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Sebastian Schwark: Zur Genealogie des modernen ...

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<strong>Sebastian</strong> <strong>Schwark</strong>: <strong>Zur</strong> <strong>Genealogie</strong> <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus in<br />

Deutschland, Baden-Baden: Nomos 2008.<br />

Gliederung:<br />

1. Einleitung. Antiamerikanismus, Politik und Moderne<br />

1.1 Der Begriff <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus<br />

1.2 <strong>Zur</strong> Kritik älterer wissenschaftlicher Begriffsbildungen<br />

1.3 Kontinuitäten und Brüche im deutschen Antiamerikanismus<br />

1.4 Antiamerikanismus in der politischen Gesellschaft<br />

1.5 Antiamerikanismus und ‚Amerikanisierung’<br />

1.6 Überblick<br />

2. Vom Eurozentrismus zum Amerikanismus. <strong>Zur</strong> Symbolisierung Amerikas um die<br />

Jahrhundertwende<br />

2.1 Amerika im eurozentrischen Denken<br />

2.2 Die Entdeckung Amerikas<br />

2.3 Amerikanisierung als Schlagwort<br />

2.4 Lamprecht, Jellinek und Troeltsch<br />

2.5 Amerikanismus in Weimar<br />

3. <strong>Zur</strong> Dialektik von Europäisierung und Amerikanisierung. Amerika im Denken<br />

Max Webers<br />

3.1 Empirische Amerikaerfahrung<br />

3.2 Nationalistischer Liberalismus: <strong>Zur</strong> Politik gegenüber Amerika<br />

3.3 Amerikanisierung und Europäisierung<br />

3.4 Freiheit versus Bürokratisierung<br />

3.5 Protestantismus, Kapitalismus, Demokratie<br />

3.6 Bedrohung der Freiheit<br />

3.7 Weber in der <strong>Genealogie</strong> <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus<br />

4. Zum Antiamerikanismus in der Sozialwissenschaft. Das Beispiel Werner Sombarts<br />

4.1 Kein Sozialismus in Amerika<br />

4.2 Antiamerikanismus im Denken Sombarts<br />

5. Zwischen Ignoranz und Arroganz, Hybris und Bewunderung.<br />

Amerika im Denken der Konservativen Revolution<br />

5.1 Wandlungen eines Antipolitischen – Th. Mann


5.2 Wissenschaftlicher Antiamerikanismus – Schmitt<br />

5.3 Geschichtsphilosophisch-kulturkritischer Antiamerikanismus – Spengler<br />

5.4 Literarisch-ästhetischer Antiamerikanismus – Jünger<br />

5.5 Ignoranz und Hybris<br />

6. Amerika als metaphysisches Symbol. <strong>Zur</strong> Aktualisierung <strong>des</strong> Antiamerikanismus<br />

im Denken Martin Heideggers<br />

6.1 Kulturkritik in Sein und Zeit<br />

6.2 Dezisionismus und ‚Geschichtlichkeit’<br />

6.3 Die ‚Kehre’ als Einkehr der Weltanschauung<br />

6.4 Das Subjekt der Seinsgeschichte<br />

6.5 Antiamerikanismus statt Nationalsozialismus<br />

6.6 Amerika in der Seinsgeschichte<br />

6.7 Transformation und Kontinuität <strong>des</strong> Antiamerikanismus nach 1945<br />

7. Im kulturkritischen Zwiespalt. Adornos Denkbewegung von der antiamerikanischen<br />

Kulturkritik zum Vorbild Amerika<br />

7.1 Briefe aus Amerika<br />

7.2 Kulturindustrie empirisch<br />

7.3 Amerika als Schule empirischer Forschung<br />

7.4 Remigration und Westbindung<br />

7.5 Vorbild Amerika<br />

7.6 Geistige Amerikanisierung Adornos?<br />

8. Von der Systemkritik zum Faschismusvorwurf. Amerika im Denken Hans Magnus<br />

Enzensbergers und der deutschen Linken um 1968<br />

8.1 Politische Stimme einer Generation<br />

8.2 Enzensbergers frühes Amerikabild<br />

8.3 Auschwitz und die Bombe<br />

8.4 Enzensberger und das Kursbuch I: Revolutionsphantasien<br />

8.5 Enzensberger und das Kursbuch II: Von Amerika nach Kuba<br />

8.6 Faschismus in Amerika – Lettau und Hochhuth<br />

9. Schluss. Die Gegenwart <strong>des</strong> Antiamerikanismus und die Rekonstruktion <strong>des</strong> Westens<br />

9.1 Politische Instrumentalisierung <strong>des</strong> Antiamerikanismus<br />

9.2 Irak-Krieg und europäische Identität – Habermas<br />

9.3 <strong>Zur</strong> Kritik <strong>des</strong> amerikanischen Imperiums – Münkler


9.4 Ausblick<br />

Literatur<br />

Zusammenfassung:<br />

Die Dissertation erforscht die Geistesgeschichte <strong>des</strong> gegenwärtigen Antiamerikanismus<br />

in Deutschland. Trotz <strong>des</strong> geistesgeschichtlichen Charakters ist sie durch wichtige<br />

zeitgenössische Themen motiviert, insbesondere die Frage: Welche geistesgeschichtliche<br />

Tradition hat die politische Instrumentalisierung <strong>des</strong> Antiamerikanismus<br />

im Bun<strong>des</strong>tagswahlkampf 2002 ermöglicht, die zur erfolgreichen Wiederwahl von<br />

Bun<strong>des</strong>kanzler Schröder beigetragen hat? Um diese politisch-rhetorische Instrumentalisierung<br />

zu erklären, definiert die Arbeit Antiamerikanismus begrifflich und historisch.<br />

Sie geht dabei auf folgende Fragen ein: Was ist Antiamerikanismus? Wie kann<br />

man wissenschaftlich mit diesem Problem umgehen? Wo kommt das antiamerikanische<br />

Denken in Deutschland her? Welche Struktur hat es genau? Wie wurde es tradiert?<br />

Welche Brüche, welche Aktualisierungen gibt es in dieser Tradition? Mit diesen<br />

Fragen adressiert die Arbeit auch zwei Problem in der bestehenden Literatur über<br />

den Antiamerikanismus: Das Begriffsproblem, das aufgrund der Herkunft <strong>des</strong> Begriffs<br />

aus der politischen Sprache entsteht, sowie das Kontinuitätsproblem, also die<br />

Frage ob es in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Bruches in der<br />

Tradition antiamerikanischen Denkens gekommen ist.<br />

Geleitet von der Annahme, dass das antiamerikanische Denken in intellektuellen<br />

politischen Auseinandersetzungen mit „Amerika“ seine klarsten und elaboriertesten<br />

Formulierungen findet, zeigt die Arbeit die <strong>Genealogie</strong> <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus<br />

in Deutschland von der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bis in die<br />

Gegenwart auf. Am Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts erreicht das deutsche Denken über<br />

„Amerika“ eine neue Qualität. „Amerika“ tritt als eigenständige Größe in die Geschichte.<br />

Begriffe der „Amerikanisierung“ und <strong>des</strong> „Amerikanismus“ verweben die<br />

deutsche Vorstellung von „Amerika“ mit modernisierungskritischen Ideen und legen<br />

so die Grundlagen <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus. Formal ist der moderne Antiamerikanismus<br />

durch antagonistische Substanzialisierungen geprägt, in denen „Amerika“<br />

negativer Pol asymmetrischer Begriffspaare wird. „Amerika“ wird im antiamerikanischen<br />

Denken zu einem normativ aufgeladenen Symbol, zu einem metaphysischen<br />

Begriff. Der Autor argumentiert, dass der moderne Antiamerikanismus sich<br />

durch einen selektiven Modernismus auszeichnet: Die selektive Zustimmung und Ab-


lehnung bestimmter Dimensionen der Moderne gestattet deutschen Denkern die gedankliche<br />

Exterritorialisierung der negativen Modernisierungserfolge aus Deutschland<br />

und ihre Reterritorialisierung in die USA. Die politische Funktion <strong>des</strong> <strong>modernen</strong><br />

Antiamerikanismus besteht daher letztlich in der politischen Antipolitik. Durch die<br />

Politisierung der Beziehungen zu den USA wird die Entpolitisierung bestimmter Entscheidungssituationen<br />

und damit eine Entscheidungsvermeidung erreicht.<br />

Anhand dieses Begriffs untersucht die Arbeit die frühen soziologischen Amerikadiskurse<br />

am Beispiel Max Webers und Werner Sombarts auf ihren antiamerikanischen<br />

Gehalt. Es zeigt sich, dass soziologische Modernisierungsideen den <strong>modernen</strong><br />

Antiamerikanismus unterstützen, indem sie eine Konkurrenz der Modernitäten in<br />

Deutschland und den USA nahe legen. Die Semantiken von „Amerikanismus“ und<br />

„Amerikanisierung“ wurden mit modernisierungskritischen Ideen verschmolzen, die<br />

als genuin amerikanisch definiert wurden. Mit der Definition von modernem Antiamerikanismus<br />

und dem Überblick der Anfänge dieses Denkens im Rücken wendet<br />

sich die Arbeit der Frage der Kontinuität <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus von der<br />

Weimarer Zeit über die Zeit <strong>des</strong> Nationalsozialismus bis in die frühe Bun<strong>des</strong>republik<br />

zu. Die Denker der Konservativen Revolution zeigen je unterschiedliche Spielarten<br />

<strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus, die durch Carl Schmitt, Werner Sombart und Ernst<br />

Jünger exemplifiziert werden. Dieses Denken wird durch Martin Heidegger auf den<br />

Begriff gebracht. In der politisch-philosophischen Denkbewegung Heideggers findet<br />

die entscheidende Aktualisierung <strong>des</strong> <strong>modernen</strong> Antiamerikanismus statt, die eine<br />

Kontinuität <strong>des</strong> antiamerikanischen Denkens nach 1945 ermöglicht: Die These vom<br />

Faschismus in Amerika. Weiter fortschreitend im 20 Jahrhunderts zeigt die Arbeit,<br />

wie diesen Denken sich in der Bun<strong>des</strong>republik festsetzt. Die Ambivalenzen Theodor<br />

W. Adornos zeigen mit welchen politischen Schwierigkeiten der Wandel vom Antiamerikanismus<br />

zum Anti-Antiamerikanismus in deutschen Kontexten verbunden ist.<br />

Am Beispiel Hans Magnus Enzensberger wird deutlich, dass der moderne Antiamerikanismus<br />

relativ ungebrochen vor und nach 1945 tradiert wurde. Das Denken Enzensbergers<br />

unterscheidet sich in der Struktur der Ablehnung Amerikas kaum vom<br />

Denken Jüngers oder Heideggers. Abschließend wendet sich die Untersuchung dem<br />

zeitgenössischen Thema zu, wie Gerhard Schröder sich dieser <strong>Genealogie</strong> <strong>des</strong> <strong>modernen</strong><br />

Antiamerikanismus im Wahlkampf 2002 bediente. Der Autor fragt, wie der moderne<br />

Antiamerikanismus in Deutschland ausgewählte politische Diskurse und politische<br />

Entscheidungen beeinflusst. Der zeitgenössische Antiamerikanismus zeigt ein


fortgesetztes Unbehagen an der Moderne in Deutschland sowie das deutsche Versagen,<br />

sich mit der eigenen Modernisierung und der Rolle in einer globalisierten Welt<br />

zu versöhnen.

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