Fachschaft Zahnmedizin München
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Die Geschichte<br />
der Zahnheilkunde<br />
vom Zahnbrecher bis zum Zahnarzt<br />
Probleme mit den Zähnen hatten die Menschen<br />
wohl schon immer. Die Geschichte der Behandlung<br />
von Zahnerkrankungen ist daher wohl so alt, wie die<br />
Geschichte des Zahnschmerzes selbst.<br />
2500 v. Christi begegnete man den Anfängen des<br />
zahnärztlichen Berufstandes. Schmerzen wurden<br />
mit verschiedensten Heilpflanzen und wohl auch mit<br />
Beschwörungen behandelt. Der sicherste Weg der<br />
Schmerzbeseitigung war aber auch damals schon<br />
die Extraktion des Zahnes.<br />
Aber auch Lücken waren schon immer unerwünscht,<br />
und schon bald gab es die ersten Versuche mit<br />
künstlichen Zähnen. Der frühe Zahnersatz wurde<br />
meist aus Knochen oder Elfenbein geschnitzt und<br />
mit Golddrähten an den eigenen Zähnen festgebunden.<br />
Im Mittelalter und den folgenden Jahrhunderten<br />
wurden Zähne nicht von akademisch ausgebildeten<br />
Ärzten gezogen, sondern von Handwerkern, meist<br />
von Badern. Man nannte sie auch „Zahnbrecher“<br />
oder „Zahnreisser“. Spezialisten übten ihren Beruf<br />
mit Hilfe von verschiedenen Instrumenten aus, es<br />
gab aber auch Marktschreier und Scharlatane,<br />
deren Interesse hauptsächlich im Geldgewinn lag<br />
und deren Ruf zweifelhaft war. Bevor die Möglichkeit<br />
der Betäubung des Patienten oder seiner Zähne zur<br />
Verfügung stand, war schnelles Arbeiten notwendig.<br />
Die Zahnheilkunde wurde jedoch erst im 18. Jahrhundert<br />
so selbständig, daß man erst von diesem<br />
Zeitpunkt an von der Geschichte der Zahnheilkunde<br />
sprechen kann. Doch selbst damals gab es noch<br />
nicht den Beruf des Zahnarztes, wie wir ihn heute<br />
kennen. Vom herumziehenden Barbier, der die<br />
Zähne riss, bis zum Universitätsabsolventen, gab es<br />
sehr unterschiedlich ausgebildete Personenkreise,<br />
die sich an der menschlichen Mundhöhle zu schaffen<br />
machten.<br />
So gab es 1860 beispielsweise auch promovierte<br />
praktische Ärzte, die sich die Zahnheilkunde selbst<br />
beigebracht hatten.<br />
Andere waren approbiert nach der 1825 eingeführten<br />
Regelung der so genannen „Zahnarzneikunde“.<br />
In Bayern war die klinische Ausbildungsstätte, also<br />
die LMU, zuerst in Landshut und ab 1826 in Mün-<br />
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chen. In den heutigen Innenstadtkliniken lehrten<br />
damals die Assistenten von Johann Nepomuk von<br />
Nussbaum die Zahnextraktion.<br />
Die damaligen Behandlungsmethoden wirken<br />
nach heutiger Sicht unheimlich und grausam. So<br />
war die gängige Art der Betäubung des Patienten<br />
die „Behandlung“ mit alkoholischen Getränken.<br />
Schmerzende Zähne wurden mangels alternativer<br />
Behandlungsmöglichkeiten meist sofort gezogen,<br />
oder aber der Nerv wurde mittels ätzender Chemikalien<br />
oder eines Kauters (Brenneisen) abgetötet.<br />
Im Jahre 1870 erlaubte dann eine neue Gewerbeordnung<br />
jedem die Durchführung einer Zahnbehandlung.<br />
Zahntechniker, aber auch Uhrenmacher<br />
und Goldschmiede frohlockten über die neue Einnahmequelle,<br />
die sich ihnen hiermit bot. Sie zogen<br />
Zähne und brannten die faulen Zahnstellen aus.<br />
Doch trotz dieser Liberalisierung war die <strong>Zahnmedizin</strong><br />
immer noch ein akademischer Heilberuf.<br />
Mit dem Einzug der Lokalanästhesie in die Zahnheilkunde<br />
im 19. Jahrhundert steigerte sich das<br />
Ansehen der <strong>Zahnmedizin</strong> enorm. Als Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts Spinnrad die Nähmaschine erfand,<br />
veränderten sich auch die technischen Möglichkeiten:<br />
der New Yorker Zahnarzt James B. Morrison<br />
(1829-1917) führte die Tretbohrmaschine ein.<br />
In der Prothetik wurden Stift- und Goldkronen sowie<br />
Brücken eingesetzt, die Materialien wurden vielfältiger.<br />
Es kamen der Gips, thermoplastische Substanzen und<br />
Prothesenkautschuk auf den Markt. Immer mehr wurde<br />
auch auf die Zahnerhaltung wert gelegt. Auch der praktische<br />
Arzt begann sich in der zweiten Jahrhunderthälfte<br />
vermehrt für Zahnkrankheiten zu interessieren.<br />
Inzwischen erkannten die Patienten und Ärzte den<br />
Zusammenhang zwischen der allgemeinen Gesundheit<br />
und der Zahngesundheit. So stellte man auch<br />
fest, dass über gangränöse Pulpen kariöser Zähne<br />
und über Wurzelstümpfe leicht pathogene Mikroorganismen<br />
in den menschlichen Körper eindringen<br />
konnten.<br />
Seit 1952 wurde durch das Zahnheilkundegesetz<br />
der bisher verwendete Begriff für <strong>Zahnmedizin</strong>er<br />
„Dentist“ durch „Zahnarzt“ ersetzt.<br />
Als sich die Zahnärzte dann in Vereinen organisierten<br />
und neue Fachzeitschriften auch den Wissensaustausch<br />
ermöglichten, entstand die „moderne“<br />
<strong>Zahnmedizin</strong>, und der Zahnarzt wurde vom ehemaligen<br />
„Zahnreißer“ endgültig zum anerkannten<br />
„Experten in Fragen der <strong>Zahnmedizin</strong>“.<br />
Laßt sehn! Ja, ja! Das glaub‘ ich wohl!<br />
Der ist ja in der Wurzel hohl!