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Online-Texte der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong><br />

Kinderrechte Kinderrechte im im Spannungsfeld Spannungsfeld zwischen zwischen Eltern Eltern und<br />

und<br />

Pflegeeltern<br />

Pflegeeltern<br />

Workshop-Bericht<br />

Brigitte und Ernst Spangenberg<br />

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Tagung:<br />

Eltern sind Schicksal, manchmal auch Schicksalsschläge<br />

Das Recht des Kindes auf Entwicklung und Erziehung im Kontext der Rechte Anderer<br />

<strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong>, 1. - 3. April 2005, Tagungsnummer: 651205<br />

Tagungsleitung: Dierk Schäfer<br />

_____________________________________________________________________________<br />

Bitte Bitte Bitte beachten beachten beachten Sie Sie: Sie<br />

Dieser Text ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und<br />

Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers/der Urheberin bzw. der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong><br />

<strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong>.<br />

© 2005 Alle Rechte beim Autor/bei der Autorin dieses Textes<br />

Eine Stellungnahme der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong> ist mit der Veröffentlichung dieses Textes nicht ausgesprochen.<br />

<strong>Evangelische</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong><br />

<strong>Akademie</strong>weg 11, D-73087 <strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong><br />

E-Mail: info@ev-akademie-boll.de<br />

Internet: www.ev-akademie-boll.de


Kinderrechte Kinderrechte im im Spannungsfeld<br />

Spannungsfeld Spannungsfeld zwischen zwischen Eltern Eltern und<br />

und<br />

Pflegeeltern<br />

Pflegeeltern<br />

Workshop-Bericht<br />

Brigitte und Ernst Spangenberg<br />

Struktur:<br />

Nach einer kurzen Vorstellrunde haben wir eine juristische und eine psychologische Einführung in<br />

das Thema gegeben, ehe der folgende Fall aus der Praxis zunächst in Kleingruppenarbeit, dann in der<br />

Großgruppe erörtert und die Ergebnisse als Leitsätze formuliert wurden. Der Workshop dauerte 90<br />

Minuten. Er wurde einmal wiederholt.<br />

Rechtlicher Rahmen<br />

waren die Entscheidungen des EuGHMR FamRZ 02,1393 und des OLG Hamm FamRZ 04, 1664, in<br />

denen die Rechtsposition leiblicher Eltern gegenüber Pflegeeltern gestärkt wurde. „Schließlich ist bei<br />

der Prüfung der Kindeswohlgefährdung---- auch zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK das Recht auf<br />

Achtung des Familienlebens garantiert und Eingriffe des Staates nur unter engen Voraussetzungen<br />

zulässt. Dieses Gebot einer Achtung des Familienlebens führt dazu, dass der Staat bei der Vornahme<br />

von Eingriffen grundsätzlich so handeln muss, dass eine Fortentwicklung der familiären Beziehung<br />

folgen kann, er hat geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um den betreffenden Elternteil und das<br />

Kind wieder zusammenzuführen.--- Auch der Europäische Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang<br />

darauf hin, dass allein der Umstand, dass ein Kind in einem für seine Erziehung günstigeren<br />

Umfeld untergebracht werden könnte, eine zwangsweise Trennung von seinen leiblichen Eltern nicht<br />

erlaubt,-----Weiterhin stellt eine Inpflegenahme des Kindes nach der vom Senat geteilten Ansicht des<br />

Europäische Gerichtshofes grundsätzlich eine vorübergehende Maßnahme dar---“ (Zitat: OLG<br />

Hamm).<br />

Psychologische Fragestellungen<br />

Was ist die besondere Qualität der Bindung des Kindes an seine leiblichen Eltern? Besteht eine solche,<br />

wenn das Kind seine Eltern nicht kennt?<br />

Verändert sich die Bindungsqualität mit dem Älterwerden?<br />

Was ist die besondere Qualität der Bindung zwischen einem Kind und seinen Pflegeeltern, Pflegegeschwistern?<br />

Gibt es überhaupt eine Besonderheit?<br />

Welche Bindungsfähigkeit bringen die leiblichen Eltern mit, welche die Pflegeeltern?<br />

Online-Texte der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Boll</strong> | www.ev-akademie-boll.de<br />

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Brigitte und Ernst Spangenberg<br />

Kinderrechte im Spannungsfeld zwischen Eltern und Pflegeeltern<br />

Fall:<br />

Frau B erkrankt kurz noch der Entbindung von ihrer Tochter Anne an einer Psychose des schizoiden<br />

Formenkreises. Sie und der nicht eheliche Vater, der an einer Depression leidet, willigen ein, dass<br />

Anne nach einem kurzen gescheiterten Versuch, Anne bei der Mutter in der Psychiatrie zu belassen,<br />

in eine Pflegefamilie aufgenommen wird. Im Alter von 8 Wochen kommt Anne zur Pflegfamilie K,<br />

die selber drei Kinder im Alter von 5, 7, und 12 Jahren hat. A ist ihr zweites Pflegekind. Das erste<br />

Pflegekind, das Familie K gleichfalls kurz nach der Geburt aufnahm, wurde vor kurzem im Alter von<br />

7 Monaten an die leiblichen Eltern zurückgegeben. Zwischen Frau B und ihrer Tochter Anne findet<br />

ein von Fall zu Fall mit den Pflegeeltern abgesprochener Umgang statt, ebenso zwischen Anne und<br />

ihren Großeltern. Annes Vater begeht Suizid. Als Frau B nach 6 Monaten in der geschlossenen Psychiatrie<br />

und drei Monaten in der Tagespsychiatrie entlassen wird, in der sie sich mit Hilfe einer Therapeutin<br />

intensiv auf ihre Mutterrolle vorbereitet hat, begehrt sie häufigeren Umgang mit dem Ziel,<br />

Anne in Kürze zu sich zu nehmen. Dagegen setzen sich die Pflegeeltern zu Wehr. Beispielsweise verreisen<br />

sie während der schulischen Sommerferien mit Kindern und Pflegekind, so dass Frau B Anne<br />

insgesamt 6 Wochen nicht sieht. Weiterhin beschränken die Pflegeeltern die Umgangszeiten der Mutter<br />

auf zwei Stunden alle zwei Wochen. Mutter und Pflegeeltern verfeinden sich. Letztere werfen der<br />

Mutter kindeswohlgefährdendes Verhalten vor. Sie berichten von Ängsten des Kindes vor der Mutter<br />

und verweigern letztlich ganz den Umgang.<br />

Die Mutter klagt auf sofortige Herausgabe des Kindes, hilfsweise auf vorläufige Regelung des Umgangs<br />

und spätere Herausgabe. Die Pflegeeltern fordern eine Verbleibensanordnung. Durch Vermittlung<br />

des Pflegekinderdienstes werden sie von einem auf solche Fälle spezialisierten Rechtsanwalt vertreten.<br />

Als das Gericht der Mutter zur Vorbereitung einer Entscheidung regelmäßig betreuten Umgang<br />

gewährt, ist Anne 18 Monate alt.<br />

1) Was würden Sie tun, wenn das Ihr Fall wäre?<br />

2) Auf welche rechtliche Position beruft sich der Rechtsanwalt der Mutter? Welche Überlegungen<br />

liegen dieser Rechtsposition zugrunde?<br />

3) Falls es gravierende Unterschiede zwischen Ihrer Vorgehensweise und den dahinterstehenden Überzeugungen<br />

und der Position des mütterlichen Anwaltes und seinen Überzeugungen gibt:<br />

Wie kann das Dilemma anders als durch gerichtliche Entscheidung gelöst werden und was könnten<br />

Sie in Ihrer Rolle als SachbearbeiterIn dazu beitragen?<br />

Thesen:<br />

Pflegeeltern sollten auch unter dem Gesichtspunkt der Fähigkeit und Bereitschaft der Kontaktpflege<br />

mit schwierigen Eltern ausgewählt werden: Bindungstoleranz gegenüber Kindern im Verhältnis zu<br />

ihren leiblichen Eltern<br />

Pflegeeltern sollten darauf vorbereitet werden, dass Pflege rechtsnotwendig etwas Vorläufiges ist und<br />

der Rückführung des Kindes dient.<br />

Leibliche Eltern sollten bei Inpflegegabe über die entwicklungspsychologischen Gesetzmäßigkeiten<br />

wie die Bindung an die Pflegeeltern aufgeklärt werden.<br />

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Brigitte und Ernst Spangenberg<br />

Kinderrechte im Spannungsfeld zwischen Eltern und Pflegeeltern<br />

Parallel zur Inpflegenahme eines Kindes ist ein Umgangskontakt mit den leiblichen Eltern aufzubauen,<br />

gegebenenfalls fachkundig zu begleiten<br />

Fachleute sollten dafür sorgen, dass Probleme zwischen Eltern und Pflegeeltern sofort mit mediativen<br />

Mitteln aufgegriffen werden. Ziele einer Mediation können sein:<br />

die (Wieder)Herstellung eines freundlichen Klimas,<br />

die Schaffung wechselseitigen Verständnisses,<br />

die Einbeziehung der Bedürfnisse von Erwachsenen und Kindern, einschließlich Geschwistern und<br />

leiblicher Kinder der Pflegeeltern<br />

Das Wie und der zeitliche Verlauf einer Kindesrückführung<br />

Die Aufrechterhaltung der vom Pflegekind eingegangenen Bindungen<br />

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