
III. Sonstiges<br />
1. Beteiligtenbegriff - § 5 des Entwurfs<br />
Formell nicht beteiligt wären beispielsweise Pfändungsgläubiger, die im Rahmen <strong>der</strong> Arrestvollstreckung<br />
den Herausgabeanspruch eines Beteiligten gepfändet haben. Diese wären (noch) nicht zur<br />
Herausgabe berechtigt, sehr wohl aber materiell-rechtlich Beteiligte. Absatz 1 Nr. 4 sollte daher wie<br />
folgt formuliert werden: "wer seine materiell-rechtliche Berechtigung glaubhaft macht".<br />
Entbehrlich bei Übernahme des Vorschlags zu I.1.<br />
2. Akteneinsicht - § 6 des Entwurfs<br />
Die Akteneinsicht durch Dritte ist nicht geregelt, beispielsweise mit Blick auf Pfändungsgläubiger<br />
aber regelungsbedürftig.<br />
Entbehrlich bei Übernahme des Vorschlags zu I.1.<br />
3. Überprüfung von Entscheidungen <strong>der</strong> Hinterlegungsstelle - § 7 des Entwurfs<br />
Die Vorschaltung des aufsichtführenden Richters ist nicht mehr zeitgemäß, wi<strong>der</strong>sprüchlich und im<br />
Übrigen nicht erfor<strong>der</strong>lich. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Hinterlegungssachen einerseits die<br />
Relevanz fehlen soll, die sie als Angelegenheiten <strong>der</strong> freiwilligen Gerichtsbarkeit qualifiziert, an<strong>der</strong>erseits<br />
aber eine Vorabkontrolle durch den aufsichtführenden Richter für notwendig erachtet wird. Darüber<br />
hinaus ist auf die gegenläufigen Entwicklung in den sonstigen Verwaltungsverfahren hinzuweisen,<br />
in denen die verwaltungsinterne Kontrolle im Rahmen des Wi<strong>der</strong>spruchsverfahrens überwiegend<br />
abgeschafft wird. Die Anzahl <strong>der</strong> Beschwerdeverfahren dürfte kaum geeignet sein, ein <strong>der</strong>art<br />
verschachteltes Rechtsbehelfssystem zu rechtfertigen.<br />
Sofern dem Vorschlag zu I.1 nicht gefolgt wird, sollten § 7 wie folgt neu gefasst werden:<br />
"§ 7<br />
Überprüfung von Entscheidungen <strong>der</strong> Hinterlegungsstelle<br />
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(1) Gegen Entscheidungen <strong>der</strong> Hinterlegungsstelle ist <strong>der</strong> Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />
nach § 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz statthaft.<br />
(2) 1 Ist ein Antrag auf Herausgabe <strong>der</strong> Hinterlegungsmasse abgelehnt worden, so ist für eine<br />
Klage auf Herausgabe gegen das Land nur <strong>der</strong> ordentliche Rechtsweg gegeben. 2 Für die Klage<br />
ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Landgericht zuständig, in dessen<br />
Bezirk die Hinterlegungsstelle liegt."<br />
4. Verwaltung hinterlegten Geldes - § 12 des Entwurfs<br />
Die Beschränkung auf den Ankauf mündelsicherer Wertpapiere dürfte mit § 235 BGB unvereinbar<br />
sein.<br />
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