Die gesamte Debatte hier auch zum nachlesen. - Carola Veit
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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 37. Sitzung am 7. Oktober 2009 2341<br />
(<strong>Carola</strong> <strong>Veit</strong>)<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Aber wer keine Argumente hat, erfindet sich bekanntlich<br />
welche und deshalb argumentieren Sie<br />
heute in Ihrer Pressemitteilung, mit der sich die<br />
GAL wieder einmal bei Senator Wersich beliebt<br />
machen möchte, dass dann diese Kinder alle zu<br />
früh eingeschult würden, was ihrer Entwicklung<br />
nicht förderlich sei, und dass man keinesfalls Anreize<br />
dafür schaffen dürfe, Kinder immer früher einzuschulen.<br />
Dazu vier Bemerkungen.<br />
Erstens: Habe ich das richtig verstanden, dass Sie<br />
Hamburgs Eltern unterstellen, sie würden nicht auf<br />
das Wohl ihrer Kinder, sondern auf das Geld<br />
schauen?<br />
Zweitens: Wenn Sie das unterstellen – Herr Hamann,<br />
jetzt hören Sie gut zu –, dann gibt es wohl<br />
keinen besseren Beleg, dass der Kindergarten in<br />
Hamburg etwas teuer ist.<br />
Drittens: Gerade weil es ein sensibles Thema ist,<br />
halten wir die nachträgliche Erstattung für sinnvoll,<br />
da nämlich gerade nicht bei einem erst vierjährigen<br />
Kind entschieden werden soll, wann die Einschulung<br />
stattfindet, sondern ganz normal im Winter<br />
vor dem sechsten Geburtstag, wie bei allen Kindern.<br />
Je nachdem, welches Kita-Jahr das letzte<br />
war, gibt es das Geld zurück.<br />
Viertens: Da will ich der Vollständigkeit halber einmal<br />
auf die Vorschule hinweisen. Wer sein Kind<br />
dort anmeldet, zahlt nämlich künftig grundsätzlich<br />
keinen Beitrag mehr im Vorschuljahr, ganz egal,<br />
wann das Kind Geburtstag hat. Dem müsste man<br />
doch Einhalt gebieten, denn somit wird für diese<br />
Kinder <strong>auch</strong> ein Anreiz zur früheren Einschulung<br />
geschaffen. Aber da schaffen Sie Abhilfe. Selbst<br />
wenn das Vorschulkind am Ende wegen fehlender<br />
Schulreife in der Vorschule bleibt und nicht eingeschult<br />
wird, wenn es also ein zweites Jahr in der<br />
Vorschule ist, dann kostet das immer noch nichts.<br />
Insofern haben Sie sogar zwei beitragsfreie Jahre<br />
vor der Schule, während Sie einem Teil der Kita-<br />
Kinder nicht einmal ein beitragsfreies Jahr gönnen.<br />
Wo bleibt da die Gleichbehandlung und wo bleibt<br />
die Gleichberechtigung von Kita und Vorschule,<br />
ganz abgesehen davon, dass die in diesem Jahr<br />
betroffenen Eltern kaum noch ihre Kinder auf die<br />
Vorschule ummelden können oder im Sinne des<br />
Kindeswohls wollen? Ich weiß nicht, Herr Wersich,<br />
ob Ihnen das bekannt ist, aber es gibt Eltern in<br />
Hamburg, die auf eine Ganztagsbetreuung angewiesen<br />
sind. Denen ist mit einem Vormittagsplatz<br />
in der Vorschule, die nicht einmal verlässlich ist,<br />
nicht gedient. Im Übrigen bekommen sie in vielen<br />
Kitas keinen Hortplatz, wenn das Kind dort nicht<br />
bis <strong>zum</strong> Schluss im Kindergarten war, und zwar<br />
<strong>auch</strong> im letzten Jahr. Gerade bei Kann-Kindern,<br />
die immer ein bisschen zwischen den Stühlen sitzen,<br />
ist es wichtig, die Schulentscheidung möglichst<br />
spät zu treffen und den Entwicklungsstand<br />
des Kindes zu berücksichtigen und das geht eben<br />
in der Kita. In einer Vorschule haben Kinder sonst<br />
gleich das erste Versagenserlebnis, wenn sie diese<br />
wiederholen müssen.<br />
Damit sind wir <strong>auch</strong> schon beim neuesten Akt in<br />
der Verteidigungsschlacht gegen die aufgebrachten<br />
Eltern und Betroffenen. Sie hatten dem Landeselternausschuss<br />
mitgeteilt – das haben Sie<br />
<strong>auch</strong> in der Pressemitteilung gesagt und werden<br />
es <strong>hier</strong> bestimmt <strong>auch</strong> heute noch einmal vertiefen<br />
–, dass für derlei Spielereien kein Geld da sei und<br />
man 500 Millionen Euro im Haushalt einsparen<br />
müsse. Immerhin ginge es jetzt noch einmal um etwa<br />
300 000 bis 400 000 Euro. Frau Blömeke,<br />
schauen Sie ins Protokoll der Haushaltsberatungen.<br />
Dort hat Ihr Senat dezidiert versichert, dass<br />
das Geld jeweils für einen kompletten Jahrgang<br />
der Kinder eingeplant sei. Wir haben extra nachgefragt.<br />
Genau das Geld, von dem Sie behaupten, es<br />
würde fehlen, ist im Haushalt im Kita-Etat eingestellt.<br />
Das haben wir beschlossen und es ist nicht<br />
in Ordnung, dass Sie das in Abrede stellen.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Nun geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie<br />
unserem Antrag zu. 1 500 Hamburger Eltern würden<br />
sich sehr freuen. – Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort<br />
bekommt Herr Müller.<br />
Stephan Müller CDU:* Frau Präsidentin, sehr geehrte<br />
Damen und Herren, liebe Frau <strong>Veit</strong>! Ein<br />
bisschen ist die Luft jetzt raus nach dieser spannenden<br />
Schuldebatte.<br />
(Andy Grote SPD: Geben Sie mal Gas!)<br />
Auch aus diesem Antrag ist die Luft schon ein<br />
bisschen raus. Wir haben ihn hinlänglich diskutiert<br />
und unsere jeweiligen Argumente ausgetauscht.<br />
Ihre heutigen Argumente waren nicht neu und ich<br />
bedauere es sehr, dass Sie eher auf die Form eingehen<br />
als auf inhaltliche Bedenken, die wir Ihnen<br />
schon einmal vorgetragen haben, die Sie aber völlig<br />
ignorieren.<br />
Sie werfen uns vor, wir würden Hamburger Eltern<br />
unterstellen, dass es ihnen nur ums Geld ginge.<br />
Aber Sie wollen doch bitte nicht abstreiten, dass<br />
ein nachträgliches Rückerstattungssystem einen<br />
gewissen Anreiz schafft, sein Kind möglicherweise<br />
trotz unzureichendem Entwicklungsstand mit einem<br />
kleinen Blick aufs Geld einzuschulen. Das finden<br />
wir unverantwortlich, das haben wir in der letzten<br />
<strong>Debatte</strong> schon einmal mitgeteilt und deswegen<br />
wollen wir dieses nicht und deswegen gibt es <strong>auch</strong><br />
keinen Ruck in dieser Frage. <strong>Die</strong>ser Antrag wird<br />
von uns abgelehnt.<br />
(Beifall bei der CDU und der GAL)