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Infektes haben eine grosse Variabilität.<br />
Und die Selbstbeurteilung dieser<br />
Symptome beinhaltet nochmals<br />
eine grosse Bandbreite.<br />
Die Mängel der Studie<br />
Wie schon erwähnt, entspricht die<br />
Studie dem Jadad-Score und kann deshalb<br />
auf den ersten Blick als seriös betrachtet<br />
werden. Das Studiendesign<br />
beinhaltete Randomisierung, Doppelblindheit<br />
sowie Dokumentation von<br />
Verstössen gegen den Therapieplan<br />
und Therapieabbrüchen. Auch bei der<br />
Consort-Checklist entspricht die Studie<br />
in vielen Punkten den Anforderungen.<br />
Beim genauen Betrachten kommen<br />
aber Fehler zu Tage, die aus der Sicht<br />
einer seriösen Phytotherapie schier unglaublich<br />
sind:<br />
Das Prüfpräparat<br />
Beim Prüfpräparat handelt es sich<br />
nicht um ein reines Echinacea-Präparat!<br />
Die verwendeten Kapseln enthielten<br />
neben den 247 mg Echinacea-Pulver<br />
31 mg Pfefferminz, 49 mg Thymian<br />
und 3 mg Zitronensäure. Dieser gravierende<br />
Fehler zeigt deutlich, dass<br />
die Autoren der Studie keine Phytotherapiespezialisten<br />
sind! Der zweite<br />
Mangel des Prüfpräparates wird von<br />
den Autoren selber angetönt. Sie sehen<br />
aber nur einen Teil des Problems<br />
und ziehen nicht die richtige Schlussfolgerung<br />
daraus. Das verwendete<br />
Prüfmedikament entspricht überhaupt<br />
nicht dem Standard von<br />
Echinacea-Präparaten, die normalerweise<br />
zur Behandlung grippaler Infekte<br />
verwendet werden und für diese<br />
Indikation zum Teil auch schon überprüft<br />
worden sind. Schon diese zwei<br />
Mängel erlauben die Aussage, dass die<br />
Studie und ihre Resultate unbrauchbar<br />
sind!<br />
Die Probanden<br />
Der einzige Mangel der Studie, den<br />
die Autoren selber erkannt und gebührend<br />
erwähnt haben, ist das Patientenkollektiv.<br />
Alle Patienten waren Studenten<br />
der University of Wisconsin,<br />
also junge, gesunde Menschen. Ein<br />
Medien<br />
richtig ausgewähltes Patientenkollektiv<br />
hätte verschiedene Altersgruppen und<br />
soziale Stellungen beinhalten müssen.<br />
Die Einseitigkeit der Probanden drückt<br />
sich vermutlich auch im nächsten Mangel<br />
aus!<br />
Die Symptome<br />
Alle beschriebenen Symptome bewegten<br />
sich während der zehn Untersuchungstage<br />
im unteren Bereich der<br />
Likert-Skala. Wahrscheinlich brechen<br />
bei einem jungen, gesunden Menschen<br />
im Falle eines grippalen Infektes die<br />
Symptome weniger stark auf als bei älteren<br />
Personen, deren Vitalität nicht<br />
mehr optimal ist. Je schwächer die Symptome<br />
sind und je näher die Werte beisammenliegen,<br />
desto geringer sind die<br />
Veränderungen im Falle einer Wirksamkeit<br />
des Prüfpräparates. Und die<br />
Unterschiede zwischen Verum und Plazebo<br />
liegen nahe beieinander. Deshalb<br />
gestaltet sich eine Auswertung der Resultate<br />
als sehr schwierig bis unmöglich.<br />
Die Literatur<br />
Beim Betrachten des Literaturteils<br />
fällt auf, dass die Autoren die ganz aktuelle<br />
Literatur nicht berücksichtigten<br />
und somit die gefundenen Resultate<br />
nicht in den Kontext des aktuellen<br />
Standes der Forschung stellen können.<br />
Schlussfolgerung<br />
Vorliegendes Beispiel ist eine Studie,<br />
wie sie vor allem in den USA gemacht<br />
werden und die Wirksamkeit von<br />
Phytotherapeutika in Frage stellen. Bei<br />
genauer Betrachtung erweisen sich die<br />
Autoren aber als inkompetent, was die<br />
Phytotherapie angeht, und sie machen<br />
gravierende methodische Fehler, die<br />
die Aussagekraft der Studie relativieren<br />
oder sie sogar, wie im vorliegenden<br />
Fall, der Lächerlichkeit preisgeben.<br />
Natürlich werden die Resultate solcher<br />
Studien von Gegnern der Phytotherapie<br />
trotzdem unkritisch übernommen<br />
und weiterverbreitet. Manchmal tauchen<br />
sie dann sogar in den Tagesmedien<br />
auf und bieten willkommene<br />
Schlagzeilen.<br />
Das vorliegende Beispiel ist zugegebenermassen<br />
extrem. In Ländern mit<br />
einer Phytotherapietradition wäre ein<br />
Autor wissenschaftlich abgeschrieben,<br />
wenn er sich erlauben würde, eine Studie<br />
zu veröffentlichen, in der das Prüfpräparat<br />
neben der zu untersuchenden<br />
Pflanze weitere Stoffe enthält, die die<br />
Wirksamkeit des Präparates entscheidend<br />
beeinflussen können.<br />
Die vorliegende Studie ist wegen der<br />
Wahl des Prüfmedikamentes und der<br />
einseitigen Auswahl des Patientenkollektivs<br />
unbrauchbar. Eine aussagekräftige<br />
Interpretation der Resultate ist wegen<br />
der tiefen Ausgangswerte der<br />
Symptomstärke auf der Likert-Skala<br />
und ihrer geringen Veränderungen<br />
nicht möglich. Die Resultate der aktuellen<br />
Literatur wurden bei der Beurteilung<br />
der Ergebnisse nicht einbezogen.<br />
Klinische Studien zur Überprüfung<br />
der Wirksamkeit von Phytotherapeutika<br />
sollten nur von ausgewiesenen<br />
Fachleuten mit standardisierten Handelspräparaten<br />
durchgeführt werden,<br />
die als Phytotherapeutika registriert<br />
sind. ■<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Dr. Christoph Bachmann<br />
Hirschmattstrasse 46<br />
6003 Luzern<br />
E-Mail: bachmann.gaus@triamun.net<br />
Literatur:<br />
1. Barrett Bruce P. et al.: Treament of the Common<br />
Cold with Unrefined Echiancea. Annals of Internal<br />
Medicine 2002; 137: 939–946.<br />
10 phytotherapie Nr. 4 • 2005