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Niedersächsischer Landtag – <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>5300</strong><br />
Durch die Einlagerung konnte fast der gesamte bis dahin in Deutschland angefallene schwach- und<br />
mittelradioaktive Abfall beseitigt werden 9 .<br />
Am 5. September 1976 trat das Vierte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes (sogenannte Entsorgungsnovelle)<br />
vom 30. August 1976 (BGBl. I S. 2573) in Kraft. In dieser Fassung des Atomgesetzes<br />
(im Folgenden: AtG 1976) waren erstmals Vorschriften über die Errichtung, den Betrieb und<br />
die wesentliche Änderung (einschließlich der Schließung) von Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung<br />
radioaktiver Abfälle enthalten. Nach § 9 a Abs. 3 Sätze 1 und 2 AtG 1976 hat der Bund<br />
derartige Anlagen einzurichten, kann sich zur Erfüllung seiner Pflicht aber Dritter bedienen. Nach<br />
§ 9 b Abs. 1 AtG 1976 bedürfen die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen sowie die wesentliche<br />
Änderung solcher Anlagen oder ihres Betriebes der Planfeststellung. Diese Regelungen sind<br />
bis heute praktisch unverändert geblieben.<br />
Die Einlagerung radioaktiver Abfälle in der Schachtanlage Asse II wurde danach noch bis zum Ablauf<br />
der Befristungen der bereits erteilten Umgangs- und Aufbewahrungsgenehmigungen am<br />
31. Dezember 1978 fortgesetzt. An Stelle derartiger Genehmigungen wurde der Betrieb der Anlage<br />
danach neben bergrechtlichen Betriebsplänen über Anordnungen der Bergbehörden nach § 19 AtG<br />
geregelt. Diese enthielten insbesondere Regelungen über den Strahlenschutz. Die erste Anordnung<br />
vom 28. Dezember 1978 wurde mehrfach angepasst und zuletzt im Jahr 2002 neu gefasst.<br />
Diese Verwaltungspraxis wurde vom NMU später als rechtswidrig bezeichnet, soweit damit das Erfordernis<br />
einer Umgangsgenehmigung nach der Strahlenschutzverordnung umgangen worden<br />
sei 10 .<br />
Streitig war, ob der Betrieb der Schachtanlage Asse II und ggf. ihre Schließung künftig den durch<br />
die Entsorgungsnovelle eingeführten Vorschriften der §§ 9 a und 9 b AtG 1976 unterfallen sollten.<br />
Die niedersächsische Landesregierung vertrat 1978 gegenüber dem Bund die Rechtsauffassung,<br />
dass eine Fortsetzung der Einlagerung aufgrund von Genehmigungen nach § 3 der 1. StrlSchV<br />
nicht mehr zulässig sei. Vielmehr sei ein Planfeststellungsverfahren nach § 9 b AtG 1976 erforderlich.<br />
Zwischen Bund und Land wurde daraufhin auf Ministerebene vereinbart, bis zum Abschluss<br />
eines etwaigen Planfeststellungsverfahrens zunächst eine „rückholbare Zwischenlagerung“ auf<br />
Grundlage weiterer Umgangsgenehmigungen nach § 3 der 1. StrlSchV vorzunehmen. Im April<br />
1979 beantragte die GSF eine derartige Genehmigung. Die PTB stellte ferner im August 1979 einen<br />
Antrag auf Planfeststellung nach § 9 b AtG 1976 zur Überführung der zwischenzulagernden<br />
Abfälle in eine Endlagerung. Der Antrag der GSF auf eine Genehmigung der „rückholbaren Zwischenlagerung“<br />
wurde in der Folge seitens des Niedersächsischen Sozialministeriums als zuständiger<br />
Genehmigungsbehörde nicht beschieden, weil die Art und Weise der Einlagerung und deren<br />
zeitlicher Ablauf zwischen Bund und Land streitig waren. In der Folge kam es am 11. September<br />
1981 zu einem erneuten Gespräch zwischen Bund und Land auf Ministerebene. Darin verständigten<br />
sich Bund und Land darauf, die Schachtanlage Asse II künftig nicht als Endlager, sondern vorrangig<br />
für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Hinblick auf das geplante Endlager in Gorleben<br />
zu nutzen. Für die Endlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle sollte zunächst das<br />
stillgelegte Eisenerzbergwerk Schacht Konrad genutzt werden. Daraufhin nahm die GSF im Dezember<br />
1981 ihren Antrag auf Genehmigung einer „rückholbaren Zwischenlagerung“ zurück. Der<br />
Antrag der PTB auf Planfeststellung nach § 9 b AtG 1976 wurde zwar nicht förmlich zurückgenommen,<br />
jedoch nicht weiter verfolgt. Seitens der Bundesregierung wurde er als erledigt betrachtet 11 .<br />
In der Zeit von 1979 bis 1995 wurden in der Anlage diverse Forschungs- und Entwicklungsarbeiten<br />
sowohl vom IfT als auch von anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt. Im Rahmen eines<br />
Großversuchs sollten versuchsweise hoch radioaktive Stoffe eingelagert werden, insbesondere um<br />
das Verhalten von Salz unter Einfluss hoher radioaktiver Strahlung zu erforschen. Dieser Versuch<br />
wurde nicht mehr durchgeführt. Vielmehr erklärte das Bundesforschungsministerium im Frühjahr<br />
1992, die Großversuche in der Anlage nicht mehr fördern zu wollen. Die Forschung durch das IfT<br />
wurde daraufhin eingestellt. Das IfT wurde zum 30. Juni 1995 aufgelöst.<br />
Seither soll die Schließung der Anlage betrieben werden. Dazu kommen theoretisch drei mögliche<br />
Schließungskonzepte („Optionen“) in Betracht, nämlich die Rückholung der Abfälle, ihre Umlagerung<br />
innerhalb der Schachtanlage oder deren Vollverfüllung (ohne Umlagerung), wobei die Verfül-<br />
____________________<br />
9<br />
Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Laufs u. a., Bundestags-Drs. 9/1231, S. 3.<br />
10<br />
Erster Statusbereicht des NMU vom 1. September 2008, S. 63 ff. (Bewertung S. 71 f.).<br />
11<br />
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hill u. a., Bundestags-Drs. <strong>16</strong>/5223; vgl. auch die<br />
Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Laufs u. a., Bundestags-Drs. 9/1231, S. 4 f.<br />
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