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Weisung 2000-069(PDF)

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An den Grossen Gemeinderat<br />

Winterthur, 20. Dezember <strong>2000</strong><br />

Nr. <strong>2000</strong>/<strong>069</strong><br />

W i n t e r t h u r<br />

Beantwortung der Interpellation betreffend Bekämpfung der widerrechtlichen Abfallverbrennung,<br />

eingereicht von Gemeinderätin Hedi Strahm, namens der SP-Fraktion<br />

Am 5. Juli <strong>2000</strong> reichte Gemeinderätin Hedi Strahm namens der SP-Fraktion mit 36 Mitunterzeichnern<br />

und Mitunterzeichnerinnen folgende Interpellation ein:<br />

„Die widerrechtliche Abfallverbrennung im heimischen Kamin hat sich in der Schweiz zur wichtigsten Dioxinquelle<br />

entwickelt.<br />

Wer Kehricht im Cheminée oder im Garten verbrennt, nimmt eine hohe Umweltbelastung in Kauf. Neben Kohlenmonoxid,<br />

Stickoxid, Schwefeldioxid, Salzsäuregas, Schwermetallen, Russ, Formaldehyd und weiteren gesundheitsschädigenden<br />

Kohlenwasserstoffen entweichen dabei auch hochgiftige Dioxin- und Furan-Verbindungen.<br />

In der Schweiz werden laut BUWAL etwa 30 000 bis 60 000 Tonnen Müll schwarz verbrannt. Obwohl dies nur 1<br />

bis 2 Prozent der brennbaren Abfälle ausmacht, produzieren die Privathaushalte mit ihren widerrechtlichen Entsorgungsmethoden<br />

inzwischen mehr als doppelt so viel Dioxine und Furane wie sämtliche Sondermüll- und Kehrichtverbrennungsanlagen<br />

zusammen.<br />

Im Fall der Kleinfeuerungen treten die Emissionen zumeist in geringer Höhe über dem Boden auf. Dioxine aus<br />

der Verbrennung von Altholz, Plastik, Karton und Papier sind vorwiegend an Partikel gebunden und setzen sich in<br />

der näheren Umgebung der Schadstoffquelle ab. Deshalb kann bereits die Verbrennung einer relativ unbedeutenden<br />

Abfallmenge zu einer erheblichen Belastung des Verurs achers und seiner Nachbarschaft führen.<br />

Sofern es nicht gelingt, die Abfallsünder zu einer Verhaltensänderung zu motivieren, dürften deren Dioxinemissionen<br />

in den nächsten Jahren sowohl mengen- als auch anteilmässig weiterhin zunehmen.<br />

Aus diesem Grund stellen sich folgende Fragen:<br />

1. Wie beurteilt der Stadtrat die Gefährdung der Umwelt und der Gesundheit durch Dioxin in der Stadt Winterthur?<br />

2. Wie geht der Stadtrat gegen die widerrechtliche Abfallverbrennung vor?<br />

3. Bestehen technische Möglichkeiten zur Feststellung von Missbräuchen?<br />

4. Können die KaminfegerInnen zur Feststellung von Missbräuchen beigezogen werden?<br />

5. Wie will der Stadtrat die Bevölkerung für dieses Problem sensibilisieren und vor allem die Abfallsünder zu<br />

einem Umdenken bewegen?“<br />

Der Stadtrat erteilt folgende Antwort:<br />

Allgemeines<br />

Dioxine und Furane stehen unter den umwelt- und gesundheitsgefährdenden Stoffen seit<br />

Jahren an vorderster Stelle des umweltpolitischen Interesses. Sie sind chemisch eng verwandt<br />

und zählen zur Gruppe der aromatischen, halogenierten Kohlenwasserstoffe. Insgesamt<br />

existierten 75 verschiedene Dioxine und 135 Furane, von denen 17 Einzelverbindungen<br />

aufgrund ihrer ausserordentlich starken Giftwirkung biologisch von Bedeutung sind. Die


2<br />

Giftigkeit dieser Verbindungen wird in so genannten Toxizitätsäquivalenten (TEQ) angegeben.<br />

Alle Dioxine und Furane entstehen bei der Herstellung und Verarbeitung von chlorierten<br />

Kohlenwasserstoffen sowie hauptsächlich bei der Verbrennung von Produkten, die solche<br />

Chlorverbindungen enthalten. Sie sind also in erster Linie zivilisatorischen Ursprungs. Entsprechend<br />

findet man sie in den Abgasen von verbrannten Abfällen, Motorfahrzeugen und<br />

Haus- oder Industriefeuerungen. Besonders hohe Schadstoffkonzentrationen entweichen bei<br />

der unkontrollierten Verbrennung bestimmter Pestizide oder Holzschutzmittel – namentlich<br />

auf der Basis von PCB und PCP. Natürliche Ursachen wie Waldbrände und Vulkanausbrüche<br />

tragen zwar ebenfalls zur Belastung der Umwelt bei, spielen insgesamt aber eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Dioxine und Furane sind biologisch schwer abbaubar. Sie reichern sich deshalb in der obersten<br />

Bodenschicht, in Pflanzen sowie im Fettgewebe von Menschen und Tieren an, wo sie<br />

nahezu überall auf der Erde nachweisbar sind.<br />

Dioxine und Furane in der Schweiz<br />

Obwohl die Luftreinhalte-Verordnung für Dioxine und Furane keine spezifischen Grenzwerte<br />

vorsieht, ist es im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte gelungen, die gesamtschweizerischen<br />

Emissionen von total 484 Gramm TEQ im Spitzenjahr 1980 auf heute noch 72 Gramm zu<br />

reduzieren. Dieser beachtliche Rückgang ist laut dem Bundesamt für Umwelt, Wald und<br />

Landschaft (BUWAL) vor allem den erfolgreich umgesetzten Massnahmen zur Entstickung<br />

der Rauchgase bei Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) zu verdanken, in deren Gefolge der<br />

Schadstoff-Ausstoss sämtlicher Abfallentsorgungsanlagen von jährlich 365 auf 16 Gramm<br />

gesunken ist. Nicht zu unterschätzen ist aber auch der Beitrag anderer Verursachergruppen<br />

wie der Metallindustrie und des Baugewerbes, welche die Emission erwähnter Gifte bis<br />

heute um rund 80% vermindert haben. Im Bereich der technischen Anlagen sind die Möglichkeiten<br />

der Emissionsbekämpfung damit grösstenteils ausgeschöpft.<br />

Dieser Erfolg wird einzig durch die nach wie vor schlechte Bilanz der Privathaushalte getrübt.<br />

Infolge der geschilderten Reduktions-Anstrengungen im gewerblichen und industriellen Bereich<br />

ist ihr prozentualer Anteil am landesweiten Gesamtausstoss an Dioxinen und Furanen<br />

von vormals 4% auf heute rund 40% gestiegen.<br />

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 1998 den Toleranzwert für die gesundheitlich<br />

unbedenkliche Tagesdosis von Dioxin auf 4 Picogramm TEQ pro Kilogramm Körpergewicht<br />

festgesetzt. Eine erwachsene Person, die 75 Kilogramm wiegt, dürfte demnach ohne<br />

Risiko täglich 300 billionstel Gramm TEQ Dioxin zu sich nehmen. Der durchschnittliche Einkaufskorb<br />

mit Lebensmitteln in der Schweiz enthält aber dank erfolgreicher Emissionsbekämpfung<br />

eine deutlich geringere Menge solcher Giftstoffe. Nach Angaben des BUWAL ist<br />

die tägliche Dioxinaufnahme der hiesigen Bevölkerung zwischen 1990 und 1995 von 2,5 auf<br />

1,6 Picogramm pro Kilogramm Körpergewicht zurückgegangen. Die vereinzelte Aufnahme<br />

stärker belasteter Lebensmittel bedeutet deshalb kein nachweislich erhöhtes Gesundheitsrisiko.<br />

Zu den einzelnen Fragen:<br />

Zur Frage 1:<br />

Die Gefährdung der Umwelt und der Gesundheit durch Dioxin in Winterthur kann mangels<br />

lokaler Messwerte nur anhand der generellen Einschätzung des BUWAL beurteilt werden,<br />

wie sie eingangs dargelegt worden ist. Es bestehen auch keinerlei Hinweise dafür, dass die


3<br />

Bevölkerung in Winterthur einer gegenüber dem gesamtschweizerischen Durchschnitt erhöhten<br />

Dioxinbelastung ausgesetzt wäre. In Anlehnung an die erwähnten Mess- und Schätzungsresultate<br />

des BUWAL sowie die daraus gezogenen Schlussfolgerungen geht der Stadtrat<br />

deshalb davon aus, dass die Belastung der Bevölkerung von Winterthur durch Dioxine<br />

deutlich unter dem von der WHO festgelegten Toleranzwert der gesundheitlich unbedenklichen<br />

Tagesdosis für Dioxin von 4 Picogramm TEQ pro Kilogramm Körpergewicht liegt.<br />

Zur Frage 2:<br />

In der Stadtverwaltung wird die widerrechtliche Abfallverbrennung im konkreten Einzelfall je<br />

nach Tatbestand entweder durch die Flurpolizei, die Feuerpolizei oder das Gesundheitsamt<br />

bekämpft. Das Vorgehen bei festgestellten Verstössen richtet sich dabei in erster Linie nach<br />

den einschlägigen Bestimmungen des kantonalen Abfallgesetzes sowie der eidgenössischen<br />

Umweltschutzgesetzgebung, namentlich der Luftreinhalte-Verordnung und dem Umweltschutzgesetz.<br />

Nach ihrer zeitlichen Abfolge lassen sich die zur Anwendung gelangenden<br />

Massnahmen in der Regel in folgende Vorgehensschritte unterteilen:<br />

- schriftliche oder mündliche Information der fehlbaren Person;<br />

- Aufnahme eines Zustandrapports mittels des Instrumentariums, das zur Feststellung von<br />

Missbräuchen verfügbar ist (vgl. hierzu die Antwort zu Frage Nr. 3);<br />

- je nach Ergebnis: Nachkontrolle vorbehalten oder ankündigen, allenfalls Strafanzeige<br />

beim hierfür zuständigen Statthalteramt; im Jahresdurchschnitt werden etwa 10 bis 15<br />

Verstösse geahndet.<br />

Zur Frage 3:<br />

Zur Feststellung der widerrechtlichen Abfallverbrennung stehen den Untersuchungsbehörden<br />

gegenwärtig folgende Mittel zur Verfügung:<br />

- Visuelle Beurteilung des Brennstoffvorrates: Unerlaubte Brennstoffe geben einen Hinweis<br />

auf einen allfälligen Brennstoffmissbrauch.<br />

- Visuelle Beurteilung der Anlage, insbesondere des Kamins: Übermässige Korrosion an<br />

Wärmetauschern und/oder Glanzruss im Kamin geben einen Hinweis auf einen allfälligen<br />

Brennstoffmissbrauch.<br />

- Visuelle Beurteilung der Asche: Zurückgebliebene Nägel, Schrauben, Kunststoffund/oder<br />

Kartonreste sind stichhaltige Anhaltspunkte für einen Brennstoffmissbrauch.<br />

- der so genannte EMPA-Schnelltest einer Ascheprobe: Bei diesem Verfahren handelt es<br />

sich um Schnelltest-Analysen der Elemente Chlor, Zink und Blei, die basierend auf bestimmten<br />

Erfahrungswerten Aufschluss darüber geben, ob im zu beurteilenden Fall ausschliesslich<br />

Brennstoffe eingesetzt wurden, die gemäss Luftreinhalte-Verordnung zulässig<br />

sind. Das Gesundheitsamt der Stadt Winterthur verfügt über die Ausrüstung für den<br />

EMPA-Schnelltest und kann solche Analysen im Bedarfsfall durchführen.<br />

Zur Frage 4:<br />

Gestützt auf die Verfügung der Kantonalen Feuerpolizei zur Reinigung von Feuerungsanlagen<br />

vom 14. Oktober 1994 (in der Fassung vom 16. März 1998) sind Kaminfegerinnen und<br />

Kaminfeger verpflichtet, anlässlich der vorgeschriebenen Reinigungsarbeiten festgestellte<br />

schadhafte Feuerungsanlagen den Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümern zu<br />

melden und im Gebäudekontrollheft einzutragen. Bei grosser Gefahr oder wenn Mängel trotz<br />

wiederholter Aufforderung nicht behoben werden, ist der Feuerpolizei Meldung zu erstatten.<br />

Gemäss § 22 der Besonderen Bauordnung I vom 6. Mai 1981 werden Feuerungsanlagen


4<br />

überdies bei jeder Kaminreinigung auf Russ- und Rauchbildung überprüft. Durch ihre Feststellungen<br />

im Rahmen dieser Reinigungs- und Kontrollarbeiten leisten die Kaminfegerinnen<br />

und Kaminfeger schon heute einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der widerrechtlichen<br />

Abfallverbrennung. Dies trifft umso mehr zu, als nebst dem Gesundheitsamt inzwischen auch<br />

der Kaminfegermeister-Verband Winterthur und Umgebung in der Lage ist, den erwähnten<br />

EMPA-Ascheschnelltest durchzuführen, und im Bedarfsfall von diesem technischen Hilfsmittel<br />

auch Gebrauch macht.<br />

Zur Frage 5:<br />

Das Gesundheitsamt der Stadt Winterthur hat das Verbot der umweltgefährdenden Abfallverbrennung<br />

bereits Ende 1995 zum Anlass genommen, ein Merkblatt mit der Überschrift<br />

„Abfälle nicht selber verbrennen, bitte!“ auszuarbeiten. Im Sinn einer gezielten, ursachengerechten<br />

Prävention wird dieses werbewirksam gestaltete Merkblatt seither sämtlichen Feuerungsbewilligungen<br />

für Cheminées, Schwedenöfen oder Holzfeuerungen beigelegt, um die<br />

primäre Verursachergruppe der Besitzerinnen und Besitzer von Feuerungsanlagen in ansprechender<br />

Art und Weise umfassend über den Tatbestand der widerrechtlichen Abfallverbrennung<br />

in Kenntnis zu setzen. Im Übrigen können auch andere interessierte Personen das<br />

fragliche Merkblatt jederzeit beim Gesundheitsamt beziehen. Zur Verminderung von umweltschädlichen<br />

Falschentsorgungen trägt nicht zuletzt aber auch bei, dass das Gesundheitsamt<br />

die Verantwortlichen der traditionellen 1. Augustfeierlichkeiten jedes Jahr schriftlich darauf<br />

aufmerksam macht, dass in den Höhenfeuern ausschliesslich naturbelassenes Holz verbrannt<br />

werden darf. Das verwendete Brennmaterial wird überdies von der Feuerpolizei auch<br />

regelmässig vor Ort einer Prüfung unterzogen, über die das Gesundheitsamt Aufzeichnungen<br />

führt.<br />

Mit der Einführung der Sackgebühr im Februar 1996 machte sich in Winterthur leider auch<br />

eine Kehrseite dieses Gebührensystems bemerkbar, indem einige Gebührenpflichtige dazu<br />

übergingen, ihre Abfälle nicht verursachergerecht, sondern zu Lasten der Allgemeinheit zu<br />

entsorgen. Dabei handelt es sich indessen nur um eine kleine Minderheit der Bevölkerung.<br />

Im Kampf gegen die Falschentsorgung und speziell gegen das widerrechtliche Verbrennen<br />

von Siedlungsabfällen baut der Stadtrat deshalb wie bis anhin auf folgende Massnahmen:<br />

1. Repressive Massnahmen (Überwachungen, Kontrollen, Verzeigungen usw.)<br />

2. Präventive Massnahmen (Aufklärung über Kaminfeger, Abgabe von Informationen beim<br />

Kauf von Feuerungsanlagen, Informationen im Rahmen von Bewilligungen usw.)<br />

3. Öffentlichkeitsarbeit (Regelmässige Kampagnen gegen das Falschentsorgen resp. für<br />

das richtige Entsorgen von Siedlungsabfällen, Informationen an Schulen, Abfall-Leitfaden,<br />

Abfalltelefon usw.)<br />

Schliesslich ist nicht ausser Acht zu lassen, dass von der widerrechtlichen Abfallverbrennung<br />

nahezu ausnahmslos im privaten Umfeld – etwa im Cheminée oder im eigenen Schrebergarten<br />

– Gebrauch gemacht wird, was deren Ermittlung durch die Kontrollbehörden erheblich<br />

erschwert. Aus diesem Grund kommt der sozialen Kontrolle in diesem Bereich eine nicht zu<br />

unterschätzende Rolle zu. Es ist deshalb wichtig, dass das widerrechtliche Verbrennen von<br />

Siedlungsabfällen weder im Bekanntenkreis noch im weiteren sozialen Umfeld bagatellisiert<br />

wird. Der Stadtrat ist jedoch der Meinung, dass die Bevölkerung auf das widerrechtliche Verbrennen<br />

von Abfällen wie auch auf andere Arten der Falschentsorgung grundsätzlich sensibilisiert<br />

ist. Durch ein konsequentes Weiterführen der erwähnten repressiven, präventiven<br />

und kommunikativen Massnahmen wird die erreichte Sensibilisierung beibehalten und bedarfsgerecht<br />

ausgebaut.


Die Berichterstattung im Grossen Gemeinderat ist dem Vorsteher des Departements Sicherheit und<br />

Umwelt übertragen.<br />

5<br />

Vor dem Stadtrat<br />

Der Stadtpräsident:<br />

Haas<br />

Der Stadtschreiber:<br />

Frauenfelder

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