Europäische Stadt - Birgit Rolle.de
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Infoblatt Die europäische <strong>Stadt</strong><br />
Foto: Florenz (photodisc)<br />
Die Anfänge städtischer Siedlungsentwicklung in Europa sind bis in die klassische Antike zurückzuverfolgen.<br />
Im geschichtlichen Wan<strong>de</strong>l haben sich Grund- und Aufriss <strong>de</strong>r europäischen Städte mit <strong>de</strong>n<br />
jeweils konstituieren<strong>de</strong>n gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fortlaufend verän<strong>de</strong>rt.<br />
Je nach Entstehungszeit und damaliger Funktion <strong>de</strong>r Städte sind die charakteristischen städtebaulichen<br />
Elemente und historischen Strukturen bis heute z. T. noch prägend für Europas Städte im<br />
21. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Deswegen kann auch nicht von "<strong>de</strong>r europäischen <strong>Stadt</strong>" gesprochen wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
Möglichkeit Städte zu klassifizieren ist die Einordnung nach kulturhistorischen <strong>Stadt</strong>typen. Diese Form<br />
<strong>de</strong>r Typologie steht im engen Zusammenhang mit <strong>de</strong>n jeweiligen Entwicklungsstufen und politischen<br />
Organisationsformen <strong>de</strong>r jeweiligen Gesellschaft und Wirtschaft.<br />
Antike Städte<br />
Die europäische <strong>Stadt</strong>geschichte begann mit <strong>de</strong>n griechischen <strong>Stadt</strong>staaten, welche als Ausdruck von<br />
Machtkonzentration und Schutzmaßnahmen entstan<strong>de</strong>n. Bereits für diese Epoche lässt sich die räumliche<br />
Nähe von Wirtschafts- und Verwaltungsfunktion innerhalb <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong> feststellen. Typisch waren<br />
nicht nur die Selbstverwaltung <strong>de</strong>r Polis, son<strong>de</strong>rn auch Demokratie und Gleichberechtigung einiger<br />
Bevölkerungsschichten. Der Marktplatz und die Tempelanlagen bil<strong>de</strong>ten in aller Regel die zentralen<br />
Orte <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>.<br />
Mit <strong>de</strong>m Aufstieg <strong>de</strong>s Römischen Reichs seit <strong>de</strong>m 3 Jahrtausend v. Chr. wur<strong>de</strong>n zahlreiche Städte<br />
neugegrün<strong>de</strong>t. Hauptzweck dieser Planstädte war <strong>de</strong>r Erhalt und Ausbau <strong>de</strong>r militärischen Macht in<br />
<strong>de</strong>n besetzten Gebieten. Bekannte Römerstädte in Deutschland sind z. B. Köln, Mainz und Trier. Der<br />
schachbrettartige Grundriss <strong>de</strong>r Römischen Städte ähnelt <strong>de</strong>m griechischem Vorbild. Auf das Römische<br />
Castrum (Feldlager, Kriegslager) wur<strong>de</strong>n die Städte hin ausgerichtet. An <strong>de</strong>n von hier im rechten<br />
Winkel zueinan<strong>de</strong>r verlaufen<strong>de</strong>n Hauptachsen waren in <strong>de</strong>r Regel das Römische Forum sowie an<strong>de</strong>re<br />
öffentliche Gebäu<strong>de</strong> gelegen. Kennzeichen für <strong>de</strong>n Römischen Städtebau sind die für die damalige<br />
Zeit gut ausgebaute Straßen, die einheitlichen regelmäßigen Flurformen und die berühmten Aquädukte.<br />
Mittelalterliche Bürgerstädte<br />
Mit <strong>de</strong>m Zerfall <strong>de</strong>s Römischen Reichs begann die Entwicklung <strong>de</strong>s mitteleuropäischen Städtesystems<br />
ab 900 bis ungefähr 1100 n. Chr. Durch einen allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung und einer<br />
beträchtlichen Zunahme <strong>de</strong>r Bevölkerung entstan<strong>de</strong>n vornehmlich um Burgen, kaiserlichen Pfalzen<br />
und Klöster neue Siedlungen. Diese Neugründungen und das Wachstum von Städten sowie die überregionalen<br />
Handlesbeziehungen waren Ausdruck einer verstärkten Arbeitsteilung <strong>de</strong>r damaligen Bevölkerung.<br />
Charakteristisch für mittelalterliche Städte sind <strong>de</strong>r unregelmäßige Straßenverlauf, mehrstöckige<br />
Häuser und eine extrem dichte Bebauung. Diese ausgeprägte Enge von Wohn- und Wirtschaftsverhältnissen<br />
entstand durch die Befestigung <strong>de</strong>r Städte durch <strong>Stadt</strong>mauern und Wehranlagen.
Der Bau solcher Befestigungsanlagen war teuer und Erweiterungen <strong>de</strong>mentsprechend auch. Um die<br />
Kosten gering zu halten, war das Wachstum weitgehend auf <strong>de</strong>n Bereich innerhalb <strong>de</strong>s <strong>Stadt</strong>mauerringes<br />
beschränkt. Am zentral gelegenen Marktplatz stan<strong>de</strong>n die Kirche, das Rathaus und die wenigen<br />
Steinhäuser <strong>de</strong>r wohlhaben<strong>de</strong>n Familien. Für mittelalterliche Städte war beson<strong>de</strong>rs die <strong>Stadt</strong>rechtsverleihung<br />
von Be<strong>de</strong>utung.<br />
Resi<strong>de</strong>nzstädte<br />
Im 14. und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt verloren die mittelalterlichen Städte an Be<strong>de</strong>utung. Die Ursachen dafür<br />
waren vielfältig. Vornehmlich Brän<strong>de</strong>, (Pest-)Epi<strong>de</strong>mien und Kriege, wie beispielsweise <strong>de</strong>r Dreißigjährige<br />
Krieg, <strong>de</strong>zimierte die Bevölkerung und verursachten Zerstörungen <strong>de</strong>r Städte. Die große Zeit <strong>de</strong>r<br />
Neugründung von Städten war damit vorüber. Die weitgehend unumschränkte Herrschaft <strong>de</strong>s barocken<br />
A<strong>de</strong>ls prägte nun statt<strong>de</strong>ssen die Entwicklung <strong>de</strong>s Grund- und Aufriss <strong>de</strong>r Städte. Das mittelalterliche<br />
Bürgertum in <strong>de</strong>n Städten wur<strong>de</strong> geschwächt und die fürstlichen Höfe bestimmten fortan mit<br />
ihren Resi<strong>de</strong>nzen die <strong>Stadt</strong>entwicklung. Die neuen prunkhaften Resi<strong>de</strong>nzen wur<strong>de</strong>n oft außerhalb<br />
bereits bestehen<strong>de</strong>r Städte errichtet. Kam es in <strong>de</strong>r Nähe zu solchen fürstlichen Resi<strong>de</strong>nzen zu <strong>Stadt</strong>neugründungen,<br />
wur<strong>de</strong> die gesamte <strong>Stadt</strong>anlage mit ihren schachbrettartigen Grundriss auf das fürstliche<br />
Schloss ausgerichtet. Als Beispiel hierfür kann Karlsruhe genannt wer<strong>de</strong>n.<br />
Industriestädte<br />
Ab <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt begann ein sozialer, geistiger und wirtschaftlicher Wan<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r die uralten<br />
Traditionen mittelalterlichen und absolutistischer Städte umfassen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen unterwarf.<br />
Technologische Fortschritte lösten eine Steigerung <strong>de</strong>r Industrieproduktion aus und die verbesserten<br />
Hygienebedingungen hatten ein bis dato unbekanntes Bevölkerungs- und Städtewachstum zur Folge.<br />
Die Bauernbefreiung und bessere Verdienstmöglichkeiten verursachten eine hohe Migration <strong>de</strong>r ländlichen<br />
Bevölkerung in die Städte. Dadurch kam es zu einem enormen Bevölkerungsdruck in <strong>de</strong>n städtischen<br />
Agglomerationen. Neue Produktionsstätten <strong>de</strong>r Industrie entstan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n damaligen Außenbereichen<br />
<strong>de</strong>r Städte und häufig wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r unmittelbaren Nähe auch die Siedlungen <strong>de</strong>r Arbeiter<br />
errichtet. Dennoch kam es zu einer fortschreiten<strong>de</strong>n funktionalen Trennung von Wohnen und Arbeiten,<br />
eine bis heute ungebrochene Entwicklung. Die wohlhaben<strong>de</strong>ren Schichten wohnten häufig im westlichen<br />
Gebiet <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>, um geschützt durch die Westwin<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Emissionen <strong>de</strong>r Industriestandorte<br />
zu leben. Im ausgehen<strong>de</strong>n 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m umfassen<strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>s öffentlichen Nahverkehrs<br />
begonnen. Die Errichtung von U- und S-Bahn Linien ermöglichte nicht nur eine bessere Erschließung<br />
<strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>viertel, son<strong>de</strong>rn verstärkten auch das Flächenwachstum <strong>de</strong>r Städte enorm. Dörfer<br />
wur<strong>de</strong>n zu Städte (wie z. B. im Ruhrgebiet) und Städte verschmolzen zu Ballungsräumen.<br />
Die neue <strong>Stadt</strong><br />
Das 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist von einer Vielfalt und Unterschiedlichkeit <strong>de</strong>r städtebaulichen und architektonischen<br />
Stilrichtungen geprägt. Im wesentlichen können zwei Hauptströmungen <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
beobachtet wer<strong>de</strong>n. Zum einen <strong>de</strong>r urbane Stil <strong>de</strong>r geschlossenen Bebauung, häufig gerasterten<br />
Grundrissgestaltung und ein hoher Überbauungsgrad mit einer enormen Bevölkerungsdichte aufweist.<br />
Dem gegenüber steht <strong>de</strong>r antiurbane Stil <strong>de</strong>r aufgelockerten <strong>Stadt</strong>. Diese I<strong>de</strong>e wur<strong>de</strong> z. B. durch die<br />
Gartenstädte verwirklicht, in <strong>de</strong>nen eine offene Einzelhausbebauung mit durchgezogenen Grünzügen<br />
kennzeichnend ist. Die kompakte urbane <strong>Stadt</strong> dagegen war Leitbild <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung bis in die<br />
70er Jahre hinein. Heute wer<strong>de</strong>n diese Leitbil<strong>de</strong>r erneut wie<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alisiert und auch städtebaulich realisiert.<br />
In sozialistischen und auch sü<strong>de</strong>uropäischen Städten wur<strong>de</strong>n die I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>s Bauhauses in<br />
Großwohnsiedlungen und <strong>de</strong>r Plattenbauweise umgesetzt. Der Bevölkerungsdruck <strong>de</strong>r dort erst später<br />
einsetzen<strong>de</strong>n Industrialisierung erfor<strong>de</strong>rte diese städtebauliche Entwicklung.<br />
Der 2. Weltkrieg hatte beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n mitteleuropäischen Städten zu enormen Zerstörungen geführt.<br />
Nach <strong>de</strong>n jeweiligen Leitbil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r vorherrschen<strong>de</strong>n Gesellschaftssysteme wur<strong>de</strong>n teilweise<br />
alte Strukturen wie<strong>de</strong>rhergestellt. Häufig wur<strong>de</strong> jedoch die Möglichkeit zu einer städtebaulichen Umgestaltung<br />
genutzt. Eine Lockerung <strong>de</strong>r Bausubstanz mit ausge<strong>de</strong>hnten Grünzügen und Eingriffe für<br />
die Verkehrsplanung zur Schaffung einer autogerechten <strong>Stadt</strong> waren die Folge.<br />
Die Städte im 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
Die Abgrenzung einer allgemeingültigen europäischen <strong>Stadt</strong>struktur ist kaum möglich.<br />
Im Wesentlichen glie<strong>de</strong>rt sich die europäische <strong>Stadt</strong> in:<br />
- die City bzw. Altstadt,<br />
- citynahe Viertel,<br />
- <strong>de</strong>n einstigen <strong>Stadt</strong>rand, -<br />
- die Vorortzone und<br />
- intraurbane Industrie- und Gewerbestandorte.
So stehen die europäischen Städte gegenwärtig unter <strong>de</strong>m Einfluss unterschiedlicher Entwicklungen.<br />
Während beispielsweise in Ost<strong>de</strong>utschland die Großwohnsiedlungen aufgrund von Abwan<strong>de</strong>rungen<br />
vor akuten Problemen stehen, sind an<strong>de</strong>re städtische Ballungsgebieten durch eine zunehmen<strong>de</strong> Suburbanisierung<br />
und Flächenmangel gekennzeichnet. Aber auch die überwältigen<strong>de</strong>n Kräfte von Globalisierung<br />
und Kommerzialisierung prägen die Entwicklung <strong>de</strong>r Städte. Im Wettbewerb <strong>de</strong>r Global Cities<br />
kämpfen die europäischen Metropolen mit entsprechen<strong>de</strong>n infrastrukturellen Einrichtungen um die<br />
Standortqualitäten für Unternehmen. Trotz <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Vereinheitlichung <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung,<br />
wie z. B. die Entstehung von Einkaufszentren nach US-Amerikanischem Vorbild im Außenbereich <strong>de</strong>r<br />
Städte, konnten die europäischen Städte ihre eigene historisch bedingte Qualität bis dato behalten.<br />
Quellen<br />
- BENEVOLO, LEONARDO (1993): Die <strong>Stadt</strong> in <strong>de</strong>r europäischen Geschichte. München. Beck.<br />
- HOTZAN, J. (1994): DTV-Atlas zur <strong>Stadt</strong>. München.<br />
- LICHTENBERGER, E (1998): <strong>Stadt</strong>geographie 1.- Stuttgart.<br />
- HAACK Weltatlas, für Deutschland Karten 43-47<br />
Quelle: Lehrwerk-EXTRA; Autor: Mirko Ellrich<br />
Verlag: KLETT-PERTHES, Gotha 2003<br />
Seite: www.klett.<strong>de</strong><br />
Lehrervortrag: <strong>Stadt</strong>entwicklung in Europa
(vgl. Infoblatt Die europäische <strong>Stadt</strong>)<br />
Die Anfänge städtischer Siedlungsentwicklung in Europa sind bis in die klassische Antike zurückzuverfolgen.<br />
Im geschichtlichen Wan<strong>de</strong>l haben sich Grund- und Aufriss <strong>de</strong>r europäischen Städte mit <strong>de</strong>n<br />
jeweils konstituieren<strong>de</strong>n gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fortlaufend verän<strong>de</strong>rt.<br />
Je nach Entstehungszeit und damaliger Funktion <strong>de</strong>r Städte sind die charakteristischen städtebaulichen<br />
Elemente und historischen Strukturen bis heute z. T. noch prägend für Europas Städte im<br />
21. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Deswegen kann auch nicht von "<strong>de</strong>r europäischen <strong>Stadt</strong>" gesprochen wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
Möglichkeit Städte zu klassifizieren ist die Einordnung nach kulturhistorischen <strong>Stadt</strong>typen. Diese Form<br />
<strong>de</strong>r Typologie steht im engen Zusammenhang mit <strong>de</strong>n jeweiligen Entwicklungsstufen und politischen<br />
Organisationsformen <strong>de</strong>r jeweiligen Gesellschaft und Wirtschaft.<br />
Antike Städte<br />
Die europäische <strong>Stadt</strong>geschichte begann mit <strong>de</strong>n griechischen <strong>Stadt</strong>staaten, welche als Ausdruck<br />
von Machtkonzentration und Schutzmaßnahmen entstan<strong>de</strong>n. Bereits für diese Epoche lässt sich die<br />
räumliche Nähe von Wirtschafts- und Verwaltungsfunktion innerhalb <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong> feststellen. Typisch<br />
waren nicht nur die Selbstverwaltung <strong>de</strong>r Polis, son<strong>de</strong>rn auch Demokratie und Gleichberechtigung<br />
einiger Bevölkerungsschichten. Der Marktplatz und die Tempelanlagen bil<strong>de</strong>ten in aller Regel die zentralen<br />
Orte <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>.<br />
Mit <strong>de</strong>m Aufstieg <strong>de</strong>s Römischen Reichs seit <strong>de</strong>m 3 Jahrtausend v. Chr. wur<strong>de</strong>n zahlreiche Städte<br />
neugegrün<strong>de</strong>t. Hauptzweck dieser Planstädte war <strong>de</strong>r Erhalt und Ausbau <strong>de</strong>r militärischen Macht in<br />
<strong>de</strong>n besetzten Gebieten. Bekannte Römerstädte in Deutschland sind z. B. Köln, Mainz und Trier.<br />
Der schachbrettartige Grundriss <strong>de</strong>r Römischen Städte ähnelt <strong>de</strong>m griechischem Vorbild. Auf das<br />
Römische Castrum (Feldlager, Kriegslager) wur<strong>de</strong>n die Städte hin ausgerichtet. An <strong>de</strong>n von hier im<br />
rechten Winkel zueinan<strong>de</strong>r verlaufen<strong>de</strong>n Hauptachsen waren in <strong>de</strong>r Regel das Römische Forum sowie<br />
an<strong>de</strong>re öffentliche Gebäu<strong>de</strong> gelegen. Kennzeichen für <strong>de</strong>n Römischen Städtebau sind die für die damalige<br />
Zeit gut ausgebaute Straßen, die einheitlichen regelmäßigen Flurformen und die berühmten<br />
Aquädukte.<br />
Mittelalterliche Bürgerstädte<br />
Mit <strong>de</strong>m Zerfall <strong>de</strong>s Römischen Reichs begann die Entwicklung <strong>de</strong>s mitteleuropäischen Städtesystems<br />
ab 900 bis ungefähr 1100 n. Chr.<br />
Durch einen allg. wirtschaftl. Aufschwg. und einer beträchtl. Zunahme <strong>de</strong>r Bevölkerung entstan<strong>de</strong>n<br />
vornehmlich um Burgen, kaiserlichen Pfalzen und Klöster neue Siedlungen.<br />
Diese Neugründungen und das Wachstum von Städten sowie die überregionalen Handlesbeziehungen<br />
waren Ausdruck einer verstärkten Arbeitsteilung <strong>de</strong>r damaligen Bevölkerung.<br />
Charakteristisch für mittelalterliche Städte:<br />
- <strong>de</strong>r unregelmäßige Straßenverlauf,<br />
- mehrstöckige Häuser und<br />
- eine extrem dichte Bebauung.<br />
- Diese ausgeprägte Enge von Wohn- und Wirtschaftsverhältnissen entstand durch die Befestigung<br />
<strong>de</strong>r Städte durch <strong>Stadt</strong>mauern und Wehranlagen. Der Bau solcher Befestigungsanlagen<br />
war teuer und Erweiterungen <strong>de</strong>mentsprechend auch. Um die Kosten gering zu halten, war<br />
das Wachstum weitgehend auf <strong>de</strong>n Bereich innerhalb <strong>de</strong>s <strong>Stadt</strong>mauerringes beschränkt.<br />
- Am zentral gelegenen Marktplatz stan<strong>de</strong>n die Kirche, das Rathaus und die wenigen Steinhäuser<br />
<strong>de</strong>r wohlhaben<strong>de</strong>n Familien.<br />
Für mittelalterliche Städte war beson<strong>de</strong>rs die <strong>Stadt</strong>rechtsverleihung von Be<strong>de</strong>utung:<br />
→Erhebung von Zoll- und Marktgebühren, Münzprägung, Siegel führen<br />
(ZF) Merkmale:<br />
- Han<strong>de</strong>lsfunktion (Märkte, Häfen, Lagerhäuser)<br />
- Militärische Sicherung (<strong>Stadt</strong>befestigung)<br />
- Geistliche Macht (Kirchen und Klöster)<br />
Resi<strong>de</strong>nzstädte<br />
Im 14. und 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt verloren die mittelalterlichen Städte an Be<strong>de</strong>utung.<br />
Vielfältige Ursachen:
- Vornehmlich Brän<strong>de</strong>, (Pest-)Epi<strong>de</strong>mien und Kriege, wie beispielsweise <strong>de</strong>r Dreißigjährige Krieg,<br />
<strong>de</strong>zimierte die Bevölkerung und verursachten Zerstörungen <strong>de</strong>r Städte.<br />
- Die große Zeit <strong>de</strong>r Neugründung von Städten war damit vorüber. Die weitgehend unumschränkte<br />
Herrschaft <strong>de</strong>s barocken A<strong>de</strong>ls prägte nun statt<strong>de</strong>ssen die Entwicklung <strong>de</strong>s Grund- und Aufriss<br />
<strong>de</strong>r Städte. Das mittelalterliche Bürgertum in <strong>de</strong>n Städten wur<strong>de</strong> geschwächt und die fürstlichen<br />
Höfe bestimmten fortan mit ihren Resi<strong>de</strong>nzen die <strong>Stadt</strong>entwicklung.<br />
- Die neuen prunkhaften Resi<strong>de</strong>nzen wur<strong>de</strong>n oft außerhalb bereits bestehen<strong>de</strong>r Städte errichtet.<br />
- Kam es in <strong>de</strong>r Nähe zu solchen fürstlichen Resi<strong>de</strong>nzen zu <strong>Stadt</strong>neugründungen, wur<strong>de</strong> die gesamte<br />
<strong>Stadt</strong>anlage mit ihren schachbrettartigen Grundriss auf das fürstliche Schloss ausgerichtet.<br />
Als Beispiel hierfür kann Karlsruhe genannt wer<strong>de</strong>n.<br />
1248 nach Willen <strong>de</strong>s Markgrafen Johann von Bran<strong>de</strong>nburg → geplante <strong>Stadt</strong>gründung :<br />
Neubran<strong>de</strong>nburg<br />
Industriestädte<br />
Ab <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt begann ein sozialer, geistiger und wirtschaftlicher Wan<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r die uralten<br />
Traditionen mittelalterlichen und absolutistischer Städte umfassen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen unterwarf.<br />
Technologische Fortschritte lösten eine Steigerung <strong>de</strong>r Industrieproduktion aus und die verbesserten<br />
Hygienebedingungen hatten ein bis dato unbekanntes Bevölkerungs- und Städtewachstum zur Folge.<br />
Die Bauernbefreiung und bessere Verdienstmöglichkeiten verursachten eine hohe Migration <strong>de</strong>r ländlichen<br />
Bevölkerung in die Städte. Dadurch kam es zu einem enormen Bevölkerungsdruck in <strong>de</strong>n städtischen<br />
Agglomerationen. Neue Produktionsstätten <strong>de</strong>r Industrie entstan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n damaligen Außenbereichen<br />
<strong>de</strong>r Städte und häufig wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r unmittelbaren Nähe auch die Siedlungen <strong>de</strong>r Arbeiter<br />
errichtet. Dennoch kam es zu einer fortschreiten<strong>de</strong>n funktionalen Trennung von Wohnen und Arbeiten,<br />
eine bis heute ungebrochene Entwicklung. Die wohlhaben<strong>de</strong>ren Schichten wohnten häufig im westlichen<br />
Gebiet <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>, um geschützt durch die Westwin<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Emissionen <strong>de</strong>r Industriestandorte<br />
zu leben. Im ausgehen<strong>de</strong>n 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m umfassen<strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>s öffentlichen Nahverkehrs<br />
begonnen. Die Errichtung von U- und S-Bahn Linien ermöglichte nicht nur eine bessere Erschließung<br />
<strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>viertel, son<strong>de</strong>rn verstärkten auch das Flächenwachstum <strong>de</strong>r Städte enorm. Dörfer<br />
wur<strong>de</strong>n zu Städte (wie z. B. im Ruhrgebiet) und Städte verschmolzen zu Ballungsräumen.<br />
Gartenstadt<br />
↑ Industriealisierung: Entstehung monotoner u. schmutziger Industriestädte<br />
→ als Reaktion auf die gravieren<strong>de</strong>n städtebaulichen und sozialen Missstän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Arbeiter- und<br />
Industriestädten<br />
Entwicklung eines sozialreformerischen Mo<strong>de</strong>ls durch <strong>de</strong>n Engl. Städteplaner Ebenezer Howard seit<br />
1898 : =<br />
Kennzeichen:<br />
geplante <strong>Stadt</strong>, eine offene Einzelhausbebauung mit durchgezogenen Grünzügen<br />
- Zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n Wohnens<br />
- Zur Trennung <strong>de</strong>r Funktionen Wohnen , Arbeiten, Versorgen, Erholen<br />
Bsp.:<br />
- Dres<strong>de</strong>n-Hellerau<br />
- Berlin-Siemensstadt<br />
- Essen-Margarethenhöhe (von Krupp geplante Arbeitersiedlung)<br />
Auf <strong>de</strong>m Konzept <strong>de</strong>r Gartenstadt aufbauend, erschien 1933<br />
Charta von Athen,<br />
Thesenpapier zum Städtebau, in <strong>de</strong>m Grundsätze für <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Städtebau festgelegt sind:<br />
- An alle Dinge und Verhältnisse in <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong> ist <strong>de</strong>r Maßstab <strong>de</strong>s Menschen anzulegen<br />
- Folgen<strong>de</strong> 4 Funktionen liegen je<strong>de</strong>r Städteplanung zu Grun<strong>de</strong> und wer<strong>de</strong>n räumlich voneinan<strong>de</strong>r<br />
getrennt: Wohnen, Arbeit, Erholung, Verkehr<br />
- Die Planung wird die Struktur je<strong>de</strong>s einzelnen Gebietes bestimmen, das einer <strong>de</strong>r 4 Schlüsselfunktonen<br />
zugerechnet wird und ihre Einordnung in die Gesamtheit <strong>de</strong>s <strong>Stadt</strong>komplexes festlegen<br />
Die neue <strong>Stadt</strong><br />
Das 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist von einer Vielfalt und Unterschiedlichkeit <strong>de</strong>r städtebaulichen und architektonischen<br />
Stilrichtungen geprägt. Im Wesentlichen können zwei Hauptströmungen <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
beobachtet wer<strong>de</strong>n. Zum einen <strong>de</strong>r urbane Stil <strong>de</strong>r geschlossenen Bebauung, häufig gerasterten
Grundrissgestaltung und ein hoher Überbauungsgrad mit einer enormen Bevölkerungsdichte aufweist.<br />
Dem gegenüber steht <strong>de</strong>r antiurbane Stil <strong>de</strong>r aufgelockerten <strong>Stadt</strong>. Diese I<strong>de</strong>e wur<strong>de</strong> z. B. durch die<br />
Gartenstädte verwirklicht, in <strong>de</strong>nen eine offene Einzelhausbebauung mit durchgezogenen Grünzügen<br />
kennzeichnend ist. Die kompakte urbane <strong>Stadt</strong> dagegen war Leitbild <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung bis in die<br />
70er Jahre hinein. Heute wer<strong>de</strong>n diese Leitbil<strong>de</strong>r erneut wie<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alisiert und auch städtebaulich realisiert.<br />
In sozialistischen und auch sü<strong>de</strong>uropäischen Städten wur<strong>de</strong>n die I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>s Bauhauses in<br />
Großwohnsiedlungen und <strong>de</strong>r Plattenbauweise umgesetzt. Der Bevölkerungsdruck <strong>de</strong>r dort erst später<br />
einsetzen<strong>de</strong>n Industrialisierung erfor<strong>de</strong>rte diese städtebauliche Entwicklung.<br />
Der 2. Weltkrieg hatte beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n mitteleuropäischen Städten zu enormen Zerstörungen geführt.<br />
Nach <strong>de</strong>n jeweiligen Leitbil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r vorherrschen<strong>de</strong>n Gesellschaftssysteme wur<strong>de</strong>n teilweise<br />
alte Strukturen wie<strong>de</strong>rhergestellt. Häufig wur<strong>de</strong> jedoch die Möglichkeit zu einer städtebaulichen Umgestaltung<br />
genutzt. Eine Lockerung <strong>de</strong>r Bausubstanz mit ausge<strong>de</strong>hnten Grünzügen und Eingriffe für<br />
die Verkehrsplanung zur Schaffung einer autogerechten <strong>Stadt</strong> waren die Folge.<br />
Die Städte im 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
- Die Abgrenzung einer allgemeingültigen europäischen <strong>Stadt</strong>struktur ist kaum möglich. Im Wesentlichen<br />
glie<strong>de</strong>rt sich die europäische <strong>Stadt</strong> in die City bzw. Altstadt, Citynahe Viertel, <strong>de</strong>n<br />
einstigen <strong>Stadt</strong>rand, die Vorortzone und intraurbane Industrie- und Gewerbestandorte.<br />
- So stehen die europäischen Städte gegenwärtig unter <strong>de</strong>m Einfluss unterschiedlicher Entwicklungen.<br />
Während beispielsweise in Ost<strong>de</strong>utschland die Großwohnsiedlungen aufgrund von<br />
Abwan<strong>de</strong>rungen vor akuten Problemen stehen, sind an<strong>de</strong>re städtische Ballungsgebieten<br />
durch eine zunehmen<strong>de</strong> Suburbanisierung und Flächenmangel gekennzeichnet.<br />
- Aber auch die überwältigen<strong>de</strong>n Kräfte von Globalisierung und Kommerzialisierung prägen die<br />
Entwicklung <strong>de</strong>r Städte. Im Wettbewerb <strong>de</strong>r Global Cities kämpfen die europäischen Metropolen<br />
mit entsprechen<strong>de</strong>n infrastrukturellen Einrichtungen um die Standortqualitäten für Unternehmen.<br />
- Trotz <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Vereinheitlichung <strong>de</strong>r <strong>Stadt</strong>entwicklung, wie z. B. die Entstehung von<br />
Einkaufszentren nach US-Amerikanischem Vorbild im Außenbereich <strong>de</strong>r Städte, konnten die<br />
europäischen Städte ihre eigene historisch bedingte Qualität bis dato behalten.