auf gute nachbarschaft - famos - Das Nürnberger Familienmagazin
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2012| Ausgabe 2<br />
Zwischen Hoffen und Bangen:<br />
Wenn es mit dem Kinderwunsch<br />
nicht klappt<br />
Eine höchst filigrane Angelegenheit ist die künstliche Befruchtung von<br />
Eizellen im Labor. Für kinderlose Paare ist dieses Verfahren oft<br />
die letzte Hoffnung <strong>auf</strong> Nachwuchs.<br />
lich das natürlichste<br />
Bedürfnis überhaupt,<br />
sich fortzupflanzen<br />
und die eigenen Werte<br />
weiterzugeben. Die<br />
Psychologin arbeitet<br />
für das Kinderwunschzentrum<br />
Franken und<br />
begleitet Paare durch<br />
die schwierige Zeit<br />
der Behandlung. Die<br />
Reproduktionsmedizin<br />
biete „unglaubliche<br />
Chancen“, beinhalte<br />
aber eben auch das<br />
Risiko, dass der Erfolg<br />
ausbleibt, sagt die<br />
40-Jährige. Wie lange<br />
machen wir weiter?<br />
Welche anderen Möglichkeiten habe ich, mein Leben<br />
mit Sinn zu erfüllen? Solche Fragen bespricht Wallraff<br />
mit den Betroffenen. Und sie hilft ihnen durch<br />
das Wechselbad der Gefühle. Es sei schwer, in diesem<br />
Schwebezustand zu leben, sagt Wallraff, die versucht,<br />
auch die Enttäuschung mit <strong>auf</strong>zufangen. „Vielen geht<br />
die Lebensfreude verloren.“ Die Paare fühlten sich oft<br />
sehr isoliert – deshalb bietet sie neben Einzelberatung<br />
auch zwei Gruppen an.<br />
Dieser Austausch mit anderen habe ihr sehr geholfen,<br />
betont Andrea S. (Name geändert). „Diese Frauen wussten,<br />
wovon ich rede. Wer nicht in dieser Situation ist, der<br />
kann das überhaupt nicht nachvollziehen.“ Selbst <strong>gute</strong><br />
Freunde hätten sie mit <strong>auf</strong>munternden Sprüchen trösten<br />
wollen, sagt die 39-Jährige. „Ich konnte diese Floskeln<br />
irgendwann nicht mehr hören.“ Kinder zu bekommen,<br />
das sei schon immer Teil ihrer Lebensplanung gewesen,<br />
so die Ingenieurin. Als sie den richtigen Partner gefunden<br />
hatte, sei die Familiengründung schnell zum Thema<br />
geworden. Anfangs habe sie sehr viel Geduld gehabt,<br />
erinnert sie sich. Als sich der ersehnte Nachwuchs nach<br />
einem Jahr noch nicht angemeldet hatte, ging sie zur<br />
Heilpraktikerin, um <strong>auf</strong> natürlichem Wege nachzuhelfen.<br />
2008 wurde sie zum ersten Mal schwanger, doch<br />
das kurze Glück endete in der elften Woche, als sie das<br />
Ungeborene verlor. Sie habe das Herzchen schon schlagen<br />
sehen, sich gedanklich schon <strong>auf</strong> einen ganz anderen<br />
Alltag eingestellt, so S.: „<strong>Das</strong> war schlimm für uns.“<br />
Dennoch blieb auch Hoffnung, „jetzt wussten wir ja,<br />
dass es geht.“ Doch es ging nicht noch einmal. Anderthalb<br />
Jahre später suchte das Paar deshalb einen Spezialisten<br />
<strong>auf</strong>. „Was, wenn es gar nicht klappt?“ Auch mit<br />
dieser für sie so schrecklichen Frage begann sich S. auseinander<br />
zu setzen, vor allem, nachdem die ersten Versuche<br />
einer künstlichen Befruchtung per Insemination<br />
Reizthema<br />
Infos zur künstliche Befruchtung<br />
Vor 30 Jahren kam an der Uniklinik Erlangen das erste deutsche Retortenbaby zur<br />
Welt. Mittlerweile ist die künstliche Befruchtung Standard, allein 2010 gab es in<br />
Deutschland 63400 Behandlungen. Bei der Intrauterinen Insemination wird im<br />
Labor <strong>auf</strong>bereitetes Sperma des Mannes direkt in die weibliche Gebärmutter injiziert,<br />
die Methode wird meistens kombiniert mit einer hormonellen Stimulation<br />
der Eierstöcke. Bei der Invitrofertilisation finden Samen und Eizelle im Reagenzglas<br />
zusammen, eine oder mehrere befruchtete Eizellen werden anschließend in<br />
die Gebärmutter eingesetzt. Bei der intracytoplasmatischen Spermieninjektion<br />
(ICSI) wird das Spermium mit einer hauchdünnen Nadel im Labor direkt in die<br />
Eizelle injiziert und anschließend eingesetzt.<br />
Meistens hat die ungewollte Kinderlosigkeit körperliche Ursachen wie etwa mangelnde<br />
Spermienqualität oder verklebte Eileiter. Bei 16 Prozent der Paare finden<br />
die Mediziner keine Gründe. Der Kinderwunsch kann für Paare auch zu einer<br />
finanziellen Belastung werden: Jeder Versuch einer Befruchtung im Reagenzglas<br />
kostet rund 5000 Euro, in manchen Fällen auch doppelt so viel. Bei verheirateten<br />
Paaren übernehmen die Krankenkassen in der Regel bei drei Versuchen<br />
die Hälfte der Kosten. Die sogenannte Baby-Take-Home-Rate liegt nach Angaben<br />
von Medizinern pro Versuch bei 20 bis 25 Prozent. (Infos im Internet unter www.<br />
wunschkinder.net und www.wunschkind.de) Text: roe, Fotos: NN-Archiv<br />
Fünf wertvolle Tipps für Freunde<br />
Was können Freunde und Angehörige tun, um<br />
Paaren den Umgang mit der Kinderlosigkeit zu<br />
erleichtern? Die Psychologin Doris Wallraff gibt<br />
dazu fünf wertvolle Tipps:<br />
1. Wichtig ist es, die Situation ernst zu nehmen,<br />
die Paare unerwartet und ohne Schuld trifft.<br />
2. Wenn man nicht weiß, warum ein befreundetes<br />
Paar keine Kinder hat, sollte man in aller<br />
Regel nicht danach fragen.<br />
3. Ist das Thema bereits ausgesprochen, sollte<br />
man die Situation keineswegs tabuisieren, sondern<br />
möglichst normal mit dem Paar umgehen,<br />
Offenheit und Gesprächsbereitschaft signalisieren,<br />
ohne sich <strong>auf</strong>zudrängen.<br />
gescheitert waren. Dann wurde auch noch eine Eileiterschwangerschaft<br />
zu spät erkannt – ein neuer Tiefpunkt<br />
war ereicht. <strong>Das</strong> Paar wechselte den Arzt und versuchte<br />
es mit einer im Reagenzglas befruchteten Eizelle – und<br />
das <strong>auf</strong> Anhieb mit Erfolg. Im Sommer soll das Baby zur<br />
Welt kommen, nach den langen zermürbenden Jahren<br />
des Wartens können beide ihr Glück noch nicht so ganz<br />
fassen. Es sei schwer, die Schwangerschaft einfach nur<br />
zu genießen, sagt die werdende Mutter. „Anfangs hatte<br />
ich vor jeder Ultraschalluntersuchung Angst.“ Die<br />
Furcht, dass etwas passieren könnte, begleitet sie immer<br />
noch, doch allmählich überwiegt die (Vor-)Freude. <strong>Das</strong><br />
Gefühl, bei dieser angeblich so natürlichen Sache zu versagen,<br />
hat Andrea S. jedoch nicht vergessen.<br />
4. Paare mit Kinderwunsch wollen kein Mitleid,<br />
sondern Verständnis, Einfühlsamkeit und Anteilnahme.<br />
Dazu gehört auch, einen momentanen<br />
Rückzug der Freunde zu respektieren.<br />
5. Für Paare mit Kinderwunsch ist es hilfreich,<br />
wenn man einfach nur zuhört, sich Zeit nimmt<br />
und Unterstützung signalisiert.<br />
Speziell geschulte Anbieter psychosozialer Beratung<br />
haben sich zum Netzwerk Kinderwunsch<br />
Deutschland zusammen geschlossen, darunter<br />
mehrere aus der Region (www.bkid.de). Kontakt<br />
zu Doris Wallraff unter Telefon (0911) 24<br />
72 225, doriswallraff@gmx.de und www.kinderwunsch-beratung.info).<br />
7<br />
Text: Silke Roennefahrt, Fotos: NN-Archiv