Abiturprüfung 2009 - LKSowi-CFvWG10-12
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Name: _______________________<br />
<strong>Abiturprüfung</strong> <strong>2009</strong><br />
Nur für den Dienstgebrauch!<br />
SW Wirtschaft GK HT 1<br />
Seite 1 von 4<br />
Sozialwissenschaften/Wirtschaft, Grundkurs<br />
Aufgabenstellung:<br />
Thema: Welches Konjunkturprogramm für die Bundesrepublik Deutschland?<br />
1. Stellen Sie dar, wie antizyklische Fiskalpolitik nach Keynes in den unterschiedlichen<br />
Konjunkturphasen idealtypisch zum Ausgleich von konjunkturellen Wachstumsschwankungen<br />
beitragen soll. (24 Punkte)<br />
2. Werten Sie die Statistik (Material 1) im Hinblick auf die konjunkturelle Entwicklung<br />
in Deutschland aus. (18 Punkte)<br />
Analysieren Sie vor diesem Hintergrund die Position der fünf Politikwissenschaftler<br />
(Material 2) zu einem „sozialen Konjunkturprogramm“ für Deutschland. (31 Punkte)<br />
3. Erörtern Sie Möglichkeiten und Grenzen eines Konjunkturprogramms zur Beeinflussung<br />
der Entwicklung der sozialen Ungleichheit in Deutschland. Berücksichtigen<br />
Sie dabei die Position der Politikwissenschaftler. (27 Punkte)<br />
Materialgrundlage:<br />
• Material 1: Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik<br />
Deutschland (Auszug), aus: Jahreswirtschaftsbericht <strong>2009</strong>, Konjunkturgerechte Wachstumspolitik,<br />
Kurzfassung, S. 1, vom 21.01.<strong>2009</strong>;<br />
Quelle:<br />
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/jahreswirtschaftsbericht-<br />
<strong>2009</strong>-pressehandout,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf (letzter<br />
Zugriff 16.02.<strong>2009</strong>)<br />
• Material 2: Gastbeitrag, Programm für wahrhaft Bedürftige, in: Frankfurter Rundschau<br />
vom 15.01.<strong>2009</strong><br />
Quelle: http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=1660258&em_loc=2091<br />
(letzter Zugriff 09.02.<strong>2009</strong>)<br />
Zugelassene Hilfsmittel:<br />
• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung
Name: _______________________<br />
M 1<br />
Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der<br />
Bundesrepublik Deutschland 1)<br />
Bruttoinlandsprodukt (preisbereinigt)<br />
(...)<br />
VERWENDUNG des BIP preisbereinigt:<br />
Private Haushalte und private Organisationen o.E.<br />
Ausrüstungen<br />
Bauten<br />
(...)<br />
Exporte<br />
Importe<br />
(...)<br />
2007<br />
Nur für den Dienstgebrauch!<br />
SW Wirtschaft GK HT 1<br />
Seite 2 von 4<br />
2008<br />
Jahresprojektion<br />
<strong>2009</strong><br />
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %<br />
2,5 1,3 - 2,25<br />
1) Bis 2008 vorläufige Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes, Stand: 14. Januar <strong>2009</strong> (...)<br />
- 0,4<br />
6,9<br />
1,8<br />
7,5<br />
5,0<br />
0,0<br />
5,3<br />
2,8<br />
3,9<br />
5,1<br />
0,8<br />
- 11,9<br />
Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland (Auszug),<br />
aus: Jahreswirtschaftsbericht <strong>2009</strong>, Konjunkturgerechte Wachstumspolitik, Kurzfassung, S. 1,<br />
vom 21.1.<strong>2009</strong>;<br />
Quelle: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/jahreswirtschaftsbericht-<strong>2009</strong>pressehandout,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf<br />
(letzter Zugriff 16.02.<strong>2009</strong>)<br />
Anmerkungen:<br />
Private Organisationen o. E.: Verbrauch von privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter, z. B.<br />
von Vereinen, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen.<br />
Ausrüstungen: bewegliche Investitionsgüter, die von Unternehmen angeschafft werden, z. B. Maschinen,<br />
Fahrzeuge, Geschäftsausstattung.<br />
Der Jahreswirtschaftsbericht wird im Januar eines jeden Jahres von der Bundesregierung herausgebracht;<br />
er enthält eine Darstellung der Finanz- und Wirtschaftspolitik, prognostizierte Wirtschaftsdaten<br />
und eine Stellungnahme zum aktuellen Sachverständigenratsgutachten.<br />
- 0,3<br />
- 8,9<br />
- 5,0
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Name: _______________________<br />
M 2<br />
Gastbeitrag: Programm für wahrhaft Bedürftige<br />
Nur für den Dienstgebrauch!<br />
SW Wirtschaft GK HT 1<br />
Seite 3 von 4<br />
Am <strong>12</strong>. Januar hat das Kabinett ein zweites Konjunkturprogramm beschlossen. 50 Milliarden<br />
Euro werden zugunsten von Wirtschaft und Erwerbstätigen eher verschleudert. Sie sollen<br />
kaufen, konsumieren, investieren – konzeptlos. Das Programm wird deshalb fast ohne<br />
Wirkung bleiben. Es bietet allenfalls Streicheleinheiten für die besser Gestellten. Dadurch<br />
werden nur ihre Privilegien gepolstert, aber kaum ein Arbeitsplatz dadurch geschaffen.<br />
Die Bundesregierung und ihre vorstellungslosen Parteien zeigen ohne Mitgefühl für Bürgerinnen<br />
und Bürger in Not ihr wahres Gesicht. Unterwürfig gegenüber den Weltmarktmächten<br />
und ihren Interessenvertretern sind sie nur zu Scheinhandlungen und Diskriminierungen<br />
in der Lage. Selbst als Wärmflasche der Konjunktur taugen die teuren, aber mangelhaft gezielten<br />
Ausgaben nicht. Die Kosten werden auf diejenigen abgewälzt, die nicht davon profitieren.<br />
Das aber, was nottut, wird versäumt. Arme und Arbeitslose werden von der Regierung systematisch<br />
vernachlässigt. Entgegen marktwirtschaftlicher Logik werden nicht diejenigen<br />
subventioniert, die ihr Geld ausgeben müssen. Die Würde derjenigen, die kaum ihr Leben<br />
fristen können, wird missachtet und verletzt. Sie werden rechtswidrig und bürokratisch mit<br />
Füßen getreten, so als wolle man die arbeitsmarktpolitisch angeblich nicht Gebrauchten fast<br />
wie Müll wegwerfen.<br />
Dazu zählen neun Millionen Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger, Ein-Euro-Jobber, Aufstocker<br />
und Niedriglöhner, arme Rentner und Kinder, Wohnungslose, Migranten. Diese<br />
Gruppen werden jetzt mit einem einmaligen Kindergutschein über 100 Euro und einigen<br />
lächerlichen Euro für sechs bis 13-jährige Hartz-IV-Kinder abgespeist. [...]<br />
Demgemäß bedarf es einer Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitspolitik,<br />
die sozial unerträgliche Ungleichheiten behebt.<br />
Das sind die Minimalerfordernisse für ein soziales Konjunkturprogramm, das die Konjunktur<br />
von unten nach oben ankurbelt. Denn Vertrauen kommt von unten, nicht von den Banken,<br />
Unternehmen und einer Politik von oben.<br />
Erstens: Sofortausgleich der Einkommensverluste der Hartz-IV-Empfänger seit Beginn der<br />
Großen Koalition (<strong>12</strong> bis 15 Prozent). Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro und<br />
der Sätze für Kinder um mindestens 100 Euro monatlich. [...]<br />
Zweitens: Alle Löhne unter 7,50 Euro sind abzuschaffen. Ein gesetzlicher Mindestlohn von<br />
zehn Euro lautet das Gebot.
35<br />
Name: _______________________<br />
Nur für den Dienstgebrauch!<br />
SW Wirtschaft GK HT 1<br />
Seite 4 von 4<br />
Drittens: Solidarische Arbeitsumverteilung muss auf die Tagesordnung. Die unteren und<br />
mittleren Einkommensgruppen müssen bei einer Verkürzung der Arbeitszeit den vollen<br />
Lohnausgleich bekommen.<br />
Viertens: Rentner, die mit ihren Renten unterhalb von 800 Euro liegen, sollen 100 Euro<br />
mehr im Monat erhalten. [...]<br />
Das erst wäre ein soziales Konjunkturprogramm, das einer liberalen und sozialen Demokratie<br />
entspräche. [...]<br />
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 15.01.<strong>2009</strong><br />
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=1660258&em_loc=2091<br />
(letzter Zugriff 09.02.<strong>2009</strong>)<br />
Anmerkungen:<br />
Die Autoren:<br />
Peter Grottian, bis 2007 Professor für Politikwissenschaft (FU Berlin)<br />
Wolf-Dieter Narr, Professor für empirische Theorie der Politik (FU Berlin)<br />
Roland Roth, Professor für Politikwissenschaft (FH Magdeburg)<br />
Christoph Butterwegge, Professor für Politikwissenschaft (Uni Köln)<br />
Mohssen Massarrat, Professor für Politikwissenschaft (Uni Osnabrück)<br />
Der Vorspann und eine Zwischenüberschrift wurden entfernt.