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Thesen zur Reform der Leistungsbeurteilung (PDF) - Der Deutsche ...

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrück-<br />

meldung und Lernbegleitung 1<br />

Die Frage nach einem lernför<strong>der</strong>lichen, Schülerinnen und Schülern gerecht werdenden<br />

Umgang mit <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist gegenwärtig Bestandteil verschiedener<br />

<strong>Reform</strong>debatten. Dabei geht es auch um die Suche nach einem Lern- und Leistungsbegriff<br />

für eine zukunftsfähige Schule. Diese muss sich darin bewähren, Leistungen<br />

nachvollziehbar zu dokumentieren, differenziert zu würdigen und sie in kritischför<strong>der</strong>licher,<br />

aber auch schülernaher Art und Weise rückzumelden. Leistungsrückmeldungen<br />

und Leistungsbewertungen haben die Funktion, Dialoge über das Lernen<br />

anzustiften und Prozesse <strong>der</strong> Selbstreflexion an<strong>zur</strong>egen, die wie<strong>der</strong>um in den Unterricht<br />

integriert werden.<br />

Mein Kommentar geht zunächst im Rückgriff auf die <strong>Reform</strong>pädagogik <strong>der</strong> 1920er<br />

Jahre auf die Anfänge eines pädagogischen Leistungsbegriffs ein (1). Anschließend<br />

diskutiere ich die didaktische Dimension <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> (2). Schließlich<br />

wird dargelegt, in welcher Weise die <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als demokratisches Erfahrungslernen<br />

verstanden werden kann (3). Wie zudem Formen und Verfahren <strong>der</strong><br />

Mitwirkung an Selbstreflexion und Beurteilung etabliert werden, zeigen die Beispiele<br />

<strong>der</strong> präsentierenden Schulen aus Münster und Jena (4). Abschließend darf ich <strong>Reform</strong>perspektiven<br />

einer sich als pädagogisch und demokratieför<strong>der</strong>lich verstehenden<br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> aufzeigen, in <strong>der</strong> Selbsteinschätzung, Kommunikation und<br />

Eigenverantwortung gestärkt werden (5). Mit sechs <strong>Thesen</strong> schließt <strong>der</strong> Text (6.).<br />

1. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als individuelle Würdigung<br />

Die <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist für das Verhältnis von Schule und mo<strong>der</strong>ner Gesellschaft<br />

entscheidend. Das Berechtigungswesen – die Kopplung einer staatlich gewährten<br />

höheren Bildung an die Leistungsnachweise <strong>der</strong> Lernenden – ist ein emanzipatorisches<br />

Spezifikum gegenüber vorausgehenden Zugangssystemen, die von Staat und Kirche<br />

geprägt waren, weil es Zugang zu Laufbahn und gesellschaftlicher Teilhabe prinzipiell<br />

1<br />

In diesem Kommentar beziehe ich mich auf folgende eigene Publikationen: Beutel, Silvia-Iris (2009):<br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> zwischen allgemeiner Didaktik und Demokratiepädagogik. In Lange,<br />

Dirk/Himmelmann, Gerhard (Hrsg.): Demokratiedidaktik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

(im Druck), sowie: Beutel, S.-I. (2010): Im Dialog mit den Lernenden: <strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />

als Lernför<strong>der</strong>ung und demokratische Erfahrung. In: Beutel, S.-I./Beutel, W. (Hrsg.) (2010): Beteiligt<br />

o<strong>der</strong> bewertet? Zum Spannungsfeld von <strong>Leistungsbeurteilung</strong> und Demokratiepädagogik. Schwalbach/Ts.:<br />

Wochenschau-Verlag (im Druck).<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

unabhängig von Herkunft, sozialem Status, Religion und Geld gewährt. Dennoch ist<br />

das Schulwesen in Deutschland durch diese Verbindung von <strong>Leistungsbeurteilung</strong> und<br />

Berechtigung nach wie vor sozial selektiv. Zudem ist die staatliche Schule keine von<br />

sich aus demokratische Institution. Ihr Charakter ist rechtlich gesehen <strong>der</strong> eines Teils<br />

<strong>der</strong> Exekutive, <strong>der</strong>en Handlungsqualität hinter <strong>der</strong> demokratischen Entscheidung im<br />

Gesetzgebungsverfahren liegt. Partizipatorische Ansprüche und Effekte muss sie also<br />

in ihrer Kultur und Alltagsqualität entfalten. Das gilt auch für die <strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />

als Zugang und Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> demokratischen Qualität von Schule.<br />

Es verwun<strong>der</strong>t nicht, dass die Durchsetzung von Zensuren und Zeugnissen historisch<br />

gesehen von Anfang an mit stetiger Kritik einhergeht. Die Schulgrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>-<br />

pädagogik haben mit Ablehnung auf die seinerzeit gängige Zensurenpraxis gesehen<br />

und nach anerkennungsbezogenen Formen <strong>der</strong> verbalen Beurteilung gesucht. Das<br />

notenfreie Zeugnis sollte die Gesamtpersönlichkeit <strong>der</strong> Lernenden würdigen und den<br />

Erfolg von Schule an individuellen Entwicklungsschritten aufzeigen. Mit in freiem<br />

Wortlaut formulierten Lernberichten sollte die <strong>Reform</strong> <strong>der</strong> Schule beschleunigt<br />

werden. Dabei ging es um „... Versuchsschulen, die in dem beson<strong>der</strong>en politischen,<br />

sozialen und gesellschaftlichen Milieu des Umbruchs vom Kaiserreich <strong>zur</strong> Republik,<br />

vom Untertanengeist zu demokratischer Gesinnung, vom autoritätsfixierten, geschlossenen<br />

Unterricht zu gemeinschaftlichen offenen Ansätzen angesiedelt waren“<br />

(Hansen-Schaberg 2002: 1).<br />

Mit dem jeweiligen Schulprofil und <strong>der</strong> dortigen Pädagogik in enger Korrespondenz<br />

standen auch die Varianten von Lernberichten, die Bertold Otto, Peter Petersen und<br />

Rudolf Steiner entworfen haben (Beutel 2005). Sie sollten die Beobachtung, Beschreibung<br />

und Bewertung an einer <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung und Ermutigung verpflichteten<br />

Wahrnehmung <strong>der</strong> Schülerschaft ausrichten. Eine altersgemäße und verständliche<br />

Sprache sollte gewählt werden, die auf den Dialog mit Kin<strong>der</strong>n und Eltern zielt. Es ist<br />

Verdienst <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>pädagogen, damit erstmalig verbindliche Kriterien – in heutiger<br />

Sprache „Schreibstandards“ – für eine anspruchsvolle Berichtspraxis formuliert zu<br />

haben. Zugleich stellt sich die Frage <strong>der</strong> pädagogischen Verhältnismäßigkeit von<br />

wünschenswerter Individualität, Prozessdiagnose und Lernunterstützung durch solche<br />

Zeugnisse auf <strong>der</strong> einen Seite und potenzieller distanzloser Charakterdiagnose auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist – soviel bleibt klar – auch in <strong>der</strong> <strong>Reform</strong>pädagogik<br />

eine ausgeübte Form <strong>der</strong> Herrschaft.<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

2. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> und allgemeine Didaktik<br />

Mit <strong>der</strong> Bildungsreform <strong>der</strong> 1970er Jahre wird die <strong>Leistungsbeurteilung</strong> erneut heftig<br />

kritisiert. Empirische Studien <strong>zur</strong> Notengebung (Ingenkamp 1971) belegen fehlende<br />

Objektivität, Reliabilität, Validität <strong>der</strong> gängigen Praxis einseitig kommunizierter<br />

Ziffernzensuren und weisen auf mangelnde Aussagekraft und unerwünschte Folgewirkungen<br />

von Noten hin. In Blick auf eine Stärkung von Selbstbestimmung und Mitverantwortung<br />

– wichtigen Erziehungszielen einer demokratischen Schule – scheint<br />

die Benotung durch Zahlen ungeeignet zu sein. Zugleich soll die <strong>Reform</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> die emanzipatorischen und aufklärerischen Funktionen <strong>der</strong><br />

Schule stärken. Hierzu gehören Aspekte <strong>der</strong> Gerechtigkeit sowie <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Didaktik: „Zensuren und Berechtigungen müssen nach gleichen Kriterien vergeben<br />

werden. ... Es wird erwartet, dass die Lehrer alle Kin<strong>der</strong> för<strong>der</strong>n und im Auge behalten,<br />

daß sie keine Lieblinge haben, keine Schüler ablehnen. Vor allem aber sollen<br />

sie gerecht zensieren“ (Flitner 1987: 27). Für die Schule ist ein ständiger Anpassungsdruck<br />

ihrer Gerechtigkeitsvorstellungen und ihrer Beurteilungsinstrumente unter<br />

diesem Blickwinkel konstitutiv. Notengebung und Zeugniswesen sind keine<br />

Instrumente, die unverän<strong>der</strong>lich sind. Didaktik, Methodik und Lernen müssen<br />

individuell und zeitbezogen mo<strong>der</strong>nisiert werden, wobei die Vorstellungen von Gerechtigkeit,<br />

Leistung und Demokratie <strong>der</strong> Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Bezügen<br />

zum alltäglichen Handeln in Schule und Unterricht zwingend dazu gehören. Schule<br />

muss sich hier ständig anpassen, „... nicht nur deshalb, weil sie sonst hinter <strong>der</strong> Entwicklung<br />

des Rechts- und Demokratieverständnisses <strong>zur</strong>ückbleibt, son<strong>der</strong>n weil sie als<br />

bürokratisches System aus sich selbst fortwährend neues Unrecht erzeugt, wenn sie<br />

nicht ständig auch an Problemen ihrer Gerechtigkeit arbeitet“ (ebd.: 41).<br />

Wolfgang Klafki hat in seiner Allgemeinen Didaktik früh Aspekte einer demokratischen<br />

Begründung sowohl didaktischer Entscheidungen als auch des Leistungsverständnisses<br />

und <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> problematisiert – erstmals in einem<br />

bereits 1974 publizierten Vortrag (Klafki 1974), <strong>der</strong> er später von ihm in leicht überarbeiteter<br />

Form als Teilstudie seiner kritisch-konstruktiven Allgemeindidaktik zugefügt<br />

hat. Hierbei for<strong>der</strong>t er einen Leistungsbegriff, <strong>der</strong> individuelles Lernen im<br />

Mittelpunkt sieht und insbeson<strong>der</strong>e Gruppenleistungen sowie soziale Aspekte des<br />

Handelns und Lernens för<strong>der</strong>t. Schule muss demzufolge die Individualisierung <strong>der</strong><br />

Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen, <strong>der</strong> Lernprozesse und <strong>der</strong> Leistungsbewertung möglichst früh<br />

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Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

in den Blick nehmen. Dabei ist <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als Teil des didaktischen<br />

Handelns von Lehrenden zu verstehen. „Das Ergebnis <strong>der</strong> schrittweisen Leistungsbe-<br />

urteilung <strong>der</strong> Schüler wäre gleichzeitig immer eine Kontrolle <strong>der</strong> Qualität des vom<br />

Lehrer erteilten o<strong>der</strong> organisierten Unterrichts“ (ebd.: 97). <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist<br />

also ein Element des Lernvorganges. Lehrende und Lernende verständigen sich über<br />

die Effektivität des Lernprozesses und werten die erreichten Ergebnisse aus. Eine<br />

differenzierte Planung und Analyse von Unterricht muss demzufolge die Frage <strong>der</strong><br />

Beurteilung <strong>der</strong> dabei erbrachten Lernleistung sowohl in ihrer Funktion für das<br />

didaktische Arrangement des Unterrichts als auch im Sinne <strong>der</strong> Effektivität des<br />

Lernens aus <strong>der</strong> Schülerperspektive mit ins Kalkül ziehen. Klafki for<strong>der</strong>t mit <strong>der</strong><br />

Pädagogisierung des Leistungsverständnisses eine im Unterricht wie in <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />

zu würdigende Verschiedenheit, ein demokratisches, <strong>der</strong> Kommunikation<br />

zugängliches Lernfeld für eine mehrdimensionale Entwicklung Heranwachsen<strong>der</strong>:<br />

„Sofern es ein erziehungswissenschaftlich begründbares Verständnis des Leistungsbegriffs<br />

gibt, kann es nur in Orientierung an legitimierbaren Zielen <strong>der</strong> Erziehung und<br />

<strong>der</strong> Schule in einer sich als demokratisch verstehenden Gesellschaft gewonnen<br />

werden“ (ebd.: 87/88). Zugleich hat diese Lesart <strong>der</strong> kritisch-konstruktiven Didaktik<br />

(1985) mit dazu beigetragen, dass wir erneut und eher abseits ideologischer Belastungen<br />

über einen zeitgemäßen Begriff <strong>der</strong> Bildung nachdenken können, wobei<br />

demokratische Schulentwicklung zum Bestandteil „Allgemeiner Bildung“ wird<br />

(Beutel/Beutel 2007: 570). In Klafkis Konzept wird <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Allgemeinbildung<br />

direkt auf das Gerechtigkeitserfor<strong>der</strong>nis mo<strong>der</strong>ner demokratischer Gesellschaften bezogen:<br />

„Allgemein besagt hier, dass Bildung eine Möglichkeit und ein Anspruch aller<br />

Menschen …, ja letztlich <strong>der</strong> Menschheit im ganzen ist. (…) ‚Allgemein‘ zielt weiterhin<br />

auf das Gesamt <strong>der</strong> menschlichen Möglichkeiten, sofern sie mit Selbstbestimmung<br />

und <strong>der</strong> Entwicklung aller an<strong>der</strong>en Menschen vereinbar ist. (…) Die Bestimmung ‚allgemein‘<br />

… meint schließlich, dass Bildung sich … in <strong>der</strong> Aneignung von und <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem die Menschen gemeinsam Angehenden, mit ihren gemeinsamen<br />

Aufgaben und Problemen (vollzieht)“ (1985: 17/18). Dieses Konzept von<br />

Allgemeinbildung wird deshalb mit „Schlüsselproblemen“ konkretisiert, die nicht nur<br />

Themen von Politik und demokratischer Öffentlichkeit wie z.B. die Friedensfrage, die<br />

Technikfolgenabschätzung und die Entwicklungspolitik wi<strong>der</strong>spiegeln, son<strong>der</strong>n auch<br />

die „Demokratisierung als generelles Orientierungsprinzip <strong>der</strong> Gestaltung unserer gemeinsamen<br />

Angelegenheiten“ (ebd.: 21) meinen.<br />

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Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

3. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als Beteiligung<br />

Die Bildungsreformen <strong>der</strong> 1970er Jahre haben mit <strong>der</strong> pädagogischen <strong>Reform</strong> <strong>der</strong><br />

Grundschulen und <strong>der</strong> Etablierung von Gesamtschulen als Ergänzung und Alternativen<br />

zum geglie<strong>der</strong>ten Schulwesen neue Impulse für die <strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />

gesetzt: Lernberichte und kombinierte Zeugnisse sowie Diagnosebögen gehen über die<br />

Zensur hinaus und nehmen zumindest notenergänzend differenzierende verbale Anteile<br />

in Zeugnissen auf. Eine Vorreiterrolle nimmt die 1974 von Hartmut von Hentig<br />

gegründete Bielefel<strong>der</strong> Laborschule ein, in <strong>der</strong> „Erziehung <strong>zur</strong> Demokratie“ zum<br />

Schlüsselbegriff <strong>der</strong> Schulentwicklung wird. Das pädagogische Fundament dieser<br />

„Schule als Erfahrungsraum“ findet seine Entsprechung in einer Didaktik, die die<br />

Verschiedenheit <strong>der</strong> Lernenden in ein spannungsreiches Verhältnis setzt, auf äußere<br />

Differenzierung verzichtet, Lernen und Bildung nicht nach Fächern, son<strong>der</strong>n nach Erfahrungsbereichen<br />

glie<strong>der</strong>t, dialogisches Lernen anregt und Eigenverantwortung in <strong>der</strong><br />

Planung und Realisation von Lernwegen stärkt. Die Laborschule verzichtet im<br />

Rahmen dieser offenen und individualisierenden Didaktik bis zum Ende des 9. Schuljahres<br />

auf Notenzeugnisse und vergibt stattdessen „Berichte zum Lernvorgang“<br />

(BzLV). Studien <strong>zur</strong> Berichtspraxis an <strong>der</strong> Laborschule belegen, dass das Kollegium<br />

diagnostische Zuverlässigkeit und lernför<strong>der</strong>liche Wirkung <strong>der</strong> Berichte anstrebt,<br />

gleichwohl bleiben geschlechts-, fach- und jahrgangsstufenspezifische Einflüsse nicht<br />

aus (Lübke 1996). Deshalb wird seit Jahren in <strong>der</strong> Schule an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />

BzLV gearbeitet: Die Fehlbarkeit des Lehrerurteils wird gesehen, Schüler und Eltern<br />

haben die Möglichkeit, Korrektur und Verän<strong>der</strong>ung zu bewirken, also die Qualität <strong>der</strong><br />

Rückmeldung zu beeinflussen. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> an <strong>der</strong> Laborschule ist geprägt<br />

von dem stetigen Wunsch, vor allem den Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen Klarheit und Begründung<br />

für die Lerneinschätzung zu geben. Deutlich ist, dass mit Schülerinnen und<br />

Schülern sowie <strong>der</strong>en Eltern über das Lernen und die Berichte immer auch gesprochen<br />

werden muss, um eine gemeinsame Wahrnehmung des Lernens zu dokumentieren.<br />

Partizipationsmöglichkeiten sind hier offensichtlich vorhanden.<br />

4. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als Dialog und Rekonstruktion des Lernens<br />

Die von <strong>Reform</strong>schulen eröffneten Entwicklungskorridore einer för<strong>der</strong>lichen<br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> sind heute mehr denn je gefragt. Das erstaunt angesichts <strong>der</strong> Tatsache,<br />

dass in <strong>der</strong> Bildungspolitik gegenwärtig die Ziffernnote gestärkt wird und in-<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

zwischen sieben Bundeslän<strong>der</strong> am Ende des zweiten Schuljahres die Notenfreiheit –<br />

die in <strong>der</strong> Grundschule bereits erreicht worden war – wie<strong>der</strong> aufheben. Zu diesem<br />

aktuell konservativen Zug in <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> gehört auch die Konjunktur <strong>der</strong><br />

Kopfnote als Ziffernnote. Dennoch hält das Bestreben an, reformpädagogisch in-<br />

spirierte Formen des Lehrens und Lernens auch im Regelschulwesen zu etablieren.<br />

Gesucht werden Wege motivieren<strong>der</strong> Leistungsrückmeldungen, die Zutrauen in Lern-<br />

ergebnisse schaffen, mit denen Lernpfade und Lernstrategien entwickelt und begleitet<br />

werden können auch deshalb, weil eine Optimierung <strong>der</strong> Lerneffektivität von Schulen<br />

auf Ebene <strong>der</strong> Institution und auf Systemebene ohne eine solche Evaluationsstrategie<br />

nicht denkbar ist. So gesehen darf man die Hoffnung hegen, dass eine verständigungsorientierte<br />

und partizipative <strong>Leistungsbeurteilung</strong> einen Beitrag <strong>zur</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />

Systemeffektivität des Bildungswesens leisten kann und deshalb auch bildungspolitisch<br />

wichtiger werden wird.<br />

Die Befunde <strong>der</strong> internationalen Vergleichsuntersuchungen haben die un<strong>zur</strong>eichende<br />

Effektivität des sehr heterogenen deutschen Schulwesens gezeigt. Die IGLU-Studie<br />

hingegen hat bei <strong>der</strong> Lesekompetenz belegt, dass die Grundschule im Durchschnitt<br />

gute Leistungen erbringt: „Die Grundschullehrer(innen) können ganz offensichtlich,<br />

an<strong>der</strong>s als ihre Kolleg(inn)en im Sekundarschulbereich, mit Unterschieden umgehen“<br />

(Konrad 2007: 123). So bleibt die Notwendigkeit, mit Verschiedenheit konstruktiv,<br />

erfolgsbezogen und lernför<strong>der</strong>lich umzugehen, eine wichtige Aufgaben <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

Schulentwicklung und damit auch <strong>der</strong> Rückmeldung und Zertifizierung von<br />

Lernen. Hier korrespondieren die anstehenden <strong>Reform</strong>bemühungen in Schule, Unterricht<br />

und <strong>Leistungsbeurteilung</strong> mit einem demokratietypischen Grun<strong>der</strong>for<strong>der</strong>nis: Verschiedenheit<br />

und damit heterogene Strukturen sind in offenen, pluralen Gesellschaften<br />

nicht nur akzeptiert, son<strong>der</strong>n konstitutiv. Dieser demokratiespezifische Zug muss deshalb<br />

auch die <strong>Leistungsbeurteilung</strong> prägen. Dabei steht im Mittelpunkt, Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche zu ermutigen, sie in ihren Selbstkonzepten zu stärken, sie verantwortungsbereit<br />

werden zu lassen im Kontext eines Anerkennungsverhältnisses, das<br />

im Schulleben nachweisbar ist. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> als gerechtes Ergebnis eigener<br />

Wirksamkeit zu erfahren, trägt <strong>zur</strong> demokratischen Handlungskompetenz bei.<br />

Gerade die Best-Practice-Beispiele des „<strong>Deutsche</strong>n Schulpreis“ (Fauser et al. 2007,<br />

2008, 2009) zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine hohe Unterrichtsqualität anstreben,<br />

ausdifferenzierte Formen <strong>der</strong> Leistungsdokumentation und <strong>der</strong> Beurteilungs-<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

praxis anwenden, ihre Schülerschaft in den Diskurs über die Lernleistungen einbeziehen<br />

und aspektreich mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen umgehen. Für<br />

die Wartburg-Grundschule in Münster und die Jenaplan-Schule in Jena ist die<br />

pädagogische Bedeutung des Beurteilungshandelns und die Verständigung darüber,<br />

Teil didaktischen Handelns und des Anspruchs auf eine demokratisch gehaltvolle<br />

Schulpraxis, den diese Häuser vertreten.<br />

Wartburg-Grundschule: Verantwortung für sich und an<strong>der</strong>e tragen<br />

Die Wartburg-Grundschule hat nicht nur ein Bewusstsein von <strong>der</strong> pädagogischen<br />

Problematik <strong>der</strong> frühen Sortierung <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler nach Leistung aufgrund<br />

<strong>der</strong> Schulartzuweisungen zum Ende <strong>der</strong> Grundschulzeit und <strong>der</strong> Anwendung<br />

tradierter und ritualisierter Formen von Zeugnissen und Notengebung, son<strong>der</strong>n auch<br />

Formen einer auf Lernför<strong>der</strong>ung, Individualisierung und Selbstverantwortung<br />

zielenden Praxis <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> konzipiert, erprobt und fortgeschrieben. Das<br />

Kollegium hat sich differenzierte Instrumente erarbeitet, die Lernbegleitung und<br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> verbinden. Dieser Ertrag einer gemeinsamen kollegialen Anstrengung<br />

belegt ein konstruktives Bemühen um Gerechtigkeit und Bildungserfolg.<br />

Wo liegen dessen Beson<strong>der</strong>heiten?<br />

Die Schule hat erhebliche Anstrengungen unternommen, den Brückenschlag vom<br />

Elementar- zum Primarbereich als beson<strong>der</strong>e Anfangsform des Lernens zu gestalten<br />

und darin eine Frühför<strong>der</strong>ung in gemeinsamer Bildungsverantwortung zwischen KiTa,<br />

Schule und Elternhaus einzubetten. Die Sicherung vorschulischer und schulischer Anschlussfähigkeiten<br />

wird durch die Abstimmung von Bildungsstandards sowie <strong>der</strong>en<br />

Dokumentation gewährleistet. Für jedes Kind wird ein Begleitportfolio erstellt und<br />

geführt, dass bspw. Beobachtungsbögen, standardisierte Überprüfungen, Ergebnisse<br />

von Lernstandserhebungen und Zielvereinbarungen enthält. An <strong>der</strong> Wartburg-<br />

Grundschule in Münster wird dies als „Miniakte“ bezeichnet. Innerschulisch reichen<br />

die Teams <strong>der</strong> altersgemischten Gruppen 1/2 diese an das Nachfolgeteam 3/4 weiter.<br />

Es gibt begleitende Übergabegespräche und Hospitationen. Kennzeichnend ist zudem,<br />

dass beide Jahrgangsteams ihre Verantwortung für das Kind und dessen Lernerfolg<br />

gemeinsam bis zum Ende <strong>der</strong> Grundschulzeit wahrnehmen. Dabei ist gegenwärtig,<br />

dass Beobachtungen und Einschätzungen zu den jeweiligen Schülerinnen und<br />

Schülern immer auch fehleranfällig und subjektiv sein können, im kollegialen Aus-<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

tausch aber Korrektur und Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> eigenen Perspektive möglich sind. In<br />

jedem Fall bleibt durch dieses Vorgehen nicht nur ein Ausschnitt aus <strong>der</strong> Lernbiografie<br />

gegenwärtig, son<strong>der</strong>n die gesamte Entwicklungsgeschichte des Kindes, beobachtet<br />

von allen Lehrerinnen und Lehrern, die es in <strong>der</strong> Grundschulzeit begleiten.<br />

Seine Potenziale und Ressourcen können vor diesem Hintergrund eingeschätzt<br />

werden. Es gibt weiterhin ein Konzept von pädagogischer Lernför<strong>der</strong>ung, das an<br />

Kommunikation und Verstehen des Lernens ausgerichtet ist. Die Schülerinnen und<br />

Schüler werden an <strong>der</strong> Rekonstruktion ihres Lernens beteiligt und es wird ein Teil <strong>der</strong><br />

Leistungsdokumentation in ihre Darstellung übergeben. Die zu erwerbenden<br />

Kompetenzen sind dabei transparent und verständlich ausgewiesen bspw. in Lernlandkarten.<br />

Das sind symbolische und zugleich genau beschriebene Lernwegsabfolgen, in<br />

denen die Kin<strong>der</strong> ihren Lernstand auf <strong>der</strong> Basis von Selbsteinschätzungen eintragen –<br />

Vorformen von Kompetenzrastern werden dabei sichtbar.<br />

Einen die <strong>Leistungsbeurteilung</strong> begleitenden Dialog zwischen den Kin<strong>der</strong>n und Lehrkräften<br />

ermöglichen die schulzeitbegleitenden Lerntagebücher, die Portfolioanteile<br />

beinhalten und offen sind für Kommentierungen von Schüler- und Lehrerschaft. Sie<br />

sind zugleich auch Dokument gemeinsamer Überlegungen <strong>zur</strong> Lernplanung. Die Entwicklung<br />

von Reflexionskompetenz, wie es die Wartburg-Grundschule nennt, wird<br />

aber auch maßgeblich durch die altersgemischte Lerngruppe gestützt. Nach Abschluss<br />

<strong>der</strong> Lerneinheiten finden Gespräche statt, die die wechselseitige Beratung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

untereinan<strong>der</strong> begünstigen. Auf diese Weise erfahren die Schülerinnen und Schüler,<br />

dass sie nicht nur für das eigene Lernen verantwortlich sind, son<strong>der</strong>n ebenso für das<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Mitschülerinnen und Mitschüler. Sie üben sich zudem in einer adressatengerechten,<br />

ermutigenden und sprachlich angemessen Form <strong>der</strong> Rückmeldung, für sie<br />

wird es möglich, die wichtige Frage nach <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit und Wirkung des Lernens<br />

zu stellen.<br />

Kommunikation und Teilhabe werden durch differenzierte Formen <strong>der</strong> Aufzeichnung<br />

und Präsentation von Leistungen geför<strong>der</strong>t. Dazu gehört auch eine verbale Zeugnispraxis<br />

zu realisieren. Individuelle Lernentwicklungsberichte und Lernlandkarten<br />

bieten – gerade weil sie an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Gespräch orientiert<br />

sind – ein wichtiges Bindeglied in <strong>der</strong> Verständigung zwischen Schule, Schülerschaft<br />

und Elternhaus. Dadurch, dass in Münster eine den Lernprozess beständig begleitende<br />

Kommunikationskultur gepflegt wird, sind die Rezeptionsbedingungen <strong>der</strong> Zeugnis-<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

praxis ausgesprochen gut. Den Kin<strong>der</strong>n sind Regeln des Dialogs, <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>-<br />

setzung und <strong>der</strong> sanktionsfreien Äußerung bekannt. Die so vorbereiteten Kin<strong>der</strong>-<br />

sprechtage und <strong>der</strong>en dokumentiertes Entwicklungsgespräch zu den Zeugnissen lassen<br />

deshalb Spielraum für das eigene Verstehen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, für Nachfrage und bio-<br />

grafischen Bezug. In den Gesprächen geht es um gemeinsame Reflexionen von<br />

Lehrenden und Kin<strong>der</strong>n über Lernfortschritte und Lernschwierigkeiten, um konkrete<br />

Vereinbarungen nächster Arbeitsziele und um gewünschte Unterstützungsmaßnahmen<br />

bis zu einem festgelegten Termin. Damit wird ein die Kin<strong>der</strong> ernst nehmendes<br />

kontinuierliches Gespräch ermöglicht und die Verantwortung für einen möglichst<br />

positiv verlaufenden Lernweg sichtbar realisiert.<br />

Jenaplan-Schule: Verantwortung und Beteiligung - Lernen und Leistung auch aus<br />

Schülersicht<br />

An <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Wende gegründeten Jenaplan-Schule (JPS) in Jena sind die reformpädagogischen<br />

Wurzeln noch greifbar. Die JPS, so Fauser „… erzeugt durch ihre<br />

Organisation und ihre pädagogische Arbeit eine Differenz zum institutionellen<br />

Normalfall mo<strong>der</strong>ner Schule. Strukturell institutionalisiert sie dadurch auf Dauer eine<br />

kritische und zugleich produktive Perspektive gegenüber den Schematisierungen,<br />

denen die Schule folgt und <strong>der</strong> `Systemverfallenheit`, von <strong>der</strong> sie auch von innen bedroht<br />

wird (2008: 20). Die didaktische Choreographie <strong>der</strong> Schule nutzt die Altersmischung,<br />

Stammgruppen, Rhythmisierungen, individuelle und gemeinsame Lernformen<br />

sowie fachlichen und fächerverbindenden Unterricht. Formen einer<br />

differenzierten und verbalen <strong>Leistungsbeurteilung</strong> stützen eine Philosophie des<br />

Hauses und des in ihr tätigen Kollegiums, das nicht fremdbestimmt gesellschaftliche<br />

Systemfunktionen erfüllen will. Vielmehr geht es an <strong>der</strong> Jenaplan-Schule darum,<br />

Schülerinnen und Schüler frühzeitig in einen Dialog über das Lernen, in eine<br />

Reflexion dessen biographischer Bedeutung einzubinden: „Nur wer seinen eigenen<br />

Leistungsstand kennt, Ursachen für Erfolge und Misserfolge analysieren kann, wird<br />

Ziele und Wege für sein weiteres Lernen und Arbeiten bestimmen können“ (John et al.<br />

2008: 135). Damit wird anerkannt, dass Lernen gemeinsam geplant werden muss und<br />

vor allem Lernfortschritte erst dann wirksam initiiert werden können, wenn die<br />

Perspektiven <strong>der</strong> Lehrenden und Lernenden zusammengeführt und Kriterien transparent<br />

werden, wenn Selbst- und Fremdeinschätzung dauerhaft in die Unterrichts-<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

kultur eingebunden sind und nicht Nebenprodukte <strong>der</strong> Zeugnisvergabe bleiben. Die<br />

Schule nutzt „Entwicklungsberichte“, vergibt aber nach Vorgabe des Thüringischen<br />

Kulturministeriums in den Jahrgängen 7 und in Abschlusszeugnissen auch Noten.<br />

Die Vertrautheit <strong>der</strong> Schülerschaft mit Sprache, Rückmeldung und Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

wird im Verlauf <strong>der</strong> Schuljahre durch schriftliche Kommentare bspw. <strong>zur</strong><br />

Wochenplanarbeit, zum Kursunterricht und zu Stammgruppenprojekten vorbereitet. In<br />

den Jahrgangsstufen 4-6 kommen auch schriftliche Rückmeldungen <strong>der</strong> Mitlernenden<br />

hinzu, ebenso kriteriengeleitete Selbsteinschätzungen. In den Zeugnisbriefen <strong>der</strong><br />

Lehrkräfte wie<strong>der</strong>um werden die darin nie<strong>der</strong>geschriebenen Einsichten <strong>der</strong><br />

Schülerinnen und Schüler aufgenommen und durch die Perspektive <strong>der</strong> Lehrenden<br />

ergänzt.<br />

Die dialogisch angelegte und praktizierte Berichtspraxis ist eingebunden in intensive<br />

Gespräche. Hierbei wird die Rezeption und Lesart <strong>der</strong> Texte gesichert und die Option<br />

eröffnet, möglicherweise auch Korrekturen vorzunehmen, weil die Subjektivität <strong>der</strong><br />

<strong>Leistungsbeurteilung</strong> nicht tabuisiert wird. Eine Vereinbarung am Ende <strong>der</strong> Zeugnisgespräche<br />

stellt sicher, dass Lern- und Entwicklungsvorhaben von allen Beteiligten<br />

getragen und unterstützt werden können: „<strong>Der</strong> Schüler legt während des Gesprächs<br />

seine Ziele fest. Dadurch erhalten diese eine ganz neue Qualität. Denn er entscheidet<br />

aktiv darüber, was ihm wichtig ist“ (a.a.O.: 149). Das folgende Beispiel von Klaus<br />

belegt, dass <strong>der</strong> Schüler angesichts des nahenden Abiturs sehr genau seine Arbeitshaltung<br />

reflektiert, seine Erwartungen an Noten äußert, aber auch konkrete Schritte<br />

benennt, die langfristig zum Schulerfolg führen: „Für das kommende Schuljahr nehme<br />

ich mir vor: Auf alle Fälle will ich das Abitur schaffen. Da ist es wichtig, meine 2 in<br />

Französisch zu halten. Dafür sollte ich weiterhin Vokabeln zu Hause üben. Auch in<br />

den an<strong>der</strong>en Fächern habe ich mir vorgenommen, mich zu verbessern. Da ich in vielen<br />

Fächern von 1 auf 2 gerutscht bin, so auch in Deutsch, will ich das `Sehr gut` wie<strong>der</strong><br />

erreichen. Insgesamt muss ich noch mehr zu Hause tun und die Schulsachen erledigen,<br />

bevor ich mich an meinen Rechner setze. An<strong>der</strong>s kann ich die sehr guten Noten nicht<br />

erreichen. Wichtig ist auch die Projektarbeit, wo ich mit Martin und Marius über den<br />

Computer arbeite. Bis Weihnachten sollte <strong>der</strong> schriftliche Teil fertig geschrieben sein,<br />

so dass ich mich danach dem Produkt widmen kann“ (a.a.O.: 145).<br />

Deutlich wird, dass differenzierte Formen <strong>der</strong> Aufzeichnung und Präsentation von<br />

Leistungen durch Kommunikation und Teilhabe gesichert werden. Die Schule schafft<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

damit Bindeglie<strong>der</strong> zwischen Schule, Schülerschaft und Elternhaus, die <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

und Stärkung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen dienlich sind. Eine solche Praxis wird ge-<br />

stützt durch die empirische Zeugnisforschung insbeson<strong>der</strong>e zu verbalen Beurteilungs-<br />

formen, die belegt, dass nicht die überkommene Polarisierung „Note o<strong>der</strong> Bericht“<br />

entscheidend ist, son<strong>der</strong>n die Qualität <strong>der</strong> Beurteilung, <strong>der</strong> Kommunikation und <strong>der</strong><br />

Anerkennung (Beutel 2008; 2009).<br />

5. Verständigung suchen, Verantwortung teilen – ein demokratiepädagogisches<br />

Lernfeld<br />

Mit <strong>der</strong> Kritik am Zeugniswesen verbunden ist nicht nur die seit den Studien<br />

Ingenkamps empirisch nachgewiesene Unzulänglichkeit son<strong>der</strong>n ebenso, dass die<br />

Heterogenität <strong>der</strong> Schülerschaft durch die Einordnung in simple Notenstufen ignoriert<br />

wird, die Beurteilungsmacht einseitig bei den Lehrenden liegt, dass Mitsprache und<br />

Beteiligung zu selten realisiert und eine Unterstützung <strong>der</strong> Selbstständigkeit und Verantwortungsübernahme<br />

von Schülerinnen und Schülern wie Eltern nicht hinreichend<br />

<strong>zur</strong> Wirkung gelangt.<br />

Viele Schulen versuchen inzwischen gerade diese Aspekte zum Teil ihrer Entwicklung<br />

werden zu lassen und bemessen eine qualifizierte <strong>Leistungsbeurteilung</strong> auch daran, ob<br />

sie dazu beiträgt, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche ihre Individualität gewürdigt sehen, in<br />

allen Kompetenzbereichen geför<strong>der</strong>t werden und lernpositive Selbstkonzepte (vgl.<br />

Beutel/Hinz 2008) auf dem Weg zu neuen Lernzielen und Möglichkeiten des Lernerfolges<br />

aufbauen können: „Wer das individuelle Lernen permanent mit dem an<strong>der</strong>er<br />

vergleicht und danach bewertet, beschädigt Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und<br />

Eigenverantwortung zugunsten einer wachsenden Abhängigkeit von außen. Gute<br />

Schulen trennen deshalb konsequent zwischen Situationen, in denen gelernt und<br />

Lernen geför<strong>der</strong>t werden soll, und solchen, in denen es darum geht, Leistungen zu<br />

messen und zu beurteilen; sie ergänzen und ersetzen Fremdbeurteilungen durch<br />

Selbsteinschätzung … sie ersetzen teilweise die Ziffernnoten bis ins siebte o<strong>der</strong> achte<br />

Schuljahr durch Lernberichte, sie för<strong>der</strong>n und anerkennen Leistungen in allen für<br />

Bildung und Lernen wertvollen Fel<strong>der</strong>n … (Fauser et al. 2008: 11/12).<br />

Was bedeutet dies für die Zeugnispraxis? Vor dem Hintergrund aktueller Studien mit<br />

Kin<strong>der</strong>n und Eltern <strong>zur</strong> Rezeption und zum Umgang mit Zeugnissen (vgl. Maier 2001,<br />

Valtin 2002, Beutel 2005) wird deutlich, dass sich die Schule von einer Praxis des<br />

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Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

Austeilens und des kommentarlosen Ausgebens von Zeugnissen verabschieden muss.<br />

Zeugnisse sollten Anlass geben, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Lerner-<br />

fahrungen wie auch diese beeinflussende drängende Lebensprobleme mitteilen können<br />

und eine aufmerksame Zuhörerschaft erfahren. Es bedarf dazu neuer Zeiteinheiten<br />

jenseits <strong>der</strong> an vielen Schulen üblichen Sprechstundentaktung nach „Schwierigkeitsgrad<br />

<strong>der</strong> Fälle“ von 5 bis 15 Minuten und ebenso geschützter Orte, damit Schülerinnen<br />

und Schüler sowie Eltern in einen vertrauensvollen Austausch über Stärken und<br />

Schwächen, über Versäumnisse, über offenen Fragen hineinfinden. Für die Lehrenden<br />

erwächst daraus die Verantwortung, eine solche Gesprächssituation vorzubereiten,<br />

mögliche Einstiegsimpulse zu geben, Regeln zu vereinbaren, darin aber vor allem den<br />

Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen ein vorrangiges und nicht gestörtes Re<strong>der</strong>echt ein<strong>zur</strong>äumen.<br />

Ihre för<strong>der</strong>liche – das heißt nicht beschönigende – Wirkung erfahren Zeugnisse dort,<br />

wo sie in einen Kontext des Dialogs und <strong>der</strong> Anerkennung eingebettet sind. Dass sich<br />

dieser an den Schulen entwickelt muss, ist eine <strong>der</strong> Konsequenzen einer solchen<br />

Perspektive. Dazu gehört, dass Schüler-Eltern-Sprechtage an Verbindlichkeit gewinnen<br />

und Gespräche nicht konsequenzenlos bleiben. Es ist hilfreich, auf Selbsteinschätzungsbögen,<br />

Gesprächsbögen, aber auch Formulare für Lernverträge <strong>zur</strong>ückgreifen<br />

zu können. Darin werden die Einschätzungen aller an <strong>der</strong> Unterredung teilnehmenden<br />

Personen festgehalten, es werden Verabredungen über Verantwortlichkeiten<br />

und lernför<strong>der</strong>liche Vorhaben fixiert, die im Unterricht gegenwärtig bleiben.<br />

Flankiert werden diese zeugnisrelevanten Prozesse von einer beständigen und in<br />

kleinen Zeiteinheiten realisierten „Konstruktiven Leistungsrückmeldung“. Diese<br />

orientiert sich an diagnostisch-gehaltvollen Dokumentationen des Lernweges, an<br />

Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Leistungsanfor<strong>der</strong>ungen, an einer verän<strong>der</strong>ten<br />

Fehlerkultur, an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Selbsteinschätzungen und Selbstreflexionen<br />

<strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler: „ Eines <strong>der</strong> grundlegenden Ziele …sollte<br />

die Ausbildung von Selbstbewusstsein sein und damit verbunden die Fähigkeit, eigene<br />

Stärken und Schwächen einordnen zu können und mit ihnen umgehen zu lernen. Das<br />

bedeutet, Kontrolle, Leistungsbewertung und –rückmeldung in <strong>der</strong> Unterrichtspraxis<br />

nicht allein den LehrerInnen zu überlassen, son<strong>der</strong>n die SchülerInnen, wann immer<br />

möglich, <strong>zur</strong> eigenen Beurteilung ihrer Leistungen und <strong>zur</strong> Begründung ihrer Einschätzungen<br />

aufzufor<strong>der</strong>n“ (Hannemann 2007: 65).<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

6. Folgerungen und <strong>Thesen</strong><br />

Ich beschließe meinen Kommentar mit sechs <strong>Thesen</strong>. Sie heben hervor, dass es vor<br />

allem darum gehen muss, Kin<strong>der</strong> und Jugendliche bei <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

Kompetenzen zu unterstützen, die es ihnen ermöglichen, eigenverantwortlich über ihr<br />

Lernen nachdenken zu können und in Kooperation mit ihren Lehrerinnen und Lehrern<br />

über Lernwege, Ziele und eine möglichst positive Entwicklung <strong>der</strong>selben beraten zu<br />

können.<br />

1. För<strong>der</strong>liche und differenzierende Formen <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> sind ein<br />

Instrument für einen konstruktiven pädagogischen Umgang mit Heterogenität in Lerngruppen<br />

und Schulklasse. Durch ihre Prioritätensetzung auf die „individuelle Bezugsnorm“,<br />

die zunächst den Vergleich mit dem Lernen des einzelnen Kindes in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund vor alle an<strong>der</strong>en Vergleichsebenen stellt, erschließen sich Potenziale für<br />

Ermutigung, die Kritik und genaue Diagnose für begleitende För<strong>der</strong>maßnahmen nicht<br />

ausschließen.<br />

2. <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist keine kommunikative Einbahnstraße, in <strong>der</strong> Lehrende den<br />

Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen Ergebnisse <strong>zur</strong>ückmelden, für <strong>der</strong>en Zustandekommen<br />

wie<strong>der</strong>um nur die Lernenden verantwortlich sein sollen. Dieses - natürlich bewusst<br />

zugespitzte - Bild eindimensionaler <strong>Leistungsbeurteilung</strong> (hier kann man besser von<br />

Bewertung, ja oft auch „Abwertung“ sprechen) kann heute nicht mehr gelten. Dies<br />

betrifft uns zumal in Zeiten, in denen Schulen auch in Blick auf ihren Ertrag im Fachlichen<br />

und Pädagogischen sowie auf ihre Effizienz als Ganzes betrachtet werden.<br />

Lehrerinnen und Lehrer müssen (in <strong>der</strong> Tendenz zunehmend mehr) Formen finden und<br />

Instrumente entwickeln, die das Zeugnis zum Anlass für ein anhaltendes Gespräch<br />

über das Lernen werden lassen- sei es nun ein Wort- o<strong>der</strong> auch ein Ziffernzeugnis.<br />

3. Pädagogische <strong>Leistungsbeurteilung</strong> ist ein Beitrag <strong>zur</strong> Demokratisierung von<br />

Schule und Lernen durch aktiven Wechsel <strong>der</strong> Perspektive seitens <strong>der</strong> Lehrenden. Ein<br />

Hauptgrund hierfür liegt darin, dass bei einer solchen pädagogischen Leistungsbewertung<br />

nicht mehr nur über die Kin<strong>der</strong> gesprochen, son<strong>der</strong>n sie selbst zu Beteiligten<br />

eines an <strong>der</strong> Lernentwicklung und <strong>der</strong>en Verbesserung orientierten Gespräches<br />

werden. Ein zweiter Aspekt liegt darin, dass auf diese Weise - auch bei<br />

problematischen Lern- und Entwicklungslagen - die für schlechte Zensuren sprichwörtlich<br />

und oft literarisch gewordenen Demütigungserfahrungen bei Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen ausgeschlossen o<strong>der</strong> wenigstens erheblich gemil<strong>der</strong>t werden können.<br />

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Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

Sanktionen und Abwertung durch Zensur muss an je<strong>der</strong> Schule ausgeschlossen<br />

werden, denn gerade die Forschungen <strong>zur</strong> Jugendgewalt auch an Schulen <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre und alle aktuellen Entwicklungsprogramme und Projekte <strong>zur</strong> Stärkung <strong>der</strong><br />

demokratischen Atmosphäre im Schulalltag betonen Anerkennung und Verzicht auf<br />

Exklusion bei <strong>der</strong> Beurteilung von Leistungen als wichtiges Element zeitgemäßer<br />

Schulpädagogik.<br />

4. <strong>Leistungsbeurteilung</strong>- insbeson<strong>der</strong>e eine pädagogische und <strong>der</strong> Lernför<strong>der</strong>ung ver-<br />

pflichtete- ist ein zentraler Bestandteil pädagogisch-professionellen Handelns und<br />

bedarf deshalb in <strong>der</strong> alltäglichen Praxis von Schule, aber auch in <strong>der</strong> Aus- und <strong>der</strong><br />

Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern verstärkter Aufmerksamkeit.<br />

In <strong>der</strong> gegenwärtigen Debatte um Formen und <strong>Reform</strong>en <strong>der</strong> Lehrerbildung wird<br />

dieser Teil des Berufsbildes von Lehrenden schon deshalb eine größere Rolle spielen,<br />

als dies bislang <strong>der</strong> Fall war. In Blick auf die Lehramtsstudiengänge, die auch weiterhin<br />

große Schwerpunkte in <strong>der</strong> universitär gebundenen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<br />

Wissenschaftsdisziplinen haben werden- also nach wie vor primär fachlich orientiert<br />

sind (Sekundarstufen-Studiengänge, Gymnasiales Lehramt) - werden sich die einschlägigen<br />

Fachdidaktiken verstärkt dem Aspekt <strong>der</strong> pädagogischen Diagnostik zuwenden<br />

müssen: Bewertungshandeln - wie es die beiden hier präsentierenden Schulen<br />

zeigen - lässt sich in <strong>der</strong> Tat als didaktisches Handeln verstehen.<br />

5. Pädagogische <strong>Leistungsbeurteilung</strong> bedarf einer beständigen begleitenden<br />

kritischen Reflexion ihrer eigenen Praxis. Dies gilt gerade auch dann, wenn Qualität in<br />

<strong>der</strong> Beurteilung, auch in <strong>der</strong> verbalen Form bspw. durch transparente „Schreibstandards“,<br />

erreicht werden kann. Allzu viel Routine ist <strong>der</strong> Feind des Gewinns <strong>der</strong><br />

Individualität. Überdies wird <strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Supervision und <strong>der</strong> kollegialen Vergewisserung<br />

im professionellen pädagogischen Handeln künftig eine zunehmende<br />

Rolle spielen, in <strong>der</strong> alltäglichen Unterrichtspraxis, <strong>der</strong> didaktisch-methodischen<br />

Reflexion und eben auch <strong>der</strong> lernför<strong>der</strong>lichen <strong>Leistungsbeurteilung</strong>. Gerade hierbei<br />

und in <strong>der</strong> Bereitschaft, sich durch Formen wissenschaftlicher Begleitung Anknüpfungspunkte<br />

für eine kontrollierte Selbstaufklärung über das beruflichpädagogische<br />

Handeln zu schaffen zeigen gute Schulen ihre Leistungsstärke.<br />

6. Die Beiträge <strong>der</strong> Wartburg-Grundschule und <strong>der</strong> Jenaplan-Schule belegen, dass<br />

sich Individualisierung im Lernen und beim Unterricht auf die <strong>Leistungsbeurteilung</strong><br />

beziehen lässt, Schulen also entsprechende Instrumente einsetzen und anwenden<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

können. Zugleich wird jedoch deutlich, dass die Rahmenbedingungen des Lernens, vor<br />

allem aber auch <strong>der</strong> Leistungsdokumentation und -beurteilung erheblich verän<strong>der</strong>t<br />

werden müssen. Dabei sind gute Schulen auf eigenständige Anpassungen bestehen<strong>der</strong><br />

differenzieren<strong>der</strong> Formen <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong> aus. Es zeigt sich, dass Schulen<br />

mit kommunikativen Verfahren sowie för<strong>der</strong>ungsorientierter Lerndiagnostik einen<br />

Grundkonsens <strong>der</strong> Individualisierung schulischer Anfor<strong>der</strong>ungen und Angebote haben.<br />

<strong>Der</strong> Prozesscharakter von Lernen und Leistung sowie die För<strong>der</strong>ung von Lernen als<br />

Bestandteil einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung und eine Bewertungs-<br />

praxis, die <strong>der</strong> Erziehung <strong>zur</strong> Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit dient, ge-<br />

hören dazu. Die Befähigung zum eigenständigen Lernen, <strong>zur</strong> Selbstkontrolle und<br />

Selbsteinschätzung des Lernprozesses sind Schritte, die die Schülerinnen und Schüler<br />

früh erlernen.<br />

Literatur:<br />

Beutel, S.-I. (2005): Zeugnisse aus Kin<strong>der</strong>sicht. Kommunikationskultur an <strong>der</strong> Schule und<br />

Professionalisierung <strong>der</strong> <strong>Leistungsbeurteilung</strong>. Weinheim und München: Juventa.<br />

Beutel, S.-I. (2008): Lernentwicklungsberichte. In: Kunze, Ingrid/Solzbacher, Claudia (Hrsg.):<br />

Individuelle För<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Sekundarstufe I und II. Hohengehren: Schnei<strong>der</strong> Verlag,<br />

S. 165-172.<br />

Beutel, S.-I. (2009): <strong>Leistungsbeurteilung</strong> zwischen allgemeiner Didaktik und Demokratiepädagogik.<br />

In Lange, Dirk/Himmelmann, Gerhard (Hrsg.): Demokratiedidaktik.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (im Druck).<br />

Beutel, W./Beutel, S.-I. (2007): Integration und Differenz – aktuelle Herausfor<strong>der</strong>ungen für<br />

Schule und Unterricht. In: Pädagogische Rundschau, H. 5, S. 559-582.<br />

Beutel, S.-I. /Hinz, R. (2008): Schulanfang im Wandel. Selbstkonzepte <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> als<br />

pädagogische Aufgabe. Berlin: LIT-Verlag.<br />

Fauser, P. (2008): Jenaplan. Zwei Konzepte mo<strong>der</strong>ner Schule. In: John et al. (2008), S. 8-22.<br />

Fauser, P./Prenzel, M./Schratz, M. (Hrsg.) (2007): Was für Schulen! Gute Schule in Deutschland.<br />

Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer.<br />

Fauser, P./Prenzel, M./Schratz, M. (Hrsg.) (2008): Was für Schulen! Profile, Konzepte und<br />

Dynamik guter Schulen in Deutschland. Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer.<br />

Fauser, P./Prenzel, M./Schratz, M. (Hrsg.) (2009): Was für Schulen! Wie gute Schule gemacht<br />

wird – Werkzeuge exzellenter Praxis. Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer.<br />

Flitner, A. (1987): Gerechtigkeit als Problem <strong>der</strong> Schule. In: <strong>Der</strong>s. (1987): Für das Leben –<br />

O<strong>der</strong> für die Schule? Pädagogische und politische Essays. Weinheim/Basel: Beltz, S.<br />

15-44.<br />

Hannemann, D.: Leistung ohne Noten. Möglichkeiten konstruktiver Leistungsrückmeldung.<br />

Hohengehren: Schnei<strong>der</strong> Verlag 2007.<br />

Hansen-Schaberg, I. (2002): Historische reformpädagogische Schulkonzepte und ihre<br />

Rezeption. In: Hansen-Schaberg, I./Schonig, B. (Hrsg.): <strong>Reform</strong>pädagogik.<br />

Geschichte und Rezeption. Hohengehren: Schnei<strong>der</strong>, S. 1-10.<br />

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Exzellenzforum 2009 Leipzig - Kommentar Workshop 2<br />

Silvia-Iris Beutel: Im Dialog mit den Lernenden: Leistungsrückmeldung und Lernbegleitung<br />

Ingenkamp, Kh. (Hrsg.) (1971): Die Fragwürdigkeit <strong>der</strong> Zensurengebung. Texte und Untersuchungsberichte.<br />

Weinheim und Basel: Beltz.<br />

John, G./Frommer, H./Fauser, P. (Hrsg.) (2008): Ein neuer Jenaplan. Befreiung zum Lernen.<br />

Seelze/Velber: Kallmeyer.<br />

Klafki, W. (1974): Sinn und Unsinn des Leistungsprinzips in <strong>der</strong> Erziehung. In: Sinn und Unsinn<br />

des Leistungsprinzips. Ein Symposion. München: dtv, S. 73-110.<br />

Klafki, W. (1985): Sinn und Unsinn des Leistungsprinzips in <strong>der</strong> Schule. In: <strong>Der</strong>s.: Neue<br />

Studien <strong>zur</strong> Bildungstheorie und Didaktik. Beiträge <strong>zur</strong> kritisch-konstruktiven<br />

Didaktik. Weinheim und Basel: Beltz, S. 155-193.<br />

Konrad, F.-M (2007): Die Geschichte <strong>der</strong> Schule. München: C.H. Beck.<br />

Lübke, S.-I. (1996): Schule ohne Noten. Lernberichte in <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Laborschule. Opladen:<br />

Leske+Budrich.<br />

Maier, M. (2001): Das Verbalzeugnis in <strong>der</strong> Grundschule – Anspruch und Wirklichkeit.<br />

Landau: Verlag für Empirische Pädagogik.<br />

Valtin, R. (2002): Was ist ein gutes Zeugnis? Noten und verbale Beurteilungen auf dem Prüfstand.<br />

Weinheim/München: Juventa.<br />

Silvia-Iris Beutel, Dr. phil. habil., Professorin für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik<br />

mit dem Schwerpunkt Lehr-/Lernprozesse und empirische Unterrichtsforschung an <strong>der</strong><br />

Technischen Universität Dortmund. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: <strong>Leistungsbeurteilung</strong>,<br />

Individualisierung und Differenzierung, Schuleingangsphase, <strong>Reform</strong>schulen,<br />

Ganztagspädagogik, Demokratiepädagogik, Lehrerbildung. Seit 2006 als pädagogische<br />

Expertin und im Regionalteam West beim DSP tätig.<br />

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