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Pfarrbrief Oktober 2013

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Grenzerfahrungen Pfarr Brief<br />

<strong>Oktober</strong> <strong>2013</strong> · Seite 8<br />

Checkpoint Charlie, einer der bekanntesten<br />

Berliner Grenzübergänge<br />

zw. 1961 und 1990, im<br />

August 1961 infolge des Mauerbaus<br />

eingerichtet, um Grenzübertritte<br />

des westalliierten<br />

Militärpersonals und ausländischer<br />

Diplomaten erfassen zu<br />

können. Noch vor der Wiedervereinigung<br />

am 22. Juni 1990<br />

abgebaut. Foto: Rita Körner<br />

Von Hedwig Klein<br />

Grenze<br />

G ott<br />

R uft<br />

E inen<br />

N achdrücklich<br />

Z um<br />

E ngagement in Seine<br />

N achfolge<br />

Grenzenlos<br />

Grenzenlos<br />

Deine Liebe<br />

Zu uns, Gott ---<br />

Deine Güte, Deine Nähe<br />

Grenzenlos<br />

Grenzenlos<br />

Mein Vertrauen<br />

Auf Dich, Gott.<br />

Meine Hoffnung,<br />

meine Zuversicht<br />

Grenzenlos<br />

Grenzenlos<br />

Mein Glaube<br />

An Dich, Gott,<br />

der hält und trägt<br />

Grenzenlos<br />

Grenzenlos<br />

Sind Beziehungen<br />

Zu den Menschen,<br />

Die mit uns leben<br />

Grenzenlos<br />

Persönliche Grenzerfahrungen mit und in der Kirche<br />

Liebe Heimatkirche<br />

Wolltest mehr noch als Vater und Mutter mir sein (aus dem Kolpinglied)<br />

Von Inga Lücke<br />

Die Glocken der Dorfkirche klingen<br />

vernehmlich. Auf der Dorfstraße streben<br />

die Leute der Kirche zu; die Männer<br />

mit Gebetbuch unter dem Arm, die<br />

Frauen mit Handtasche und die Kinder<br />

herausgeputzt mit Anziehsachen, in<br />

denen Spielen unmöglich ist.<br />

Die Kirche ist schließlich kein Spiel,<br />

sondern bittrer Ernst. Maria folgt<br />

mit den kurzen Beinen einer Fünfjährigen<br />

ihrem Vater dicht auf den<br />

Fersen. Mächtig stolz ist sie, wenn<br />

sie ihr Gebetbuch genauso unter<br />

dem Arm nimmt wie ihr Vater. Zunehmend<br />

versucht sie, zu verstehen,<br />

was Christsein bedeutet. Vor<br />

allem geht es darum, mit anderen<br />

gut auszukommen, zu den älteren<br />

Leuten lieb zu sein, nicht zu<br />

lügen und den Eltern keine Widerworte<br />

zu geben.<br />

Na ja, das mit den Widerworten ist<br />

schon ganz schön viel verlangt,<br />

aber die Sache mit dem Liebsein zu<br />

älteren Leuten macht sie besonders<br />

gerne und sie freut sich<br />

riesig, wenn diese sie dann anlächeln<br />

und so richtig glücklich aussehen.<br />

Irgendwie macht es Spaß,<br />

Christ zu sein – das denkt Maria<br />

gerade so bei sich, als am Sonntag<br />

der alte Nachbar sich neben sie in<br />

die Kirchenbank setzt. Maria<br />

strahlt ihn an und begrüßt ihn<br />

laut: „Guten Tag, Herr Schulze!“<br />

Doch statt zurückzulächeln wie<br />

sonst blickt Herr Schulze böse<br />

drein. So ganz versteht Maria die<br />

Reaktion nicht und kann nur vermuten:<br />

in der Kirche scheint es<br />

mit dem Christsein aufzuhören.<br />

Aber Maria gibt nicht so schnell<br />

auf. Später im Religionsunterricht<br />

hört sie viel von dem, was Jesus<br />

Gutes getan hat… So wäre Maria<br />

auch gerne und sie gibt sich ganz<br />

viel Mühe. Aber es reicht nicht.<br />

Das sagt jedenfalls jeden Sonntag<br />

der Pfarrer in der Kirche: egal wie<br />

Maria sich auch bemüht, sie ist<br />

immer noch nicht gut genug.<br />

Manchmal verliert sie dabei fast<br />

die Lust… Dann möchte sie einfach<br />

nur ganz böse sein… O wei,<br />

hoffentlich hat der liebe Gott diesen<br />

Gedanken jetzt nicht gehört.<br />

„Ich habe gesündigt in Gedanken,<br />

Worten und Werken“. Die Angst<br />

nimmt ihr fast den Atem.<br />

Bald darf Maria zur ersten heiligen<br />

Kommunion gehen. Sie ist fürchterlich<br />

aufgeregt. Sie freut sich<br />

darauf, dann zu den Großen zu<br />

gehören, Jesus ganz nah sein zu<br />

dürfen und auch auf das Fahrrad,<br />

das ihr die Patentante schenken<br />

wird. Mensch, die muss sie aber<br />

wirklich lieb haben, wenn sie ihr so<br />

ein tolles Geschenk macht. Vielleicht<br />

geht es ja um das Liebhaben<br />

bei der Kommunion. Als der Pfarrer<br />

dann im Kommunionunterricht<br />

fragt, worauf die Kinder sich am<br />

meisten freuen, sagt sie ganz<br />

glücklich und stolz: „Meine Tante<br />

schenkt mir ein Fahrrad!“ Der Pfarrer<br />

schaut Maria tadelnd an: „Darum<br />

geht es bei der Kommunion<br />

überhaupt nicht. Schäm dich, dass<br />

du an so etwas denkst.“ Und dann,<br />

an die Klasse gewandt: „Wer weiß,<br />

worum es geht?“ Markus meldet<br />

sich: „Dass wir Jesus im Brot empfangen<br />

dürfen!“ Der Pfarrer lächelt<br />

Markus an: „Ja genau, darum geht<br />

es.“ Maria schaut enttäuscht drein:<br />

ach so, es geht um das Brot essen<br />

und nicht ums Liebhaben.<br />

Nach der Kommunion gibt es für<br />

Maria ein neues Ziel: sie möchte<br />

Messdiener werden. Denn trotz aller<br />

Enttäuschungen glaubt sie<br />

noch immer, dass es gut ist, Christ<br />

zu sein. Entschlossen sagt sie zu<br />

ihrem Vater: „Ich will Messdiener<br />

sein!“ Marias Vater schaut sie traurig<br />

an, so, wie er damals geschaut<br />

hat, als er ihr Lieblingskaninchen<br />

schlachten musste. „Aber Du bist<br />

doch ein Mädchen.“ Maria ist<br />

fürchterlich enttäuscht. Wenn die<br />

alle nicht wollen, dass sie ein<br />

Christ wird, dann wird sie es eben<br />

nicht. An den nächsten Sonntagen<br />

in der Messe denkt Maria an ihre<br />

Legobausteine und den Igel im<br />

Garten.<br />

Maria wird älter und erlebt noch<br />

Vieles, dass sie daran zweifeln<br />

lässt, dass die Kirche im Namen<br />

Jesu und im Sinne Gottes handelt.<br />

So wendet sie sich schließlich von<br />

der Kirche ab. Und wenn Gott so<br />

ungnädig und nachtragend ist,<br />

wie der Pfarrer es immer erzählt<br />

hat, dann will sie auch mit Gott<br />

nichts mehr zu tun haben. Maria<br />

wendet sich auch von ihm ab wie<br />

ein Geselle, der sich im Elternhaus<br />

abmeldet, um sich auf die Wanderschaft<br />

zu begeben.<br />

Die Lehr- und Wanderjahre führen<br />

Maria zu vielen Menschen und Institutionen,<br />

die ihr versprechen,<br />

Heimat zu werden. Sie begegnet<br />

auf ihrer Wanderschaft wahrhaften<br />

Freunden, aber auch Sektenmitgliedern<br />

mit ihren Gurus.<br />

Manchmal führt sie ihr Weg auch<br />

in Gotteshäuser und Gemeinden.<br />

Und dann geschieht das Wunderbare:<br />

in vielen dieser Begegnungen<br />

lernt Maria Menschen kennen, die<br />

genau wie sie Jesus lieben und ihn<br />

offensichtlich auch verstanden<br />

haben. Ihr Herz jubelt! Mit diesen<br />

Menschen kann Maria endlich gemeinsam<br />

das tun, was sie ihr Leben<br />

lang tun wollte: nach dem<br />

Vorbilde Jesu leben. Maria wundert<br />

sich nur, dass sie diese Menschen<br />

in den Kirchen findet, denn die<br />

Kirche hat ja nach ihren bisherigen<br />

Erfahrungen nicht verstanden,<br />

worum es Jesus wirklich ging.<br />

So tat Gott schließlich doch noch<br />

sein Haus auf und lud sie hinein,<br />

konnte mehr noch als Vater und<br />

Mutter ihr sein…<br />

Wegberg im März <strong>2013</strong><br />

Inga Lücke,<br />

Schreibwerkstatt<br />

Wegberg

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