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<strong>VPP</strong>-Stellungnahme zur Patentierung von Computerprogrammen vom 30.04.2013<br />
Gesandt an:<br />
BMJ - Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Bundesministerin der Justiz<br />
BMWi - Dr. Philipp Rösler Bundesminister <strong>für</strong> Wirtschaft und Technologie<br />
Dr. Matthias Heider (CDU/CSU)<br />
Ansgar Heveling (CDU/CSU)<br />
Ingo Egloff (SPD)<br />
Jimmy Schulz (FDP)<br />
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE)<br />
Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Dr. Günter Krings (CDU)<br />
Rainer Brüderle (FDP)<br />
Volker Kauder (CDU/CSU)<br />
Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD)
-<br />
<strong>VPP</strong> Dr. Udo Meyer, BASF SE, GVX – C6, Carl-Bosch-Straße, 67056 Ludwigshafen<br />
<strong>VPP</strong>-Geschäftsstelle:<br />
Josef-Albers-Str. 40<br />
99085 Erfurt<br />
Tel.: 0361 5616198<br />
Fax: 0361 5616199<br />
E-Mail: vpp.geschaeftsstelle@vpp-patent.de<br />
Der Präsident<br />
Dr. Udo Meyer<br />
Dipl.-Chem., Patentanwalt<br />
BASF SE<br />
GVX - C6<br />
Carl-Bosch-Straße<br />
67056 Ludwigshafen<br />
Telefon: d 0621 60-49009<br />
Telefax: d 0621 60-46491<br />
E-Mail: udo.meyer@basf.com<br />
30. April 2013<br />
Stellungnahme des <strong>VPP</strong> zum Interfraktionellen Antrag zur Patentierung von<br />
Computerprogrammen (Bundestagdrucksache 17/13086 vom 16.4.2013)<br />
Sehr geehrte/r Frau/Herr …,<br />
der Deutsche Bundestag hat am 18. April 2013 den Antrag der Fraktionen von<br />
CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen angenommen,<br />
„Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern -<br />
Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen“.<br />
Der <strong>VPP</strong> ist eine Vereinigung von Fachleuten des Gewerblichen Rechtsschutzes. Mit<br />
über 2600 Mitgliedern, vorwiegend aus der deutschen Industrie, ist der <strong>VPP</strong> die größte<br />
Vereinigung ihrer Art im Gemeinsamen Markt. Zu ihren Aufgaben gehört auch die<br />
Beteiligung an der öffentlichen Diskussion zu wichtigen Fragen des Schutzes des<br />
industriellen und geistigen Eigentums.<br />
Zu der im Antrag angesprochenen Frage des Schutzes computerimplementierter<br />
Erfindungen möchten wir daher <strong>für</strong> die <strong>weitere</strong>n Beratungen wie folgt Stellung nehmen.<br />
Zusammenfassung<br />
Der interfraktionelle Antrag schlägt vor, computerimplementierten Erfindungen den<br />
Patentschutz nur in dem Umfang zu gewähren, wie er auch herkömmlichen<br />
mechanischen oder elektromechanischen Steuerungen (z.B. Steuerwalzen) gewährt<br />
wird.<br />
Dieser Vorschlag ist in sich widersprüchlich und als Abgrenzungskriterium <strong>für</strong> den Schutz<br />
computerimplementierter Erfindungen unbrauchbar. Bei konsequenter Anwendung würde<br />
<strong>VPP</strong> – eine Vereinigung von<br />
Fachleuten des Gewerblichen<br />
Rechtsschutzes<br />
Vereinsregister 5008 Frankfurt/M.
Blatt 2 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
damit der Patentschutz gerade auf technischen Gebieten weitgehend ausgehöhlt, in<br />
denen die deutsche Industrie besonders wettbewerbsfähig ist, nämlich bei innovativen<br />
Geräten, Maschinen, Fahrzeugen, Industrieanlagen und Arbeitsverfahren, deren<br />
komplexe technische Steuerung nur mit umfangreicher Software implementiert werden<br />
kann.<br />
Die von der Rechtsprechung in Europa entwickelten Abgrenzungskriterien <strong>für</strong> den<br />
Patentschutz computerimplementierter Erfindungen haben sich in der Praxis bewährt und<br />
schließen abstrakte Patente aus, die keine konkrete technische und erfinderische Lehre<br />
enthalten.<br />
Die Computerprogramm-Richtlinie von 1991 lässt neben dem Urheberrecht das<br />
Patentrecht als komplementäres Schutzinstrument <strong>für</strong> Computerprogramme ausdrücklich<br />
zu. Da Patentschutz die erfinderische Lösung einer konkreten technischen Aufgabe<br />
verlangt, kommt er nur <strong>für</strong> die relativ wenigen Computerprogramme in Frage, die<br />
Erfindungen implementieren. Diesen computerimplementierten Erfindungen liegen<br />
regelmäßig aufwändige technische Entwicklungen zugrunde, die effektiv gegen<br />
Nachahmung geschützt werden müssen.<br />
„Softwarepatent“ ist daher ein irreführender Begriff - die „Patentierung von<br />
Computerprogrammen“ wird heute schon effektiv begrenzt.<br />
Eine existentielle Gefährdung des wirtschaftlich immer erfolgreicher werdenden Open<br />
Source Geschäftsmodells durch Patente ist nicht erkennbar; tatsächlich verfolgen<br />
Unternehmen und Vereinigungen im Open Source Bereich eine aktive Patentpolitik, um<br />
Patente zu erwerben und <strong>für</strong> Open Source Anwendungen kostenlos zu lizenzieren oder<br />
Patentansprüche abzuwehren.<br />
Die im <strong>VPP</strong> zusammengeschlossenen Fachleute des gewerblichen Rechtsschutzes<br />
bitten <strong>Sie</strong> daher, bei den <strong>weitere</strong>n Beratungen die Gefährdung des Industriestandorts<br />
Deutschland durch eine Aushöhlung des Patentschutzes <strong>für</strong> moderne Technologien<br />
abzuwenden.<br />
- - 2 -
Blatt 3 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
I. Problematik<br />
Ob – oder in welchem Umfang - softwarebasierte Entwicklungen dem Patentschutz<br />
zugänglich sein sollen, wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Auslöser dieser<br />
Diskussion ist der Doppelcharakter von Software, nämlich in einem „Universalrechner“<br />
auf allen Gebieten kreativer Leistungen einsetzbar zu sein, technischen wie nichttechnischen.<br />
Ein kategorischer Ausschluss aller softwarebezogener Erfindungen vom Patentschutz<br />
wurde deshalb schon vor dreißig Jahren als nicht sachgemäß erkannt 1 - so auch im<br />
interfraktionellen Antrag. Zentrales Thema der Diskussion ist es daher, geeignete<br />
Abgrenzungskriterien zu finden, die einerseits verhindern, dass beim Einsatz von<br />
Computerprogrammen der klassische Bereich der Patentierbarkeit in unerwünschter<br />
Weise ausgeweitet wird, andererseits aber moderne Technologien nicht ausschließen.<br />
II. Neues Abgrenzungskriterium?<br />
Als neues Abgrenzungskriterium schlägt der Antrag vor, Patentschutz <strong>für</strong><br />
softwareunterstützte Entwicklungen nur dann zu gewähren, wenn das<br />
Computerprogramm lediglich als austauschbares Äquivalent eine mechanische oder<br />
elektromechanische Komponente ersetzt. Als konkretes Beispiel wird ein<br />
elektromechanisches Programmschaltwerk aus drehbaren Walzen <strong>für</strong> einzelne<br />
Programmschritte einer Waschmaschine angeführt.<br />
Dieses Abgrenzungskriterium ist jedoch <strong>für</strong> eine sachgemäße patentrechtliche<br />
Beurteilung gänzlich ungeeignet. Als alleiniges Kriterium wäre es zu breit, da auch<br />
Steuerwalzen mit ihren beliebig positionierbaren Steuerstiften universelle<br />
Steuerinstrumente darstellen – eine Waschmaschine wäre dann auch patentfähig, wenn<br />
die neue Steuerwalze nur eine neue Melodie statt eines üblichen Alarmsignals erzeugt.<br />
Patentfähig soll aber nach den herkömmlichen Patentkriterien nur eine Waschmaschine<br />
sein, deren neue Steuerwalze eine technische Aufgabe löst, also weniger Ressourcen<br />
verbraucht, in kürzerer Zeit wäscht, etc.<br />
Andererseits kommen mechanische und elektromechanische Steuereinrichtungen<br />
aufgrund der Grenzen feinmechanischer Herstellung nur <strong>für</strong> sehr einfache Steuerungen<br />
in Frage, wie beispielsweise <strong>für</strong> die ersten Waschautomaten aus der Mitte des letzten<br />
Jahrhunderts. Der Antrag schließt als mögliche Äquivalente sogar elektronische<br />
Steuerungen aus, beispielsweise in Form integrierter Schaltungen.<br />
Eine rechtliche Begrenzung patentfähiger Erfindungen nur auf Äquivalente von<br />
mechanischen oder elektromechanischen Steuerungen würde daher allen modernen<br />
Industriezweigen den Patentschutz entziehen, da Innovation in modernen Maschinen,<br />
Geräten, Automobilen, Industrieanlagen und Arbeitsverfahren komplexe Steuerungen<br />
erfordert, die ohne Software nicht denkbar sind. Selbst elektronische Schaltungen und<br />
1 BGH Antiblockiersystem 1980<br />
- - 3 -
Blatt 4 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
Spezialchips sind <strong>für</strong> derartig komplexe Anwendungen nicht flexibel genug und müssen<br />
heute ganz oder teilweise durch Software ersetzt oder ergänzt werden. Die Entwicklung<br />
derartiger Steuerungen erfordert einen hohen Aufwand und bedarf eines effektiven<br />
Schutzes.<br />
Äquivalente einer Steuerwalze u. ä. sind daher kein geeignetes oder auch nur<br />
handhabbares Abgrenzungskriterium <strong>für</strong> den Patentschutz von modernen technischen<br />
Erfindungen, die Software verwenden.<br />
III. Von der Rechtsprechung entwickelte Abgrenzungskriterien<br />
III. a. Technischer Charakter<br />
Da eine computerimplementierte Erfindung notwendigerweise einen Computer<br />
voraussetzt – dessen technischer Charakter von niemandem bestritten wird – weist eine<br />
derartige Erfindung immer einen technischen Charakter („Technizität“) auf. Die<br />
Rechtsprechung hat nämlich seit langem erkannt, dass ein technisches Gerät auch dann<br />
technisch bleibt, wenn ihm ein nicht-technisches Element hinzugefügt wird 2 .<br />
Patentansprüche ohne Bezug zur Hardware scheitern schon an dieser ersten Hürde zur<br />
Patentierung.<br />
III. b. Technische Aufgabe<br />
Zusätzlich zum technischen Charakter muss eine computerimplementierte Erfindung - als<br />
Ganzes beurteilt - eine technische Aufgabe/ein konkretes technisches Problem lösen 3 .<br />
Im obigen Beispiel der technischen Waschmaschine reicht es also nicht aus, dass die<br />
technische Steuerwalze eine neue Melodie erzeugt, die statt eines herkömmlichen<br />
Alarmsignals ausgegeben wird. Das konkrete Problem kann nur auf technischem Gebiet<br />
liegen, also in der Verbesserung der Waschmaschine oder des Waschergebnisses – sei<br />
es mit Hilfe einer Steuerwalze, einer elektronischen Schaltung oder eines<br />
Computerprogramms <strong>für</strong> einen Mikroprozessor.<br />
Da ein konkretes technisches Problem gelöst werden muss, reicht es nicht aus, wenn der<br />
Patentanspruch zwar technische Elemente nennt, diese aber <strong>für</strong> die Erfindung nur eine<br />
beiläufige Rolle spielen. Die im Antrag zum Ausdruck gebrachte Sorge, dass „abstrakte<br />
Patentansprüche“ zulässig seien, ist daher unbegründet.<br />
III. c. „Erfindungshöhe“<br />
Eine <strong>weitere</strong> Hürde zur Patentierung ist –neben der selbstverständlichen Neuheit - die<br />
erfinderische Tätigkeit („Erfindungshöhe“), die eine Erfindung insgesamt gegenüber dem<br />
Stand der Technik aufweisen muss. Bei dieser Prüfung bleiben nach der aktuellen<br />
Rechtsprechung nichttechnische Elemente im Patentanspruch unberücksichtigt, wenn<br />
2 BGH Sprachanalyseeinrichtung 1998; EPA G 03/08 vom 10.5.2010, z. B. Ziff. 10.6<br />
3 BGH Steuereinrichtung <strong>für</strong> Untersuchungsmodalitäten 2009. Die Frage der „Erfindungshöhe“ wird in dieser<br />
Entscheidung nicht behandelt.<br />
- - 4 -
Blatt 5 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
sie nicht zur Lösung der technischen Aufgabe beitragen 4 . Mit diesem Kriterium werden<br />
Patentansprüche mit abstrakten Inhalten noch effektiver ausgeschlossen, ohne<br />
moderne Technologien auszuschließen.<br />
Solche „gemischten“ Erfindungen mit technischen und nicht-technischen Elementen<br />
treten nämlich gerade bei der Lösung komplexer Steuervorgänge in vielen modernen<br />
Anwendungsgebieten des Computers auf. So werden beispielsweise neue<br />
mathematische Methoden eingesetzt, um Fernsehsignale effizient zu übertragen oder<br />
Internetdaten sicher zu verschlüsseln. Da <strong>hier</strong> technische Probleme gelöst werden, ist<br />
Patentschutz möglich.<br />
Werden andererseits neue originelle Geschäftsideen, Organisationsregeln oder<br />
ästhetische Effekte routinemäßig mit einem Computer realisiert, kann diese<br />
routinemäßige Implementierung keine „Erfindungshöhe“ begründen. Da kein konkretes<br />
technisches Problem gelöst wird, ist Patentschutz ausgeschlossen - ebenso wie <strong>für</strong> die<br />
neue Alarmmelodie auf der Steuerwalze einer Waschmaschine.<br />
III. d. Bewährte europäische Abgrenzungskriterien<br />
Mit diesen Instrumenten stellt die Rechtsprechung den Prüfern in den Patentämtern ein<br />
sachgerechtes und seit Jahren bewährte Abgrenzungskriterien zur Verfügung;<br />
zusammen mit einer gründlichen Recherche zum Stand der Technik wird damit<br />
sichergestellt, dass nur Patente auf Erfindungen erteilt werden, die einen wesentlichen<br />
Beitrag zur technischen Weiterentwicklung liefern 5 - ohne dabei moderne Technologien<br />
auszuschließen. So ist z. B. im Europäischen Patentamt die Erteilungsrate von<br />
Anmeldungen in Gebieten mit starkem Software-Bezug deutlich geringer als in<br />
herkömmlichen Gebieten der Technik.<br />
Die Grenzen, in denen nicht-technische Elemente einen Beitrag zu einer technischen<br />
Erfindung leisten können, werden durch die Rechtsprechung auf der Grundlage dieser<br />
Kriterien laufend verfeinert.<br />
Alternativen zu diesen bewährten Kriterien sind nicht erkennbar – insbesondere haben<br />
sich pauschale Abgrenzungen wie „Computerprogramm“, „Software“, „reine<br />
Datenverarbeitung“, „softwarebasierte Wiedergabe von <strong>Informationen</strong>“,<br />
„programmgestützte Steuerungsaufgaben“, “abstrakte Lösungen“ (vgl. II.2 des Antrags)<br />
als unklar und nicht handhabbar erwiesen; sie würden zu unangemessen weiten<br />
Ausschlüssen der Patentierbarkeit gerade moderner Technologien führen, in denen<br />
Hardware und Software neue Symbiosen eingehen, um leistungsfähigere und effizientere<br />
technische Systeme zu realisieren.<br />
Mit diesen Kriterien ist die Erteilungspraxis <strong>für</strong> computerimplementierte Erfindungen in<br />
Europa im internationalen Vergleich deutlich zurückhaltender als andere Patentsysteme.<br />
4 BGH Wiedergabe topographischer <strong>Informationen</strong> 2010; EPA T 641/00 COMVIK<br />
5 BGH Elektronischer Zahlungsverkehr 2004<br />
- - 5 -
Blatt 6 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
VI. Patentschutz und Urheberrecht<br />
Der interfraktionelle Antrag sieht einen Widerspruch zwischen der Praxis der<br />
Patentämter, softwarebezogene Patente zu erteilen und dem „copyright approach“ der<br />
Computerprogramm -Richtlinie 1991/250/EWG.<br />
Dieser Widerspruch besteht jedoch nicht, da die Computerprogramm-Richtlinie 1991<br />
ausdrücklich (in Art. 9) die Koexistenz von Urheberrechtschutz und Patentschutz <strong>für</strong><br />
Computerprogramme bekräftigt.<br />
Urheberrechtschutz und Patentschutz betreffen jeweils unterschiedliche Gegenstände<br />
des geistigen Eigentums; <strong>für</strong> einen adäquaten Rechtsschutz des Computerprogramms<br />
sind daher beide Schutzinstrumente erforderlich.<br />
Das Urheberrecht schützt die konkrete(n) Form(en) jedes Computerprogramms als<br />
urheberrechtliches Werk, nicht aber die zugrunde liegenden Inhalte und Konzepte, d.h.<br />
die Funktionalität (Urheberrecht schützt das „wie“, nicht aber das „was“).<br />
Andererseits schützt das Patentrecht gerade die funktionellen Konzepte, die dem<br />
Computerprogramm zugrunde liegen – aber nur, soweit diese Funktionalität eine<br />
konkrete technische und erfinderische Lehre darstellt. Patentschutz kommt daher nur <strong>für</strong><br />
die relativ wenigen Computerprogramme in Frage, die eine technische Erfindung<br />
implementieren. Das Urheberrecht an diesen Programmen bleibt davon unberührt.<br />
Da das Urheberrecht ausdrücklich zulässt, ein Computerprogramm detailliert auf seine<br />
Funktionalität zu untersuchen, könnte ohne Patentschutz eine darin implementierte<br />
aufwändige technische Entwicklung jederzeit mit einem anderen Programm nachgeahmt<br />
werden. Dass ein bestehendes Patent beachtet und eine Lizenz beim Patentinhaber<br />
eingeholt werden muss, ist bei gewerblicher Tätigkeit selbstverständlich und – wie in<br />
anderen Bereichen der Technik- auch praktisch möglich.<br />
Die seit langem - auch im Antrag - behauptete Gefährdung des auf dem Urheberrecht<br />
basierenden und wirtschaftlich erfolgreichen Open Source Geschäftsmodells durch<br />
Patente ist daher nicht eingetreten, auch nicht <strong>für</strong> KMU‘s. Viele Teilnehmer am Open<br />
Source Geschäftsmodell gehen mittlerweile professionell mit Patenten um, sowohl was<br />
die Prüfung der Patentlage und die Verteidigung gegen Patente Dritter als auch das<br />
Anmelden und den Erwerb eigener Patente angeht. Patentlizenzen <strong>für</strong> Open Source<br />
Anwendungen werden in vielen Fällen auch kostenlos zur Verfügung gestellt, sowohl von<br />
Unternehmen als auch von Open Source Organisationen 6 . Neuere<br />
Nutzungsbedingungen <strong>für</strong> Open Source Programme enthalten weitgehende Regelungen<br />
zur Lizenzierung von Patenten 7 . Ähnlich wie das Urheberrecht („copyleft“) können auch<br />
Patente („Patentleft“) das Open Source Geschäftsmodell stützen.<br />
6<br />
Z.B. LINUX Foundation; “Patent pledges” von IT Unternehmen<br />
7<br />
Vgl. General Public License GPL version 3<br />
- - 6 -
Blatt 7 zum Schreiben vom 30. April 2013<br />
Open Source Programme und proprietäre Software werden immer häufiger zusammen<br />
zur Lösung komplexer technischer Aufgaben eingesetzt; zum Schutz aller kreativen<br />
Leistungen müssen dabei die rechtlichen Bedingungen des jeweils zugrunde liegenden<br />
Geschäftsmodells beachtet werden, sowohl die urheberrechtlichen als auch die<br />
patentrechtlichen. Dazu stehen flexible vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten zur<br />
Verfügung – die im Antrag unterstellte Rechtsunsicherheit <strong>für</strong> Softwareentwickler besteht<br />
also nicht.<br />
Dr. Udo Meyer<br />
- - 7 -