Aufgabenblatt 3: ¨Offentliche Güter
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Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 1<br />
<strong>Aufgabenblatt</strong> 3:<br />
Öffentliche <strong>Güter</strong><br />
Aufgabe 1 (Lindahl-Verfahren)<br />
Die Besteuerung gemäß dem Lindahl-Verfahren beruht auf dem Äquivalenzprinzip:<br />
Die Bestimmung der individuellen Beiträge zur Bereitstellung des<br />
öffentlichen Gutes erfolgt durch Festsetzen individueller Preise pi G . ⇒ Idee:<br />
Staat legt nach der Samuelson-Regel die Menge des Öffentlichen Gutes fest<br />
(vgl. Teilaufgabe b) und c)). Danach werden die Beiträge des Individuums<br />
zum Öffentlichen Gut anhand seiner Zahlungsbereitschaft ermittelt (siehe<br />
Teilaufgabe a)).<br />
a) Lindahl-Preise<br />
Könnte Individuum i selbst über die bereitzustellende Menge G entscheiden,<br />
sähe es sich folgendem Nutzenmaximierungsproblem gegenüber:<br />
ui(xi, G) → max<br />
xi,G !<br />
u.d.Nb. xi ≤ wi − p i GG.<br />
In einem Optimum bindet die Nebenbedingung, so dass sich das Problem<br />
vereinfachen lässt:<br />
ui(wi − p i GG, G) → max<br />
G !.<br />
Die Bedingung erster Ordnung lautet:<br />
dui<br />
dG<br />
∂ui dxi ∂ui<br />
= +<br />
∂xi dG ∂G<br />
⇔ − p i ∂ui<br />
G +<br />
∂xi<br />
∂ui<br />
= 0<br />
∂G<br />
⇔p i G = ∂ui<br />
<br />
∂ui<br />
∂G ∂xi<br />
⇔p i G = GRS i G,x.<br />
= 0<br />
Für die hier gegebenen Nutzenfunktionen ergibt sich<br />
<br />
∂u1<br />
p 1 G(G) = ∂u1<br />
∂G<br />
p 2 G(G) = ∂u2<br />
∂G<br />
∂x1<br />
<br />
∂u2<br />
∂x2<br />
= 10<br />
√ G , (1)<br />
= 6<br />
√ G . (2)
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 2<br />
b) Steigende Grenzkosten<br />
Bestimmung der optimalen Menge des Öffentlichen Gutes anhand<br />
der Samuelson Bedingung<br />
GRTG,x = GRS 1 G,x + GRS 2 G,x (3)<br />
⇒ Bestimmung der GRT: Die Gleichung der Transformationskurve (gesamtwirtschaftliche<br />
Budgetrestriktion) ist gegeben durch<br />
H = w1 + w2 − (x1 + x2) −K(G) = 0.<br />
<br />
=:x<br />
Total Differenzieren und Beachten von dw = 0 liefert für die Grenzrate der<br />
Transformation<br />
GRTG,x = dx<br />
= −∂K = −2G.<br />
dG<br />
Mit Hilfe der Samuelson-Regel lässt sich nun die effiziente Menge G ∗ berechnen:<br />
∂G<br />
GRTG,x = GRS 1 G,x + GRS 2 G,x<br />
⇔ 2G = 16<br />
√ G<br />
⇔ G ∗ = 4<br />
Durch Einsetzen in die Gleichungen (1) und (2) berechnet man die optimalen<br />
Lindahl-Preise zu p1 G (4) = 5 und p2G (4) = 3. Bei der Bereistellung von 4<br />
Einheiten des öffentlichen Gutes ergeben sich demnach Einnahmen in Höhe<br />
von (5 + 3) · 4 = 32, welche die Bereitstellungskosten in Höhe von 42 = 16<br />
übersteigen. Die pauschale Rückverteilung dieses Überschusses ist in der Regel<br />
problematisch, da die steigenden privaten Konsummöglichkeiten i.a. einen<br />
Einkommenseffekt auslösen, der die individuellen Grenzraten der Substitution<br />
verändert. Die gezahlten Lindahl-Preise entsprechen dann nicht mehr den<br />
individuellen Wertschätzungen. Da die gegebenen Nutzenfunktionen jedoch<br />
quasilinear im privaten Konsum sind, tritt ein solcher Einkommenseffekt hier<br />
nicht auf; die Grenzraten der Substitution hängen nicht vom privaten Konsumniveau<br />
ab.<br />
c) Konstante Grenzkosten<br />
Für die Grenzrate der Transformation gilt nun<br />
GRTG,x = dx<br />
dG<br />
= −∂K<br />
∂G<br />
= −2
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 4<br />
• Falls Individuum 1 seine wahre Zahlungsbereitschaft angibt und<br />
damit ˆp 1 G (G) = p1G (G), ergibt sich die gleiche Allokation wie im<br />
Aufgabenteil ci). Folglich erreicht Individuum 1 ein Nutzenniveau<br />
in Höhe von<br />
u1(20, 64) = 20 + 20 · √ 64 = 180.<br />
• Falls Individuum 1 lügt und statt seiner wahren Zahlungsbereitschaft,<br />
die (niedrigere!) Zahlungsbereitschaft von Individuum 2<br />
angibt ˆp 1 G (G) = p2 G (G), so stellt der Planer auf Basis der beobachteten<br />
Reports gemäß der Samuelson-Regel die Menge ˆ G an<br />
öffentlichem Gut zur Verfügung:<br />
GRTG,x = ˆp 1 G(G) + ˆp 2 G(G)<br />
⇔ 2 = 2 · p 2 G(G) = 12<br />
√ G<br />
⇔ ˆ G = 36.<br />
Durch Einsetzen in Gleichung (2) berechnet man den Lindahl-<br />
Preis für Individuum 1 zu ˆp 1 G (36) = p2G (36) = 1. Damit ergeben<br />
sich für Individuum 1 private Konsummöglichkeiten in Höhe von<br />
x1 = 100 − 36 = 64, woraus ihm ein Nutzen in Höhe von<br />
entsteht.<br />
u1(64, 36) = 64 + 20 · √ 36 = 184<br />
Individuum 1 hat also in der Tat einen Anreiz, seine wahre Zahlungsbereitschaft<br />
in der beschriebenen Weise zu untertreiben. Insofern ist der<br />
Lindahl-Mechanismus i.A. nicht geeignet, das Informationsproblem des<br />
Planers zu lösen.<br />
Aufgabe 2 (Clarke-Steuer)<br />
Clarke-Groves-Mechanismus / Clarke-Steuer eröffnet die (theoretische)<br />
Möglichkeit, das Informationsproblem des Planers zu lösen (wenn dieser<br />
die Zahlungsbereitschaft der Individuuen für das ÖG nicht kennt) und<br />
die Finanzierung der effizienten Menge des öffentlichen Gutes sicher zu stellen.<br />
Da jedoch ein Budgetüberschuss entsteht, der nicht anreizverträglich<br />
zurückverteilt werden kann, ist das Verfahren im Allgemeinen nicht ex-post<br />
effizient.<br />
Dreistufiges Spiel mit folgender Struktur:
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 5<br />
Stufe 1 Der Soziale Planer legt die Formel/ den Mechanismus für die Bestimmung<br />
der individuellen Beiträge Ti(G) fest.<br />
Stufe 2 Die Individuen signalisieren ihre Präferenzen Zi(G).<br />
Stufe 3 Der Planer wählt die gemäß den Reports Zi(G) optimale Menge an<br />
öffentlichem Gut G ∗ (nach der Samuelson-Bedingung) und und sammelt<br />
von den Individuen die entsprechenden Beiträge Ti(G ∗ ) ein.<br />
a)<br />
Annahme: Der soziale Planer entscheidet auf der 1. Stufe, dass er die individuellen<br />
Beiträge nach dem sogenannten ’Groves’-Zahlungsschema erhebt<br />
Ti(G) = kG − Zj(G). (4)<br />
i) Es ist zu zeigen, dass es für das Individuum i auf der 2. Stufe optimal<br />
ist, unabhängig von dem Report Zj des anderen Individuums<br />
seine Präferenzen für das öffentliche Gut zu enthüllen, d.h. den Report<br />
Zi(G) = Ui(G) zu tätigen. Beachte: Das Individuum wird bei<br />
seiner Entscheidung beachten, dass der soziale Planer auf der 3. Stufe<br />
(also zeitlich nach dem Individuum), das öffentliche Gut gemäß der<br />
Samuelson-Regel auf Basis der angegebenen Zahlungsbereitschaften bereitstellt.<br />
Individuum i wird versuchen, den Planer durch seinen Report Zi so<br />
zu beeinflussen, dass dieser die aus Sicht von i optimale Menge an<br />
öffentlichem Gut bereitstellt. Dabei beachtet Individuum i, dass es sich<br />
dem Beitrag Ti(G) und damit der Budgetrestriktion<br />
xi = wi − Ti(G) (5)<br />
gegenübersieht, und berücksichtigt, dass der Planer die gemäß den Reports<br />
Zi(G), Zj(G) optimale Menge an öffentlichem Gut mit Hilfe der<br />
Samuelson-Regel<br />
Z ′ i(G) + Z ′ j(G) = k (6)<br />
bereitstellt. Unter Beachtung der Gleichungen (4) und (5) ergibt sich<br />
somit folgendes Optimierungsproblem:<br />
ui(xi, G) = xi + Ui(G)<br />
= wi − Ti(G) + Ui(G)<br />
= wi − kG + Zj(G) + Ui(G) → max<br />
G !
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 6<br />
Durch Ableiten nach G ergibt sich unter Berücksichtigung von Gleichung<br />
(6) folgende Bedingung für ein Nutzenmaximum:<br />
−k + Z ′ j(G) + U ′ i(G) = 0<br />
⇔ k − Z ′ j(G) = U ′ i(G)<br />
⇔ Z ′ i(G) = U ′ i(G)<br />
Für Zi(G) = Ui(G) ist diese Bedingung erfüllt, d.h. es ist für Individuum<br />
i in der Tat optimal, seine Präferenzen zu enthüllen. Mit anderen<br />
Worten: Das Groves-Zahlungsschema löst das Informationsproblem.<br />
ii) Die Spezifikation der Nutzenfunktionen u1, u2 und Bereitstellungskosten<br />
k stimmt mit der aus Aufgabe 1c) überein; somit beträgt die sozial<br />
optimale Menge an öffentlichem Gut G ∗ = 64. Im Gleichgewicht<br />
gilt gemäß Aufgabenteil 2ai) überdies Zi = Ui; somit ergeben sich nach<br />
dem Groves-Schema folgende individuellen Beiträge:<br />
T1(64) = 2 · 64 − 12 · √ 64 = 32,<br />
T2(64) = 2 · 64 − 20 · √ 64 = −32.<br />
Folglich ergibt sich ein Budgetdefizit<br />
b) Clarke-Steuer<br />
T1(64) + T2(64) = 0 < 128 = 2 · 64 = K(64),<br />
Um neben dem Informationsproblem auch das Finanzierungsproblem zu lösen,<br />
erhebt der Planer zusätzlich zu den Groves-Beiträgen eine sog. Clarke-Steuer:<br />
Ti(G) = kG − Zj(G)<br />
<br />
Groves-Beitrag<br />
= k<br />
G +<br />
2<br />
⎡<br />
⎢<br />
⎣<br />
+ Zj(Gj) − k<br />
2 Gj<br />
<br />
Clarke-Steuer<br />
k<br />
(G − Gj)<br />
2<br />
<br />
zusätzl. Kosten des j<br />
(7)<br />
⎥<br />
− (Zj(G) − Zj(Gj)) ⎥<br />
⎦ , (8)<br />
<br />
zusätzl. Nutzen des j<br />
wobei Gj durch die Gleichung Z ′ j(Gj) = k definiert ist, also die Menge an<br />
2<br />
öffentlichem Gut beschreibt, die aus Sicht von Individuum j gemäß seinem<br />
Report Zj optimal ist, wenn es seinen hälftigen Anteil der Bereitstellungskosten<br />
trägt. 1 Gemäß Gleichung (8) lässt sich das Clarke-Groves-<br />
Zahlungsschema wie folgt interpretieren: Die Bereitstellungskosten werden<br />
1 Man beachte, dass Individuum i die Menge Gj und die Clarke-Steuer an seinem gesamten<br />
Beitrag Ti durch seinen eigenen Report Zi nicht beeinflussen kann; insofern stellt<br />
die Clarke-Steuer aus Sicht von Individuum i eine Pauschalsteuer dar.<br />
⎤
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 7<br />
hälftig aufgeteilt; zusätzlich entschädigt Individuum i Individuum j für den<br />
externen Effekt, den i auf j dadurch ausübt, dass statt der von j präferierten<br />
Menge Gj die Menge G bereitgestellt wird. Dieser externe Effekt setzt sich<br />
zusammen aus den zusätzlichen Kosten, die j durch die zusätzlich bereitgestellete<br />
Menge G − Gj entstehen, abzüglich des zusätzlichen (signalisierten)<br />
Nutzens Zj(G) − Zj(Gj) für Individuum j.<br />
⇒ Bezug zum Skript:<br />
• Der Parameter α aus dem Skript ist hier 1/2.<br />
• Grenzkosten für die Bereitstellung des ÖG sind hier k (k entspricht<br />
dem Parameter c aus dem Skript)<br />
• Die (Brutto-)Zahlungsbereitschaft ist hier Zi, im Skript vi<br />
i) Dass es für Individuum i weiterhin optimal ist, unabhängig von dem Report<br />
Zj des anderen Individuums seine Präferenzen für das öffentliche<br />
Gut zu enthüllen, d.h. den Report Zi(G) = Ui(G) zu tätigen, zeigt man<br />
formal ganz analog zu Aufgabenteil ai). Intuitiv erklärt sich dies jedoch<br />
schon allein aus der Feststellung, dass die zusätzliche Clarke-Steuer aus<br />
Sicht von Individuum i eine Pauschalsteuer darstellt und damit seine<br />
(optimale) Entscheidung nicht verzerrt.<br />
ii) Die Spezifikation der Nutzenfunktionen u1, u2 und Bereitstellungskosten<br />
k stimmt mit der aus Aufgabe 1c) überein; somit beträgt die sozial<br />
optimale Menge an öffentlichem Gut G ∗ = 64. Im Gleichgewicht gilt<br />
gemäß Aufgabenteil 2bi) überdies Zi = Ui; somit ergeben sich für G2<br />
bzw. G1 folgende Werte<br />
U ′ 2(G2) = k<br />
2<br />
U ′ 1(G1) = k<br />
2<br />
6<br />
⇔ √<br />
G2<br />
10<br />
⇔ √<br />
G1<br />
= 1 ⇔ G2 = 36<br />
= 1 ⇔ G1 = 100<br />
und damit nach dem Clarke-Groves-Schema folgende individuellen Beiträge:<br />
T1(64) = 2 · 64 − 12 · √ 64 + 12 · √ 36 − 36 = 32 + 36 = 68,<br />
T2(64) = 2 · 64 − 20 · √ 64 + 20 · √ 100 − 100 = −32 + 100 = 68.<br />
Folglich ergibt sich ein Budgetüberschuss,<br />
T1(64) + T2(64) = 136 > 128 = 2 · 64 = K(64),
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 8<br />
d.h. die Finanzierung der optimalen Menge an öffentlichem Gut ist gesichert.<br />
Die Allokation der (privaten) <strong>Güter</strong> ist jedoch nicht (ex-post)<br />
effizient: Der Planer kann den Budgetüberschuss nicht in anreizverträglicher<br />
Art und Weise an die Individuen zurückverteilen. 2<br />
2 Verwendet man als Gleichgewichtskonzept Implementierung in dominanten Strategien,<br />
so lässt sich im Allgemeinen kein Mechanismus finden, der das Informationsproblem löst<br />
(anreizverträglich ist) und gleichzeitig für ein ausgeglichenes Budget sorgt (ex-post effizient<br />
ist); vgl. hierzu Green and Laffont (1979), Incentives in Public Decision Making. Verwendet<br />
man hingegen das schwächere Gleichgewichtskonzept Implementierung als Bayesianisches<br />
Nash-Gleichgewicht, so steht mit dem sog. Expected Externality Mechanism ein Verfahren<br />
zur Verfügung, das auf einer ähnlichen Idee wie der Clarke-Groves-Mechanismus beruht<br />
und sowohl anreizverträglich als auch ex-post effizient ist; vgl. hierzu d’Aspremont and<br />
Gerard-Varet (1979), Incentives and Incomplete Information, Journal of Public Economics<br />
11: 25–45.