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Warum gibt es in der DDR keine Opposition?

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Band 8. Die B<strong>es</strong>atzungszeit und die Entstehung zweier Staaten 1945-1961<br />

„<strong>Warum</strong> <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ke<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong>?“ (17. Mai 1957)<br />

Der Artikel aus dem SED-Zentralorgan Neu<strong>es</strong> Deutschland vom 17. Mai 1957 vertritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Phase <strong>in</strong>tensivierter Verfolgung von politisch An<strong>der</strong>sdenkenden die offizielle Parteil<strong>in</strong>ie, nach<br />

<strong>der</strong> im politischen System <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> aufgrund se<strong>in</strong><strong>es</strong> sozialistischen Charakters e<strong>in</strong>e absolute<br />

E<strong>in</strong>heit zwischen den Inter<strong>es</strong>sen <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Regierung b<strong>es</strong>teht. E<strong>in</strong>e<br />

politische <strong>Opposition</strong> müsste sich zwangsläufig gegen die Inter<strong>es</strong>sen d<strong>es</strong> Volk<strong>es</strong> richten und<br />

kann d<strong>es</strong>wegen nicht geduldet werden.<br />

<strong>Warum</strong> <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ke<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong>?<br />

Manche Bürger fragen, warum <strong>es</strong> bei uns ke<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong> <strong>gibt</strong>, und me<strong>in</strong>en, zu e<strong>in</strong>er richtigen<br />

Demokratie gehöre doch auch e<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong>. Demokratie herrscht aber nicht dort, wo<br />

verschiedene Parteien gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auftreten, wo die Kraft <strong>der</strong> Arbeiterklasse g<strong>es</strong>palten ist<br />

und e<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong> b<strong>es</strong>teht. Im Gegenteil, das Vorhandense<strong>in</strong> oppositioneller Kräfte <strong>in</strong><br />

bürgerlich-kapitalistischen Staaten offenbart den immer schärfer hervortretenden<br />

Inter<strong>es</strong>sengegensatz zwischen den sich an <strong>der</strong> Macht bef<strong>in</strong>dlichen Monopolisten und<br />

Militaristen und <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Macht ausg<strong>es</strong>chlossenen unterdrückten Bevölkerung. <strong>Opposition</strong> ist<br />

nur <strong>der</strong> Beweis dafür, daß die Volksmassen gegen die herrschende Klasse für ihr Recht<br />

kämpfen müssen.<br />

Die Bourgeoisie kann die aus den unversöhnlichen Klassengegensätzen hervorwachsende<br />

<strong>Opposition</strong> nicht leugnen. D<strong>es</strong>halb versucht sie, di<strong>es</strong>e zu e<strong>in</strong>em »Charakteristikum wahrer<br />

Demokratie« für jeden Staat umzufälschen.<br />

Auch von <strong>der</strong> rechten Sozialdemokratie wurde und wird di<strong>es</strong>e Ansicht verbreitet. Der ehemalige<br />

Vorsitzende <strong>der</strong> SPD, Schumacher, formulierte z. B. wie folgt: »Das W<strong>es</strong>en d<strong>es</strong> Staat<strong>es</strong> ist nicht<br />

die Regierung, und das W<strong>es</strong>en d<strong>es</strong> Staat<strong>es</strong> ist nicht die <strong>Opposition</strong>. Das W<strong>es</strong>en d<strong>es</strong> Staat<strong>es</strong> ist<br />

die Regierung und die <strong>Opposition</strong>.«<br />

Aus solchen Auffassungen wird dann die absurde Behauptung abgeleitet, daß unser<br />

sozialistischer Staat <strong>der</strong> Arbeiter und Bauern nicht demokratisch sei, weil <strong>es</strong> bei uns »ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>Opposition</strong> gebe«.<br />

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In unserer Deutschen Demokratischen Republik s<strong>in</strong>d die Kriegsverbrecher, Monopolisten und<br />

Junker entmachtet. Hier gehören die Fabriken und Banken dem Volk. Die Armee, Polizei und<br />

Justiz – die Machtmittel d<strong>es</strong> Staat<strong>es</strong> – s<strong>in</strong>d Instrumente <strong>der</strong> Werktätigen. Es <strong>gibt</strong> ke<strong>in</strong>en<br />

Gegensatz zwischen <strong>der</strong> Politik unserer Regierung und den Inter<strong>es</strong>sen <strong>der</strong> g<strong>es</strong>amten<br />

Bevölkerung.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> könnte doch nur gegen die Politik unserer Regierung gerichtet se<strong>in</strong>.<br />

Sie müßte sich also gegen die E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> 45-Stunden-Woche, gegen den Bau von<br />

zusätzlich hun<strong>der</strong>ttausend Wohnungen, gegen unsere niedrigen Mieten, gegen die Stabilität<br />

unserer Preise, gegen die niedrigen MTS-Tarife, gegen die hohen Ausgaben für Wissenschaft<br />

und Kultur und gegen unsere Friedenspolitik richten. Sie müßte sich gegen die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse, gegen unseren Arbeiter-und-Bauern-Staat richten. Sie müßte für den E<strong>in</strong>satz<br />

von Militaristen und Faschisten <strong>in</strong> hohe Machtpositionen, für den NATO-Kriegspakt und für die<br />

Vorbereitung e<strong>in</strong><strong>es</strong> Atomkrieg<strong>es</strong> se<strong>in</strong>. Solch e<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong> zu dulden wäre verbrecherisch.<br />

Quelle: „<strong>Warum</strong> <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> ke<strong>in</strong>e <strong>Opposition</strong>?“, Neu<strong>es</strong> Deutschland (17. Mai 1957), S.<br />

3. Mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong> Neu<strong>es</strong> Deutschland Druckerei und Verlag GmbH Berl<strong>in</strong>.<br />

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