Schiedsverfahren in der Volksrepublik China - BFD Buchholz ...

uchholz - fachinformationsdienst gmbh
September 2004
Sich in China auf ein Verfahren vor chinesischen
Gerichten einzulassen, ist - zumindest abseits der
großen Städte - noch immer meist nicht zu empfehlen.
Daher sind in den meisten Fällen Schiedsgerichtsverfahren
vor der internationalen Schiedskommission
CIETAC vorzuziehen.
Streitigkeiten zu Handelsfragen können im Schiedsverfahren
entschieden werden, sofern eine entsprechende
Schiedsklausel im Vertrag eingebunden wurde.
Auch nach Vertragsschluss, theoretisch sogar nach
Eintritt des Streitfalls, können Sie in einer gesonderten
Vereinbarung ein Schiedsverfahren für den
Fall von Streitigkeiten vereinbaren. Die entsprechende
Ergänzung eines bereits abgeschlossenen
Vertrages sollte jedoch möglichst umgehend erfolgen,
da nach Auftreten erster Unstimmigkeiten
nicht zu erwarten ist, dass eine entsprechende
Vereinbarung noch getroffen werden kann.
Das Schiedsverfahren in China ist kein staatliches,
sondern ein gewerbsmäßiges, ziviles Verfahren,
das insbesondere im Hinblick auf die Verfahren mit
Beteiligung ausländischer Unternehmen der staatlichen
Kontrolle untersteht. Für diese Verfahren
sind in China auf nationaler Ebene zwei Kommissionen
zuständig: die China International Economic
and Trade Arbitration Commision (CIETAC) - zuständig
für Streitigkeiten im Rahmen des internationalen
Handels - und die China Maritime Arbitration
Commision (CMAC) - zuständig für das Seerecht.
Voraussetzung für die Führung eines Schiedsverfahrens
ist der Abschluss einer Vereinbarung, die
in der Regel in Form einer Schiedsklausel in den
Vertrag (z. B. Liefervertrag) eingebunden wird.
Dabei sollte bereits festgelegt werden, welches
örtliche Schiedsgericht (CIETAC Peking, Shenzhen
oder Shanghai) im Streitfall angerufen und in welcher
Sprache - englisch oder chinesisch - das Verfahren
geführt werden soll. Grundsätzlich sollen die Parteien
vereinbaren, ob das Verfahren in einer vereinfachten
Form und damit von einem Einzelschiedsrichter
durchgeführt werden kann. Die Beweiserhebung
erfolgt dann ohne Anwesenheit der Parteien durch
Im Blickpunkt:
Wachstumsmarkt Ostasien
von Thomas Kauss
Hintergrund: Schiedsverfahren in der Volksrepublik China
Örtliche Zuständigkeit vereinbaren
Vorlage von Urkunden. Wird keine Vereinbarung
getroffen, erfolgt bei einem Streitwert unter 500.000
RMB die Entscheidung im vereinfachten Verfahren,
bei einem höheren Streitwert erfolgt sie durch das
Kollegialgericht (3 Richter), für das ebenfalls die
Beweiserhebung durch Urkunden vereinbart werden
kann.
Gegen das Urteil des Schiedsgerichts können
grundsätzlich keine Rechtsmittel eingelegt werden,
es sei denn, der Nachweis grober Verfahrensfehler
ist möglich. Sobald der Schiedsspruch gefällt wurde,
ist dieser rechtskräftig und kann vollstreckt werden.
Dabei ist zu beachten, dass die Vollstreckung innerhalb
einer Frist von 6 bzw. 12 Monaten zu beantragen
ist, diese Frist jedoch durchaus unterbrochen
werden kann.
Sondervorschriften der Schiedsordnung für
ausländische Investoren
In der Verfahrensordnung der CIETAC wurden
besondere Regelungen für Schiedsverfahren und
Schiedssprüche mit Auslandsbezug niedergelegt.
Dieses ist dann der Fall, wenn eine oder beide
Parteien ausländische Staatsangehörige, staatenlos
oder juristische Person sind, wenn die Begründung,
die Änderung oder die Beendigung des Rechtsverhältnisses
im Ausland erfolgte oder wenn sich der
Streitgegenstand im Ausland befindet. Da nach
chinesischem Recht Joint Ventures und Wholly
Foreign Owned Enterprises (WFOEs) wie chinesische
Unternehmen mit Sitz in der VR China behandelt
werden, sind vertragliche Streitigkeiten
zwischen einem Joint Venture und einem WFOE
oder einem rein chinesischen Unternehmen als
rein chinesische Streitigkeiten zu betrachten. Sobald
es aber zu einer Streitigkeit zwischen Joint-Venture-
Partnern kommt, führt ein solcher Streit zum Schiedsverfahren
mit Auslandsbezug. In diesen Fällen werden
erhöhte Gebühren für die Durchführung des
Verfahrens verlangt, die Vollstreckung des Schiedsspruches
kann nur bei bestimmten Gerichten beantragt
werden und Schiedssprüche mit Auslandsbezug
können nur auf Verfahrensfehler der chinesischen
Gerichte überprüft werden. Außerdem ist
die Liste der wählbaren Richter bei Verfahren mit
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September 2004
Auslandsbezug umfangreicher, da in diese Liste
neben den chinesischen Richtern auch Fachexperten
mit Kenntnissen zum ausländischen Recht aufgenommen
sind. In der Liste der CIETAC sind derzeit
auch neun deutsche Fachleute aufgeführt, die
als Richter für das Verfahren ausgewählt werden
können.
Gebühren für CIETAC-Schiedsgerichtsverfahren
mit Auslandsbezug:
Im Blickpunkt:
Wachstumsmarkt Ostasien
von Thomas Kauss
Hintergrund: Schiedsverfahren in der Volksrepublik China
Streitgegensstand in RMB
bis 1.000.000
1.000.000 - 5.000.000
5.000.000 - 10.000.000
10.000.000 - 50.000.000
über 50.000.000
Gebühr
3,5 % des Streitgegenstandes,
mind. 10.000 RMB
35.000 RMB + 2,5 % des den
Streitgegenstand um 1.000.000
RMB übersteigenden Betrags
135.000 RMB + 1,5 % des den
Streitgegenstand um 5.000.000
RMB übersteigenden Betrags
210.000 RMB + 1,0 % des den
Streitgegenstand um 10.000.000
RMB übersteigenden Betrags
610.000 RMB + 0,5 % des den
Streitgegenstand um 50.000.000
RMB übersteigenden Betrags
Das Verfahren vor der CIETAC hat den Vorteil einer
wesentlich kürzeren Prozessdauer (Abschluss
innerhalb von ca. 9 Monaten) sowie einer größeren
Fachkompetenz der Richter. Außerdem betrachten
viele Unternehmen es als einen wesentlichen Vorteil,
dass der Öffentlichkeitsgrundsatz des ordentlichen
Gerichts für das Schiedsgerichtsverfahren keine
Anwendung findet und somit keine vertraulichen
Details bekannt werden. Zwar sind die Kosten für
das Schiedsverfahren im Vergleich zum Verfahren
vor dem Volksgericht höher, der letztinstanzliche
Charakter des Schiedsverfahrens schafft hier jedoch
einen Ausgleich, da kein kostspieliger und lange
währender Marsch durch die Instanzen des Rechtssystems
möglich ist.
Das überzeugendste Argument für das Schiedsverfahren
ist jedoch, dass Schiedssprüche in der Volksrepublik
China in der Regel vollstreckt werden
können, auch wenn der lokale Protektionismus
häufig noch ein Hindernis in der abschließenden
Geltendmachung des Anspruchs darstellen kann.
Urteile, die vor einem deutschen Gericht erstritten
wurden, haben diesbezüglich keine oder nur eine
schlechte Aussicht auf Erfolg. Insbesondere im
Hinblick auf diesen Umstand sollte die Auswahl
des Gerichtsstandes bedacht und die Vereinbarung
einer Schiedsklausel in Betracht gezogen werden.
Die vorgenannten Informationen wurden bfd mit freundlicher Unterstützung von
Rödl & Partner zur Verfügung gestellt.
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