Wach auf mein Herz und suche Fried - Evangelische Akademie Bad ...
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Online-Texte der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> Boll<br />
Sachbericht zur Tagung: Politik braucht Poesie.<br />
<strong>Wach</strong> <strong>auf</strong> <strong>mein</strong> <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>suche</strong> <strong>Fried</strong>. Dem Dichter, Politiker, Humanisten,<br />
Übersetzer, Clown <strong>und</strong> Moralisten Erich <strong>Fried</strong><br />
Brigitte Furche<br />
Ein Beitrag aus a<br />
der Tagung:<br />
"<strong>Wach</strong> <strong>auf</strong> <strong>mein</strong> <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>suche</strong> <strong>Fried</strong>"<br />
<strong>Bad</strong> Boll, 9. - 11. September 2005, Tagungsnummer: 510305<br />
Tagungsleitung: Dr. Brigitte Furche, Susanne Krumpholz<br />
_____________________________________________________________________________<br />
Bitte beachten Sie:<br />
Dieser Text ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung <strong>und</strong><br />
Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers/der Urheberin bzw. der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong><br />
<strong>Bad</strong> Boll.<br />
© 2005 Alle Rechte beim Autor/bei der Autorin dieses Textes<br />
Eine Stellungnahme der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> Boll ist mit der Veröffentlichung dieses Textes nicht ausgesprochen.<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>Bad</strong> Boll<br />
<strong>Akademie</strong>weg 11, D-73087 <strong>Bad</strong> Boll<br />
E-Mail: info@ev-akademie-boll.de<br />
Internet: www.ev-akademie-boll.de
Sachbericht zur Tagung: Politik braucht Poesie.<br />
<strong>Wach</strong> <strong>auf</strong> <strong>mein</strong> <strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>suche</strong> <strong>Fried</strong>. Dem Dichter, Politiker, Humanisten,<br />
Übersetzer, Clown <strong>und</strong> Moralisten Erich <strong>Fried</strong><br />
Brigitte Furche<br />
Die r<strong>und</strong> 85 Teilnehmenden der Tagung aus der Reihe: Politik braucht Poesie“ wurden zu Beginn mit<br />
einer von Dr. Brigitte Furche zusammengestellten Bild <strong>und</strong> Tonschau „Erich <strong>Fried</strong> in Ton <strong>und</strong> Bild“<br />
in <strong>Fried</strong>s Leben <strong>und</strong> Schaffen eingeführt. Ausgangspunkt war <strong>Fried</strong>s Biographie <strong>und</strong> folgender Text:<br />
„Erkenne dich selbst; erkenne was mit dir getan worden ist; erkenne, was anderen angetan wird <strong>und</strong><br />
auch, was du anderen antust, zum Teil als Mitglied einer Gesellschaft anzutun gezwungen bist. Kämpfe<br />
gegen die Dinge, die du als schlecht empfindest, allein oder indem du dich mit anderen zusammentust<br />
oder beides. Dabei darf man keines der einzelnen Dinge, weder die Erkenntnismöglichkeit noch<br />
die praktische Tätigkeit <strong>auf</strong> die Dauer unterlassen. Wieviel Hoffnung vorhanden ist oder wie wenig,<br />
ist vollständig gleichgültig. ‚Dum spiro, spero’ (‚Solange ich atme, hoffe ich’): In unserem eigenen<br />
Interesse <strong>und</strong> in dem aller Menschen haben wir keine andere Möglichkeit, als gegen die Weltkatastrophe<br />
anzukämpfen, solange wir da sind.“<br />
(Aus: Dichtung heißt gegen Entfremdung ankämpfen, Zwei Gespräche mit Erich <strong>Fried</strong>).<br />
Aus der Biographie Erich <strong>Fried</strong>s wurde folgendes in Erinnerung gerufen :<br />
* 6. Mai 1921 in Wien, + 22. November 1988, Kindheit im jüdischen Elternhaus in Wien. Einmarsch<br />
der Nazi in Wien. Die Ermordung des Vaters. Die Flucht des 17jährigen 1938 nach England.<br />
Die Vergasung der Großmutter in Auschwitz. <strong>Fried</strong>s politisches Engagement in der jungen B<strong>und</strong>esrepublik<br />
unter dem Motto: „Einmischung ist die einzige Möglichkeit realistisch zu bleiben“. <strong>Fried</strong>s<br />
Eintreten gegen den Vietnamkrieg <strong>und</strong> für die Anliegen der 68 speziell für Rudi Dutschke. Seine Stellungnahmen<br />
zum Palästinakonflikt mit „Höre Israel …“ Wobei auch die aktuellen politischen Bezüge<br />
zur Sprache kamen <strong>und</strong> die witzige Kombination von Politik <strong>und</strong> Poesie in Text wie: Freiheitsgedicht<br />
für die Liebe <strong>und</strong> Liebesgedicht für die Freiheit, aus: Liebesgedichte 17, SW 2, 371.<br />
Im Workshop „Politik braucht Poesie“ am 10.9.05, in dem sich r<strong>und</strong> 35 Leute unter der Anleitung der<br />
Journalistin Susanne Krumpholz <strong>und</strong> des Professors für Kommunikationswissenschaften <strong>und</strong> Filmemachers<br />
Gert Lampe versammelt hatten, wurde <strong>Fried</strong>s Bremer Literaturrede <strong>und</strong> Büchnerrede<br />
diskutiert, in der er in Darmstadt 1987 <strong>auf</strong> die Aktualität der von Büchner beklagten Missstände hingewiesen<br />
hatte: „Es gibt noch heute so viele grimmige Vergleichsmöglichkeiten … gewiss Analogien<br />
stimmen nie ganz, aber wo ein tertium comparationis überhaupt vorhanden ist, dort sollte man nachdenken<br />
<strong>und</strong> seine Gedanken nicht verschweigen.“<br />
In der Abschlussr<strong>und</strong>e am Sonntag, den 11.9.05, bei der die einmalige Kombination der politischen<br />
<strong>und</strong> poetischen Texte Erich <strong>Fried</strong>s im Mittelpunkt stand, unterstrich die Lyrikerin <strong>und</strong> <strong>Fried</strong>fre<strong>und</strong>in<br />
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Brigitte Furche<br />
Sachbericht zur Tagung: Politik braucht Poesie.<br />
Hilde Domin die Bedeutung des zwar streitbaren <strong>und</strong> unbequemen aber mutigen Dichters Erich<br />
<strong>Fried</strong> <strong>und</strong> empfahl die Lektüre seiner Gedichte in den Schulen. Im Hintergr<strong>und</strong> stand die Rede <strong>Fried</strong>s<br />
zum Georg Büchner Preis 1987. Darin hatte <strong>Fried</strong> in Bezug <strong>auf</strong> Büchner gesagt:<br />
„So ein Leitstern sollte er uns noch immer sein. Denn er war für die Freiheit. Nicht nur für seine,<br />
sondern vor allem auch für eine Freiheit anderer. Für die Freiheit der Unterdrückten, der Manipulierten,<br />
der Armen. Er war nicht für die Freiheit der Herrschenden, der Despoten <strong>und</strong> ihrer Bürokraten,<br />
ungehindert ihr Wesen zu treiben! Er war für die Freiheit, diese Welt nicht nur zu diskutieren,<br />
sondern sie tätig zu erkennen <strong>und</strong> zum besseren zu verändern.“<br />
Hilde Domin, langjähriges Mitglied der <strong>Akademie</strong> stiegt nach <strong>Fried</strong>s Rede spontan <strong>auf</strong> die Bühne<br />
<strong>und</strong> hielt dem Dichter <strong>Fried</strong> „scheltend entgegen: Wohl sei er ein großer Dichter <strong>und</strong> habe den<br />
Büchnerpreis deshalb zu Recht bekommen. Dass aber die B<strong>und</strong>esrepublik nicht, wie seine Rede<br />
vermuten lasse, der schwärzeste Punkt des Globus sei, das Werde doch dadurch bewiesen, dass er<br />
diese Rede, in der er Wahres <strong>und</strong> Falsches gesagt habe, hier frei habe halten können.“ Ein Teil<br />
des Publikums reagierte mit Buh-Rufen, einige wenige applaudierten. Erich <strong>Fried</strong> küsste der 75-<br />
jährigen Kollegin die Hand… (aus der Basler Zeitung 19.10.1987)<br />
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