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Gold SMI UBS - UBS KeyInvest

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Chartanalyse Wissensbroschüre<br />

<strong>UBS</strong> <strong>KeyInvest</strong> TrendRadar<br />

Bitte nutzen Sie auch das <strong>KeyInvest</strong> TrendRadar Online-Handbuch mit Erklärung aller <strong>KeyInvest</strong><br />

TrendRadar-Funktionen und konkreten Signal-Beispielen.<br />

www.ubs.com/keyinvest-trendradar<br />

<strong>UBS</strong><br />

<strong>SMI</strong><br />

<strong>Gold</strong>


Inhalt<br />

1 <strong>UBS</strong> Service und Kontaktinformationen<br />

2 Die verschiedenen Profile: Basic, Advanced,<br />

Professional<br />

3 Grundlagen der Chartanalyse<br />

3.1 Die Technische Analyse, Charttechnik<br />

und Trading<br />

3.1.1 Das Grundprinzip der<br />

charttechnischen Analyse<br />

3.1.2 Trendlinien<br />

3.1.3 Gleitende Durchschnittslinien<br />

3.1.4 Bodenbildung<br />

3.1.5 Der Faktor «Zeit»<br />

3.1.6 Warum Charttechnik funktioniert<br />

3.1.7 Charttechnik – kurzfristig<br />

3.1.8 Charttechnik – mittelfristig<br />

3.1.9 Fundamentalanalyse vs. Chartanalyse<br />

3.1.10 Weiterführende Informationen<br />

3.2 Der Chart / Der Kursverlauf<br />

3.2.1 Charttypen<br />

3.3 Der Trend / Die Richtung<br />

Ihres Handelns<br />

3.3.1 Das Trendkonzept<br />

3.3.2 Relativität von Trends<br />

3.3.3 Auswärts-, Abwärts- und Seitwärtstrends<br />

3.3.4 Unterstützung und Widerstand<br />

3.3.5 Trendlinien als Hilfsmittel<br />

3.3.6 Trendkanäle zwischen zwei Linien<br />

3.3.7 Dynamische Trendverschärfungen<br />

3.3.8 Trendlinienbrüche<br />

3.3.9 Gleitende Durchschnittslinien (1)<br />

3.3.10 Gleitende Durchschnittslinien (2)<br />

3.3.11 Gleitende Durchschnitte traden!<br />

3.4 Charttechnik und<br />

Trading – Prinzipien<br />

3.4.1 Wie sind Zeithorizonte definiert?<br />

3.4.2 Investitionsplan<br />

3.5 Kursmuster und Formationen<br />

3.5.1 Formationen professionell getradet<br />

3.5.2 Steigende Dreiecke<br />

3.5.3 Symmetrische Dreiecke<br />

3.5.4 Schulter-Kopf-Formationen<br />

3.5.5 Doppeltop und Doppelboden<br />

3.5.6 Flagge und Wimpel<br />

3.5.7 Schmetterlingsformation<br />

3.6 Risikomanagement und<br />

Money Management<br />

3.6.1 Grundsätze des Risikomanagements<br />

3.6.2 Positionsgrösse<br />

3.6.3 Korrelierende Märkte<br />

3.6.4 Gesamtrisiko des Porfolios<br />

3.6.5 Risikodefinition von Einzelpositionen<br />

3.6.6 Berücksichtigung von Gaps/Slippage<br />

3.6.7 Diversifizierung<br />

3.6.8 Trading Strategie – die «3:1-Regel»<br />

2


1 <strong>UBS</strong> Service und Kontaktinformationen<br />

• An wen kann ich mich bei Fragen wenden?<br />

Das <strong>UBS</strong> <strong>KeyInvest</strong>-Team steht Ihnen bei Fragen jederzeit gerne zur Verfügung. Sie können uns per Telefon<br />

(044-239 76 76) oder über E-Mail (keyinvest@ubs.com) kontaktieren. Oder besuchen Sie uns auf unserer<br />

Homepage: www.ubs.com/keyinvest.<br />

Unsere Postadresse lautet: <strong>UBS</strong> AG, Postfach, 8098 Zürich.<br />

2 Die verschiedenen Profile: Basic, Advanced, Professional<br />

• Warum erfolgt eine Aufteilung in unterschiedliche Kategorien?<br />

– <strong>UBS</strong> verfolgt das Ziel, die Grundlagen der Technischen Analyse einem breiten Publikum näherzubringen. Daher<br />

ist das Informations- und Funktionsangebot des <strong>UBS</strong> <strong>KeyInvest</strong> TrendRadar in drei verschiedene Profile aufgeteilt:<br />

– Basic: Die Version Basic ist bestens geeignet für Einsteiger in die Technische Analyse. Im Basic-Profil zeigt Ihnen<br />

der <strong>KeyInvest</strong> TrendRadar nur Signale, die auf den bekanntesten charttechnischen Mustern basieren: Trendkanäle,<br />

Dreiecke und Schulter-Kopf-Schulter-Formationen. Das Universum ist dabei auf eine Auswahl von Basiswerten<br />

beschränkt.<br />

– Advanced: Wenn Sie mit der Technischen Analyse bereits vertraut sind, können Sie die Advanced-Version nutzen.<br />

<strong>UBS</strong> <strong>KeyInvest</strong> TrendRadar durchsucht alle im TrendRadar verfügbaren Basiswerte nach mehr als 15 beliebten<br />

Chartmustern und Handelsstrategien und zeigt Ihnen nicht nur bereits ausgebrochene Signale, sondern auch<br />

Signale, bei denen der Ausbruch noch bevorstehen sollte. Ausserdem können Sie Signale nach Ihrem bevorzugten<br />

Zeithorizont filtern: kurz-, mittel- oder langfristig.<br />

– Professional: Sie kennen sich bestens mit der Technischen Analyse aus. Als Profi können Sie alle im TrendRadar<br />

verfügbaren Basiswerte nach mehr als 50 Chartmustern und Handelsstrategien durchsuchen und ausserdem alle<br />

Funktionen der Advanced-Version nutzen.<br />

3 Grundlagen der Chartanalyse<br />

3.1 Die Technische Analyse, Charttechnik und Trading<br />

Die Technische Analyse grenzt sich stark von der Fundamentalanalyse ab. Der technische Analytiker basiert seine<br />

Anlageentscheidungen nicht auf Informationen über die Situation eines Unternehmens. Er geht davon aus, dass<br />

alle verfügbaren Marktinformationen bereits im Kursverlauf diskontiert sind.<br />

Ein weiteres wichtiges Prinzip ist das der ähnlichen Verhaltensmuster. Das bedeutet zum einen, dass sich ein<br />

Grossteil der Aktien innerhalb eines Index in dieselbe Richtung bewegen. Für die Technische Analyse meint dies<br />

jedoch auch, dass Aktienkurse in vergleichbaren Situationen demselben Grundmuster folgen. Die Gruppen- bzw.<br />

Anlegerpsychologie ist somit für die Technische Analyse ein wichtiges Stichwort. Die Masse verfügt gleichsam über<br />

alle zugänglichen (und somit nicht ausreichenden) Informationen, agiert und reagiert also musterhaft. Bei der<br />

Technischen Analyse gilt es nun, dieses Grundmuster mithilfe der Chartdarstellung des Aktienkurses aufzuspüren.<br />

Die Methodik der Technischen Analyse, in Anlehnung an ihren Begründer auch Dow-Theorie genannt, wurde<br />

erstmals 1900 bis 1902 in Form einer Kolumne im «Wall Street Journal» bekannt. Dow war gegen Ende des<br />

19. Jahrhunderts der Erste, der einen Aktienindex kreierte. Bis dahin lag der Fokus der Anleger auf einzelnen<br />

Aktien und deren Kursverlauf. Die Grundtendenzen des Marktes liess man bis dahin noch völlig ausser Acht. Eine<br />

heute selbstverständliche Information über Auf- und Abwärtstrends blieb den Anlegern von damals also verwehrt.<br />

3


Die Motivationslagen langfristig ausgerichteter Investoren und kurzfristig aktiver Trader gleichen sich. Auf der einen<br />

Seite geht es darum, möglichst konstant eine angemessen hohe (aber auch realistische) Rendite, einen Gewinn,<br />

einen Profit zu erzielen, auf der anderen Seite sollte der Kapitalerhalt oberste Priorität haben. Verluste gilt es<br />

konsequent zu begrenzen, und zwar an der richtigen Stelle. Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. In diesem<br />

Spannungsverhältnis bewegen sich alle Anleger.<br />

Zentrale Eckpunkte einer jeden Anlageentscheidung sind die Wahl des Anlageobjekts, die Wahl der<br />

Handlungsrichtung (long oder short), die Wahl des Einstiegsniveaus, die Wahl des Stop-Loss-Niveaus zwecks<br />

Absicherung und Verlustbegrenzung und eine möglichst konkrete Ermittlung des Kurszielniveaus für<br />

Gewinnmitnahmen sowie die Positionsgrössenbestimmung.<br />

Mittels der charttechnischen Analyse wird der Kursverlauf (Chart) analysiert, ausgewertet und regelrecht vermessen.<br />

Mittels der charttechnischen Analyse werden Kursverläufe wie eine Sprache gelesen und interpretiert. Man muss<br />

die Sprache nur verstehen lernen!<br />

Für das Timing von Anlageentscheidungen, egal in welchem Zeitfenster, ist die Chartanalyse unerlässlich. Als<br />

Anleger müssen Sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein; und dafür liefert Ihnen die Chartanalyse massgebliche<br />

Hilfestellung.<br />

Sie gibt Ihnen als Anleger entscheidende Informationen, um die beschriebenen Eckdaten des Transaktionsplans zu<br />

bestimmen. Die charttechnische Analyse zeigt Ihnen auf, auf welchem Kursniveau Sie einsteigen können, wo Sie<br />

sich sinnvollerweise mit einem Stop-Loss absichern, möglichst ohne durch das Grundrauschen der Kursbewegungen<br />

ausgestoppt zu werden. Und mittels charttechnischer Analyse können Sie selbst als Anleger Kursziele ermitteln, in<br />

deren Bereich Sie Gewinne mitnehmen können.<br />

Die charttechnische Analyse ermöglicht Ihnen, bestehende Trends auf Stabilität zu prüfen. Wie weit kann sich<br />

eine Rallye beispielsweise bei Solaraktien oder Internetaktien fortsetzen? Wie weit können Aktien aus dem stark<br />

angeschlagenen Bankensektor noch fallen? Dabei geht es nicht nur um die Stabilität von Trends, sondern auch<br />

um das Ermitteln sogenannter relativer Stärken. In welche Sektoren fliesst Kapital? Und aus welchen Sektoren fliesst<br />

Kapital wieder heraus?<br />

Ein Blick auf die mehrjährigen Kursverläufe der folgenden drei bekannten DAX-Aktien verdeutlicht die hohen<br />

Volatilitäten.<br />

4


Ein Charakteristikum unserer Epoche ist eben diese exzessive Schwankungsanfälligkeit der Märkte. Trends verlaufen<br />

immer schneller und in immer verschärfterer Form.<br />

Bei der charttechnischen Analyse gibt es viele unterschiedliche Analysemethoden und unterschiedlichste<br />

Analyseinstrumente. Das Grundprinzip der charttechnischen Analyse ist einfach, die praktische Anwendung<br />

erfordert jedoch grosse Erfahrung. Die charttechnische Analyse findet in allen Finanzmärkten Anwendung,<br />

wobei jeder Markt seine eigene Charakteristik hat.<br />

Charttechnische Analyse – es geht um Wahrscheinlichkeiten<br />

Eine charttechnische Prognose stellt eine Wahrscheinlichkeitseinschätzung dar. Eine hundertprozentige<br />

Wahrscheinlichkeit, dass eine Prognose eintritt, gibt es nicht. Im Rahmen der charttechnischen Analyse werden<br />

Wahrscheinlichkeiten ermittelt. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein bestehender Trend fortgesetzt wird? Wie<br />

wahrscheinlich ist es, dass ein bestehender Trend vor einem möglichen Ende steht? Wie wahrscheinlich ist<br />

es, dass beispielsweise eine Aktie ein bestimmtes Kursziel erreicht? Und wie wahrscheinlich ist es, dass sich<br />

auf einem bestimmten Kursniveau ein Boden, eine Trendwende ausbilden kann? Sie sehen, man jongliert mit<br />

Wahrscheinlichkeiten. Deshalb ist es eminent wichtig, bei konkreten Transaktionen im Markt ein sinnvolles<br />

Risikomanagement und Money Management zu praktizieren. Immer, wirklich immer, gilt es, sich für den Fall<br />

abzusichern, dass Kurse sich entgegen der Prognose, entgegen der Erwartung bewegen. In späteren Kapiteln<br />

dieses Dokuments wird auf die Thematik intensiv eingegangen. Tatsächlich ist jeder Anleger einmal mehr<br />

und einmal weniger mit schwierig einzuschätzenden und damit auch schwierig zu handelnden Marktphasen<br />

konfrontiert. In solchen Phasen sinkt die Trefferquote der Prognosen und damit die Trefferquote der erfolgreich<br />

5


abgeschlossenen Transaktionen. Das ist normal! Und eben solche Phasen durchschiffen Sie durch Risikomanagement<br />

und Money Management. Es gibt ausführliche Interviews mit nachweislich erfolgreichen Tradern, die mit<br />

unterschiedlichsten Methoden an den Finanzmärkten handeln und unterschiedlichste Weltbilder haben. Ihnen allen<br />

ist aber gemeinsam, dass Sie auf die Wichtigkeit des Risikomanagement und Money Managements hinweisen.<br />

Charttechnische Analyse – Unterteilung nach Hauptkategorien<br />

1. Auswertung der Preisdimension: Analyse des Kursverlaufs, Analyse des Kapitalstroms<br />

2. Auswertung der Zeitdimension: Analyse von Saisonalitäten und Zyklenmustern<br />

3. Sentimentanalyse: Auswertung der Marktstimmungen<br />

4. Indikatorenlehre<br />

Charttechnische Analyse – konkretes Vorgehen<br />

Wie geht man beim Chartanalysieren konkret vor? Im Folgenden ist das Prozedere dargestellt. Lassen Sie sich als<br />

Einsteiger durch Fachbegriffe nicht verwirren. Die werden in den folgenden Kapiteln alle genau erklärt.<br />

• Wie ist die übergeordnete Kursverlaufsrichtung, wie ist die Trendrichtung?<br />

• Wie stabil ist der vorliegende Trend?<br />

• Liegen innerhalb des Trends sogenannte Fortsetzungsmuster (Formationen) vor?<br />

• Welche Candlestick-Muster liegen vor und welche kurstechnische Wirkung haben sie?<br />

• Welche Chartformationen bilden sich aus und wie werden sie aufgelöst?<br />

• Wo und wie verlaufen Trendlinien? Und wie orientieren sich die Marktteilnehmer daran?<br />

• Auf welchen Kursniveaus kreuzen Chartstrukturen den Weg des Kursverlaufs?<br />

• Welche Chartstruktur ist wirklich markant und kursbewegend?<br />

• Welche Chartstruktur sticht welche Chartstruktur in ihrer Wirkung aus?<br />

• Gibt es einen Rollenwechsel markanter Chartstrukturen?<br />

• Häufen sich Fehlausbrüche? Häufen sich Fehlsignale?<br />

• Lassen sich zyklische Gesetzmässigkeiten erkennen?<br />

3.1.1 Das Grundprinzip der charttechnischen Analyse<br />

Im Folgenden wird Ihnen ein einfach verständliches Beispiel präsentiert, das zum einen eindrucksvoll das<br />

Grundprinzip und zum anderen einen zentralen Vorteil der charttechnischen Analyse veranschaulicht. Dieses<br />

Beispiel soll gewissermassen den Einstieg in die charttechnischen Analyse ebnen.<br />

Folgen Sie nun den kurzen Erläuterungen der folgenden Chartgrafiken.<br />

1. Die Ausgangslage – der reale Kursverlauf einer Aktie<br />

Beginnen wir mit einem gewöhnlichen Linienchart der E.ON-Aktie. Dieser Linienchart dient zur Orientierung. Er<br />

zeigt die Aktienkursentwicklung an. Und zwar im vorliegenden Beispiel von Juni 2002 bis Mai 2003. Im Juli 2002<br />

notierte das Papier bei 60,00 Euro. Zu sehen ist ein anschliessender mehrmonatiger Kursverfall. Im März 2003<br />

markiert die Aktie ein Tief bei 35,00 Euro.<br />

6


2. Direkt im Trendwendepunkt kaufen – der idealtypische Trade<br />

Sie sehen, es ist der gleiche Kursverlauf der E.ON-Aktie wie in der ersten Chartgrafik dargestellt. Mit dunklen<br />

Punkten sind in dem Kursverlauf der E.ON-Aktie die markanten Tiefpunkte/Trendwendepunkte, die im Rahmen des<br />

mehrmonatigen Kursverfalls ausgebildet wurden, gekennzeichnet. Um möglichst direkt von den Kursbewegungen<br />

profitieren zu können, ist der Kauf der Aktie im Bereich der markierten Tiefpunkte wünschenswert.<br />

Wie kann der Anleger nun diese Tiefpunkte im Vorfeld erkennen? Wie kann er also eine Erwartungshaltung, eine<br />

Prognose von zukünftigen Trendwendepunkten entwickeln? Mit welcher Analysemethode kommt er diesem Ziel<br />

näher? Ist dies überhaupt möglich?<br />

Die Beantwortung dieser Fragen erfolgt prompt. Sie erfolgt mit den folgenden Chartgrafiken.<br />

3. Trendwendepunkte im Kurs mittels Fundamentalanalyse? Trendwendepunkte im Kurs anhand von<br />

Nachrichtenresearch als Signalgebung?<br />

Wir bleiben bei dem gezeigten Ausschnitt des Kursverlaufs der E.ON-Aktie. In der nun vorliegenden Chartgrafik<br />

sind rosafarben die Zeitpunkte von Ratingveröffentlichungen durch Investmentbanken gekennzeichnet. Gerade<br />

in den letzten Jahren war doch sehr auffällig, dass es zwischen einem Rating und der sich anschliessenden<br />

Kursbewegung keine eindeutige Korrelation gab. Vielfach wirkten Ratings gerade im kurzfristigen Zeitfenster<br />

regelrecht als Kontraindikatoren. Im Tief wurden Aktien abgestuft, im zyklischen Hoch auf «Kaufen» gestellt.<br />

Während des Bärenmarkts der Aktienmärkte von 2000 bis 2002 gab es regelmässig Kaufempfehlungen durch<br />

Bankhäuser und just genau dann gaben die Notierungen weiter nach. «Shorting the analysts», eine Floskel, die<br />

während dieser Zeit durch Trader geprägt wurde.<br />

Der Punkt ist aber tatsächlich der, dass gerade für das kurzfristige Zeitfenster, das heisst auf Sicht von Tagen<br />

bis hin zu einigen Wochen, nicht einmal eine tendenzielle Korrelation zwischen Ratings und Kursverläufen<br />

vorliegt. Das heisst, Kurse können nach einem Rating steigen oder fallen. Das Rating fällt also als Signalgeber für<br />

bevorstehende Trendwendepunkte ganz klar aus. In bestimmten Marktphasen können Ratings tendenziell als<br />

trendbestätigende Signalgeber herangezogen werden. In den vorliegenden Kursverlauf der E.ON-Aktie wurde<br />

ausserdem mit gelber Farbe die jeweilige Nachrichtenlage eingetragen. Auch hier ist auffällig, dass die Nachrichten<br />

«irgendwo» mitten im Kursverlauf liegen. Wenn man die konkrete Nachrichtenlage im Bereich von Trendwenden<br />

im Kursverlauf auswertet, so fällt auf, dass im Gros der Fälle gar keine Nachrichten vorliegen. Also auch die<br />

Sondierung der Nachrichtenlage führt den Anleger nicht effektiv weiter, seiner Zielsetzung näher zu kommen,<br />

möglichst direkt zukünftige Trendwenden zu prognostizieren.<br />

7


4. Direkt im Trendwendepunkt kaufen –<br />

Mittels charttechnischer Analyse kommt man dieser Zielsetzung näher<br />

Und wieder sehen Sie den identischen Kursverlauf der E.ON-Aktie wie in den Beispielgrafiken zuvor. Diesmal wurde<br />

in den Kursverlauf ein charttechnisches Hilfsmittel, eine sogenannte Trendlinie, eingezeichnet. Diese Trendlinie<br />

wird durch die Serie der markanten Tiefpunkte gezogen. Um eine Trendlinie zu ziehen, benötigt man mindestens<br />

zwei, besser drei Auflagepunkte. Sie sehen, in dem vorliegenden Beispiel liegen alle zyklischen Zwischentiefs/<br />

Trendwendepunkte auf dieser simplen charttechnischen Linie. Genau! Es liegt eine eindeutige Korrelation vor.<br />

Zwischentief/Trendwendepunkt gleich Trendlinie. Reine psychische Konditionierung. Wenn die markanten Tiefs 2<br />

und 3 auf der Trendlinie liegen, wieso dann nicht auch die folgenden Tiefs?<br />

Diese charttechnische Trendlinie ermöglicht es Ihnen, präzise Trendwendepunkte zu sondieren. Immer dann, wenn<br />

der Aktienkurs sich der Trendlinie nähert und auf ihr aufsetzt, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, dass der<br />

Kurs nach oben abprallen könnte. Im Rahmen der Chartanalyse werden Wahrscheinlichkeiten sondiert. Es ist also<br />

die Kunst, Wahrscheinlichkeiten richtig einzuschätzen. Und das ist gleichbedeutend mit einer Prognoseerstellung.<br />

Wie eingangs erwähnt, handelt es sich um ein besonders polarisierendes. Der Zweck heiligt die Mittel. Es geht nicht<br />

darum, die eigentliche grundlegende Analysemethode, die Fundamentalanalyse, in ihrer massgeblichen Rolle zu<br />

schmälern. Es geht vielmehr darum, zusätzlich die Vorzüge der Chartanalyse herauszustreichen.<br />

8


5. Gewinnpotenziale ausgehend von den charttechnisch ermittelten zyklischen Tiefpunkten<br />

Ausgehend von den markanten Tiefpunkten konnte der Aktienkurs deutlich nach oben abprallen. Es handelt<br />

sich um temporäre Kursanstiegsphasen, die immerhin mehrere Wochen anhielten und eine Grössenordnung von<br />

deutlich über 10% hatten. Voraussetzung, um die Trendlinie zu ziehen, sind mindestens die ersten beiden Tiefs,<br />

am besten noch das dritte Tief. Das heisst, dass der vierte Trendwendepunkt mit dem Folgeanstieg (2) und die<br />

folgenden Punkte (3 und 4) tatsächlich prognostizierbar waren.<br />

3.1.2 Trendlinien<br />

Oft lassen sich Aufwärtsbewegungen und Abwärtsbewegungen in einem Kursverlauf recht präzise mit Trendlinien<br />

eingrenzen. Bei einer idealtypischen Abwärtsbewegung, einem Abwärtstrend, liegen die entstehenden zyklischen<br />

Zwischenhochpunkte im Bereich der Abwärtstrendlinie. Umgekehrt verhält es sich bei einer idealtypischen<br />

Aufwärtsbewegung, einem Aufwärtstrend. Hier liegen die Zwischentiefs auf der Aufwärtstrendlinie. Über solche<br />

Trendlinien können Sie als Anleger selbstständig untere Trendwendepunkte und obere Trendwendepunkte<br />

sondieren. Das ermöglicht Ihnen, im Bereich eines Tiefs zu kaufen und/oder im Bereich eines Hochs zu verkaufen.<br />

Die allgemeine Erklärung mag gerade für Einsteiger in die Technische Analyse etwas zu theoretisch und zu<br />

abstrakt sein. Deshalb finden Sie in den folgenden Kapiteln eine Reihe von selbsterklärenden Chartbeispielen, die<br />

verdeutlichen, um was es bei der charttechnischen Analyse genau geht. Sammeln Sie erste Eindrücke.<br />

Charttechnische Analyse – das Prinzip der Trendlinien<br />

Anbei der Kursverlauf der E.ON-Aktie vom 23. Mai 2002 bis 04. Juni 2003. Auf dem Chartbild sehen Sie, dass es<br />

bei der Aktie von Juli 2002 bis März 2003 einen kontinuierlichen Kursverfall gegeben hat.<br />

Ist dies aber wirklich alles, was auf dem Chartbild zu sehen ist? Sie erahnen es, eine rein rhetorische Frage.<br />

9


Anbei das gleiche Chartbild mit Darstellung des Kursverlaufs der E.ON-Aktien vom 23. Mai 2002 bis 04. Juni 2003.<br />

Es gibt lediglich einen Unterschied. In diesem Chartbild ist eine sogenannte Trendlinie eingezeichnet. Trendlinien<br />

gehören zum reichhaltigen Instrumentarium der charttechnischen Analyse. Sie sehen, dass sich der Kursverfall<br />

der Aktie ganz massgeblich an der eingezeichneten grünen Trendlinie orientiert hat. Alle Zwischentiefs in diesem<br />

Zeitraum liegen exakt auf dieser Trendlinie. Bei diesen Zwischentiefs handelt es sich um präzise Trendwendepunkte.<br />

10


Wohlgemerkt, bei E.ON handelt es sich um einen DAX-Titel, der hauptsächlich von kapitalstarken Marktteilnehmern<br />

gehandelt wird. Bei ihnen handelt es sich in der Regel um Value-Investoren. Ihre Investmententscheidungen treffen<br />

sie vornehmlich auf fundamentalen Einschätzungen. Könnte man meinen! Dass im vorliegenden Fall auch oder<br />

gerade die Charttechnik eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte, ist offensichtlich. Und wohlgemerkt,<br />

Sie glauben doch nicht im Ernst, dass immer dann, wenn der Aktienkurs die Trendlinie erreichte, eine positive<br />

Nachrichtenlage vorlag. Wenn man die Nachrichtenlage während des dargestellten Kursverfalls auswertet, zeigt<br />

sich im Bereich der grün gepunkteten zyklischen Zwischentiefs eine völlig uneinheitliche Nachrichtenlage. Einmal<br />

lagen positive, dann wieder negative Nachrichten vor. Meistens aber gab es gar keine konkreten Nachrichten.<br />

Diese Trendwendepunkte waren über die Auswertung der Nachrichtenlage nicht sondierbar. Nein, die<br />

Marktteilnehmer orientierten sich tatsächlich an dieser Linie im Kursverlauf.<br />

Mittels charttechnischer Analyse waren diese Trendwendepunkte einfach und präzise ermittelbar.<br />

Es handelt sich um einfache psychische Konditionierungsmechanismen: «Wenn Zwischentief 2 und 3 auf dieser<br />

Linie lagen, wieso dann nicht auch das nächste Zwischentief? Wenn ich das nächste Zwischentief erneut auf der<br />

Trendlinie erwarte, dann kann ich entsprechend dieser Erwartungshaltung auf diesem Kursniveau die Aktie kaufen<br />

und meine Position mit engem Stopp absichern. Ja, ich kaufe, wenn der Aktienkurs die Trendlinie erreicht.»<br />

Der Vorteil liegt auf der Hand. Es ist durch Erkennen einer solch markanten Trendlinie möglich, direkt<br />

Trendwendepunkte zu prognostizieren und sich dementsprechend zu positionieren. Es gibt andere<br />

Tradingmethoden, die später vorgestellt werden, bei denen nicht die offensichtliche psychische Konditionierung<br />

gehandelt wird, sondern das Szenario, wenn das Konditionierungsmuster schlagartig ausgehebelt wird. Man lässt<br />

den Markt wie ein Huhn eine Reihe von Körnern picken, bis diese Reihe unterbrochen wird und das Huhn nicht<br />

mehr weiter weiss. In solchen Phasen, wenn Marktteilnehmer seitens ihrer Positionierung auf dem falschen Fuss<br />

erwischt werden, lässt sich diese Zwangslage unter Tradinggesichtspunkten handeln. Dazu aber an anderer Stelle<br />

mehr. Hier soll es zunächst einmal nur um die Veranschaulichung des Grundprinzips der charttechnischen Analyse<br />

gehen.<br />

Ein weiteres Beispiel.<br />

Anbei der Kursverlauf der Aktie von Du Pont (DD) vom 20. November 2003 bis 15. Dezember 2004. Das Chartbild<br />

zeigt eine hochvolatile, leicht nach unten gekippte Seitwärtskorrektur.<br />

11


Anbei das gleiche Chartbild mit Darstellung des Kursverlaufs der Aktie von Du Pont (DD) vom 20. November 2003<br />

bis 15. Dezember 2004. In diesem Chartbild wurde lediglich eine markante Chartstruktur, nämlich erneut eine<br />

Trendlinie, eingezeichnet.<br />

Das Kursgeschehen von Ende 2003 bis Oktober 2004 orientiert sich ganz massgeblich an einer Trendlinie.<br />

Die Mehrzahl der markanten Zwischenhochs in diesem Zeitraum liegt exakt an dieser Trendlinie. Du Pont<br />

ist ein Bluechip aus dem Dow Jones und ebenfalls ein Aktientitel, der hauptsächlich von kapitalstarken und<br />

fundamentalanalytisch ausgerichteten Marktteilnehmern gehandelt wird. Also auch hier zieht das Argument nicht,<br />

wonach charttechnische Analyse nur bei tradingorientierten Marktteilnehmern Anwendung finden soll. Und auch<br />

hier sei die Anmerkung gestattet, dass die konkrete Nachrichtenlage zum Zeitpunkt des Erreichens der Trendlinie<br />

keinen Hinweis auf eine anstehende Wende gab. Der entscheidende kursbestimmende Faktor war tatsächlich diese<br />

Trendlinie. Es handelt sich um psychische Konditionierungsmechanismen: «Wenn Zwischenhoch 3 auf dieser Linie<br />

liegt, wieso dann nicht auch das nächste Zwischenhoch? Also verkaufe bzw. leerverkaufe ich, wenn der Aktienkurs<br />

die Trendlinie erneut erreichen sollte.» Die Trendlinie hatte ungefähr ein Jahr Wirkung.<br />

3.1.3 Gleitende Durchschnittslinien<br />

Sogenannte gleitende Durchschnittslinien gehören ebenfalls zum Instrumentarium der charttechnischen Analyse.<br />

Es sind einfache, aber hocheffektive Instrumente. Gleitende Durchschnittslinien werden von Charting-Programmen<br />

automatisch berechnet und in die Charts eingeblendet. Es handelt sich bei ihnen um Glättungen des Kursverlaufs.<br />

Je nach Periodeneinstellung lassen sich kurz-, mittel- und langfristige Trends visualisieren. Im Bereich prominenter<br />

gleitender Durchschnittslinien, wie beispielsweise des gleitenden 50er-Durchschnitts und des gleitenden 200er-<br />

Durchschnitts, liegen oftmals grössere Trendwendebereiche im Kursverlauf.<br />

Für die Visualisierung wurden vereinfachte Darstellungen gewählt.<br />

Kursverlauf der Aktie von W PATTERSON Companies (PDCO) seit 1996. Die rote Linie in dem Chart zeigt die<br />

exponentiell gewichtete gleitende Durchschnittslinie 200 (EMA200). Mittelfristig ausgerichtete Marktteilnehmer<br />

orientieren sich oft an diesem gleitenden Durchschnitt. Sie sehen, dass seit 1996 wichtige mittelfristige Tiefs auf<br />

dieser Linie liegen. Diese Linie fungierte also als Unterstützung, als charttechnisches Kaufniveau. Wieder liegt der<br />

Vorteil auf der Hand. Wenn die betreffende Aktie korrigierte, konnte man davon ausgehen, dass die Korrektur im<br />

Bereich der exponentiell gewichteten gleitenden Durchschnittslinie 200 beendet werden könnte. Entsprechend<br />

dieser Erwartungshaltung bot es sich an, die Aktie auf dem gleitenden Durchschnitt zu kaufen.<br />

12


Kursverlauf vom S&P 500 Index seit 1997. Die blaue Linie in dem Chart zeigt die exponentiell gewichtete<br />

gleitende Durchschnittslinie 50 (EMA50). Mittelfristig ausgerichtete Marktteilnehmer orientieren sich auch an<br />

diesem gleitenden Durchschnitt. Während des Bärenmarkts 2000 bis 2002 fungierte der gleitende Durchschnitt<br />

als Widerstand. Hier verkauften die Marktteilnehmer. Der Index prallte nach unten ab. Im Rahmen des neuen<br />

Bullenmarkts seit 2003 fungiert der gleitende Durchschnitt als Unterstützung und damit als charttechnisches<br />

Kaufniveau. Sie sehen, dass seit 2004 mittelfristige Tiefs auf der Durchschnittslinie gesetzt wurden.<br />

13


3.1.4 Bodenbildung<br />

Alleine durch das Betrachten eines Kursverlaufs können Sie mögliche Böden, sprich untere Trendwendepunkte,<br />

finden. Wie sind entstehende Zwischentiefs relativ zueinander angeordnet? Entscheidend ist die Art und Weise, wie<br />

sich der Kursverlauf entwickelt. Er gibt wichtige Anhaltspunkte für eine mögliche Bodenbildung einer Aktie, eines<br />

Index, eines Rohstoffs oder einer Währung.<br />

In diesem Beispiel wird aufgezeigt, wie sich alleine anhand der Betrachtung des Kursverlaufs ein Trendwendepunkt,<br />

ein Boden, erkennen und darauf basierend ein beginnender Kursanstieg prognostizieren lässt.<br />

Anbei schematisch dargestellt ein Kursverlaufsszenario. Der Kurs fällt zunächst nach unten ab, kann sich<br />

stabilisieren und dann deutlich ansteigen. Es kann sich hierbei um den Kursverlauf einer Aktie, eines Index, eines<br />

Devisenpaares, eines Rohstoffs handeln. Zentrale Frage aus Sicht des charttechnischen Analysten: Wie stabilisiert<br />

sich der Kurs? In welcher Form, in welcher Anordnung, in welchem Muster?<br />

In Form einer sogenannten inversen Schulter-Kopf-Bodenformation, kurz inverse SKS-Formation. Im Schema ist<br />

diese inverse SKS-Formation mit Buchstaben gekennzeichnet. Laut Charttechnik stellt eine solche inverse SKS-<br />

Formation einen Trendwendepunkt dar und kündigt steigende Kurse an. Die Formation definiert sich hauptsächlich<br />

über die Anordnung der Zwischentiefs. Die inverse SKS-Formation ist eine von zahlreichen charttechnischen<br />

Bodenformationen.<br />

Die Formation wird in Kapitel 3.5.4 genau erklärt. In diesem Kapitel soll es darum gehen, das Thema<br />

«Charttechnik» zu visualisieren. Deshalb richtet sich der Fokus auf die Konturen einer inversen SKS-Formation.<br />

Prägen Sie sich die Konturen dieser inversen SKS-Bodenformation gut ein. Es folgen nun die realen Beispiele.<br />

Sie werden sehen, was mit dem Satz «Den Kursverlauf lesen wie ein Buch» gemeint ist.<br />

14


Kursverlauf der Infineon-Aktie auf Sicht mehrerer Monate im Jahr 2005. In den Monaten April und Mai 2005<br />

erkennen Sie eine inverse SKS-Bodenformation. Zur Wiederholung: Entsprechend dem eingangs erläuterten<br />

Schema markierte die inverse SKS-Formation einen Trendwendepunkt und leitete steigende Kurse ein. Die Aktie<br />

war also charttechnisch ein Kauf. Vergleichen Sie die inverse SKS-Formation im beigefügten Infineon-Chart mit<br />

dem eingangs erläuterten Schema.<br />

Kursverlauf des US Bank Index ($BKX), in dem die hoch kapitalisierten Aktien der US-Banken gelistet sind. Im<br />

Oktober 2005 sehen Sie eine inverse SKS-Bodenformation. Entsprechend dem eingangs erläuterten Schema<br />

markierte die inverse SKS-Formation einen Trendwendepunkt und leitete steigende Kurse ein. Der Index war also<br />

charttechnisch ein Kauf.<br />

15


Kursverlauf der Viacom-Aktie. Im Oktober 2005 erkennen Sie eine inverse SKS-Bodenformation. Zur Wiederholung:<br />

Entsprechend dem eingangs erläuterten Schema markierte die inverse SKS-Formation einen Trendwendepunkt und<br />

leitete steigende Kurse ein. Die Aktie war also charttechnisch ein Kauf.<br />

Kursverlauf der Aktie von Clear Channel Com (CCU). In den Monaten Mai und Juni 2005 erkennen Sie eine inverse<br />

SKS-Bodenformation. Zur Wiederholung: Entsprechend dem eingangs erläuterten Schema markierte die inverse<br />

SKS-Formation einen Trendwendepunkt und leitete steigende Kurse ein. Die Aktie war also charttechnisch ein Kauf.<br />

Kursverlauf der Aktie von Jabil Circuit (JBL). Im Januar 2005 erkennen Sie eine inverse SKS-Bodenformation.<br />

Zur Wiederholung: Entsprechend dem eingangs erläuterten Schema markierte die inverse SKS-Formation einen<br />

Trendwendepunkt und leitete steigende Kurse ein. Die Aktie war also charttechnisch ein Kauf.<br />

16


Die in diesem Kapitel dargestellten inversen SKS-Formationen in den Kursverläufen der Aktien und des Index sind<br />

ein Paradebeispiel dafür, was mit dem Satz «Den Kursverlauf lesen wie ein Buch» gemeint ist. Durch das alleinige<br />

Betrachten des Kursverlaufs ist es möglich, Prognosen zum zukünftigen Kursverlauf anzustellen.<br />

Durch alleiniges Betrachten des Kursverlaufs einen bevorstehenden Ausbruch erkennen<br />

In diesem Beispiel wird aufgezeigt, wie alleine anhand der Betrachtung des Kursverlaufs ein bevorstehender<br />

Kursausbruch erkannt werden kann. Wenn man einen bevorstehenden Kursausbruch mittels charttechnischer<br />

Analyse erkennen kann, bietet es sich an, sich entsprechend dieser Erwartungshaltung zu positionieren. Anbei<br />

schematisch dargestellt ein Kursverlaufsszenario.<br />

Nach einem Kursverfall oder nach einem Kursanstieg konsolidiert der Kurs in einer Form, die einem Dreieck ähnelt.<br />

Es handelt sich laut Charttechnik um ein sogenanntes symmetrisches Dreieck. Die Hauptaussage eines solchen<br />

Dreiecks ist die, dass sich ein Kursausbruch ankündigt. Prägen Sie sich einfach die Konturen dieses Dreiecks gut ein.<br />

Es folgen nun die realen Beispiele. Ein weiteres Mal werden Sie sehen, was mit dem Satz «Den Kursverlauf lesen<br />

wie ein Buch» gemeint ist.<br />

Im Kursverlauf der Aktie von Bechtle AG in den Monaten November und Dezember 2005 erkennen Sie ein<br />

symmetrisches Dreieck. Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen<br />

Kursausbruch an. Zum Vergleich ist in der Chartgrafik als kleiner Ausschnitt das Dreiecksschema eingeblendet.<br />

17


Im Kursverlauf der Aktie von Sun Microsystems (SUNW) von November 2002 bis Mai 2003 erkennen Sie ein<br />

symmetrisches Dreieck. Zum Vergleich ist in der Chartgrafik auch hier als kleiner Ausschnitt das Dreiecksschema<br />

eingeblendet. Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen Kursausbruch an.<br />

18


Im Kursverlauf der Aktie von Chiron (CHIR) von März bis September 2005 erkennen Sie ein symmetrisches Dreieck.<br />

Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen Kursausbruch an.<br />

Im Kursverlauf der Aktie von Walgreen (WAG) in den Monaten November und Dezember 2004 erkennen Sie<br />

ein symmetrisches Dreieck. Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen<br />

Kursausbruch an.<br />

Im Kursverlauf der Aktie von CMS Energy (CMS) von März bis Mai 2005 erkennen Sie ein symmetrisches Dreieck.<br />

Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen Kursausbruch an.<br />

19


Im Kursverlauf des Amex Biotech Index ($BTK) – in diesem Index sind alle wichtigen hoch kapitalisierten<br />

US-Biotechaktien gelistet – von Mitte 2002 bis Anfang 2003 erkennen Sie ein symmetrisches Dreieck.<br />

Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen Kursausbruch an.<br />

Im Kursverlauf des Combined Telecom Index ($IXTCX) erkennen Sie ein symmetrisches Dreieck, das sich über zwei<br />

Jahre erstreckt. Entsprechend dem erläuterten Schema kündigte diese Art der Konsolidierung einen Kursausbruch<br />

an. Ein Dreieck in diesem ausgedehnten Zeitfenster kündigt einen Ausbruch in vergleichbarer Dimension an.<br />

20


3.1.5 Der Faktor «Zeit»<br />

Im Rahmen der Technischen Analyse spielt auch die Auswertung von Zyklen und Saisonalitäten eine wichtige Rolle.<br />

Auch in der Zeitebene lassen sich immer wiederkehrende Elemente und Verlaufsformen finden. Solche Zyklen<br />

müssen nicht statisch sein. Da die Märkte ein fortlaufendes dynamisches Geschehen darstellen, gilt es, ebenfalls die<br />

Zyklen von Zeit zu Zeit anzupassen. Dennoch bietet auch die Auswertung der Zeitdimension wichtige prognostisch<br />

verwertbare Informationen. Die Kenntnis beispielsweise eines Zeitfensters, in dem die Wahrscheinlichkeit für eine<br />

Korrektur der Märkte erhöht ist, ist eine wertvolle Information für den Anleger. Sie kann bei Anlageentscheidungen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Anbei der Kursverlauf des Dow Jones. Es sind zwei wichtige statische Zyklen markiert.<br />

Mit den senkrechten blauen Linien ist der 72-Wochen-Zyklus abgetragen. Ausgangspunkt hier ist das Allzeithoch<br />

im Januar 2000. Der Zyklus funktionierte aber auch schon in den 90er-Jahren. Im Takt von 72 Wochen wurden<br />

mittelfristig markante Hochs bzw. Tiefs ausgebildet. So das Hoch im Mai 2001, das Bärenmarkttief im Oktober<br />

2002, das Hoch im Januar 2004. Mit den breiten hellgrauen senkrechten Balken ist der Oktobermonat eines jeden<br />

Jahres seit 2000 markiert. Seit dem Jahr 2000 startete im Oktober eines jeden Jahres eine Jahresendrallye. Sogar im<br />

Jahr 2000, in dem der Markt in den Bärenmarkt überging, gab es eine nicht unerhebliche Kurserholung ab Oktober.<br />

Das Sell-off-Tief 2001 lag im Oktober, das Bärenmarkttief 2002 lag im Oktober, 2003 gab es ab Oktober eine<br />

Fortsetzung der Rallye, 2004 wurde der zähe Korrekturprozess im Oktober beendet. Dies als Beispiel dafür, dass<br />

im Rahmen der charttechnischen Analyse neben der Preis- auch die Zeitdimension ausgewertet wird.<br />

Es lässt sich also nicht nur ermitteln, auf welchem Kursniveau beispielweise eine Aktie ein Kauf ist, sondern auch zu<br />

welchem Zeitpunkt.<br />

21


3.1.6 Warum Charttechnik funktioniert<br />

Laut der Dow-Theorie, die Basis der charttechnischen Analyse ist, sind die wesentlichen fundamentalen<br />

Informationen in einem Aktienkurs eskomptiert, also eingepreist. Zwar ist das Thema in der Einleitung des Buchs<br />

bereits intensiv zur Sprache gekommen, wegen der Wichtigkeit für das allgemeine Grundverständnis der Märkte<br />

nun nochmals das folgende erläuternde Kapitel.<br />

Im Kursverlauf zeigen sich die Aktivitäten aller Marktteilnehmer. Seien es die Aktivitäten der Institutionellen,<br />

Fonds, Market Maker, Risiko-hedgenden Unternehmen oder seien es die Aktivitäten der vielen Privatanleger. Der<br />

Kursverlauf (Chart) spiegelt die Einschätzungen aller Marktteilnehmer wider. Dabei können die Einschätzungen<br />

auf unterschiedlichsten methodischen Fundamenten stehen. Insofern spiegelt der Kursverlauf kumuliert die<br />

Einschätzungen und Motive aller teilnehmenden Marktakteure und deren Transaktionsaktivität wider. Sie sind für<br />

den Kapitalstrom verantwortlich und nicht die Analysten, Journalisten etc., die sich lediglich zum Markt äussern.<br />

Wenn es Ziel des Traders und des Investors ist, von Kursbewegungen zu profitieren, muss ermittelt werden, was die<br />

Kurse genau bewegt. Wer bewegt die Kurse? Welche Marktteilnehmer dominieren einen bestimmten Basiswert?<br />

Und warum werden Kurse bewegt? Was sind die Motive für Marktaktivitäten?<br />

Im Kursverlauf lassen sich die Aktivitäten aller Marktteilnehmer sehen. Seien es die Aktivitäten der Institutionellen,<br />

Fonds, Market Maker oder seien es die Aktivitäten der Kleinanleger. Der Kursverlauf (Chart) spiegelt<br />

die Einschätzungen aller Marktteilnehmer wider. Dabei können die Einschätzungen auf unterschiedlichsten<br />

methodischen Fundamenten stehen. Der eine Anleger ist aufgrund der Nachrichtenlage investiert, der andere<br />

aufgrund der Ergebnisse fundamentaler Analyse, der andere wegen der charttechnischen Situation, wieder ein<br />

anderer aus reiner Intuition. Der eine Anleger hat lange tiefgreifendes Research betrieben, der andere wiederum<br />

hat einfach nur einen Tipp des Nachbarn aufgeschnappt und umgesetzt. Der eine Anleger ist gehebelt im Markt<br />

investiert, der andere hedged bestehende Positionen ab. Der eine Anleger stösst eine grössere Aktienposition ab,<br />

deren Verkauf aufgrund der Grösse mehrere Wochen in Anspruch nimmt, der andere Anleger drückt lediglich<br />

kurz auf den Verkaufsknopf seiner Tradingsoftware und ist in Sekundenschnelle mit seiner Position wieder aus<br />

dem Markt heraus. Der eine Fonds verkauft eine Aktienposition und leitet damit fallende Kurse ein, obwohl die<br />

fundamentalen Aussichten zu dem zugrunde liegenden Unternehmen weiter ausgezeichnet sind, der eine oder<br />

andere Kleinanleger wird durch diese Konsolidierung aus der betreffenden Aktie ausgestoppt.<br />

In bestimmten Marktphasen spielt das Stimmungsbild der Marktteilnehmer eine entscheidende Rolle für Trading-<br />

und Investmententscheidungen. Der eine Marktteilnehmer kauft, weil er bereits gute Gewinne gemacht hat und<br />

in ihm die Gier geweckt wurde, der andere Marktteilnehmer kauft sogar auf Kredit, weil er noch mehr Gewinne<br />

machen möchte.<br />

22


Nicht selten gibt es Kursbewegungen, die auf kurzfristige Zwangslagen bestimmter Marktteilnehmer hinweisen.<br />

Besonders dann, wenn das Momentum, also der Orderflow pro Zeiteinheit, beispielweise in einer Aktie besonders<br />

hoch ist und die Kurse sich gleichzeitig sehr schnell und stark bewegen, ist dies ein Zeichen dafür, dass Marktteilnehmer<br />

aufgrund einer Schieflage zwangsliquidiert werden.<br />

Sie sehen, es herrscht ein Kommen und Gehen. Und zwar ein sehr komplexes Kommen und Gehen. Im Kursverlauf<br />

(Chart) sehen Sie also gleichermassen die kumulierte Gesamtmeinung und die kumulierte Gesamtaktivität zu dem<br />

betreffenden Basiswert. Dies ist ein zentraler Punkt, den Sie sich unbedingt vergegenwärtigen sollten, wenn Sie am<br />

Markt aktiv sind. Der Markt hat immer recht. Es mag hart klingen, aber nicht Ihre Meinung zu dem betreffenden<br />

Basiswert zählt, sondern eben diese kumulierte Gesamtmeinung. Ihre Meinung und Ihre darauf basierende Trading-<br />

und Investmentaktivität ist lediglich ein kleiner Teil der Gesamtmeinung und Gesamtaktivität und «somit irrelevant».<br />

Diese provokante Aussage richtet sich an den Kleinanleger, der meint, sich ein umfassendes Bild zu seiner Telekom-<br />

Aktie gemacht zu haben, ebenso wie an den Fondsmanager, der sicherlich eine deutlich gründlichere fundamentale<br />

Einschätzung zu einem Basiswert besitzt. Nicht Sie als Individuum bewegen die Kurse massgeblich in eine Richtung,<br />

sondern die Masse mit ihrer Gesamtmeinung. Innerhalb der Masse haben allerdings die kapital starken Marktakteure<br />

kursbewegendere Macht. Deshalb gilt es mit diesen «grossen Fischen» zu schwimmen, die in der Regel die<br />

grossen übergeordneten Trends wesentlich bestimmen. Man spricht im Traderfachjargon auch vom «Smart Money»<br />

oder den «Big Boys». Mittels charttechnischer Analyse werden die Gesamtmeinung und die Gesamtaktivität<br />

ausgewertet, quantifiziert und in eine Prognose umgemünzt.<br />

3.1.7 Charttechnik – kurzfristig<br />

Viele Anleger werden aus eigener Erfahrung der Aussage zustimmen, dass Kursreaktionen auf Nachrichten<br />

oftmals nicht nachvollziehbar sind. Der Kurs kann nach einer Nachricht steigen oder fallen. Zwischen einem<br />

Nachrichtentypus und der darauffolgenden Kursreaktion liegt schlichtweg keine wie auch immer geartete<br />

Korrelation vor. Mal ist es «sell on good news», dann wieder ein «buy on good news». Wenn keine Korrelation<br />

vorliegt, kein erkennbarer Zusammenhang, dann kann der Anleger auch keine konkrete Erwartungshaltung<br />

bezüglich des voraussichtlichen Kursverlaufs entwickeln. Und Letztere benötigt er, um den Markt handeln zu<br />

können. Kurzfristige Kursbewegungen, seien sie im Minuten-, Stunden- oder Tagesbereich angesiedelt, lassen<br />

sich hervor ragend mittels charttechnischer Analyse prognostisch eingrenzen. Mittels charttechnischer Analyse<br />

können Sie sondieren, wo potenzielle Intraday-Böden, Intraday-Kursziele und mögliche obere Trendwenden liegen.<br />

Je präziser Sie das Intraday-Kursgeschehen eingrenzen können, desto enger können Sie Ihre Stop-Loss platzieren.<br />

Je enger Sie Ihr Stop setzen können, desto grössere Positionen können Sie aufbauen, desto grösser können Sie also<br />

den Hebel wählen.<br />

Der kurzfristige Handel an den Finanzmärkten wird in Scalptrading, Swingtrading, Positionstrading unterteilt. Diese<br />

Kategorisierung hat alleine das zeitliche Momentum als Kriterium.<br />

Scalptrading: Trading insbesondere von Indexfutures, (Bonds-Futures), Devisen, aber auch liquiden Aktien im<br />

Sekunden- und Minutenbereich.<br />

Swingtrading: Trading im Stundenbereich, maximal ein bis zwei Handelstage.<br />

Positionstrading: Trading jeglichen Finanzinstruments auf Sicht von Tagen bis Wochen, maximal einigen wenigen<br />

Monaten.<br />

Es besteht Konsens darüber, dass der Handel im kurzfristigen Zeitfenster weitgehend basierend auf charttechnischer<br />

Analyse erfolgt. Ohne Charttechnik geht kurzfristig nichts. Es gibt zwar das Newstrading (als Nicht-Charttechnikbasiertes<br />

Trading) von niedrigkapitalisierten Aktien, aber es ist als eher untergeordnet einzuordnen.<br />

Kursbewegungen im kurzfristigen Zeitfenster erfolgen sehr oft völlig unabhängig von Fundamentaldaten und<br />

konkreten Nachrichten. So kann der Aktienkurs fallen, obwohl ein Unternehmen bessere Quartalszahlen als<br />

erwartet und einen exzellenten Ausblick präsentieren konnte. Der Ölpreis kann plötzlich ansteigen, obwohl<br />

die Öllager nachweislich überquellen, in den grossen Häfen wie Rotterdam ganze Tankerflotten als Speicher<br />

von physischem Öl liegen und, um das fiktive Beispiel auf die Höhe zu treiben, gleichzeitig noch neue Ölfelder<br />

entdeckt werden.<br />

23


3.1.8 Charttechnik – mittelfristig<br />

Keine Frage, die Märkte sind in den letzten Jahren deutlich volatiler geworden. Mittelfristige Trends, einmal<br />

nach oben gerichtet, dann wieder nach unten gerichtet, wechseln sich immer rascher ab. Seit dem Platzen der<br />

Internetblase im Jahr 2000 und dem damit verbundenen Crash ist das Marktumfeld für Investoren unberechenbarer<br />

geworden. Dies entspricht der makroökonomischen Entwicklung.<br />

Schauen Sie sich einfach einmal die folgende Chartgalerie an. Sie sehen das ständige Hin und Her ausgeprägter<br />

mittelfristiger Trends. Der Markt kippt von einem Extrem ins andere. Als Anleger müssen Sie sich auf diese exzessive<br />

Volatilität einstellen. Sie müssen reagieren, Sie müssen mit Ihrem Anlagestil adaptieren. Und so viel ist auch klar:<br />

Sie müssen aktiver handeln.<br />

Mittels charttechnischer Analyse lässt sich an dieser Schwankungsbreite der Finanzmärkte ausgezeichnet<br />

partizipieren, weil Sie schlichtweg präziser Ihre Anlageentscheidungen timen können.<br />

24


Marktteilnehmer sind ständig auf der Suche nach dem nächsten Megatrend. Solar? Rohstoffe? Wasser? China?<br />

Osteuropa? Oder doch wieder Technologie?<br />

Die Sondierung des «richtigen Einstiegs», des «richtigen Trends» und der Stärke eines vorliegenden Trends ist auch<br />

für den Investor wichtiger denn je geworden.<br />

Kostolanys Rat, gute Aktien zu kaufen und dann für die nächsten zehn Jahre eine Schlaftablette zu nehmen, hat für<br />

anhaltende Trendmärkte Berechtigung. Während der Marktphase, in der Kostolany diesen Ratschlag erteilte, war er<br />

sinnvoll. Man sollte dem Mann insofern nachträglich nicht unrecht tun.<br />

Marktteilnehmer, die allerdings den Bärenmarkt 2000 bis 2002 miterlebt haben, sind eben durch diesen psychisch<br />

konditioniert. Wer auf eine heisse Herdplatte fasst, der wird sich sein ganzes Leben lang im Bereich von Herdplatten<br />

sehr vorsichtig aufhalten. Anders ausgedrückt: Wenn einem Marktakteur einmal beim Investieren mit der<br />

Schlaftablette «Kapital abhanden gekommen ist», wird er nach dieser unschönen Erfahrung sein Anlageverhalten<br />

ändern.<br />

Mittelfristig und langfristig ausgerichtete Anleger machen sich richtigerweise und nachvollziehbarerweise<br />

hauptsächlich die fundamentale Analyse für ihre Anlageentscheidungen zunutze. Die zentrale Frage, die<br />

es im Rahmen des Value-Investing zu beantworten gilt, ist die folgende: Ist eine Aktie überbewertet oder<br />

unterbewertet? Wenn die Aktienkurse so weit gefallen sind, dass sie unterbewertet sind, kauft der Value-<br />

Investor. Dieses Vorgehen setzt voraus, dass der Value-Investor eine fundamentale Unterbewertung tatsächlich<br />

adäquat erkennen kann.<br />

Es ist hinzuzufügen, dass fundamentale Unterbewertungen sehr lange anhalten können.<br />

Der Ansatz des Value-Investing ist insofern sehr interessant, weil bei adäquater Vorgehensweise zu günstigen<br />

Bewertungen gekauft wird und darauf gesetzt wird, dass die gefundenen Unterbewertungen auf jeden Fall<br />

«irgendwann», also auf langfristige Sicht, wieder austariert werden. Der Anspruch, das grosse Tief zu kaufen,<br />

besteht überhaupt nicht. Zwischenzeitliche Kursverluste in erheblicher Höhe werden akzeptiert, weil auf die<br />

hohe Trefferquote der Anlageentscheidungen spekuliert wird. Es ist mir eine Freude, bei der Beschreibung dieses<br />

Kontexts die Begrifflichkeit «spekulieren» zu verwenden.<br />

Aber! In der aktuell laufenden Dekade seit 2000 haben es eben diese langfristig ausgerichteten Anleger<br />

schwieriger. Auf Sicht von Jahren pendelt der Markt in extremen Bewegungen hin und her. So sehr er sich auch<br />

wehren mag, aber auch ein langfristig ausgerichteter Investor gerät unter Zugzwang, was das Timing anbelangt.<br />

Deshalb ist festzustellen, dass charttechnische Analyse nun auch in dieser grossen, elitären Anlegergruppe eine<br />

zusehends wichtigere Rolle spielt. Insbesondere bei der Auswertung des mittelfristigen Zeitfensters liefert die<br />

Chartanalyse nämlich ausgezeichnete prognostische Ergebnisse.<br />

Die fundamentale Analyse als übergeordnete Basis, kombiniert mit der charttechnischen Analyse, stellt sich als<br />

sinnvolle Kombination heraus.<br />

27


3.1.9 Fundamentalanalyse vs. Chartanalyse<br />

Gerade seitens langfristig ausgerichteter Anleger (Value-Investoren), die in der Regel Anlageentscheidungen<br />

basierend auf fundamentalem Research treffen, gibt es Vorbehalte gegen charttechnische Analyse. Aber warum?<br />

Gerade angesichts der exzessiven Volatilität mittelfristiger Trends in der aktuell laufenden Dekade seit 2000 dürften<br />

die Stimmen von dieser Seite langsam leiser werden.<br />

Charttechnische Analyse und fundamentale Analyse stellen keine Gegensätze dar. Im Gegenteil, sie ergänzen<br />

sich hervorragend. Zu den Kunden von GodmodeTrader.de gehören professionelle Marktteilnehmer und Retail-<br />

Investoren (Kleinanleger). Fondsmanager und Vermögensverwalter sind erstgenannter Gruppe zuzuordnen.<br />

Ihr Anlagehorizont ist in der Regel mittel- und langfristig. Gerade für mittelfristig und langfristig ausgerichtete<br />

Investoren ist tiefgreifendes fundamentales Research unabdingbare Basis.<br />

Im Zentrum des Investmentprozesses steht das Research. Es geht darum, sich ein klares umfassendes Bild über die<br />

fundamentale Situation eines Unternehmens, einer Branche, einer Region zu machen.<br />

Nach erfolgtem Fundamentalresearch kommt die charttechnische Analyse zum Einsatz. Nämlich dann, wenn es um<br />

den konkreten Einstieg in den Markt geht. Wenn es darum geht, Pläne für das Risikomanagement («Wo setze ich<br />

mein protektives Stop zwecks Verlustbegrenzung?») und für das Money Management («Wie viel Kapital setze ich<br />

pro Position ein?») zu entwickeln.<br />

Eine Aktie kann über längere Phasen weit unter oder über ihrem Buchwert notieren. Überhaupt gilt es festzuhalten,<br />

dass der Aktienkurs meistens eben nicht im Bereich des fundamental ermittelten Werts notiert. Betrachtet man die<br />

Märkte Ende der 90er-Jahre, so lagen hier über Jahre hinweg fundamentale Überbewertungen vor. 2000 begann<br />

die Internetblase zu platzen und es kam zum grössten Einbruch der Märkte seit dem legendären Crash 1929. Im<br />

Rahmen des letzten Sell-offs des Bärenmarkts lagen bei zahlreichen DAX-Aktien nachweislich sogar fundamentale<br />

Unterbewertungen vor. Der Markt hatte von einem Extrem in das andere Extrem gewechselt.<br />

Je nach Marktphase hat die Stimmung der Marktteilnehmer einen weit grösseren Anteil an der Kursbewegung<br />

als die tatsächlichen zugrunde liegenden fundamentalen Fakten. Und genau hier setzt die charttechnische<br />

Analyse an. Egal in welcher Marktphase, egal in welchem Markt, die charttechnische Analyse ist nahezu immer<br />

hochgradig effektiv. Zur Zeit des Neuen Markts mit seinen Intershops, EM-TVs und Mobilcoms war die euphorische<br />

Stimmung der Marktteilnehmer ganz massgeblicher kursbestimmender Faktor. Es entwickelte sich eine regelrechte<br />

Massenpsychose. Mit angemessener fundamentaler Bewertung hatte das Kursgeschehen nichts mehr zu tun.<br />

In dem einen oder anderen Gespräch äusserte sich so mancher Vermögensverwalter und Fondsmanager mit<br />

Entsetzen: «Was sich hier abspielt, ist der absolute Wahnsinn. Die Märkte haben sich komplett von den eigentlichen<br />

fundamental herleitbaren Bewertungen abgekoppelt.» Dazu sei aus Sicht des Traders und charttechnischen<br />

Analysten Folgendes angemerkt. Es mag sein, dass die Märkte nach fundamentalen Kriterien masslos überbewertet<br />

waren. War dies aber ein Grund, nicht von den Kursbewegungen zu profitieren? Wenn man die Möglichkeit<br />

hatte, jederzeit schnell aus dem Markt auszusteigen, definitiv nicht. Es war gut zu wissen, dass fundamentale<br />

Überbewertungen vorlagen, um sich der Risiken bewusst zu werden. Aber solange der Markt stieg, stieg er. Es gab<br />

somit einen Grund, mit von der Partie zu sein. Die Kunst ist und bleibt die, rechtzeitig abzuspringen. Hierfür hat<br />

sich die charttechnische Analyse als wertvolles Instrumentarium erwiesen.<br />

28


3.1.10 Weiterführende Informationen<br />

Wo erfahre ich mehr zum Thema Technische Analyse?<br />

– Nutzen Sie unseren kostenlosen <strong>KeyInvest</strong> Daily Markets Newsletter. Hier finden Sie börsentäglich charttechnische<br />

Analysen zu zwei Basiswerten.<br />

– Im Online-Handbuch (Rubrik Lernen & Infos) haben wir drei charttechnische Betrachtungen (<strong>Gold</strong>, Novartis,<br />

<strong>SMI</strong>) für Sie bereitgestellt, die auch als PDF-Datei heruntergeladen werden können. Hier erfahren Sie mehr<br />

über drei ausgewählte Chartformationen (Steigendes Dreieck, Trendkanal, Schulter-Kopf-Schulter) und die<br />

Nutzungsmöglichkeiten des <strong>UBS</strong> <strong>KeyInvest</strong> Trend Radar-Tools.<br />

– Es gibt eine umfangreiche Literatur sowie Webpages und Blogs zum Thema. Als Standardwerke werden vielfach<br />

John J. Murphy, Technische Analyse der Finanzmärkte, und Jack D. Schwager, Schwager on Futures / Technische<br />

Analyse, empfohlen.<br />

3.2 Der Chart / Der Kursverlauf<br />

Der Chart und der Kursverlauf geben mehr Informationen preis, als so mancher Anleger erahnen mag. Es gibt<br />

unterschiedlichste Darstellungsarten eines Kursverlaufs, die dem Charttechniker erlauben, wie eine Art Lupe über<br />

die Charts zu gehen und kleinste Details zu erfassen und zu interpretieren.<br />

Was ist ein Chart?<br />

Bei einem Chart handelt es sich um den Kursverlauf (Preisentwicklung) eines bestimmten Basiswerts. Basiswerte<br />

können Aktien, Indizes, Devisen, Anleihen, Rohstoffe oder jegliches gehandelte Produkt mit Preisentwicklung sein.<br />

Der Chart steht im Zentrum der charttechnischen Analyse. Zunächst einmal zeigt eine Chartgrafik den Kursverlauf,<br />

die Wertentwicklung, die Preisentwicklung des betreffenden Basiswerts über einen bestimmten Zeitraum.<br />

In der Regel wird auf der Abszisse (X-Achse) der Zeitfaktor dargestellt, auf der senkrechten Ordinate (Y-Achse) das<br />

Preis- bzw. Kursniveau.<br />

Anbei exemplarisch die Kursverläufe (Charts) einiger bekannter Basiswerte.<br />

Chart des DAX seit Februar 1996. Am 7. März 2000 erreichte der Index sein Allzeithoch bei 8136 Punkten.<br />

Anschliessend gaben die Notierungen drei Jahre lang ab, um am 12. März 2003 bei 2188 Punkten das<br />

Bärenmarkttief auszubilden.<br />

29


Chart der Aktie der Deutschen Telekom seit Dezember 1996. Das Allzeithoch erreichte die Aktie am 6. März 2000<br />

bei 104,90 Euro. Am 26. Juni 2002 konnte das Bärenmarkttief bei 8,14 Euro gesetzt werden.<br />

Chart des Dow Jones seit Juli 1996. Am 14. Januar 2000 wurde das Allzeithoch bei 11 750 Punkten,<br />

am 10. Oktober 2002 das Bärenmarkttief bei 7197 Punkten erreicht.<br />

30


Chart des Währungsverhältnisses Euro gegenüber US-Dollar seit August 2001. Anfang 2002 bis Dezember 2004<br />

konnte der Euro deutlich aufwerten. Ein markantes Hoch wurde am 30. Dezember 2004 bei 1,3666 US-Dollar<br />

ausgebildet.<br />

Chart des BUND Future seit Juli 2001. Der BUND Future ist der für den deutschen Rentenmarkt richtungsweisende<br />

Future.<br />

Chart von Brent Öl seit Anfang 2000. Bei der schnellen Sichtung des Charts zeigt sich ein Ölpreisanstieg seit 2002<br />

ausgehend von 18 US-Dollar pro Barrel bis dato 70 US-Dollar.<br />

31


Sie sehen, die Kursverläufe (Charts) unterschiedlichster Basiswerte lassen sich darstellen. Dem normalen Beobachter<br />

dienen solche Kursverläufe als Übersichtsdarstellung, um sich grob zu orientieren. Dem charttechnischen Analysten<br />

und professionellen Trader bieten diese Charts aber eine Fülle wichtiger Informationen, die sich auswerten lassen.<br />

In den dargestellten Chartbeispielen wurde die klassische Linienchartdarstellung gewählt. Das heisst, dass die<br />

Schlussstände chronologisch aneinander gereiht werden.<br />

Im Zusammenhang mit der Chartdarstellung werden nun folgende wichtige Punkte vorgestellt:<br />

• Chartdarstellungsformen (Charttypen)<br />

• Chartintervalle<br />

• Chartskalierung<br />

3.2.1 Charttypen<br />

Zum Instrumentarium der charttechnischen Analyse gehört die Möglichkeit, Kursverläufe (Charts) in unterschiedlicher<br />

Form darzustellen und auszuwerten. Ausgangspunkt einer jeden charttechischen Analyse ist die Darstellung des<br />

Kursverlaufs des betreffenden Basiswerts als klassischer Linienchart. Anschliessend hält der Charttechniker quasi mit<br />

einer Lupe auf diesen Linienchart drauf und wechselt auf andere Darstellungstypen wie beispielsweise Balken- oder<br />

Kerzencharts. Das charttechnische Analysieren erfolgt mittels Charting-Software. Mit jeweils nur einem einzigen<br />

Mausklick kann mit solchen Charting Programmen der Charttypus umgestellt werden.<br />

Zum Instrumentarium der charttechnischen Analyse gehört die Möglichkeit, Kursverläufe (Charts) in unterschiedlicher<br />

Form darzustellen und auszuwerten. Ausgangspunkt einer jeden charttechischen Analyse ist die Darstellung des<br />

Kursverlaufs des betreffenden Basiswerts als klassischer Linienchart. Anschliessend hält der Charttechniker quasi mit<br />

einer Lupe auf diesen Linienchart drauf und wechselt auf andere Darstellungstypen wie beispielsweise Balken- oder<br />

Kerzencharts. Das charttechnische Analysieren erfolgt mittels Charting-Software. Mit jeweils nur einem einzigen<br />

Mausklick kann mit solchen Charting Programmen der Charttypus umgestellt werden. Die absoluten Grundfunktionen<br />

bieten bereits die Chartseiten der grossen Onlinebroker und Banken.<br />

Liste der Charttypen:<br />

• Linienchart<br />

• Balkenchart (Barchart)<br />

• Kerzenchart (Candlestick Chart)<br />

• Point & Figure Chart<br />

• Renko Chart<br />

• Three Line Break Chart<br />

• Kagi Chart<br />

• Heikin Ashi Chart<br />

Durch diese Umstellung auf einen anderen Darstellungstyp erhält der Charttechniker mehr Informationen und vor<br />

allen Dingen präzisere Informationen, die eine umso präzisere Prognosestellung erlauben.<br />

In den folgenden Chartbeispielen ist der Kursverlauf vom DAX seit 29. November 2005 dargestellt.<br />

32


Linienchart<br />

Der klassische Linienchart bietet eine gute Übersicht des übergeordneten Bilds des Kursverlaufs. Sichtbar werden<br />

die übergeordneten Trends. Steigt der Basiswert im mittelfristigen Zeitfenster, läuft er seitwärts oder fällt er?<br />

Ausserdem lässt sich bereits im Linienchart das Volatilitätsmuster des betreffenden Basiswerts erkennen. Entwickeln<br />

sich Kursbewegungen gemächlich in breitbasigen Zyklen oder aber hektisch mit grossen sägezahnartigen Ausschlägen?<br />

Im Linienchart können ausserdem wichtige nachrichtentechnisch relevante Termine markiert werden,<br />

um die Kursreaktion auf diese Termine und Ereignisse beobachten zu können. Die Beschau dieses Liniencharts<br />

sollte am Beginn einer charttechnischen Analyse stehen. Anbei der Linienchart des DAX seit 29. November 2005<br />

auf Tagesbasis. Das heisst, dass hier die Tagesschlusskurse seit dem 29. November 2005 chronologisch aneinandergereiht<br />

sind. Für die Darstellung des Kursverlaufs in grösseren zeitlichen Fenstern, beispielweise auf Sicht mehrerer<br />

Jahre oder gar Jahrzehnte, bietet sich die Darstellung auf Wochen- oder Monatsbasis an. Das heisst, dass dann die<br />

Wochen- bzw. Monatsschlusskurse chronologisch aneinandergereiht werden.<br />

Balkenchart (Barchart)<br />

Anbei sehen Sie eine Balkenchartdarstellung exakt des Kursverlaufsabschnitts, der auch in dem Linienchart<br />

zuvor dargestellt ist. Die Umstellung von Linienchart auf Balkenchart ist vergleichbar mit einer Lupenfunktion.<br />

Der Balkenchart besteht aus lauter aneinandergereihter kleiner senkrechter Striche, sogenannter Balken (Bars).<br />

Im Tages-Balkenchart steht jeder Strich für einen Tag. Im Wochen-Balkenchart steht eine Kerze für eine Woche<br />

und im Monats-Balkenchart eine Kerze für einen Monat. Der Balkenchart ist in den USA und in Australien einer<br />

der am häufigsten verwendeten Charttypen.<br />

33


Anbei die schematische Darstellung eines Balkens.<br />

Ein Balken enthält die folgenden Informationen:<br />

• Das untere Ende des Balkens zeigt den Tiefstkurs an, im Tages-Balkenchart also den Tagestiefstkurs.<br />

• Das obere Ende zeigt den Höchstkurs an, im Tages-Balkenchart also den Tageshöchstkurs.<br />

• Die gesamte Länge (Höhe) des Balkens zeigt im Tages-Balkenchart die Schwankungsbreite des Tages an.<br />

• Der kleine Strich nach links zeigt den Eröffnungskurs an. Ältere Balkencharts zeigen den Eröffnungskurs nicht an.<br />

• Der kleine Strich nach rechts zeigt den Schlusskurs an.<br />

Kerzenchart (Candlestick Chart)<br />

Anbei sehen Sie eine Kerzenchartdarstellung exakt des Kursverlaufsabschnitts, den auch der eingangs<br />

eingeblendete Linienchart zeigt. Es ist der Kursverlauf des DAX seit 29. November 2005. Wie erwähnt erfolgt die<br />

Umstellung von einem Charttyp auf den anderen mit einem Mausklick. Die Umstellung vom Linienchart auf den<br />

Kerzenchart ist ebenfalls vergleichbar mit einer Lupenfunktion. Im Kerzenchart ist der Kursverlauf durch eine<br />

Aneinanderreihung sogenannter Kerzen (Candlesticks) dargestellt. Eine Tageskerze zeigt den Eröffnungs- und den<br />

Schlusskurs, den Höchst- und den Tiefstkurs sowie die gesamte Handelsspanne des Tages an. Soweit also die<br />

gleichen Informationen wie des Balkencharts. Durch den Kerzenkörper und die Farbe desselben steht neben dem<br />

34


genannten Informationsgehalt aber ganz klar die visuelle Darstellung der «Netto-Bewegung» des Tages im<br />

Vordergrund. Der Kerzenkörper zeigt den Abstand zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs an. Der charttechnische<br />

Analyst kann also sehr schnell sehen, ob und in welchem Ausmass beispielweise im Tages-Kerzenchart der Kurs<br />

am Tag gestiegen oder gefallen ist. Weltweit handelt es sich bei der Kerzenchartdarstellung um eine der gebräuchlichsten<br />

überhaupt. Entwickelt wurde sie in Japan, weshalb die einzelnen Figuren und Muster ursprünglich auch<br />

japanische Bezeichnungen tragen.<br />

Anbei die schematische Kerzendarstellung.<br />

Oben wird eine Verlustkerze, darunter eine Gewinnkerze gezeigt.<br />

• Das untere Ende des dünnen Strichs zeigt den Tiefstkurs an, im Tages-Kerzenchart also den Tagestiefstkurs.<br />

• Das obere Ende des dünnen Strichs zeigt den Höchstkurs an, im Tages-Kerzenchart also den Tageshöchstkurs.<br />

• Die gesamte Länge (Höhe) des dünnen senkrechten Strichs zeigt im Tages-Kerzenchart die Schwankungsbreite<br />

des Tages an.<br />

• Der Kerzenkörper zeigt den Abstand zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs an, demzufolge die eigentliche<br />

«Netto-Kursbewegung».<br />

• Bei einer Verlustkerze ist der Kerzenkörper schwarz (oder rot). Hier liegt der Schlusskurs unter dem<br />

Eröffnungskurs. Der Kurs ist in dem besagten Intervall also gefallen. Es ist eine schwache Kerze.<br />

• Bei einer Gewinnkerze ist der Kerzenkörper weiss (oder grün). Der Schlusskurs liegt hier über dem Eröffnungskurs.<br />

Der Kurs ist also gestiegen. Es ist eine starke Kerze.<br />

• Der dünne Strich über dem Kerzenkörper wird oberer Schatten (Docht) genannt. Beispielweise bei einer Tages-<br />

Verlustkerze heisst dies, dass der Kurs intraday über das Eröffnungskursniveau ansteigen konnte, das Tageshoch<br />

erreichte, anschliessend aber wieder zurückfiel. Bei einer Tages-Gewinnkerze bedeutet dies, dass der Kurs intraday<br />

über das Schlusskursniveau ansteigen konnte, das Tageshoch ausbildete, dann aber wieder zurückfiel.<br />

• Der dünne Strich unter dem Kerzenkörper wird unterer Schatten (Lunte) genannt. Bei einer Tages-Verlustkerze<br />

heisst dies, dass der Kurs intraday unter das eigentliche Schlusskursniveau abfiel, das Tagestief erreichte, sich<br />

dann aber wieder erholen konnte. Bei einer Tages-Gewinnkerze bedeutet dies, dass der Kurs intraday unter das<br />

Eröffnungskursniveau abfiel, das Tagestief ausbildete, dann aber wieder deutlich ansteigen konnte.<br />

35


3.3 Der Trend / Die Richtung Ihres Handelns<br />

Die Trendanalyse ist ein wesentlicher Teil der charttechnischen Analyse. Durch die Bestimmung des jeweils<br />

vorliegenden Trends, also der Hauptbewegungsrichtung des Kurses, bestimmen Sie auch die Hauptrichtung Ihrer<br />

Anlageentscheidungen. Liegt ein mittelfristiger Aufwärtstrend vor – eine mittelfristige Aufwärtsbewegung –,<br />

dann bietet es sich als Anleger an, genau in Richtung dieses Trends zu handeln. Dies tun Sie, indem Sie sich in<br />

kurzfristige Kursrücksetzer einkaufen. Ebenfalls beliebt, aber schon spezieller, sind sogenannte Countertrend-<br />

Strategien. Hierbei shorten Sie kurzfristige Überhitzungen in einem übergeordneten Aufwärtstrend. Sie sehen,<br />

auch dies ein «weites Feld». Im Folgenden führen wir Sie in die Trendanalyse ein.<br />

3.3.1 Das Trendkonzept<br />

Bei einem Chart handelt es sich um den Kursverlauf (Preisentwicklung) eines bestimmten Basiswerts. Basiswerte<br />

können Aktien, Indizes, Devisen, Anleihen, Rohstoffe oder jegliches gehandelte Produkt mit Preisentwicklung sein.<br />

Der Chart steht im Zentrum der charttechnischen Analyse. Zunächst einmal zeigt eine Chartgrafik den Kursverlauf,<br />

die Wertentwicklung, die Preisentwicklung des betreffenden Basiswerts über einen bestimmten Zeitraum.<br />

Die Grundregel professionellen Tradings und Investierens lautet bekanntermassen, in Richtung des übergeordneten<br />

Trends zu handeln und nicht gegen ihn.<br />

Die Trendanalyse ist zentraler Bestandteil der charttechnischen Analyse.<br />

Es gibt drei Kursverlaufsrichtungen:<br />

Steigt eine Aktie im betrachteten Zeitfenster stabil an? Liegt ein intakter Aufwärtstrend vor? Fällt eine Aktie im<br />

betrachteten Zeitfenster? Liegt demzufolge ein Abwärtstrend vor? Tendiert die Aktie im betrachteten Zeitfenster<br />

seitwärts? Bildet sich eine Range, ein Kurskorridor, aus?<br />

Um mit dem Trend oder gegen den Trend zu handeln, ist es zwingend notwendig, zunächst den Trend zu<br />

bestimmen. Innerhalb des Marktverlaufes wechseln sich Trendphasen und trendlose Phasen regelmässig ab.<br />

Die Trendphasen bieten dabei besonders im mittelfristigen Zeitfenster hohe Profitmöglichkeiten, wogegen<br />

in trendlosen Phasen häufiger Verluste auftreten. Sie müssen aus diesem Grund zunächst die Märkte identifi zieren,<br />

die sich in einer klaren Trendphase befinden, und sollten diejenigen Märkte bei einem trendfolgenden Ansatz<br />

meiden, in denen eine Seitwärtsbewegung vorherrscht.<br />

Gekennzeichnet ist ein Aufwärtstrend durch eine Abfolge von höheren Bewegungstiefs und höheren<br />

Bewegungshochs. Dabei steigt der Markt nicht geradlinig an, sondern bewegt sich in einer Art zackigen Bewegung<br />

36


nach oben. Es folgt hier jeweils eine Bewegung in Trendrichtung, die, wenn sich ein Extrempunkt eingestellt hat,<br />

in der Gegenrichtung wieder korrigiert wird. Sofern ein Aufwärtstrend vorliegt, sind die aufwärtsgerichteten<br />

Bewegungen länger als die zwischengeschalteten Korrekturen. Anhand des Schemas in Abbildung 1 ist dieses<br />

Prinzip verdeutlicht.<br />

Auf der oberen linken Hälfte der Grafik ist ein Aufwärtstrend dargestellt, auf der oberen rechten Seite befindet<br />

sich die Darstellung eines Abwärtstrends. Hier zeigen die abwärtsgerichteten Bewegungen eine grössere<br />

Ausdehnung als die nach oben laufenden Gegenbewegungen. Intakt ist die trendierende Bewegung innerhalb<br />

des Aufwärtstrends, solange die jeweiligen Zwischenhochs ein höheres Niveau erreichen als die vorangegangenen<br />

Zwischenhochs. Ebenso befinden sich die Zwischentiefs auf höherem Kursniveau als die jeweils vorangegangenen<br />

Zwischentiefs. Gegenteilig verhält es sich bei einem Abwärtstrend. Hier haben die aufeinanderfolgenden<br />

Zwischentiefs ein jeweils niedrigeres Kursniveau, ebenso wie die innerhalb der Gegenbewegungen gebildeten<br />

Zwischenhochs. Das sich daraus ableitende Grundprinzip des Handelsansatzes für den Trader ist einfach. Innerhalb<br />

eines Aufwärtstrends wird nach Abschluss einer Korrekturphase, der Gegenbewegung nach unten, gekauft, um<br />

bei einsetzen einer neuen Korrekturphase wieder zu verkaufen bzw. nach Abschluss einer weiteren Korrekturphase<br />

auf höherem Niveau die anfänglich eingegangenen Positionen zu vergrössern. In einem Abwärtstrend werden<br />

nach den Erfolgten Gegenbewegungen nach oben dementsprechend Leerverkäufe getätigt, um von der längeren<br />

Phase der abwärtsgerichteten Bewegung zu profitieren. Hier gestaltet sich ein Einstieg deutlich schwieriger,<br />

da die Bewegungen in ausgedehnten Abwärtstrends häufig dynamischer verlaufen. Die nach oben gerichteten<br />

Korrekturen der übergeordneten Abwärtsbewegung beginnen sehr schnell und weisen häufig eine hohe<br />

Ausdehnung auf. Ebenso erfolgt der Abbruch einer derartigen Gegenbewegung auch sehr plötzlich, sodass ein<br />

Einstieg in den fallenden Markt riskanter wird.<br />

Neben den beschriebenen Phasen einer trendierenden Bewegung kommt es innerhalb der Märkte aber auch<br />

häufig zu trendlosen Phasen. Hier bewegen sich die Märkte übergeordnet seitwärts, wie in Abbildung 1 in der<br />

unteren Bildhälfte dargestellt. Diese Phasen der Marktbewegung, die zeitlich stark ausgedehnt werden können,<br />

sind ungünstig für einen trendfolgenden Handelsansatz und führen bei dem oben beschriebenen einfachen<br />

Einstiegsprinzip häufiger zu Verlusten. Gekennzeichnet ist eine Seitwärtsbewegung dadurch, dass sich der Markt<br />

in einer bestimmten Handelsspanne fängt. Es kommt nicht mehr zu ständig höheren Hochs und höheren Tiefs<br />

wie beispielsweise im Falle eines Aufwärtstrends. Wie im Schema des Aufwärtstrends in Abbildung 1 dargestellt,<br />

gelangt der Markt nach einer ersten Korrektur an den Widerstand in der Form des vorangegangenen Hochs. Ist<br />

die Aufwärtsbewegung intakt, kann durch den vorhandenen Kaufdruck dieser Widerstand überwunden werden<br />

37


und der Markt erreicht ein neues Hoch. Das Tief der Korrektur bietet jetzt eine neue Unterstützung, die nicht<br />

mehr nach unten durchbrochen werden darf, solange der Aufwärtstrend als intakt gelten soll. Darüber hinaus<br />

kehrt sich jetzt auch die Rolle des überwundenen ersten Widerstands um. Dieser bietet jetzt ebenfalls eine zu<br />

beachtende Unterstützung. Wie im Schema des Aufwärtstrends dargestellt, kann der Markt auf dieser auf höherem<br />

Niveau angesiedelten Unterstützung nach oben drehen, was die Nachhaltigkeit dieses Unterstützungsniveaus<br />

erhöht. Es ist, um von einem intakten Aufwärtstrend auszugehen, nicht zwingend erforderlich, dass der Markt<br />

während einer späteren Korrekturphase auf dem zuvor überwundenen Widerstand die Aufwärtsbewegung erneut<br />

aufnehmen kann. Entscheidendes Kriterium für die intakte Aufwärtsbewegung bleibt, dass das zuvor gebildete<br />

Korrekturtief nicht mehr unterschritten wird. Anders verhält es sich bei einem Seitwärtstrend. Wie im Schema in der<br />

Abbildung 1 dargestellt, wird das durch ein Korrekturtief gebildete Unterstützungsniveau nicht mehr unterschritten,<br />

der Markt ist aber auch nicht in der Lage, den durch die Zwischenhochs gebildeten Widerstand nach oben zu<br />

durchbrechen. Der Kaufdruck ebbt im Bereich des Widerstands ab, es kann aber während einer untergeordneten<br />

Abwärtsbewegung genügend Kaufdruck aufgebaut werden, um den Markt über dem Unterstützungsniveau zu<br />

halten. Würde die Unterstützung nach unten gebrochen, können Sie einen neuen beginnenden Abwärtstrend<br />

unterstellen, ebenso können Sie bei einem Ausbruch des Marktes über den Widerstand einen neuen Aufwärtstrend<br />

unterstellen. Ist ein Seitwärtstrend aber klar identifiziert, kann der Trader den einfachen Handelsansatz anpassen,<br />

um auch in einer solchen Marktphase zu profitieren. Im Bereich der Unterstützung werden Käufe getätigt, im<br />

Bereich des Widerstands werden die eingegangenen Positionen wieder glattgestellt, bzw. komplett gedreht,<br />

um mit eingegangenen Shortpositionen von der erwarteten Abwärtsbewegung bis zum Unterstützungsniveau<br />

zu profitieren. Es lassen sich in solchen Seitwärtsbewegungen aber häufig charttechnische Muster ermitteln,<br />

die Hinweise auf die Richtung der nächsten trendierenden Bewegung geben, die dann zwangsläufig nach einer<br />

Seitwärtsphase folgt. Auf diese charttechnischen Muster wird im weiteren Verlauf noch gesondert eingegangen.<br />

3.3.2 Relativität von Trends<br />

Trends zueinander sind relativ zu sehen. Langfristig bewegen sich die Aktienmärkte über Jahrzehnte nach oben,<br />

es liegen also langfristige Aufwärtstrends vor. Innerhalb dieser langfristigen Aufwärtstrends bilden sich zahlreiche<br />

mittelfristige Abwärtstrends aus. Und innerhalb der mittelfristigen Trends ergibt sich ein Grundrauschen der<br />

Kursbewegungen durch ständig sich abwechselnde Auf- und Abwärtstrends. Für Sie als Anleger ist demzufolge von<br />

höchster Priorität, zunächst für sich selbst festzulegen, welche dieser Zeitebenen Sie handeln.<br />

Die vorgestellten Varianten der Trendbewegung, Aufwärtstrends, Abwärtstrends und Seitwärtstrends, wechseln<br />

sich ständig ab und lassen sich in den Märkten auch in allen Zeiträumen beobachten. Die genannten Trendphasen<br />

können in einem Chart mit einem Monatsintervall ebenso beobachtet werden wie in einem Intradaychart, der als<br />

Basis die Kursbewegung einer Minute je Intervall hat. Für das Swing- und Positionstrading stellen sich die mittelfristigen<br />

Marktbewegungen, von einigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen, gegebenenfalls einigen Monaten,<br />

als besonders lukrativ dar. Entscheidend ist es dabei für den Trader, zunächst den primären Trend zu identifizieren.<br />

Dafür bietet sich die Betrachtung des übergeordneten Chartbildes in einem Wochenchart an, der einen Zeitraum<br />

von wenigstens zwei Jahren umfasst. In Abbildung 2 wurde als Beispiel die Aktie von Express Scripts dargestellt im<br />

Zeitraum von August 2001 bis März 2005.<br />

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Abbildung 2: Aktie von Express Scripts dargestellt im Zeitraum von August 2001 bis zum März 2005<br />

Hier ist ein Aufwärtstrend klar erkennbar. In diesem Zeitraum kommt es zur Bildung mehrerer mittelfristiger<br />

Tiefs, die auch als Unterstützungsniveaus fungieren, welche in ihrer Abfolge ein jeweils höheres Niveau haben.<br />

Auch die mittelfristig gebildeten Hochs haben ein jeweils höheres Niveau, was aber nicht das entscheidende<br />

Kriterium bei einem Aufwärtstrend ist. Innerhalb der primären Aufwärtsbewegung des gesamten betrachteten<br />

Zeitraumes lassen sich sekundäre Trendbewegungen erkennen. Diese sind im Chartverlauf blau markiert.<br />

Von einer dieser sekundären Trendbewegungen, der Abwärtsbewegung von Juli 2003 bis Oktober 2003, wurde<br />

der Tageschart dargestellt. Diese Phase der Marktbewegung lässt sich ebenfalls unterteilen in diesem Trend<br />

folgende, abwärtsgerichtete Bewegungen und Zwischenkorrekturen, die nach oben gerichtet sind. Diese kurzfristigen<br />

Trendphasen, die sich über einen Zeitraum von einigen Tagen bis hin zu wenigen Wochen erstrecken,<br />

sind die tertiären Trendbewegungen. In diesen tertiären Trendphasen lassen sich nun wieder untergeordnete<br />

Trendbewegungen identifizieren, beispielsweise wenn man diese kurzfristigen Trends in einem 60-Minuten-Chart,<br />

anschliessend auch in einem Fünf-Minuten-Chart, betrachtet. Für das Timing des Einstieges bei einer mittel -<br />

fristigen Orientierung ist diese Betrachtung für den Trader aber nicht mehr notwendig. Hier geht es darum,<br />

den sekundären Trend zu handeln, und dies in der Richtung des übergeordneten primären Trends. Das Timing<br />

erfolgt dann über die tertiäre Trendphase. Sie warten also auf die Aufnahme eines sekundären Trends, der in<br />

der Richtung des primären Trends orientiert ist. Im Falle von Express Scripts ist, da die primäre Trendrichtung nach<br />

oben verläuft, der Beginn eines wahrscheinlich sekundären Aufwärtstrends für den Aufbau von Positionen<br />

abzuwarten. Dabei bildet die tertiäre Trendphase das Instrument zum Timing des Einstieges. Dieser erfolgt dann,<br />

wenn eine untergeordnete nach unten gerichtete tertiäre Trendphase beendet wird. Je nachdem, wie lange<br />

die sekundäre Trendphase andauert, können mehrere Käufe bei Beendigung der nach unten gerichteten tertiären<br />

Korrekturen erfolgen. Bei diesem pyramidisierend genannten Aufbau von Positionen kann der Trader das Anfangsrisiko<br />

gering halten und dennoch von ausgedehnten sekundären Bewegungen mit letztlich grossen Positionen<br />

profitieren. Um stabile Trends zu identifizieren, das Ende und den Anfang einer neuen Trendbewegung besser<br />

herausstellen zu können sowie um Unterstützungs- und Widerstandsniveaus des Marktes bereits im Vorfeld zu<br />

lokalisieren, bieten sich in der technischen Analyse Hilfsmittel an. Im Einzelnen geht es dabei um Trendlinien,<br />

gleitende Durchschnitte sowie Fibonacci-Retracements.<br />

3.3.3 Auswärts-, Abwärts- und Seitwärtstrends<br />

Wie genau ist ein Trend aufgebaut? Woran erkenne ich einen Trend? Wie kann ich einen Trend klassifizieren?<br />

Das Trendkonzept ist unverzichtbar für den technischen Ansatz der Marktanalyse. Es ist wie die Trendlinie dabei<br />

behilflich, den Markttrend zu bestimmen. Und dieser Markttrend ist wichtig, denn wir richten unsere Transaktionen<br />

an Trends aus.<br />

39


Der Trend hat drei Richtungen<br />

Diese Trends sollten Sie sich nicht als geradlinige Kursbewegungen vorstellen. Vielmehr verlaufen Trends in<br />

Formen, die von zackigen Bewegungen charakterisiert sind. Diese zackigen Bewegungen sehen fast schon wie<br />

aufeinanderfolgende Wellen aus. Diese Wellen beinhalten Hochs und Tiefs. Die Richtung, in der sich diese Wellen<br />

bewegen, zeigt uns den Trend des Marktes. Insgesamt gibt es drei Trendrichtungen: aufwärts, abwärts und<br />

seitwärts. Lassen Sie uns im Folgenden einmal Beispiele und Charakteristika für Markttrends näher betrachten.<br />

In der Abbildung 1 sehen Sie das Schema eines Aufwärtstrends.<br />

Abbildung 1: Schema eines Aufwärtstrends mit steigenden Tiefs und steigenden Hochs<br />

Ein solcher Aufwärtstrend ist durch eine Serie sukzessiv höherer Tiefs und höherer Hochs gekennzeichnet.<br />

Ein Abwärtstrend ist genau das Gegenteil von einem Aufwärtstrend. In der Abbildung 2 sehen Sie eine<br />

schematische Darstellung eines Abwärtstrends mit der charakteristischen Serie von tieferen Hochs und tieferen<br />

Tiefs.<br />

Abbildung 2: Schema eines Abwärtstrends mit tieferen Hochs und tieferen Tiefs<br />

Sie sehen, es ist nicht so schwer, einen Aufwärts- beziehungsweise einen Abwärtstrend zu beschreiben.<br />

Bleibt noch der Seitwärtstrend, den Sie in der Abbildung 3 sehen. Ein Seitwärtstrend ist durch eine Serie gleich<br />

hoher Hochs und gleich tiefer Tiefs konstituiert.<br />

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Abbildung 3: Schema eines Seitwärtstrends mit gleich hohen Hochs und gleich bleibenden Tiefs<br />

Gut, dass der Seitwärtstrend ausdrücklich erwähnt wurde. Denn viele Anleger nehmen an, dass ein Markt<br />

entweder auf- oder abwärts tendiert. Tatsächlich bewegt er sich jedoch sehr oft seitwärts in diesen sogenannten<br />

Handelsspannen, immer wieder unterbrochen von Auf- und Abwärtstrends. Das Besondere an solchen<br />

Seitwärtstrends ist, dass sich Angebot und Nachfrage in einem Gleichgewicht befinden. Solche Marktphasen<br />

werden auch als trendlos bezeichnet, was eigentlich nicht ganz richtig ist, aber diese Bezeichnung ist oft Usus.<br />

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die drei dargestellten Trendrichtungen: aufwärts, abwärts und seitwärts.<br />

Es fällt nicht schwer, zu assoziieren, dass wir in Aufwärtstrends kaufen sollten, schliesslich nehmen wir ja an,<br />

dass sich ein Trend so lange fortsetzt, bis er umkehrt. In Abwärtstrends sollten wir demgemäss leer verkaufen und<br />

in Seitwärtstrends gar nichts tun.<br />

Zusätzlich zu den drei Richtungen, die ein Trend aufweisen kann, wird er noch einmal kategorisiert. Diese<br />

Kategorien teilen Trends in lang-, mittel- und kurzfristige Trends auf. Langfristige Trends dauern über ein Jahr und<br />

werden auch Primärtrends oder primäre Trends genannt.<br />

Primäre Trends verlaufen nicht geradlinig, sondern bestehen (im Falle eines aufwärtsgerichteten Trends) aus<br />

Aufwärtsbewegungen und Korrekturen. Diese Aufwärtsbewegungen und Korrekturen sind mittelfristige Trends,<br />

auch Sekundärtrends genannt. Sie dauern in der Regel drei Wochen bis hin zu ein paar Monaten. In der Abbildung<br />

4 sehen Sie das Schema von Primär- und Sekundärtrends.<br />

Abbildung 4: Schema der Integration von Primär- und Sekundärtrend<br />

41


Das Schema der Abbildung 4 zeigt eine längerfristige Aufwärtsbewegung und eine längerfristige Abwärtsbewegung.<br />

Längerfristige Auf- und Abwärtsbewegungen bestehen aus Sicht der klassischen Zyklustheorie aus drei<br />

mittelfristigen Aufwärts- beziehungsweise Abwärtsbewegungen, die jeweils von zwei Korrekturen unterbrochen<br />

werden. Diese Anzahlen müssen nicht zwangsläufig immer stimmen, aber Sie sollten Sie als Orientierungshilfe<br />

ansehen. Wichtig ist, dass Sie die Richtung eines Primärtrends verstehen. Und zwar deshalb, weil Rallyes in diesen<br />

langfristigen Aufwärtsbewegungen stark und die Reaktionen, also die Korrekturen, schwach sind. In langfristigen<br />

Abwärtsbewegungen ist es anders: Hier sind die Reaktionen, also die Korrekturen, stark, während die Rallyes<br />

hingegen kurzlebig, aber sehr stark und teilweise nur schwer vorherzusehen sind. Wenn Sie eine Vorstellung vom<br />

langfristigen Trend haben, dann sind Sie besser auf die Natur der mittelfristigen Rallyes und Korrekturen vorbereitet.<br />

Mittelfristige Trends können wiederum in kurzfristige Trends zerlegt werden. Diese kurzfristigen Trends werden<br />

auch als Tertiärtrends beziehungsweise tertiäre Trends bezeichnet. Sie haben ein noch kürzeres «Verfallsdatum»<br />

und dauern in der Regel weniger als zwei bis drei Wochen.<br />

Nachdem nun diese Kategorisierung von Trends vorgenommen wurde, müssen ein paar wichtige Punkte erwähnt<br />

werden. Für einen Investor sind Käufe dann angebracht, wenn der Primärtrend in jener frühen Phase ist, in der<br />

er nach oben dreht. Liquidationen sind für den Investor dann angezeigt, wenn der Primärtrend in einer frühen<br />

Phase ist, in dem er nach unten dreht. Als Trader sollten Sie darauf achten, dass Sie sich in einem langfristigen<br />

Aufwärtstrend jeweils so positionieren, dass Sie die Anfänge mittelfristiger Aufwärtsbewegungen kaufen.<br />

Hinsichtlich unserer Kategorisierung kommt dem mittelfristigen Trend also eine besondere Bedeutung zu. Er dient<br />

nämlich den meisten Trendfolgeansätzen für eine Positionierung. Der Bruch eines tertiären Abwärtstrends in einem<br />

sekundären Aufwärtstrend würde dementsprechend für Käufe genutzt. In diesem Sinne besitzt der tertiäre Trend<br />

einen Timing-Charakter und ist Ihnen beim Einstieg in den mittelfristigen Trend behilflich.<br />

Sie handeln also in Richtung des Primärtrends und haben sozusagen Rückenwind von diesem langfristigen<br />

Aufwärtstrend. Auch deshalb heisst es: Der Trend ist dein Freund.<br />

In langfristigen Abwärtsbewegungen ist das Traden schwieriger. Es liegt nahe, dass Sie auch hier in Richtung des<br />

übergeordneten Primärtrends handeln sollten, also in Richtung der mittelfristigen Abwärtsbewegungen. Mit<br />

anderen Worten: Es liegt nahe, dass Sie die Rallyes leer verkaufen. Das ist leicht gesagt, aber im Allgemeinen nicht<br />

ganz so einfach für Trader, die noch keine reale Bekanntschaft mit einem Bärenmarkt gemacht haben und an<br />

Bullenmärkte gewöhnt sind. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen sind die Einstiege in die Umkehrungen des<br />

mittelfristigen Aufwärtstrends für Ungeübte hier nicht so einfach wie innerhalb eines langfristigen Bullenmarktes,<br />

zum anderen treten Rallyes ausgesprochen plötzlich und in äusserst dynamischer Form auf und verselbstständigen<br />

sich teilweise so, dass Sie mit den ganz einfachen Werkzeugen der Technischen Analyse kein geeignetes Prognoseinstrument<br />

besitzen, um diesen Kursbewegungen Herr zu werden. Letztendlich muss an dieser Stelle aber auch<br />

festgehalten werden, dass ein guter Trader in beide Richtungen des Marktes handelt und ihm ein Bärenmarkt<br />

besonders zugute kommt.<br />

Ein Aspekt der Klassifizierung von Trends blieb noch unerwähnt: Angemerkt sei, dass diese Klassifikation nur<br />

als ungefähre Richtlinie dient. Denn in Wirklichkeit haben wir es mit zig von Trenddauern zu tun, zum Beispiel<br />

mit Trends, welche nur wenige Minuten andauern, bis hin zu Trends, die mehrere Jahrzehnte andauern, ja gar<br />

Jahrhunderte. Wobei uns Letztere natürlich nicht allzu zweckdienlich sind, denkt man an die Lebenszeiterwartung<br />

eines Menschen. Techniker machen häufig Gebrauch von der beschriebenen Klassifikation eines Trends. Dies dient<br />

auch der Kommunikabilität von Technikern untereinander. Denn wenn der eine Techniker erwähnt, dass es sich<br />

um einen tertiären Trend handelt, weiss der andere Techniker, was gemeint ist, nämlich ein kurzfristiger Trend mit<br />

einer Dauer von weniger als zwei bis drei Wochen. In der Praxis kommt es leider immer wieder zu Missverständnissen,<br />

weil Techniker mit unterschiedlichen Analyseintervallen auch unterschiedliche Ansichten über lang-, mittel-<br />

und kurzfristige Trends haben. So kann es zum Beispiel sein, dass für den einen Techniker ein Trend von zwei<br />

Stunden Dauer bereits ein Primärtrend ist, für einen anderen jedoch ein tertiärer Trend.<br />

42


3.3.4 Unterstützung und Widerstand<br />

Wenn man das Trendprinzip bespricht, gilt es diesbezüglich, das Prinzip von Unterstützungen und Widerständen<br />

zu erklären. Auf Unterstützungen ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Kurse nach oben abprallen. An<br />

Widerständen ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Kurse nach unten abprallen. Also wie findet man solche<br />

Chartpunkte?<br />

Unterstützung und Widerstand<br />

Bei der Beschreibung der Trendrichtungen haben wir gesehen, dass sich Trends in einer Serie von zackenförmigen<br />

Hochs und Tiefs bewegen und dass die Richtung dieser Tiefs und Hochs die Trendrichtung bestimmt.<br />

Genau genommen werden die besagten zackenförmigen Reaktionstiefs und Hochs auch als Unterstützung und<br />

Widerstand bezeichnet. Abbildung 5 zeigt ein Beispiel für die Unterstützungen und Widerstände am Beispiel eines<br />

Aufwärtstrends.<br />

Abbildung 5: Schema eines Aufwärtstrends. Steigende Unterstützungen und steigende Widerstände<br />

Die Reaktionstiefs stellen Unterstützungen für den Kurs dar. An den Unterstützungen ist der Kaufdruck grösser<br />

als der Verkaufsdruck, der Kurs steigt (siehe Unterstützung 1). Die Zwischenhochs, die nach Abkehr von einer<br />

Unterstützung wieder angestrebt werden, bilden Widerstände (siehe Widerstand 2). An Widerständen ist der<br />

Verkaufsdruck höher als der Kaufdruck und der Kurs dreht nach unten ab, und zwar so lange, bis er wieder<br />

auf einer Unterstützung (siehe Unterstützung 2) angelangt ist, an welcher genügend Kaufinteresse besteht,<br />

um den Kurs wieder steigen zu lassen.<br />

Widerstandslinien unterbrechen die Trendfortsetzung kurzzeitig. Später werden sie überschritten, nämlich dann,<br />

wenn entsprechender Kaufdruck entsteht.<br />

Im Falle eines Abwärtstrends (siehe Abbildung 6) gelten die gleichen Prinzipien in umgekehrter Weise.<br />

43


Abbildung 6: Schema eines Abwärtstrends. Fallende Unterstützungen und fallende Widerstände<br />

Die Reaktionshochs sind Widerstände und die Zwischentiefs sind Unterstützungen. Die Unterstützungen halten nur<br />

temporär und werden bei entsprechend grossem Verkaufsdruck zu einem späteren Zeitpunkt überschritten.<br />

Die beiden Darstellungen verdeutlichen das Trendkonzept sehr genau. Ein Aufwärtstrend kann nur dann fortgesetzt<br />

werden, wenn jedes Reaktionstief (siehe Unterstützungslinie) höher als das vorangegangene Reaktionstief ist.<br />

Zudem muss zur Fortsetzung eines Aufwärtstrends jedes Zwischenhoch das vorherige Zwischenhoch überschreiten.<br />

Für einen Abwärtstrend gelten die umgekehrten Bedingungen.<br />

Bleiben wir beim Aufwärtstrend. Betrachten Sie dazu bitte die Abbildung 5 noch einmal. Jede vorherige Widerstandslinie,<br />

die überschritten werden muss, um die Fortsetzung des Aufwärtstrends zu gewährleisten, muss<br />

als kritisch angesehen werden. Denn wenn an dieser vorhergehenden Widerstandslinie nicht entsprechend genug<br />

Kaufdruck entsteht, um den Kurs über die Widerstandslinie zu befördern, oder wenn der Kurs nur kurzfristig<br />

vermag, diese Linie zu überschreiten, dann bildet sich ein Doppeltop. Von diesem Doppeltop aus kehrt dann<br />

der Trend um, sobald das vorangegangene Reaktionstief, das als Unterstützung dient, überschritten wird (siehe<br />

Abbildung 7).<br />

Abbildung 7: Aufwärtstrend mit Trendumkehr in Form eines Doppeltops<br />

44


Das Gleiche gilt umgekehrt für einen Abwärtstrend, wenn an einer Unterstützung (siehe Unterstützung 2) nicht<br />

mehr genügend Verkaufsdruck aufgebaut werden kann und der anschliessende Kaufdruck den Kurs über einen<br />

vorhergehenden Widerstand (siehe Widerstand 2) führt. Eine solche Trendumkehr wird als Doppelboden bezeichnet<br />

(siehe Abbildung 8).<br />

Abbildung 8: Abwärtstrend mit Trendumkehr in Form eines Doppelbodens<br />

Das Prinzip des Rollentausches von Unterstützung und Widerstand<br />

In den vorangegangenen Darstellungen wurden vorherige Tiefs als Unterstützung und vorherige Hochs als<br />

Widerstände bezeichnet.<br />

Was wird aber nun aus diesen Unterstützungen, wenn eine Trendumkehr – beispielsweise in Form eines<br />

Doppelbodens oder eines Doppeltops – entsteht? Sie ahnen es bestimmt: Unterstützungen und Widerstände<br />

tauschen ihre Rollen. Mit anderen Worten: Aus einer Unterstützung wird ein Widerstand und aus einem<br />

Widerstand wird eine Unterstützung. Die Abbildungen 9 und 10 verdeutlichen dieses Prinzip.<br />

Abbildung 9: Aufwärtstrend: Aus einem früheren Widerstand wird nach der Trendumkehr eine Unterstützung<br />

45


Abbildung 10: Abwärtstrend: Aus einer früheren Unterstützung wird nach der Trendumkehr ein Widerstand<br />

Die Abbildung verdeutlicht das Prinzip des Rollentausches von Unterstützung und Widerstand sehr gut. Immer<br />

dann, wenn ein Widerstand signifikant durchbrochen wird, wandelt er seine Funktion und operiert bei einer<br />

anschliessenden Kursbewegung auf die ehemalige Widerstandslinie als Unterstützung. Für eine Unterstützung<br />

gilt dieses Prinzip in umgekehrter Weise: Immer dann, wenn eine Unterstützung signifikant durchbrochen wird,<br />

wandelt sie ihre Funktion und operiert bei einer anschliessenden Kursbewegung zur ehemaligen Unterstützungslinie<br />

als Widerstand.<br />

3.3.5 Trendlinien als Hilfsmittel<br />

Eine Methode, um eine trendierende Bewegung zu erfassen, ist der Einsatz von Trendlinien. Das Grundprinzip<br />

ist einfach. In einer Aufwärtsbewegung werden die Extrempunkte der Reaktionstiefs des Marktes miteinander<br />

verbunden und diese Linie bis an das Ende des Charts oder darüber hinaus verlängert.<br />

Anders verhält es sich bei einem Abwärtstrend. Hier werden die Extrempunkte der Reaktionshochs miteinander<br />

verbunden.<br />

Kann im Falle eines Aufwärtstrends eine Trendlinie eingezeichnet werden, dann kann diese im weiteren Verlauf<br />

der Bewegung als Unterstützung betrachtet werden. Wenn der Trend des Marktes intakt ist, bietet sich bei einer<br />

Korrektur im Bereich der Trendlinie die Chance auf eine Gegenbewegung, die Startpunkt für eine Wiederaufnahme<br />

der übergeordneten Aufwärtsbewegung sein kann. Spiegelbildlich gilt dieses Prinzip auch für Abwärtstrendlinien.<br />

Wenn der Markt in diesem Fall in einer Erholungsphase den Bereich einer wichtigen Abwärtstrendlinie erreicht, ist<br />

46


die Möglichkeit einer Wiederaufnahme der eigentlichen Abwärtsbewegung gegeben. Dabei ist die Unterstützung<br />

umso stärker, je mehr Auflagepunkt die eingezeichnete Trendlinie bereits aufzuweisen hat. Trendlinien, die mit<br />

nur zwei Auflagepunkten gebildet werden können, sollten zunächst durch einen dritten Auflagepunkt bestätigt<br />

werden, um für den Trader als möglichen Einstiegspunkt in Zukunft in Betracht gezogen zu werden. Der Bruch<br />

einer Trendlinie ist hingegen ein Indiz für eine Beendigung des vorherrschenden Trends. Sie sollten dabei beachten,<br />

dass es wenig Sinn macht, eine Trendlinie zu genau zu nehmen. Häufig kommt es zu temporären leichten Brüchen<br />

und Unterschreitungen der Trendlinie, die im Anschluss wieder gekauft wird. Deshalb bietet es sich an, nicht den<br />

exakten Kursstand einer Trendlinie für die Handelsentscheidung zu nutzen oder Positionen zu liquidieren, sobald<br />

eine geringfügige Verletzung der Trendlinie auftritt. Erst ein nachhaltiger Bruch zwingt den Trader zum Handeln.<br />

Über die Frage der Nachhaltigkeit gibt es hingegen viele unterschiedliche Auffassungen. Sie können abwarten, bis<br />

ein Trendbruch auf Schlusskursbasis des betrachteten Zeitraumes um mehr als 3% erfolgt oder drei Schlusskurse<br />

unterhalb der Trendlinie liegen. Wichtig ist dabei auch die Dynamik der Bewegung. Wenn der Kursverlauf die<br />

Trendlinie bei hohem Volumen sofort klar unterschreitet, bietet es sich an, Positionen glattzustellen. Von Volumen<br />

getriebene dynamische Bewegungen sollten vom Trader immer besonders beachtet werden. Anders verhält es sich,<br />

wenn der Kursverlauf sich im Bezug zum normalen Kursverlauf langsam nähert. Kommt es dann zum Abprallen auf<br />

der Trendlinie bei steigendem Volumen, ist ein erstes Einstiegssignal gegeben.<br />

Das Einzeichnen der Trendlinien ist darüber hinaus eine sehr subjektive Angelegenheit. Die Trendlinie kann<br />

theoretisch anhand der Extrempunkte der Reaktionstiefs eingezeichnet werden. Häufig bildet der Markt aber<br />

Reaktionstiefs aus, die leicht oberhalb oder unterhalb der ursprünglich anhand der durch die ersten Reaktionstiefs<br />

ermittelten Trendlinie liegen. Um durch die Trendlinie ein möglichst genaues Unterstützungsniveau für<br />

nachfolgende Reaktionstiefs zu haben, ist es ratsam, die den Trend bestimmende Trendlinie zu vermitteln.<br />

Wird eine Trendlinie dann gebrochen, kehrt sich ihre Funktion um. Aus einer Aufwärtstrendlinie, die zunächst<br />

als Unterstützung fungierte, wird nach einem Trendbruch ein Widerstand. Umgekehrt verhält es sich bei einer<br />

Abwärtstrendlinie. Diese bildet nach einem nachhaltigen Ausbruch nach oben im Anschluss eine Unterstützung.<br />

Nähert sich der Kursverlauf der Trendlinie anschliessend erneut, ist die Möglichkeit für einen Kauf gegeben.<br />

Relativ leicht ersichtlich sind die beschriebenen Trendlinien, die anhand der Extrempunkte aussen an den Kursverlauf<br />

gelegt werden. Darüber hinaus lassen sich im Kursverlauf auch Trendlinien lokalisieren, die durch die<br />

Marktbewegung schneiden. Diese sogenannten inneren Trendlinien beinhalten ebenfalls für den weiteren<br />

Kursverlauf Unterstützungs- oder Widerstandsniveaus, die vom Trader genutzt werden können. Am Beispiel<br />

der Aktie von Amazon soll das Prinzip der Trendlinien verdeutlicht werden.<br />

47


Im Zeitraum von 2001 bis 2005 können bei Amazon drei massgebliche Trendlinien definiert werden, die in<br />

der Abbildung dargestellt wurden. Weitere verschiedene Trendlinien sind problemlos im Chart zu lokalisieren,<br />

die eingezeichneten bestimmten den Kursverlauf im Darstellungszeitraum aber besonders deutlich. Die grüne<br />

Aufwärtstrendlinie lässt sich über die Punkte 1 und 2 bereits definieren, sodass sich auf dieser Unterstützung<br />

bereits im Punkt 3 eine Einstiegsmöglichkeit bietet. Allerdings macht erst diese Bestätigung in Punkt 3 die Trendlinie<br />

signifikant. In Punkt 4 kommt es dann sofort zu einem leichten Ausbruch nach unten, der sich in der Folge als<br />

Fehlausbruch dargestellt hat. Erkennbar wird auch die Dynamik in der eigentlichen Trendrichtung, die dieser in<br />

Punkt 4 generierten sogenannten Bärenfalle folgt. Einen weiteren Einstiegspunkt für einen Kauf bietet der Punkt 5<br />

mit einer exakten Bestätigung der Trendlinie, ebenso der Punkt 6. Erst der anschliessende nachhaltige Bruch zwingt<br />

den Trader, aus einer bestehenden Position auszusteigen, die bereits in Punkt 3 eröffnet werden konnte.<br />

Ab diesem Zeitpunkt wirkt die gebrochene Aufwärtstrendlinie dann als Widerstand. Die rote Abwärtstrendlinie, die<br />

seit Ende 2003 generiert werden kann, wird zunächst durch die markierten oberen Punkte 1 und 2 definiert. Auch<br />

hier kommt es im Punkt 3 zu einem leichten Bruch der Trendlinie, welcher sich aber nicht als nachhaltig darstellt.<br />

Die nach diesem Fehlausbruch aufkommende Dynamik in der Richtung des zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden<br />

Abwärtstrends ist ebenfalls klar erkennbar. In Punkt 4 erreicht der Kursverlauf die Trendlinie nicht mehr vollständig,<br />

geht aber ebenfalls anschliessend wieder in eine Abwärtsbewegung über. Nachdem die Aktie vier markante<br />

Zwischenhochs gebildet hat, kann die Trendlinie vermittelt werden. Zu diesem Zeitpunkt lassen sich, wenn man die<br />

Extremniveaus der Punkte 3 oder 4 nutzt, mehrere unterschiedliche Trendlinien einzeichnen.<br />

Für den Trader ist es aber wichtig, durch die Trendlinie zukünftige Reaktionsniveaus zu projizieren, die vom<br />

Markt beachtet werden. Die vermittelte Trendlinie bestätigt ihre Signifikanz, da sie in den Punkten 5 und 6 erneut<br />

mehrfach bestätigt wird. Da die Abwärtstrendlinie nachhaltig bei hoher Dynamik bereits nach oben gebrochen<br />

wurde, wirkt sie nun aber als wichtiges Unterstützungsniveau. Ersichtlich wird im Kursverlauf von Amazon auch<br />

die Bedeutung innerer Trendlinien. Die eingezeichnete schwarze Trendlinie konnte bereits ab 2001 gebildet werden<br />

und hatte während der Aufwärtsbewegung bis Ende 2003, sowie auch während der folgenden Abwärtsbewegung,<br />

eine entscheidende Bedeutung. Die Trendlinie bildet dabei bis zum Punkt C einen Widerstand, in Punkt D und E<br />

jeweils eine wichtige Unterstützung. Entscheidend ist, aus welcher Richtung der Kursverlauf auf die Trendlinie trifft.<br />

Wird sie von oben erreicht, bildet sie eine Unterstützung, erfolgt der Test einer mehrfach bestätigten Trendlinie<br />

von unten, bildet sie einen Widerstand.<br />

Kreuzen sich mehrere signifikante Trendlinien, erhöht sich die Nachhaltigkeit der jeweiligen Unterstützung<br />

oder des gebildeten Widerstands. Eine Kreuzung der eingezeichneten Trendlinien gibt es im Punkt 5 der grünen<br />

Aufwärtstrendlinie. Diese dann auch durch den Kursverlauf bestätigte Kreuzunterstützung führte im weiteren<br />

Verlauf zu einer dynamischen Rallye im Jahr 2003. Auch am Ende des dargestellten Chartzeitraumes wird eine<br />

Kreuzunterstützung gebildet. In diesem Fall durch die schwarze innere Trendlinie, die die rote Abwärtstrendlinie von<br />

unten nach oben kreuzt. Die Aktie von Amazon beginnt zum Zeitpunkt der Abbildung, diese Kreuzunterstützung<br />

zu bestätigen.<br />

48


3.3.6 Trendkanäle zwischen zwei Linien<br />

Eine Methode, um eine trendierende Bewegung zu erfassen, ist der Einsatz von Trendlinien. Das Grundprinzip<br />

ist einfach. In einer Aufwärtsbewegung werden die Extrempunkte der Reaktionstiefs des Marktes miteinander<br />

verbunden und diese Linie bis an das Ende des Charts oder darüber hinaus verlängert. Anders verhält es sich bei<br />

einem Abwärtstrend. Hier werden die Extrempunkte der Reaktionshochs miteinander verbunden.<br />

Neben den einfachen Trendlinien bietet sich zur Bestimmung möglicher Reaktionspunkte des Marktes auch der<br />

Trendkanal an. Am Beispiel der Aktie von Fortis soll dieses Prinzip verdeutlicht werden.<br />

Die Aktie konnte ab Ende 2004 eine stabile Aufwärtsbewegung etablieren. Am Kursverlauf konnte eine<br />

Aufwärtstrendlinie angelegt werden, die als Unterstützung fungiert. Erkennbar ist hier die häufige Bestätigung<br />

dieser Trendlinie im Kursverlauf, sodass sich im Bereich dieser Unterstützungspunkte Kaufmöglichkeiten bieten.<br />

Wird diese massgebende Trendlinie jetzt über den Kursverlauf projiziert, kann die Wirkung dieser Trendlinie<br />

als Widerstand eindrucksvoll beobachtet werden. Nahezu jede von der Aufwärtstrendlinie ausgehende<br />

Aufwärtsbewegung wurde hier gestoppt. Ein derartiger Kursverlauf kennzeichnet eine intakte Bewegung. Im<br />

Bereich der Aufwärtstrendlinie baut der Markt Kaufdruck auf. Gewinnen die bullischen Kräfte dann die Oberhand,<br />

steigen die Notierungen so lange, bis genügend Verkaufsdruck aufgebaut wird. Innerhalb des Trendkanals<br />

läuft diese Abfolge in jeweils annähernd gleichen Dimensionen. Kann der Trader einen derartigen stabilen<br />

Aufwärtstrendkanal identifizieren, bieten sich jeweils bei einer Bestätigung der Kanalunterkante Einstiegspunkte,<br />

die relativ eng unter dieser Unterstützung abgesichert werden können. Im Bereich der Kanaloberkante, sobald diese<br />

bestätigt wird, können anschliessend Kursgewinne realisiert werden. Es bietet sich nicht an, auf einen Ausbruch<br />

aus dem Aufwärtstrendkanal nach oben zu spekulieren. Die daraus resultierenden Übertreibungen werden im<br />

Anschluss häufig bei ebenso hoher Dynamik wieder abgebaut. Der in der Abbildung 5 dargestellte Trendkanal<br />

lässt sich in der gewählten Darstellung nur ungünstig handeln. Die Darstellung des Wochencharts soll hier nur<br />

der Übersicht dienen. Wird dieser Trendkanal im Tageschart dargestellt, lassen sich interessante Einstiegspunkte<br />

identifizieren, wie im späteren Verlauf noch erläutert werden soll. Darüber hinaus lässt sich in einem engen<br />

intakten Trendkanal die Richtung, in der sich Trades anbieten, klar festlegen. Solange der Trendkanal, wie Beispiel<br />

von Fortis, intakt ist, ist eine Shortpositionierung mit erhöhten Risiken verbunden. Der Trader sollte hier vielmehr<br />

ausschliesslich einen Longeinstieg in Trendrichtung erwägen. Das Chance-Risiko-Verhältnis stellt sich im Bereich der<br />

Trendkanalunterkante günstig dar. Die Position kann unter der ständig steigenden Unterkante abgesichert und so<br />

das anfängliche Stop-Loss schnell auf den Einstieg nachgezogen werden. Auf der anderen Seite bietet die weiter<br />

steigende Trendkanaloberkante, die der Kursverlauf erreichen sollte, ein ständig grösser werdendes Kurspotenzial.<br />

Die Longpositionen geraten erst dann in Gefahr, wenn die Unterkante des Trendkanals klar gebrochen wird.<br />

49


3.3.7 Dynamische Trendverschärfungen<br />

Besonders in starken Trendphasen bieten Trendkanäle in einigen Fällen aber auch Set-ups, die eng eingrenzbare<br />

Einstiege ermöglichen, bei gleichzeitiger Möglichkeit kurzfristig dynamischer Bewegungen. Nämlich dann, wenn<br />

die Trendkanäle in Trendrichtung gebrochen werden. In diesem Fall kehrt sich das Bild von Widerstand und<br />

Unterstützung um.<br />

Trendkanäle bieten im Allgemeinen zwei klare Handelsmarken. Im Falle eines aufwärtsgerichteten Trendkanals ist<br />

dies die Kanalunterkante, die als Unterstützung dient. Prallt der Kursverlauf dort nach oben ab, kann ein Einstieg<br />

erfolgen mit einem Ziel in Richtung der Trendkanaloberkante. Die Oberkante des Trendkanals bietet im Gegenzug,<br />

wenn sie erreicht wird, eine Möglichkeit, vorhandene Positionen zur Gewinnsicherung glattzustellen. Darüber<br />

hinaus können Shortpositionen eingegangen werden. In einem abwärtsgerichteten Trendkanal ist das Prinzip nicht<br />

anders, nur wird hier an der Kanaloberkante auf einen weiteren Rückfall spekuliert.<br />

Besonders in starken Trendphasen bieten Trendkanäle in einigen Fällen aber auch Set-ups, die eng eingrenzbare<br />

Einstiege ermöglichen, bei gleichzeitiger Möglichkeit kurzfristig dynamischer Bewegungen. Nämlich dann, wenn<br />

die Trendkanäle in Trendrichtung gebrochen werden. In diesem Fall kehrt sich das Bild von Widerstand und<br />

Unterstützung um.<br />

Für den Fall eines aufwärtsgerichteten Trendkanals bedeutet das Folgendes. Wird die Trendkanaloberkante klar<br />

durchbrochen, wirkt diese zuvor wichtige Widerstandsmarke dann sofort als klare Unterstützung. Im Falle eines<br />

Ausbruchs aus dem Trendkanal nach oben weist der Basiswert folglich auch hohe technische Stärke auf. Häufig<br />

führt ein insgesamt besonders starkes oder schwaches Marktumfeld oder eine besondere Newslage zu einem<br />

Verlassen eines Trendkanals in Trendrichtung.<br />

Solche «momentumlastigen» Bewegungen bergen hohes Kurspotenzial, allerdings stellt sich die Frage des<br />

Einstiegspunktes. Dafür kann die durchbrochene Kanalbegrenzung genutzt werden. Kommt es zu einer Pullback-<br />

Bewegung, dann bietet sich die Einstiegsmöglichkeit. Das Stop-Loss kann dann direkt unter der Kanal-Begrenzung<br />

auf Schlusskursbasis oder mit einer gewissen Toleranz bereits intraday darunter platziert werden. Ein Rückfall in den<br />

Kanal würde nämlich die Gefahr bedeuten, direkt den gesamten ursprünglichen Kanal nochmals zu durchlaufen.<br />

Der Vorteil eines solchen Einstieges ist darüber hinaus, dass das Stop-Loss in Trendrichtung ständig unter der sich in<br />

Traderichtung bewegenden Kanalbegrenzung nachgezogen wird. Das anfänglich bereits eng gesetzte Stop wandert<br />

so vergleichsweise schnell in den Gewinn.<br />

Nachfolgend sind einige Beispiele dazu dargestellt:<br />

50


1. Bayer<br />

2. Metro<br />

3. ThyssenKrupp<br />

51


4. Nokia<br />

5. DAX<br />

3.3.8 Trendlinienbrüche<br />

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, und wer zu früh kommt, den bestraft die Börse. Die letztere kleine<br />

Weisheit bezieht sich hier auf den Bruch von längerfristigen Trendlinien. In dieser Lektion soll anhand des S&P 500<br />

Index gezeigt werden, wann der Bruch einer längerfristigen Trendlinie gültig ist. Wie schon in einer früheren Lektion<br />

erklärt, besitzt eine gültige Trendlinie mehr als zwei Auflagepunkte. Mit anderen Worten: Eine versuchsweise<br />

vorläufige Trendlinie wird (beispielsweise im Falle des Abwärtstrends) durch zwei fallende Rallyehochs gezogen,<br />

benötigt jedoch einen dritten Test, um die Gültigkeit der Trendlinie zu bestätigen.<br />

Eine gültige Trendlinie hat mehr als zwei Auflagepunkte. Mit anderen Worten: Eine versuchsweise vorläufige<br />

Trendlinie wird (beispielsweise im Falle des Abwärtstrends) durch zwei fallende Rallyehochs gezogen, benötigt<br />

jedoch einen dritten Test, um die Gültigkeit der Trendlinie zu bestätigen.<br />

Die Zwei-Tage-Regel ist ein Zeitfilter und besagt, dass die Kurse an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jenseits der<br />

Trendlinie schliessen müssen, um einen gültigen (!) Bruch der Trendlinie zu erhalten. Die 3%-Regel ist ein Preisfilter<br />

und besagt, dass der Kurs die Trendlinie um 3% auf Schlusskursbasis brechen muss.Es müssen beide Kriterien erfüllt<br />

sein, also Zwei-Tage-Regel und 3%-Regel. Und beide Filterkriterien sollten in der logarithmischen und der linearen<br />

Skalierung erfüllt werden, um den gültigen Bruch einer versuchsweisen vorläufigen oder einer bestätigten Trendlinie<br />

(mit mehr als zwei Auflagepunkten) zu bestätigen.<br />

52


In der Abbildung 1 sehen Sie die Baisse des S&P 500 Index im Wochenintervall im Zeitraum von 2000 bis 2003 mit<br />

einer ersten (bestätigten) Trendlinie, die vom September-200-Hoch ausgeht. Sie stellen fest, dass diese Trendlinie<br />

Anfang 2001 gebrochen wird.<br />

Abbildung 1<br />

Abbildung 2 zeigt den Bruch dieser Trendlinie im Tagesintervall und in der linearen Chartskalierung, sozusagen<br />

unter der Lupe.<br />

Abbildung 2<br />

Abbildung 3 zeigt auch das Tagesintervall, diesmal aber die logarithmische Chartskalierung.<br />

53


Abbildung 3<br />

Wie geht man nun vor, um die Kriterien für einen gültigen Bruch einer längerfristigen Trendlinie zu begutachten?<br />

Sie gehen in das Tagesintervall und schauen, wo auf Schlusskursbasis ein Bruch der Trendlinie erfolgt. Diese Kerze<br />

bezeichnen wir als Ausbruchskerze. Sie stellen (mit dem Fadenkreuz) fest, wo genau der Schnittpunkt der oben<br />

genannten Ausbruchskerze mit der Trendlinie ist. Zu dem unter Punkt 2 ermittelten Wert addieren Sie 3%. Dieser<br />

ermittelte Wert ist (natürlich neben dem Zeitfilter der Zwei-Tage-Regel) ein ganz entscheidender Wert, der per<br />

Schlusskurs (!) überschritten werden muss. Erst dann – und nur dann – gilt die Trendlinie als GÜLTIG gebrochen.<br />

Diese Vorgehensweise sollte in beiden Skalierungen vorgenommen werden. Denn ein gültiger Trendbruch existiert<br />

eigentlich nur dann, wenn in beiden Skalierungen der gültige Trendbruch erfolgt ist.<br />

Zurück zum Bruch der Trendlinie. Der Schnittpunkt liegt im logarithmischen Chart bei 1383. Zuzüglich 3% wäre<br />

in der logarithmischen Skalierung ein gültiger Trendbruch erst bei 1401,21 gegeben (auf Schlusskursbasis). Dieser<br />

Wert wird nicht erreicht. Es handelt sich dementsprechend nicht um eine gültig gebrochene Trendlinie.<br />

Im linearen Chart liegt der Schnittpunkt zwischen Ausbruchskerze und Trendlinie bei 1353,74. Plus 3% ergibt 1394.<br />

Auch dieser Wert wird nicht erreicht (entscheidendes Kriterium ist immer der Schlusskurs, dieser müsste über dem<br />

ermittelten 3%-Wert liegen, um von einem gültigen Bruch der Trendlinie sprechen zu können.<br />

Anschliessend färben Sie die Trendlinie in einer unauffälligeren Farbe (hier grau, siehe Abbildung 4) und adjustieren<br />

Sie (siehe blaue Linie)<br />

In der Abbildung 4 sehen Sie die auf den falschen Kursausbruch adjustierte blaue Trendlinie und einen weiteren<br />

Trendlinienbruch.<br />

54


Abbildung 4<br />

Abbildung 5 zeigt den Ausbruch im Tagesintervall in einem linearen Chart. Auch hier wieder müssen Sie den<br />

Schnittpunkt der Ausbruchskerze (bei 1279,51) mit der Trendlinie ermitteln und 3% addieren. Sie erhalten dann<br />

1317. Dieser Wert wird nicht per Schlusskurs überschritten.<br />

Abbildung 5<br />

Abbildung 6 zeigt den Trendlinienbruch in der logarithmischen Skalierung. Hier ist der Schnittpunkt 1286,73.<br />

Plus 3% ergibt 1325,33. Dieser Wert wird ebenfalls nicht per Schlusskurs überwunden. Also kein Grund zur<br />

(voreiligen) Freude in dieser Situation. Hier greifen nur uninformierte, voreilige Marktteilnehmer zu.<br />

55


Abbildung 6<br />

Und so geht es weiter. In der Abbildung 7 sehen Sie den Trendlinienbruch zur Jahreswende 2001/2002.<br />

Weder in der linearen (Abbildung 8) noch in der logarithmischen Skalierung (Abbildung 9) findet ein gültiger<br />

Trendlinienbruch statt – die 3%-Regel wird in keiner der beiden Skalierungen per Schlusskurs überwunden.<br />

3.3.9 Gleitende Durchschnittslinien (1)<br />

Ein weiteres Mittel, um eine trendierende Bewegung zu identifizieren, sind die gleitenden Durchschnitte, die<br />

über den Kursverlauf gelegt werden können. Sie haben richtig gelesen. Nicht immer lassen sich Trends bzw.<br />

Bewegungen gut mit Trendlinien eingrenzen. In solchen Fällen kommen gleitende Durchschnittslinien zum Einsatz.<br />

Bei einem einfachen gleitenden Durchschnitt, beispielsweise bei einem gebräuchlichen 200 Perioden gleitenden<br />

Durchschnitt, werden die letzten 200 Schlusskurse addiert und anschliessend durch 200 dividiert. Ein so ermitteltes<br />

arithmetisches Mittel bildet bei einigen Perioden eine beachtete charttechnische Marke. Es kann eine Berechnung<br />

des gleitenden Durchschnitts auch anhand der Hochkurse oder Tiefkurse erfolgen, diese sind allerdings weniger<br />

gebräuchlich und werden entsprechend auch weniger durch den Markt beachtet. In den folgenden beispielhaften<br />

Abbildungen sowie im weiteren Verlauf wird allerdings auf exponentiell gewichtete gleitende Durchschnitte<br />

zurückgegriffen. Hier erfolgt bei der Berechnung des Mittelkurses eine stärkere Gewichtung des jüngeren<br />

Kursverlaufes, sodass der gleitende Durchschnitt näher am aktuellen Kursverlauf liegt. Erkennbar ist in Abbildung 7<br />

eine Aufwärtsbewegung bei C.H. Robinson Worldwide.<br />

56


Abbildung 7<br />

Nach einem starken Anstieg im Mai ging die Aktie anschliessend in eine flachere Aufwärtsbewegung über.<br />

Der in den Chartverlauf gelegte exponentiell gewichtete 50-Perioden-Durchschnitt zeigt dabei Wirkung. Ab<br />

Juni fiel der Kursverlauf der Aktie mehrfach auf diese Unterstützung zurück und konnte hier jeweils nach oben<br />

abprallen. Wie an einer Trendlinie bietet sich für den Trader auch in diesem Bereich bei der Bestätigung des<br />

gleitenden Durchschnittes die Möglichkeit, Longpositionen einzugehen. Eine Absicherung erfolgt auch hier<br />

unter der Durchschnittslinie. Solange sich der Kursverlauf oberhalb der Durchschnittslinie befindet, steigt diese,<br />

sodass die Absicherung ständig sinnvoll nach oben angepasst werden kann. Ein nachhaltiger Bruch der mehrfach<br />

bestätigten Durchschnittslinie zwingt den Trader dann zum Handeln. Genauso wie eine gleitende Durchschnittslinie<br />

Unterstützung bieten kann, wirkt sie sich bei einer intakten Abwärtsbewegung als Widerstand aus. In diesem Fall<br />

sind Shortpositionen im Bereich der Widerstandslinie geeignet. Es ist aber nicht jede gleitende Durchschnittslinie<br />

brauchbar. Günstig für den Handel, insbesondere im mittelfristigen Zeitfenster, sind die Perioden 50 und 200.<br />

Dabei bildet der 50-Perioden-Durchschnitt gerade in Trendphasen eine von vielen Marktteilnehmern beachtete<br />

Unterstützung. Handelt es sich um eine stabile starke Bewegung, sollte dieser gleitende Durchschnitt nicht<br />

nachhaltig gebrochen werden. Ein klarer Bruch deutet eine Trendwende, zumindest aber eine Seitwärtsbewegung<br />

an, die sich für den Handel mit einem dem Trend folgenden Ansatz nicht eignet. Ein weiterer wichtiger gleitender<br />

Durchschnitt ist der exponentiell gewichtete 200-Perioden-Durchschnitt. Dieser kann als Richtungsanzeiger genutzt<br />

werden. Solange der Kursverlauf darüber notiert, kann der Trader nach einem Longeinstieg suchen, unterhalb<br />

des gleitenden Durchschnittes bieten sich hingegen Shortpositionen an. Wie in Abbildung 8 am Kursverlauf von<br />

Verisign dargestellt, bieten die gleitenden Durchschnitte auch auf Wochenbasis eine wichtige Unterstützung.<br />

57


Abbildung 8<br />

Dargestellt ist hier der exponentiell gewichtete 50-Perioden-Durchschnitt auf der Basis der Wochendaten.<br />

Erkennbar ist eine häufige Bestätigung der Durchschnittslinie zwischen Mitte 2003 und Mitte 2004. Im Herbst 2004<br />

löste sich die Aktie dann stark nach oben, um Anfang 2005 wieder exakt auf der Durchschnittslinie nach oben<br />

abzuprallen. Der erste deutliche Bruch dieser Linie erfuhr mit einer dagegen erfolgten Pullback-Bewegung gleich<br />

eine Bestätigung. Die dann als Widerstand wirkende gleitende Durchschnittslinie drückte Verisign wieder nach<br />

unten. Auch zum Ende des dargestellten Kurszeitraumes wird die Durchschnittslinie wieder erreicht, die jetzt einen<br />

klaren Widerstand darstellt. Die Wirkung dieser 50-Perioden-Durchschnittslinie auf Wochenbasis ist auch deshalb<br />

für den Trader interessant, da diese im Verlauf sehr nah am 200 Perioden Durchschnitt auf Tagesbasis liegt, welche,<br />

wie beschrieben, eine richtungweisende Wirkung für den trendfolgenden Ansatz besitzt. Klassisch wird für einen<br />

dem Trend folgenden Ansatz das Kreuzen zweier gleitender Durchschnitte genutzt. Im Falle der besprochenen<br />

50 und 200 Perioden würde ein Kaufsignal ausgelöst, wenn der 50-Perioden-Durchschnitt den 200-Perioden-<br />

Durchschnitt von unten nach oben durchkreuzt. Im umgekehrten Fall kommt es zu einem Verkaufssignal bzw. zu<br />

einer Auflösung bestehender Longpositionen. Der Vorteil eines auf diesem Ansatz basierenden Handelssystems<br />

ist, dass der Trader von starken langfristigen Aufwärtsbewegungen oder Abwärtsbewegungen in hohem Masse<br />

profitiert. In Seitwärtsbewegungen muss hingegen mit einer Anhäufung von Verlusten gerechnet werden, da das<br />

eigentliche Handelssignal aufgrund der Trägheit der gleitenden Durchschnitte erst spät generiert wird. Favorisieren<br />

lässt sich im mittelfristigen Zeitfenster entsprechend ein Einstieg, im Falle einer Aufwärtsbewegung, im Bereich<br />

der exponentiell gewichteten 50-Perioden-Durchschnittslinie, sofern sich der Kursverlauf insgesamt oberhalb der<br />

exponentiell gewichteten 200-Perioden-Durchschnitts befindet. Einen weiteren Hinweis auf intakte oder gefährdete<br />

trendierende Bewegungen sind Retracements.<br />

58


3.3.10 Gleitende Durchschnittslinien (2)<br />

Eine der wichtigsten Fragen bei jeder Anlage- oder Tradeentscheidung ist die Frage nach der Marktrichtung.<br />

Was für eine Trendphase liegt vor? Läuft der Markt im betrachteten Zeitfenster abwärts oder aufwärts? Dies ist<br />

für den Investor, der sich auf Sicht einiger Monate oder Jahre positioniert, ebenso wichtig wie für den Trader,<br />

der sich gegebenenfalls nur auf Sicht weniger Tage oder Stunden positionieren will. Trends dauern häufig länger<br />

an als zunächst vermutet. Darüber hinaus weiss der Trader auch die eigentliche Marktdynamik im betrachteten<br />

Zeitfenster auf seiner Seite, was die Chance auf Gewinntrades erhöht.<br />

Die Marktrichtung mit GLDs erkennen<br />

Übergeordnet bietet es sich an, Positionen in Richtung des übergeordneten Trends zu eröffnen. Das liest sich<br />

einfach, es ist aber die Kunst, eben diese übergeordnete Trendrichtung erkennen zu können.<br />

Dass Trends lange andauern und sich dabei durchaus immer weiter verschärfen können, zeigt sich an einem<br />

einfachen Beispiel, dem Kursverlauf des DAX der vergangenen Jahre. Erkennbar ist hier zum Beispiel eine<br />

beginnende Aufwärtstrendphase Mitte 1995. Nachdem diese bereits über ein Jahr anhielt, kam es nicht zu einem<br />

Abbruch der Rallye. Im Gegenteil, der Trend wurde noch einmal massiv im Jahr 1997 verschärft. Ein ähnliches Bild<br />

zeigt sich auch zwischen 1999 und 2000. Auch die Abwärtsbewegung begann 2000 zunächst noch moderat.<br />

Nach einem 15-monatigen Kursrückgang begann dann aber erst der nachhaltige Absturz. Ziel ist es, an solchen<br />

Trendphasen mit dem Trading zu partizipieren, so lange sie anhalten. Dabei lässt sich der eigentliche Wendepunkt,<br />

an dem der Trend endet, im Allgemeinen kaum realistisch genau bestimmen. Auf dem Weg dorthin lassen sich<br />

allerdings trendfolgend Positionen gewinnbringend aufbauen. Kommt es dann zum Trendwechsel, helfen gesetzte<br />

und nachgezogene Stopp-Niveaus, um den Ausstieg nicht zu verpassen.<br />

59


Charttechnisch gibt es diverse Methoden, um einen Trend bzw. die übergeordnete Marktrichtung darzustellen<br />

und einzuordnen. Wie effektiv diese im Einzelfall sind, ist eine andere Frage. Einzelne davon werden in weiteren<br />

Kommentaren zu diesem Thema noch dargestellt. Eine einfache Methode, um sich einen Überblick über die<br />

Marktverfassung stark tendierender Märkte, wie beispielsweise der Aktienmärkte, zu verschaffen, sind gleitende<br />

Durchschnitte.<br />

Es gibt mehrere Arten von gleitenden Durchschnitten, der Einfachheit halber soll hier zunächst der einfache<br />

gleitende Durchschnitt am Beispiel des DAX betrachtet werden. Ein solcher gleitender Durchschnitt ist nichts<br />

anderes als die Summe der letzten Schlusskurse geteilt durch die Anzahl der berücksichtigten Schlusskurse. Er<br />

bildet also den Durchschnittsschlusskurs der betrachteten Anzahl von Schlusskursen ab. Nun stellt sich die Frage,<br />

wie viele Schlusskurse betrachtet werden sollten. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, möglich ist jede<br />

Periodenlänge. Häufig beachtet sind vor allem die gleitenden Durchschnitte mit den Längen 200, 50 und 20. Der<br />

gleitende 200er-Durchschnitt umfasst vom Zeitraum der berücksichtigten Daten fast den Handelszeitraum eines<br />

Jahres, der gleitende 20er-Durchschnitt den eines Monats. Bei der Betrachtung bietet es sich an, den gleitenden<br />

Durchschnitt gegebenenfalls an die Zyklik des Basiswertes anzupassen.<br />

Am Beispiel des DAX lässt sich die einfache Wirksamkeit aufzeigen. Sie sehen hier einen Wochenchart seit 1983<br />

vom deutschen Aktienindex DAX. Darunter gelegt, sind der gleitende 200er-Durchschnitt in Rot sowie der gleitende<br />

50er-Durchschnitt in Blau. Für den langfristig orientierten Investor zur Investition beispielsweise in Fonds bietet<br />

es sich an, den 200er-Durchschnitt zu betrachten. Solange der Index sich oberhalb des gleitenden Durchschnitts<br />

befindet und dieser steigt, wird investiert. Fällt der Kursverlauf darunter ab, endet das Investment. So liess sich mit<br />

sehr einfachen Mitteln die Aufwärtsbewegung von 1700 Punkten im Jahr 1993 bis auf 5700 Punkte ins Jahr 2001<br />

mitnehmen. Innerhalb des folgenden Bärenmarktes war man nicht investiert, um dann erst im Jahr 2004 rund<br />

1500 Punkte tiefer wieder einzusteigen. Die Phase nach dem Anstieg bis 1987 brachte drei Ausstiegssignale, die zu<br />

keinem günstigeren Einstieg führten, aufgrund des in diesem Zeitraum steigenden gleitenden Durchschnitts kam<br />

es aber nicht zu Verlusten. Dieses sehr einfache Prinzip bietet nicht annähernd die Möglichkeit, im Bereich vom<br />

Wendepunkt ein- oder auszusteigen, es genügt dafür aber im Allgemeinen die Beobachtung des Kursverlaufes<br />

einmal im Monat, um bei grossen Trendphasen dabei zu sein. Bei Betrachtung des gleitenden 50er-Durchschnittes<br />

wird erkennbar, dass dieser deutlich näher am Kursverlauf liegt. Hier werden nach der vorgenannten Methode<br />

häufiger Ein- und Ausstiege generiert. Diese kommen dafür aber deutlich früher und bieten die Möglichkeit, vor<br />

allem an starken Trendphasen umfassender zu partizipieren.<br />

60


Für den Trader innerhalb des mittelfristigen Zeitfensters macht die Betrachtung des gleitenden 200er-Durchschnitts<br />

auf Wochenbasis wenig Sinn. Hier bietet es sich an, den Tageschart zu betrachten wie nachfolgend abgebildet.<br />

Dargestellt ist die Aufwärtsbewegung der vergangenen Jahre, das Beispiel lässt sich aber auch in anderen Zeiträumen<br />

abbilden. Erkennbar ist, dass die Tiefs der Rallye sich im Bereich des gleitenden 200er-Durchschnittes<br />

befinden, auch das letzte Zwischentief vom November befindet sich auf diesem Niveau. 2004 kam es zu einem<br />

deutlicheren Rückfall unter die gleitende Durchschnittslinie, der Kursverlauf fing sich aber relativ schnell wieder.<br />

Auch die 50er-Durchschnittslinie zeigt ein interessantes Bild. Diese ist vor allem in starken Trendphasen wirksam.<br />

Erkennbar ist, dass in solchen Phasen viele Wendepunkte auf diesem gleitenden Durchschnitt liegen. Für den Trader<br />

bietet es sich an, die daraus resultierende Information zu nutzen.<br />

Solange der Kursverlauf sich oberhalb der 200er-Durchschnittslinie befindet, wird übergeordnet eine Aufwärtsbewegung<br />

unterstellt. Das bedeutet, der Markt wird vornehmlich long gehandelt, es werden Kaufpositionen<br />

eingegangen. Mit einer hohen Gewichtung lassen sich diese eingehen, solange der Index sich zusätzlich über der<br />

50er-Durchschnittslinie befindet und diese steigt, da dann von einer besonders starken Trendphase ausgegangen<br />

werden kann. Kommt es zu einem Rückfall unter die 50er-Durchschnittslinie, werden Positionen reduziert oder<br />

Gewinne gesichert. Die 200er-Durchschnittslinie schützt in letzter Konsequenz dann vor nachhaltigen Verlusten.<br />

Entwickelt sich eine nachhaltige Abwärtsbewegung oder ein Bärenmarkt, ist der Trader nicht auf der Longseite<br />

investiert. In diesem Fall, unterhalb der gleitenden 200er-Durchschnittslinie, liegt der Fokus vor allem in einer<br />

Shortpositionierung.<br />

Festhalten lässt sich, dass es für den Trader und den Investor von vorrangiger Bedeutung ist, die aktuell laufende<br />

Trendphase zu identifizieren und danach zu handeln. Dafür bieten gleitende Durchschnitte ein einfaches Hilfsmittel,<br />

welches sich nahezu über jedes Chartprogramm einblenden lässt. Wendepunkte können dabei nicht nachhaltig<br />

bestimmt werden, es ermöglicht dem Trader aber die Festlegung der Richtung für eine Positionierung. Gehandelt<br />

werden muss dabei nicht der betrachtete Basiswert, in diesem Fall der DAX selbst. Entscheidend ist das Erkennen<br />

der Marktrichtung und der Tatsache, wann diese eingeschlagene Richtung gefährdet ist. Aufwärts- und Abwärtsbewegungen<br />

können dabei ähnlich betrachtet werden.<br />

61


3.3.11 Gleitende Durchschnitte traden!<br />

Es ist wichtig, zu erkennen, dass Sie beispielsweise eine Zehn-Tage-Linie nicht vor dem Schlusskurs des zehnten<br />

Tages berechnen können. In diesem Sinne können Sie nicht mittels eines Signals eines gleitenden Durchschnitts<br />

bis zum Tag nach dem Signal handeln. Die Kosten, welche durch den Einsatz eines Filters entstehen, resultieren<br />

aus späteren Entries und Exits. Filtermethoden besitzen den Vorteil, dass sie weitaus weniger Whipsaws zulassen.<br />

Ähnliches gilt für längerfristige Durchschnitte, welche die Gefahr von Whipsaws auch mindern, aber wiederum<br />

späte Signale liefern. Aus diesem Grund bieten sich Kombinationen von zwei oder drei gleitenden Durchschnitten<br />

an. Wenden Sie bei den aufgeführten Methoden stets ein aktives Positionsmanagement an. Gelegentlich kann<br />

Sie das technische Stop aus einer Position herausdrängen, während der gleitende Durchschnitt in die Richtung des<br />

Trades zeigt. Oft finden Sie ein ausgelöstes Stop in der Umgebung der gleitenden Durchschnittslinien wieder,<br />

und zwar dort, wo der gleitende Durchschnitt seine Richtung ändert. Gebrauchen Sie also immer ein Stop-Loss.<br />

Wenn Sie den Nutzen und die Platzierung von Stops nicht kennen, sollten Sie nicht traden!<br />

Nach den Trendlinien sind gleitende Durchschnitte (engl.: Moving Averages) die bekanntesten Tools des Technischen<br />

Analysten. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass das Konzept der gleitenden Durchschnitte einfach zu<br />

verstehen ist und auch aufgrund der Nützlichkeit in trendierenden Märkten einfach demonstriert werden kann. Ein<br />

gleitender Durchschnitt ist eine Methode der Berechnung des durchschnittlichen Wertes eines Wertpapiers oder<br />

eines Indikators über eine spezifizierte Anzahl von Zeitperioden. Der Begriff «gleitend» impliziert, dass sich der<br />

Durchschnitt verändert. In seiner grundlegenden Form ist ein gleitender Durchschnitt nicht mehr als eine Glättung<br />

des Liniencharts mit seinen Schlusskursen. Gleitende Durchschnitte sind trendfolgende Indikatoren, was zum einen<br />

bedeutet, dass sie den Preisen hinterherhinken («trendfolgend»), und zum anderen, dass ihre Richtung die Richtung<br />

des Trends anzeigt. Aufgrund dieser Eigenschaft können gleitende Durchschnitte signalisieren, wann ein neuer<br />

Trend begonnen hat oder wann ein alter Trend geendet oder sich umgekehrt hat.<br />

Die Berechnung eines einfachen gleitenden Durchschnitts<br />

Bei der Kalkulation eines gleitenden Durchschnitts wird eine mathematische Analyse eines Wertpapierdurchschnitts<br />

über eine vorher bestimmte Zeitperiode vorgenommen. Wenn der Preis des Wertpapiers sich im Laufe<br />

der Zeit verändert, bewegt sich der Durchschnittspreis nach oben oder nach unten. Ein einfacher gleitender<br />

Durchschnitt (engl.: Simple Moving Average) wird durch die Addition der Schlusskurse eines Wertpapiers über<br />

eine bestimmte Zeitperiode (zum Beispiel zehn Tage) berechnet. Diese Summe wird dann durch die Anzahl der<br />

Zeitperioden geteilt. Das Ergebnis ist der Durchschnittspreis des Wertpapiers über diese bestimmte Zeitperiode.<br />

Um beispielsweise einen gleitenden Zehn-Tage-Durchschnitt von Intel zu berechnen, addieren wir zunächst Intels<br />

Schlusskurse der vergangenen zehn Tage. Danach dividieren wir diese Summe durch 10. Auf diese Weise erhalten<br />

wir den Durchschnittspreis von Intel über die vergangenen zehn Tage. Das Ergebnis können wir dann als ersten<br />

Punkt auf dem Chart markieren. Um den zweiten Punkt zu erhalten, würden wir den ersten Tag weglassen und den<br />

Durchschnitt vom zweiten Tag bis zum elften Tag bilden. Und so geht es immer weiter. Auf diese Weise entsteht<br />

eine gleitende Durchschnittslinie, in der jeweils immer der Durchschnitt der letzten zehn Tage gebildet wird. In der<br />

Praxis übernimmt die Charting-Software diese Berechnungen und der gleitende Durchschnitt wird üblicherweise<br />

als eine Linie in einem Balkenchart dargestellt. Es existieren zwei Kritikpunkte an den einfachen gleitenden<br />

Durchschnitten: Zum einen wird moniert, dass nur die vom Durchschnitt abgedeckte Zeitperiode (beispielsweise<br />

50 Tage) berücksichtigt wird. Zum anderen wird kritisiert, dass der einfache gleitende Durchschnitt jeden Tag gleich<br />

gewichtet wird. Bei einer 50-Tage-Linie erhält der letzte Tag nämlich das gleiche Gewicht wie der erste Tag des<br />

Berechnungszeitraumes. Dementsprechend wird in diesem Beispiel dem Kurs jedes Tages ein Gewicht von 2%<br />

zugewiesen. Aus diesem Grunde entstand dann auch die Forderung nach einer höheren Gewichtung der jüngsten<br />

Kursbewegungen.<br />

Andere Typen gleitender Durchschnitte<br />

a) Linear gewichteter gleitender Durchschnitt:<br />

Um das Problem der Gewichtung in den Griff zu bekommen, verwenden manche Technische Analysten einen<br />

linear gewichteten in den Griff zu bekommen, verwenden manche Technische Analysten einen linear gewichteten<br />

gleitenden Durchschnitt (engl.: Weighted Moving Average). Ein gewichteter gleitender Durchschnitt wird durch die<br />

Multiplikation eines jeden vorhergehenden Tages mit einem Gewichtungsfaktor berechnet. Die folgende Tabelle 1<br />

zeigt, wie ein fünftägiger linear gewichteter gleitender Durchschnitt berechnet wird. Wie leicht zu erkennen ist,<br />

wird auf den heutigen, den letzten Preis, mehr Gewicht gelegt (5 × 30) als auf den Preis fünf Tage zuvor (1 × 20).<br />

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Tag Gewicht Preis Gewichteter Preis<br />

1 1 20 20<br />

2 2 22 44<br />

3 3 24 72<br />

4 4 27 108<br />

5 5 30 150<br />

Summen 15 123 = 26,26<br />

Tabelle 1: Berechnungsweise eines fünftägigen linear gewichteten gleitenden Durchschnitts.<br />

Der linear gewichtete gleitende Durchschnitt berücksichtigt allerdings nicht das Problem, dass nur die zur<br />

Berechnungsgrundlage zählenden Kursbewegungen einbezogen werden.<br />

b) Exponentiell geglätteter gleitender Durchschnitt<br />

Diese Art von gleitendem Durchschnitt bezieht sich auf beide Probleme, die im Zusammenhang mit dem einfachen<br />

gleitenden Durchschnitt bezieht sich auf beide Probleme, die im Zusammenhang mit dem einfachen gleitenden<br />

Durchschnitt erwähnt wurden. Ein exponentiell geglätteter gleitender Durchschnitt (engl.: Exponential Moving<br />

Average) wird berechnet, um dem Gewicht der älteren Schlusskurse weniger Gewicht und den jüngsten Daten<br />

mehr Gewicht zu verleihen. Aus diesem Grund ist er auch ein gewichteter gleitender Durchschnitt. Der Technische<br />

Analyst ist bei dieser Art eines gleitenden Durchschnitts in der Lage, die Gewichtung zu verändern, indem er den<br />

jüngsten Kursdaten ein grösseres oder ein kleineres Gewicht beimisst. Dies geschieht dadurch, dass dem letzten<br />

Tag der gewählten Zeitperiode ein bestimmter Prozentsatz zugewiesen wird. Dieser Wert wird dann zum Wert des<br />

vorherigen Tages addiert. Die Summe beider Prozentwerte beträgt 100. Um beispielsweise einen 10% exponentiell<br />

geglätteten gleitenden Durchschnitt von Intel zu berechnen, gehen wir wie folgt vor: Zunächst nehmen wir den<br />

heutigen Schlusskurs und multiplizieren ihn mit 10%. Wir addieren dann dieses Produkt zu dem Wert des gestrigen<br />

gleitenden Durchschnitts, multipliziert mit 90% (100% − 10% = 90%). Die Formel, mittels derer ein exponentiell<br />

geglätteter gleitender Durchschnitt kalkuliert wird, lautet: EMA = [(heutiger Schlusskurs) × 0,09] + [(gestriger EMA)<br />

× 0,91]. Die Befürworter des exponentiell geglätteten gleitenden Durchschnitts argumentieren, dass der exponentiell<br />

geglättete gleitende Durchschnitt dem Trend besser folgt als ein einfacher gleitender Durchschnitt. Aber andere<br />

Analysten argumentieren, dass dieser Vorteil nur marginal sei und der exponentiell geglättete gleitende Durchschnitt<br />

zu schnell sei. In der nachfolgenden Abbildung 1 sehen Sie am Beispiel des S&P 500 (Tagesintervall) und<br />

der beiden 50-Tage-Linien den Unterschied. Anzumerken und im Chart zu erkennen ist, dass beide Durchschnitte<br />

Vor- und Nachteile besitzen und Sie denjenigen Durchschnitt wählen sollten, der zu dem Markt und ihrem Tradingstil<br />

besser passt.<br />

63


Preise und Periodenlänge<br />

Während, wie eingangs erwähnt, ein gleitender Durchschnitt eines Schlusskurses die gängigste Form darstellt,<br />

kann er ebenso berechnet werden, indem man die Hoch- und Tiefstkurse verwendet. So addieren einige Analysten<br />

beispielsweise Hoch-, Tief- und Schlusskurs und teilen die Summe durch drei. Andere wiederum bevorzugen einen<br />

Mittelwert, den man erhält, indem man die Handelsspanne des Tages durch zwei teilt. Darüber hinaus existieren<br />

noch andere Formen der Kalkulation eines gleitenden Durchschnitts, die nicht (nur) auf den Schlusskursen<br />

basieren. Darauf wollen wir jedoch nicht eingehen, da es sich um sehr spezielle Analyseformen handelt und der<br />

Schlusskurs immer noch der für die Analyse gleitender Durchschnitte der am häufigsten benutzte Kurs ist. Aus<br />

diesem Grunde schenken wir im Folgenden den gleitenden Durchschnitten, die auf dem Schlusskurs basieren,<br />

unsere Aufmerksamkeit. Die Anzahl der zu verwendenden Zeitperioden ist das kritische Element in einem<br />

gleitenden Durchschnitt und ebenso eine Frage der persönlichen Präferenzen, die vor allem davon abhängt, in<br />

welchem Zeitrahmen und in welchem Markt der Technische Analyst handelt. Im Nachhinein kann man immer<br />

einen gleitenden Durchschnitt finden, der sehr profitabel gearbeitet hat. Aufgabe ist es jedoch, einen gleitenden<br />

Durchschnitt zu finden, der konsistent profitable Ergebnisse bringt. Ein kürzerer gleitender Durchschnitt, wie zum<br />

Beispiel die Zehn-Tage-Linie, wird sich viel enger an die Kursbewegung anschmiegen als eine 200-Tage-Linie. In<br />

diesem Sinne reagieren kürzere gleitende Durchschnitte empfindlicher auf Kursbewegungen als längere gleitende<br />

Durchschnitte, die weniger sensitiv sind. Ein sehr populärer Durchschnitt ist der 39 Wochen (200 Tage) gleitende<br />

Durchschnitt. Dieser gleitende Durchschnitt erzielt gute Ergebnisse in langfristigen Marktzyklen.<br />

Wie erwähnt, ist neben dem entsprechenden Markt der Zeithorizont des Technischen Analysten ein wichtiges<br />

Kriterium für die Länge des gleitenden Durchschnitts. Im Folgenden sehen Sie eine Auflistung der verschiedenen<br />

Trendlängen gleitender Durchschnitte mit den entsprechenden Periodenlängen:<br />

• sehr kurzfristig 5 bis 13 Tage<br />

• kurzfristig 14 bis 25 Tage<br />

• kurz bis mittelfristig 26 bis 49 Tage<br />

• mittelfristig 50 bis 100 Tage<br />

• langfristig 100 bis 200 Tage<br />

Fibonacci-Fans würden ohne Zweifel Fibonacci-Zahlen bevorzugen, also beispielsweise 3, 5, 8, 13, 21,<br />

34, 55 usw. Die exponentiell geglättete gleitende 50-Wochen-Linie ist in den USA sehr populär. In den<br />

nachfolgenden Abbildungen 2 und 3 sehen Sie am Beispiel des S&P 500 Index, wie diese 50-Wochen-Linie<br />

während des Bullenmarktes ein Unterstützungsniveau anzeigt und während des Bärenmarktes entsprechend ein<br />

Widerstandslevel.<br />

64


Mittels Preis und gleitenden Durchschnitts Trendbewegungen erfassen<br />

In den vorausgehenden Abbildungen wurde ein wichtiger Nutzen von gleitenden Durchschnitten in trendierenden<br />

Märkten ersichtlich, nämlich die Unterstützungs- und Widerstandsfunktion. Einen weiteren Nutzen in trendierenden<br />

Märkten stellen Crossovers (deutsch: Überkreuzungen) dar. Sie generieren nämlich Tradingsignale und stellen<br />

die populärste Interpretationsmethode eines gleitenden Durchschnitts dar. Bei dieser Methode wird der Schlusskurs<br />

des jeweiligen Wertpapiers mit dem gleitenden Durchschnitt verglichen. Ein Kaufsignal wird dann generiert, wenn<br />

die Wertpapierpreise über den gleitenden Durchschnitt steigen, und ein Verkaufssignal, wenn sie unter ihn fallen.<br />

Wenn Sie nochmals auf die Abbildungen 2 und 3 sehen, dann können Sie ein Crossover des Preises mit dem expo n -<br />

entiell geglätteten gleitenden 50-Wochen-Durchschnitt sehen, welches Sie in die Lage versetzt, den grössten Teil<br />

einer trendierenden Bewegung (hier Bullen- und Bärenmarkt) mitzunehmen. Ebenso wird in den Abbildungen 2<br />

und 3 ersichtlich, dass ein gleitender Durchschnitt in einem Aufwärtstrend dem Preis hinterherhinkt und sich der<br />

65


Preis in einem Abwärtstrend unter der gleitenden Durchschnittslinie befindet. Diese Art eines gleitenden Durchschnitt-Trading-Systems,<br />

also die Crossover-Methode, ist nicht geeignet, um Ihnen exakte Böden und Gipfel zu<br />

zeigen. Vielmehr ist sie dazu geeignet, Sie in einem laufenden Trend zu halten, in den Sie einsteigen, kurz nachdem<br />

die Wertpapierpreise Böden gebildet haben, und aus dem Sie aussteigen, nachdem die Gipfel ausgebildet wurden.<br />

Whipsaws<br />

Ein Wort, das stets gebraucht wird, wenn über das Trading mittels gleitender Durchschnittslinien gesprochen wird,<br />

ist «Whipsaw» (deutsch: Säge). Eine Säge ist eine schnelle Umkehr eines Tradingsignals und bezieht sich hier auf die<br />

Aktion, die der Preis vollzieht, wenn er einen gleitenden Durchschnitt einige Male innerhalb kurzer Zeit von unten<br />

nach oben oder andersherum kreuzt. Unter diesen Umständen kann es vorkommen, dass ein Trader, der von einem<br />

gleitenden Durchschnitt aus handelt, einige Male in den Markt gezogen und ebenso schnell wieder aus dem Markt<br />

geworfen wird – mit dem Resultat, dass Verluste, auch in Form von Transaktionskosten, entstehen. Diese Fehlsignale<br />

treten vor allem dann auf, wenn der gewählte gleitende Durchschnitt zu sensitiv ist. Whipsaws sind unabwendbar,<br />

wenn der Markt aufhört zu trendieren. Die Whipsaws können aber reduziert werden, indem man eine längere Periode<br />

für den gleitenden Durchschnitt wählt. Jedoch entsteht dann der Nachteil, dass man die Position später eröffnet<br />

oder schliesst. Die beste Länge für einen gleitenden Durchschnitt zu finden, ist eine Frage der Beurteilung, des<br />

Experi mentierens sowie der Erfahrung im jeweiligen Markt. Wir suchen also einen gleitenden Durchschnitt, der<br />

sensitiv genug ist, um frühe Signale zu generieren, andererseits aber unempfindlich genug ist, um den grössten<br />

Teil der Fehlsignale zu vermeiden. Die Problematik ist in der folgenden Abbildung 4 noch einmal veranschaulicht.<br />

Filter, mit denen Sie Whipsaws vermeiden können<br />

Wie im vorigen Abschnitt erwähnt, sollte beachtet werden, dass es kritische Zeitpunkte gibt, in denen ein<br />

Kursbalken den gleitenden Durchschnitt durchstechen kann, ohne zum Beispiel auf Schlusskursbasis ein Crossover<br />

zu bilden. Dieses Phänomen kann sich über mehrere Periodeneinheiten hin fortsetzen. Einige Trader gebrauchen<br />

aus diesem Grunde Timing-Filter. Diese schreiben vor, dass<br />

• der Preis über/unter der gleitenden Durchschnittslinie geschlossen hat oder<br />

• ein ganzer Kursbalken die gleitende Durchschnittslinie über-/unterschritten hat oder<br />

• der Preis die gleitende Durchschnittslinie für eine bestimmte Zeitperiode über-/unterschritten hat oder der Preis<br />

66


die gleitende Durchschnittslinie um eine Anzahl bestimmter Preiseinheiten über-/unterschritten hat. Sie werden im<br />

Chart der Abbildung 4 bemerkt haben, dass gleitende Durchschnitte nützliche Signale in trendierenden Märkten<br />

geben, Whipsaws hingegen in Tradingmärkten oder Rangemärkten produziert werden (siehe grauer Kasten in<br />

der Abbildung 4). Aus diesem Grunde und bevor Sie sich auf das Signal eines gleitenden Durchschnitts verlassen<br />

können, müssen Sie erst entscheiden, ob der Markt in einem trendierenden Modus ist oder nicht. Falls der Markt<br />

nicht in einem trendierenden Modus sein sollte, würde es unprofitabel sein, zu versuchen, ihn mithilfe von gleitenden<br />

Durchschnitten zu handeln. Ebenso unprofitabel würde es sein, das Überkreuzen des Preises über den gleitenden<br />

Durchschnitt als Kaufsignal zu werten, wenn der Gesamttrend weiterhin nach unten zeigt. Aus diesem Grunde<br />

sollte ein weiterer Filter zum Einsatz kommen, der trendfilternde Eigenschaften aufweist. Dieser Filter gestaltet<br />

sich wie folgt: Solange die Richtung des gleitenden Durchschnitts in die Richtung des Preistrends zeigt, kann er als<br />

sein eigener Filter verwendet werden. Ein Beispiel: Wenn der gleitende Durchschnitt steigt und der Preis in einem<br />

Aufwärtstrend ist, sollten Sie nur die lange Seite handeln, also ausschliesslich Kaufsignale handeln. Verkaufssignale<br />

sollten Sie dementsprechend ignorieren. Falls der gleitende Durchschnitt sinkt und der Preis in einem Abwärtstrend<br />

ist, sollten Sie nur die kurze Seite des Marktes handeln, also nur Verkaufssignale als Tradingmöglichkeiten<br />

ansehen. Wenn der gleitende Durchschnitt flach verläuft, sich der Preis in einer Trading Range befindet und Sie in<br />

der Trading Range handeln wollen, dann müssen Sie andere nicht trendfolgende Tools benutzen (also Tools, die<br />

unabhängig von gleitenden Durchschnitten sind (mit der Ausnahme von Moving Average Envelopes). Dieser Filter<br />

kann so extensiert werden, dass beispielsweise ein Trader, der long ist, alle Verkaufssignale ignoriert, während der<br />

Neigungswinkel des gleitenden Durchschnitts aufwärts gerichtet ist, und umgekehrt. Noch ein wichtiger Hinweis:<br />

Während Filter Tradingverluste reduzieren, ist es wichtig, dass der Trader den filternden gleitenden Durchschnitt<br />

nicht isoliert betrachtet, sondern auch andere Faktoren wie zum Beispiel Preisumkehrsignale, Unterstützungs- und<br />

Widerstandsbereiche etc. für seine Tradingentscheidungen berücksichtigt.<br />

Zwei gleitende Durchschnitte<br />

Eine Möglichkeit, die Treffsicherheit des Timings für Tradingzwecke zu erhöhen, ist, zwei gleitende Durchschnitte für<br />

das Handelssignal zu verwenden. In diesem Fall wird ein kurzer Durchschnitt, der nahe am Preis liegt und Trendwechsel<br />

frühzeitig signalisiert, mit einem längeren Durchschnitt, der einen glättenderen Effekt auf den Preis besitzt<br />

und den Preistrend besser wiedergibt, verwendet. Wir kombinieren hier sozusagen die Stärken eines kurzfristigen<br />

gleitenden Durchschnitts mit den Stärken eines längerfristigen gleitenden Durchschnitts. Auf diese Weise wollen wir<br />

die einzelnen Schwächen der beiden Durchschnitte eliminieren (Whipsaws beim kurzfristigen Durchschnitt, langsame<br />

Reaktionszeit des längerfristigen Durchschnitts). Derartige Kombinationen zweier gleitender Durchschnitte können<br />

beispielsweise 5 und 21 Perioden, 5 und 30 Perioden oder 13 und 34 Perioden sein. Trades werden beim Crossover<br />

der zwei gleitenden Durchschnitte gemacht. Diese Methode wird als Double Crossover Method (Methode der<br />

doppelten Überkreuzung) bezeichnet. Wenn zum Beispiel die Fünf-Tage-Linie über die 21-Tage-Linie steigt, erhalten<br />

wir ein Kaufsignal, und wenn die Fünf-Tage-Linie unter die 21-Tage-Linie fällt, ein Verkaufssignal. Die Technik der<br />

gemeinsamen Benutzung zweier gleitender Durchschnitte läuft dem Markt ein wenig mehr hinterher als der Einsatz<br />

eines einzelnen gleitenden Durchschnitts, produziert aber auch weniger Whipsaws.<br />

In Abbildung 5 sehen Sie ein Chart mit einer Fünf-Tage-Linie und einer 21-Tage-Linie. Crossovers der beiden<br />

gleitenden Durchschnitte geben ein entschiedeneres Signal als ein Crossover des Preises mit der 21-Tage-Linie.<br />

67


Am 18. Dezember 2000 schneidet die Fünf-Tage-Linie die 21-Tage-Linie von oben nach unten, ein Verkaufssignal<br />

entsteht, siehe Punkt (1). Aufgrund des beschriebenen Filters würden wir den Trade erst am 20. Dezember 2000<br />

(2) eingehen, wenn der längere gleitende Durchschnitt nach unten zeigt – dies bedeutet zwar spätere Entries<br />

und Exits, bewahrt Sie aber vor vielen Whipsaws. Es handelt sich hierbei also um einen späteren, aber sicheren<br />

Short Entry, der auch mit dem Unterschreiten einer TD-Aufwärtstrendlinie (Thomas-DeMark-Aufwärtstrendlinie)<br />

zeitlich aufeinandertrifft. Oft werden diese Trendlinien noch einmal getestet, wie es in diesem Beispiel der Fall ist.<br />

Selbstverständlich können Sie diesen Widerstandstest auch abwarten, um eine noch höhere Signifikanz für das<br />

Set-up zu besitzen, dies sollte von anderen Charting Tools, beispielsweise Indikatoren oder Fibonacci-Techniken,<br />

abhängig gemacht werden. Das Cross-up am 12. Februar 2001 (3) würde keinen Exit bedeuten, solange der<br />

längerfristige gleitende Durchschnitt noch fallend ist beziehungsweise flach verläuft. Erst an Punkt 4, also zwei<br />

Tage später, würde demzufolge die Short-position geschlossen. Ob Sie jetzt Ihre Position drehen, also einen Long<br />

Trade eröffnen, kommt sowohl auf den von ihnen gehandelten Zeitrahmen als auch andere Faktoren an, denn<br />

der Trend weist seit Dezember 2000 immer noch nach unten und gemäss den zuvor erläuterten Filter-Methoden<br />

wollen wir nicht gegen den Trend handeln. Falls Sie aber in einem ganz kurzfristigen Zeitrahmen traden und über<br />

ein professionelles Risikomanagement und Money Management (!) verfügen, können Sie (sich der Gefahr des<br />

relativ schlechten Set-ups bewusst) den Trade eingehen (4). Am 14. März 2001 (5) würden Sie den Trade auch<br />

schon wieder schliessen. Am 12. April 2001 (6) haben Sie mit dieser. Vorgehensweise mehr Glück, aber bedenken<br />

Sie unbedingt, dass Sie auch hier wieder gegen den Trend handeln, der nach unten zeigt (siehe braune Linie).<br />

Ein Verkaufssignal entsteht am 13. Juni 2001 (7) nach einem Cross Down, als sich der längerfristige Durchschnitt<br />

nach unten neigt. Dieses Signal ist nun trendkonform, da der Trend weiterhin abwärtsgerichtet ist und zudem der<br />

kurzfristige Aufwärtstrend (siehe grüne Linie) gebrochen wurde und ein neuer kurzfristiger Downtrend bestätigt<br />

wurde (siehe rote Linie). Punkt 8, der 31. Juli 2001, siehe Abbildung 6, verdeutlicht noch einmal, wie wichtig es ist,<br />

nicht gegen den Trend zu handeln, denn schon ein paar Bars später entpuppt sich dieses Kaufsignal als Whipsaw.<br />

An Punkt 9, am 15. August 2001, müssten wir diese Position nämlich schon wieder schliessen. Gleichzeitig können<br />

wir eine trendkonforme (!) Shortposition eröffnen, die einen grossen Gewinn einfährt. Sie erkennen, wie wichtig<br />

es ist, trendkonformen Signalen zu folgen, denn sie besitzen ein besseres RRR (Reward-to-Risk-Ratio). Dies veranschaulicht<br />

auch noch einmal die Abbildung 7, in der sich das Topping-out Pattern sehr schön erkennen lässt.<br />

Longpositionen hätten hier bei einem unprofessionellen Positionsmanagement herbe Verluste beschert, nicht nur<br />

deshalb sollten Sie mit dem Trend traden.<br />

68


Drei gleitende Durchschnitte und ihr Gebrauch als Filter<br />

Zuvor haben wir zwei gleitende Durchschnitte benutzt. Wie gestaltet sich nun der gleichzeitige Einsatz von drei<br />

gleitenden Durchschnitten? Wenn Sie drei gleitende Durchschnitte als Filter verwenden, dann sind die populärsten<br />

Periodenlängen 5, 15, 30 oder 4, 9, 18. Wir bleiben bei der ersten Kombinaton. Wenn Sie diese Periodenlängen<br />

zugrunde legen würden, würden Sie erst dann long gehen, wenn der Fünf-Tage-Durchschnitt und danach der<br />

15-Tage-Durchschnitt den 30-Tage-Durchschnitt von unten nach oben gekreuzt haben. Dieses Szenario beschreibt<br />

die Triple Crossover Method. Sie gilt natürlich auch in umgekehrter Form für Leerverkäufe. Das Modell mit drei<br />

gleitenden Durchschnitten besagt auch, dass Sie erst dann long gehen, wenn alle gleitenden Durchschnitte steigen,<br />

beziehungsweise erst dann short gehen, wenn alle gleitenden Durchschnitte sinken. In diesem Sinne würden Sie<br />

eine Longposition beim ersten Cross Down schliessen, so zum Beispiel wenn die Fünf-Tage-Line die 15-Tage-Linie<br />

von oben nach unten schneidet, und umgekehrt: Eine Shortposition würden Sie beim ersten Cross-up schliessen,<br />

so beispielsweise wenn die Fünf-Tage-Linie die 15-Tage-Linie von unten nach oben schneidet. In diesen Fällen<br />

steuern die verschiedenen gleitenden Durchschnitte nämlich nicht mehr in eine gemeinsame Richtung. Diese<br />

Zusammenhänge finden Sie in der Abbildung 8 veranschaulicht. Weitere Kombinationen von Periodenlängen, die<br />

Sie wählen können, sind zum Beispiel 7, 14, 21 oder für Fibonacci-Anhänger 5,13, 34.<br />

69


Drei gleitende Durchschnitte – Ansammlung und Stapelung<br />

Einige Trader gebrauchen die sogenannten harmonischen gleitenden Durchschnitte mit Periodenlängen von 5, 15<br />

und 30 als ein Tool, das auf potenzielle Bewegungen hinweisen soll. Wenn sich diese drei gleitenden Durchschnitte<br />

ansammeln, dann wird dieses Pattern stets von einer starken Momentumbewegung gefolgt. Um solch ein solides<br />

«Ansammlungssignal» zu isolieren, müssen der Preis und die gleitenden Durchschnitte in einer korrekten Sequenz<br />

sein: In einem Aufwärtstrend muss der Preis über der Fünf-Tage-Line notieren, die über der 15-Tage-Linie liegt,<br />

welche wiederum über der 30-Tage-Linie liegen muss. Das Umgekehrte gilt für einen Abwärtstrend (siehe auch<br />

vorige Abbildung 8). Wenn die Linien gleichweit entfernt voneinander liegen, also equidistant, dann wird dieses<br />

Pattern als Stapelung bezeichnet. Diese Stapelung können Sie üblicherweise nach einer starken Trendbewegung<br />

sehen. Mithilfe dieses Patterns können Sie Ausschau nach einem Reversal Pattern halten, sobald der Preis<br />

zurückkommt und (manchmal) die 15-Tage-Linie testet, öfter aber noch die 30-Tage-Linie (teilweise fällt er sogar<br />

noch tiefer). Um die Stapelung zu traden, ist es auch wichtig, auf die Werte der gleitenden Durchschnitte zu sehen<br />

anstatt ausschliesslich auf die Linienposition im Chart. Denn die Werte zeigen deutlicher, ob eine Stapelung vorliegt<br />

oder nicht. Sie müssen nicht exakt equidistant sein, aber ungefähr. Das Reversal muss nicht sofort auftreten. Der<br />

Markt kann nämlich noch ein paar Tage in die gleiche Richtung laufen. Man sollte stets nach einem Reversal-Signal<br />

Ausschau halten, welches das Signal der Stapelung bestätigt. Ein ähnliches Resultat sollte mit einem 5/15-GD-<br />

Oscillator, der über einen 15/30-GD-Oscillator gelegt wird, erzielt werden können, wenn Sie die Crossovers<br />

betrachten. Diese Signale arbeiten in allen Märkten und in allen Zeitrahmen. Sie sind nicht unfehlbar, aber wenn<br />

sie erscheinen, dann stehen die Chancen für eine anstehende Kursbewegung gut. Ein wichtiger Effekt, den diese<br />

Methode offenbart, ist, dass Sie auf diese Weise stets mit dem Trend handeln. In der folgenden Abbildung 9 sehen<br />

Sie Beispiele für eine Ansammlung («A») und zwei Stapelungen («S1» und «S2»). Die Ansammlung wurde von<br />

einer starken Kursbewegung gefolgt und eine Stapelung erfolgte jeweils vor einem Top und einem Bottom. Im Falle<br />

der Stapelung wurden, hier vor dem Reversal allerdings weder die 15- noch die 30-Wochen-Linie getestet.<br />

Abbildung 9<br />

Das Ansammlungs- und das Stapelungspattern bilden sehr nützliche Tools, um auf eine mögliche starke<br />

Kursbewegung hingewiesen zu werden, aber sie sollten zum einen nicht eingesetzt werden, um eine Position vor<br />

der eigentlichen Kursbewegung einzugehen. Zum anderen sollten diese Tools nie als alleiniges Kriterium verwendet<br />

werden, sondern stets mit anderen Trading Tools kombiniert werden.<br />

Schlussbemerkung<br />

Es ist wichtig, zu erkennen, dass Sie beispielsweise eine Zehn-Tage-Linie nicht vor dem Schlusskurs des zehnten<br />

Tages berechnen können. In diesem Sinne können Sie nicht mittels eines Signals eines gleitenden Durchschnitts<br />

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is zum Tag nach dem Signal handeln. Die Kosten, welche durch den Einsatz eines Filters entstehen, resultieren<br />

aus späteren Entries und Exits. Filtermethoden besitzen den Vorteil, dass sie weitaus weniger Whipsaws zulassen.<br />

Ähnliches gilt für längerfristige Durchschnitte, welche die Gefahr von Whipsaws auch mindern, aber wiederum<br />

späte Signale liefern. Aus diesem Grund bieten sich Kombinationen von zwei oder drei gleitenden Durchschnitten<br />

an. Wenden Sie bei den aufgeführten Methoden stets ein aktives Positionsmanagement an. Gelegentlich kann Sie<br />

das technische Stop aus einer Position herausdrängen, während der gleitende Durchschnitt in die Richtung des<br />

Trades zeigt. Oft finden Sie ein ausgelöstes Stop in der Umgebung der gleitenden Durchschnittslinien wieder, und<br />

zwar dort, wo der gleitende Durchschnitt seine Richtung ändert. Gebrauchen Sie also immer ein Stop-Loss. Wenn<br />

Sie den Nutzen und die Platzierung von Stops nicht kennen, sollten Sie nicht traden!<br />

3.4 Charttechnik und Trading – Prinzipien<br />

3.4.1 Wie sind Zeithorizonte definiert?<br />

Zeithorizonte sind ein massgebliches Beschreibungskriterium für einen Anlagestil. Zu Beginn eines jeden Trades<br />

oder Investments sollte sich der Anleger neben der Wahl des Kapitaleinsatzes, des Risikomanagements, neben der<br />

Kurszielermittlung und neben der Wahl eines Hebels über den Zeithorizont im Klaren sein.<br />

Wie genau ist ein kurzfristiger, ein mittelfristiger und ein langfristiger Zeithorizont definiert?<br />

Zeithorizonte sind ein massgebliches Beschreibungskriterium für einen Anlagestil. In der Fachliteratur finden sich<br />

leicht variierende Definitionen der einzelnen Zeitfenster.<br />

Als kurzfristig definieren wir übergeordnet einen Zeitraum von einigen Tagen bis hin zu einigen Wochen. Wenn in<br />

Chartanalysen von kurzfristigen Trends, kurzfristigen Trendwenden und kurzfristigen Kurszielen die Rede ist, dann<br />

ist dieser Zeitraum damit gemeint.<br />

Der kurzfristige Handel an den Finanzmärkten wird in der professionellen Händlerszene ausserdem in Scalptrading,<br />

Swingtrading, Positionstrading unterteilt. Diese Kategorisierung hat ebenfalls alleine das zeitliche Momentum als<br />

Kriterium.<br />

Scalptrading: Trading insbesondere von Indexfutures, (Bonds-Futures), Devisen, aber auch liquiden Aktien im<br />

Sekunden- und Minutenbereich.<br />

Swingtrading: Trading im Stundenbereich, maximal ein bis zwei Handelstage.<br />

Positionstrading: Trading jeglichen Finanzinstruments auf Sicht von Tagen bis Wochen, maximal einigen wenigen<br />

Monaten.<br />

Als mittelfristig definieren wir einen Zeitraum von einigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten.<br />

Als langfristig definieren wir einen Zeitraum länger als ein Jahr.<br />

Zu Beginn eines jeden Trades oder Investments sollte sich der Anleger neben der Wahl des Kapitaleinsatzes,<br />

des Risikomanagements, neben der Kurszielermittlung und neben der Wahl eines Hebels über den Zeithorizont<br />

im Klaren sein. Wenn die Entscheidung getroffen wurde, eine Aktie auf kurzfristige Sicht zu kaufen, sollte sie<br />

anschliessend tatsächlich nur kurzfristig gehalten werden. Allerdings sind Zeit-Stops im Gegensatz zu Preis-<br />

Stops eher tendenziell zu sehen. Sprich, wenn ein Trade drei Tage länger als erwartete vier Tage dauert, ist dies<br />

akzeptabel, weil der Trade damit weiter dem kurzfristigen Zeitfenster zuzuordnen ist. Die Ausdehnung der<br />

Haltedauer in das nächstgrössere Zeitfenster ist lediglich dann sinnvoll, wenn die Position komfortabel im Gewinn<br />

und die Einschätzung bezüglich der weiteren Kursentwicklung eindeutig positiv ist.<br />

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3.4.2 Investitionsplan<br />

Mancher Investor plant seine Einsätze zwar sehr sorgfältig, handelt im Ernstfall aber impulsiv ganz anders.<br />

Letztlich erfolgversprechend ist die Aufstellung und disziplinierte Durchführung eines Investitionsplanes. Der<br />

Spekulationsplan muss in kurzer Form die logischen Gründe für die Eröffnung und die Glattstellung einer Position<br />

enthalten. Wenn eine Position eröffnet wurde, kann der Preis in der Folge steigen, fallen oder gleich bleiben. Der<br />

Plan des Spekulanten sollte Aktionsanweisungen für alle drei Fälle enthalten. Jeder Plan muss Klarheit darüber<br />

geben, wann die Position glattgestellt wird. Dies bedeutet die Berücksichtigung der drei genannten Eventualitäten:<br />

steigende, fallende und unveränderte Preise. Der Plan muss einen Verlust- und einen Gewinnausstieg vorsehen. Für<br />

den Fall des Verlustes sollte der Ausstieg durch einen vor Positionseröffnung ermittelten Stop-Loss-Punkt<br />

festgelegt sein (Punkt, an dem bei ungünstiger Marktentwicklung der Ausstieg erfolgen soll). Für den Fall der<br />

Gewinnentwicklung hängt es von den Zielen und Methoden des Spekulanten ab, wann und wie er Gewinne<br />

realisieren will. Neben einer festgelegten Kurshöhe kann auch ein Zeitpunkt als Gewinnmitnahmekriterium dienen.<br />

Bei unbeweglichen Märkten wird der Investor spätestens zum Liefermonat entscheiden müssen, was er mit seiner<br />

Position macht, da er in der Regel nicht mit seinen Futures oder Short Options in eine Liefersituation geraten will.<br />

Ein solcher Plan ist unbedingt vor Eingehen der Position zu erstellen, da zu diesem Zeitpunkt der «Kopf noch frei»<br />

ist. Man kann dann noch nüchtern die Situation beurteilen und Handlungsanweisungen festlegen. Ist die Position<br />

erst einmal eröffnet, ist man nicht mehr frei von Gefühlen (Hoffnung, Angst) oder Einflüssen und Eindrücken<br />

vom Marktgeschehen. Wer sich ein derartiges Grundkonzept zurechtgelegt hat, kann dem Markt gelassen<br />

entgegensehen. Er ist nicht auf Impulsentscheidungen angewiesen, die unter Druck entstehen und sich eher als<br />

falsch denn als richtig erweisen, selten aber gut überlegt sind.<br />

Festzulegen sind ausserdem die Mindestgrenze und die Obergrenze der für die Spekulation einzusetzenden<br />

Mittel. Das absolute Minimum sind der Optionspreis oder der Margin-Einschuss und die Provision für einen<br />

Kontrakt. Das absolute Maximum ist das Gesamtvermögen des Investors. Beide Grenzen sind jedoch für eine<br />

überlegte Spekulation unsinnig. Ein Investor, der nur den absoluten Mindestbetrag zur Verfügung hat, sollte<br />

auf Spekulationen in Termingeschäften verzichten. Denn falls der Kurs sich entgegen der Erwartung entwickelt,<br />

bringt er sich sehr schnell aufgrund der Hebelwirkung in eine gefährliche Situation: Er muss seine Position<br />

entweder selbst liquidieren, um einen gewissen Prozentsatz seines Einschusses zu retten, oder es kommt zur<br />

Zwangsliquidierung, wenn nicht rechtzeitig der erforderliche Nachschuss (Margin Call) erfüllt wird. Es sollte deshalb<br />

zur Spekulation mindestens so viel freies Kapital zur Verfügung stehen, um gegebenenfalls jederzeit die zusätzlich<br />

geforderten Sicherheitsleistungen erbringen zu können. Aus diesem Blickwinkel ist auch eine Spekulation auf Kredit<br />

zu sehen. Termingeschäfte mit ihrer grossen Hebelwirkung sollten keinesfalls durch Kredite finanziert werden.<br />

Merke: Eine Grundregel des Geldmanagements lautet, nicht mehr als 20% des frei verfügbaren Kapitals für Spe kulationszwecke<br />

zu verwenden. Hiervon sollte höchstens die Hälfte als Einschuss auf eingegangene Positionen geleistet<br />

werden. Die andere Hälfte stellt die Reserve für eventuelle Nachschussverpflichtungen oder «Verbilligungen» dar.<br />

Eine zweite Grundregel besagt, dass häufige kleine Einsätze mit grösserer Wahrscheinlichkeit per saldo zu einem<br />

Gesamtgewinn führen als wenige grosse Einsätze.<br />

3.5 Kursmuster und Formationen<br />

Der Charttechniker wertet die Art und Weise aus, wie sich die Kursbewegungen abspielen. Wie sind die<br />

entstehenden zyklischen Zwischenhochpunkte und Zwischentiefpunkte relativ zueinander angeordnet? Werden<br />

kurzfristige Konsolidierungen schnell wieder gekauft? Auf welchem Kursniveau wird wieder gekauft? Können<br />

sich neue Hochs ausbilden als Zeichen zunehmenden Kaufdrucks? Wie viele Zwischentiefs entstehen in einer<br />

Kurszone? Werden bisherige Zwischentiefs unterboten? Wenn ja, mit welcher Vehemenz? Ein Unterbieten<br />

markanter Zwischentiefs spricht für nachgebenden Kaufdruck und es spricht dafür, dass die Käufer nicht mehr<br />

bereit sind, Rücklauftiefs zu verteidigen. Insofern sind solche Konstellationen ein Hinweis für einen möglicherweise<br />

entstehenden Trendwechsel von aufwärts auf abwärts.<br />

Da sich aktive Marktteilnehmer immer präzise im Kursgeschehen orientieren müssen und ihre Stop-Loss-<br />

Absicherungen je nach Richtung der getätigten Transaktionen unterhalb oder oberhalb wichtiger Hochs und Tiefs<br />

platzieren, können Sie selbst erkennen, in welchen Kurszonen gestaffelt Stop-Loss-Orders im Markt liegen. Die<br />

Kenntnis solche Kumulationspunkte von Stop-Loss-Orders kann für Ihr eigenes Trading von grosser Bedeutung sein.<br />

72


Der Terminus Formation wird bei uns synonym verwendet mit der Begrifflichkeit Kursmuster oder Pattern.<br />

Formationen beschreiben spezielle, klar definierte Konstellationen der Anordnung von Zwischentiefs und -hochs<br />

zueinander.<br />

3.5.1 Formationen professionell getradet<br />

In den meisten Charts ist ersichtlich, dass die Preise nicht auf der Stelle drehen. Vielmehr bilden die Kurse klar<br />

definierbare Trading Ranges (deutsch: Handelsspannen), bevor Trend Reversals (deutsch: Trendwenden) einsetzen.<br />

Abbildung 1 zeigt ein solches Beispiel.<br />

Abbildung 1: Trading Range, die zum Reversal führt. Der Preis bildet eine Rallye, setzt sich zunächst in einer<br />

Trading Range fest, fällt aus der Trading Range und bildet ein Reversal.<br />

Im linken Teil der Abbildung 1 bildet der Kurs eine Rallye aus und verliert an Upside Momentum (deutsch:<br />

svw. Aufwärtsdynamik), bevor es zur Auseinandersetzung zwischen Käufern und Verkäufern kommt. Oft ist<br />

es in solchen Fällen möglich, zwei horizontale Trendlinien, die Top und Bottom (deutsch: Boden) der Trading<br />

Range markieren, zu konstruieren. Jedes Mal, wenn die Preise an die obere Begrenzung der Trading Range, die<br />

Angebotslinie, laufen, werden die Käufer aufgrund des höheren Preises ängstlich und der Verkaufsdruck erhöht<br />

sich. Danach, wenn der Kurs auf die untere Begrenzung der Trading Range, die Nachfragelinie, fällt, werden Käufer<br />

angezogen; aber Verkäufer, welche natürlich einen höheren Verkaufspreis anstreben, nehmen ihre Angebote<br />

zurück, sodass der Preis bounced (deutsch: abprallt). Eventuell gewinnen die Verkäufer diese Auseinandersetzung,<br />

wenn der Preis signifikant unter die untere Begrenzung der Trading Range fallen sollte. Die Preisaktivität, die den<br />

Uptrend (deutsch: Aufwärtstrend) vom Downtrend (deutsch: Abwärtstrend) trennt, findet zwischen den zwei<br />

parallelen Linien statt und bildet das bekannte Rectangle (deutsch: Rechteck) aus.<br />

Die Unterscheidung zwischen Reversal- und Continuation-Patterns-Chartformationen treten in zwei<br />

verschiedenen Erscheinungen auf, nämlich als Reversal- und Continuation-Patterns (deutsch: Umkehr- und<br />

Fortsetzungsformationen). In der Abbildung 1 sehen wir ein Reversal von einem Uptrend zu einem Downtrend.<br />

Umgekehrt könnten wir uns auch ein Reversal von einem Downtrend zu einem Uptrend vorstellen.<br />

73


Abbildung 2: Fortsetzung. Anstelle eines Reversal des Trends, wie in Abbildung 1 dargestellt, bildet sich eine<br />

Fortsetzungs- beziehungsweise Konsolidierungsformation, bevor sich der Trend fortsetzt.<br />

Abbildung 2 stellt ein Continuation, oder Consolidation Pattern (deutsch: Konsolidierungsformation) dar.<br />

Der Preis bildet ein Rechteck, welches eine temporäre «Haltestelle» in einem sich fortsetzenden Uptrend<br />

darstellt. Während das Rechteck ausgebildet wird, gibt es durch den Kursverlauf in dieser Formation keinen<br />

Hinweis darauf, in welcher Richtung sich das Breakout (deutsch: Ausbruch) vollziehen wird. Andere Tools,<br />

wie zum Beispiel Indikatoren, könnten hier zwar Hinweise für die vermeintliche Ausbruchsrichtung geben,<br />

aber das normale technische Prinzip ist, anzunehmen, dass der vorhergehende Trend noch in Kraft ist – so<br />

lange bis das Gegenteil sichtbar wird. Ein Trend ist schliesslich ein Trend. Dies bedeutet, dass, wenn wir ein<br />

Rechteck beobachten wir, annehmen sollten, dass es sich eher um eine Fortsetzungsformation als um eine<br />

Umkehrformation handelt, und zwar so lange, bis der Chart etwas anderes indiziert.<br />

Die Prinzipien der Interpretation<br />

Bevor wir uns andere Arten von Formationen ansehen, untersuchen wir einige der interpretativen Prinzipien,<br />

welche wir auf alle unsere Formationen anwenden können:<br />

• Die Signifikanz einer einzelnen Formation. Die Wichtigkeit einer bestimmten Formation ist vor allem eine<br />

Funktion ihrer Grösse und Tiefe. Stellen wir uns vor, dass der Kapitän eines Öltankers sich dazu entscheidet,<br />

den Kurs zu ändern; dann wird das sehr wahrscheinlich länger dauern, als wenn ein Autofahrer eine andere<br />

Richtung einschlägt. Das gleiche Prinzip gilt für die Märkte.<br />

• Grösse. Je mehr Zeit die Formation benötigt, um sich auszubilden, desto länger wird der neue Trend<br />

wahrscheinlich dauern. Denken wir daran, dass die eben beschriebene Trading Range, die von dem Rechteck<br />

reflektiert wird, ein wahres Schlachtfeld zwischen Käufern und Verkäufern ist. Je länger dieser Kampf bis<br />

zu seinem Ende andauert, desto grösser ist der Sieg, der davongetragen wird – nämlich die anstehende<br />

Preisbewegung.<br />

• Tiefe. Der zweite Faktor, der die Signifikanz einer Formation bestimmt, ist die Tiefe beziehungsweise die<br />

Distanz vom Botton bis Top der Formation. Die Bedeutung der Tiefe wird am deutlichsten, wenn wir zur<br />

Kurszielbestimmung einer Formation, zu unserem zweiten Prinzip der Interpretation, übergehen.<br />

• Kurszielbemessung. Die Kurszielbemessung einer Formation wird durchgeführt, indem wir zunächst die<br />

vertikale Distanz zwischen Top und Bottom der Formation bemessen und diese Distanz vom Breakout Point<br />

(deutsch: Ausbruchspunkt) an projizieren, siehe Abbildung 3. Falls der Ausbruch nach unten erfolgt, wird<br />

das Kursziel nach unten projiziert und falls der Ausbruch nach oben erfolgt, wird das Kursziel nach oben<br />

projiziert.<br />

74


Abbildung 3: Kurszielbemessung. Die Tiefe einer Konsolidierung – die Differenz zwischen Top und Bottom – lässt<br />

durch Projektion an den Breakout Point ein Kursziel annehmen.<br />

Für längerfristige Charts spielt die Wahl der Skalierung der Preisachse eine sehr wichtige Rolle. Eine arithmetische<br />

Skalierung reflektiert denselben Preisbetrag für jede identische vertikale Distanz. So repräsentiert zum Beispiel ein<br />

Zentimeter 10 Euro. Eine logarithmische Skalierung hingegen repräsentiert die gleiche proportionale Distanz. In<br />

diesem Fall würde beispielsweise jeder Zentimeter eine zehnprozentige Preisbewegung repräsentieren, egal wo er<br />

im Chart auftritt.<br />

In den Abbildungen 4 und 5 sehen wir ein Beispiel einer Kurszielbemessung für zwei Rechtecke , die sich beide in<br />

einer Range zwischen 4 und 10 formen.<br />

Abbildung 4: Arithmetische Skalierung.<br />

Bei dieser Skalierung führt unser Kursziel im<br />

Beispiel unter null. In diesem Fall sollten wir<br />

eine logarithmische Skalierung bevorzugen.<br />

Die Kurszielbemessung in Abbildung 4 ist<br />

insofern absurd, als dass sie ein Kursziel im<br />

negativen Bereich projiziert.<br />

Abbildung 5: Logarithmische Skalierung. Das<br />

Problem, das wir in Abbildung 4 betrachten<br />

können, existiert bei dieser Skalierung nicht<br />

mehr. Bei längerfristigen Charts sollte man zur<br />

logarithmischen Skalierung tendieren.<br />

75


Das Kursziel im logarithmischen Chart ist weitaus realistischer, weil sich die Kurszielprojektion auf proportionale<br />

Swings stützt. Der Unterschied zwischen der arithmetischen und der logarithmischen Skalierung ist nicht immer<br />

so signifikant wie im Beispiel der Abbildungen 4 und 5. Dies gilt insbesondere für kurzfristige Charts, aber es<br />

ist sehr empfehlenswert,eine logarithmische Skalierung für längerfristige Charts zu wählen – so kann die oben<br />

beschriebene Verzerrung in Abbildung 4 vermieden werden. Volumenbegleitung von Formationen. Bis jetzt<br />

haben wir nur den Preis beschrieben. Die Volumenbegleitung ist aber auch wichtig. Eine Regel besagt, dass das<br />

Volumen am höchsten ist, wenn die linke Seite einer Formation ausgebildet wird. Umgekehrt ist das Volumen am<br />

niedrigsten, während sich die rechte Seite der Formation bildet. Dies bedeutet aber nicht, dass jeder nachfolgende<br />

Handelstag von einem niedrigeren und noch niedrigeren Volumen begleitet wird. Sondern hier geht es um den<br />

gesamten Trend des Volumens, wie in Abbildung 6 schematisch dargestellt.<br />

Abbildung 6: Volumenbegleitung einer Konsolidierung (Schema). Typischerweise fällt das Volumen während einer<br />

Konsolidierung. Käufer und Verkäufer befinden sich während der Formationsausbildung in einem Gleichgewicht.<br />

Beim Breakout steigt das Volumen gewöhnlich.<br />

Vergegenwärtigen wir uns, dass Käufer und Verkäufer bei ihrer gemeinsamen Schlacht quasi eingeschlossen sind,<br />

während sich die Formation ausbildet. Nach einer gewissen Zeit ist das Pattern soweit, dass es bald vollendet wird.<br />

Die Balance zwischen Angebot und Nachfrage ist zu diesem Zeitpunkt gleich, so dass es relativ einfach für die eine<br />

oder andere Seite ist, die Oberhand zu behalten. Jede Transaktion hat einen Käufer und einen Verkäufer, sodass<br />

sowohl Angebot und Nachfrage als auch der Clearing-Preis jederzeit gleich sind. Dem Volumen kommt bei einem<br />

Upside Breakout eine entscheidende Bedeutung zu, weil das Volumen normalerweise mit dem Trend geht. Ein<br />

Upside Breakout, das nicht von einer expandierenden Aktivität begleitet wird, ist suspekt, denn es besitzt keine<br />

Kaufkraft, um einen anhaltenden Trend zu unterstützen. In Abbildung 6 sehen wir, dass der Volumentrend anfängt<br />

zu steigen, wenn der Preis seine Ausbruchsrallye beginnt. Das eigentliche Level des Volumens mag eventuell nicht<br />

spektakulär sein, jedoch sollte eine definitive Veränderung des vorherigen abwärtsgerichteten Trends offensichtlich<br />

sein. Downside Breakouts (auch «Breakdowns» genannt) sind ein ganz anderes Thema, denn der Preis kann durch<br />

einen Mangel an Nachfrage sehr leicht zusammenbrechen. Das Volumen kann bei einem Downside Breakout<br />

sowohl niedrig als auch hoch sein. Ein niedriges Volumen ist normal, denn das Volumen geht mit dem Trend. Wenn<br />

Preise fallen, ist es wahrscheinlich, dass sich auch das Volumen zusammenzieht. Ein expandierendes Volumen<br />

und fallende Preise hingegen reflektieren «schwache Hände» und einen stärkeren Angebotsdruck, was darauf<br />

hindeutet, dass ein Downside Breakout nahe bevorstehen sollte.<br />

76


Valides Breakout? Wenn wir auf unsere Chartbeispiele sehen, dann stellen wir fest, dass sich der Preis gewöhnlich<br />

aus der Formation bewegt, sowohl nach unten als auch nach oben. Aber wie entscheiden wir, ob es sich um ein<br />

gültiges Breakout handelt? In den vergangenen Jahren, als Marktteilnehmer Positionen für Wochen oder Monate<br />

hielten, war es allgemein akzeptiert, dass eine Bewegung, die den Preis 3% aus den Formationsbegrenzungen<br />

führte, ein valides Breakout sei. In den heutigen schnellen Intraday-Charts kann sich eine solche Regel jedoch<br />

nicht lange halten, denn nur allzu oft «überlegt» es sich der Preis nach der beschriebenen 3%-Bewegung<br />

wieder anders und kehrt um. Leider gibt es keine unumstösslichen und schnell anzuwendenden Regeln in den<br />

schnellen Märkten von heute, weil die Gültigkeit eines Breakouts nur mit Erfahrung und dem Urteil der Erfahrung<br />

beurteilt werden kann. Ein marginales Breakout, bei dem sich der Preis lediglich nur ein bisschen von seinem<br />

Ausbruchspunkt bewegt, muss sich erst noch als valide beweisen. Einige Trader verlangen, dass der Preis für zwei<br />

aufeinanderfolgende Handelstage über beziehungsweise unter der Formation schliesst – erst dann gehen sie den<br />

Trade ein. [Im Falle des intraday Tradings liesse sich ein solcher Zeitraum auf ungefähr zwei Fünf-Minuten- oder<br />

30-Minuten-Bars übertragen (je nach Tradingstil)]. Falls der Preis ausbrechen sollte, es aber nicht schaffen sollte,<br />

ausserhalb der Formation zu bleiben, so müssen wir definitiv die Gültigkeit des Ausbruchs in Zweifel ziehen. Unter<br />

solchen Umständen ist es zwingend notwendig, den schon vor dem Trade entworfenen «Fluchtplan» einzuhalten.<br />

Das heisst, dass wir vorzeitig ein Stop unter ein Minor Low, welches vor dem ungültigen Ausbruch in Erscheinung<br />

getreten ist, siehe Abbildung 7, gesetzt haben, für den Fall, dass sich das Breakout als nicht gültig erweisen sollte.<br />

Denn es ist unsinnig, ein Breakout als gültig zu betrachten, wenn der Preis nach dem Breakout wieder innerhalb der<br />

Formationsgrenzen gehandelt wird.<br />

Abbildung 7: Verlustbegrenzung. Auf einem falschen Breakout sollte man nicht lange sitzen bleiben.<br />

Wir platzieren sofort (wenn nicht schon vorher geschehen) einen Stop unter ein Minor Low/High vor dem<br />

Aufwärtsbreak/Abwärtsbreak.<br />

Falls diese Art des «Fluchtplans» ein zu grosses Risiko darstellen sollte, können wir dem ungültigen Breakout auch<br />

mit der 50%-Regel zu Leibe rücken. Nach dem ungültigen Upside Breakout, siehe Abbildung 8, würde die Position<br />

geschlossen werden, wenn der Preis die Mitte des Patterns durchkreuzt.<br />

77


Abbildung 8: Eine andere Stop-Regel. Falls ein Breakout die Hälfte der Konsolidierungstiefe unterschreitet, ist es<br />

an der Zeit, die Position zu schliessen.<br />

Auf Retracements vorbereitet sein<br />

Die meisten Trader kaufen den Markt bei einem Upside Breakout, weil sie erwarten, dass das Kursziel schnell<br />

erreicht wird. In vielen Fällen jedoch bildet der Preis ein Retracement. Diese Retracement-Bewegung stellt eine<br />

zweite Gelegenheit dar, um zu kaufen – und zwar unter viel ruhigeren und kontrollierteren Bedingungen als jene,<br />

welche während des Breakouts vorherrschten. Oftmals ist es möglich, eine kurze Downtrend-Linie einzuzeichnen,<br />

welche die Minor Retracement Peaks miteinander verbindet, siehe Abbildung 9. Wenn diese Linie verletzt wird, wie<br />

zum Beispiel am Punkt «X» in Abbildung 9, dann wird ein Kaufsignal generiert. Diese Retracements können nicht<br />

nur bei Upside Breakouts entstehen, sondern auch bei Downside Breakouts.<br />

Abbildung 9: Oft kommt es nach Breakouts zu Retracements. Dabei kann es vorkommen, dass die Begrenzung der<br />

Trading Range noch einmal getestet wird. Die Retracements bilden oft ein Pattern. In diesem Beispiel können wir<br />

eine kleine Trendlinie über die Minor Retracement Peaks einzeichnen. Der Ausbruch signalisiert einen Entry Point<br />

(siehe «X»).<br />

3.5.2 Steigende Dreiecke<br />

Oft fragt man sich bei lang anhaltenden volatilen Kurskorrekturen, ob diese eine grosse Trendwende nach unten<br />

oder aber eine anschliessende Fortsetzung einer Aufwärtsbewegung nach oben signalisieren. Massgeblich ist<br />

die Art und Weise, wie sich die Korrektur abspielt. Zeigen sich Konturen einer bullischen oder einer bärischen<br />

Formation? Im Folgenden wird Ihnen mit dem steigenden Dreieck eine bullische Formation erläutert. Bei einem<br />

steigenden Dreieck handelt es sich um ein Korrekturmuster, das eine positive charttechnische Signalwirkung hat.<br />

78


Dreiecke bilden Konsolidierungsformationen innerhalb der übergeordneten Trendbewegungen. Diese können<br />

Hinweise auf eine Fortsetzung der übergeordneten Bewegung bieten, aber auch einen bevorstehenden<br />

Trendwechsel ankündigen. In der folgenden Abbildung ist ein steigendes Dreieck dargestellt.<br />

Hier erreicht der Kursverlauf innerhalb einer Aufwärtsbewegung einen Hochpunkt und geht in eine Konsolidierung<br />

über. Nach einem Zwischentief reicht der aufgebaute Kaufdruck nicht mehr aus, um das vorherige Hoch zu<br />

überwinden, und der Kursverlauf prallt daran nach unten ab. Kann während der folgenden Konsolidierung ein<br />

markantes Zwischentief gebildet werden, welches sich oberhalb des Vorgängertiefs befindet, ist das steigende<br />

Dreieck definiert. Spekulieren kann der Trader dann auf eine bevorstehende weitere Aufwärtsbewegung. Im<br />

Dreieck wird ersichtlich, dass das Aufkommen von Kaufdruck im Markt jeweils früher erfolgt. Der an der starken<br />

Widerstandslinie aufkommende Verkaufsdruck beendet diese Bewegungen aber wieder. Innerhalb der enger<br />

werdenden Kursspanne wird während der laufenden Konsolidierung Druck aufgebaut, der sich mit einem<br />

Ausbruch daraus in einer stärkeren trendierenden Bewegung entladen sollte. Das jeweils frühere Aufkommen des<br />

Kaufdruckes deutet hier einen Kursusbruch nach oben, und damit ein Signal für einen Aufbau von Longpositionen<br />

an. Aus dieser Konsolidierungsformation kann der Trader darüber hinaus ein Kursziel für die folgende<br />

Aufwärtsbewegung ableiten. Dafür wird die grösste Ausdehnung innerhalb des Dreiecks, in der Abbildung mit A<br />

bezeichnet, auf die Widerstandslinie aufgesetzt. Klassisch erfolgt der Einstieg in eine neue Longposition während<br />

der über die Widerstandslinie laufenden Ausbruchsbewegung. Eine Absicherung der Position wird dann unterhalb<br />

der verlängerten Unterkante der Dreiecksformation platziert. Aus Sicht des Chance-Risiko-Verhältnisses stellt diese<br />

Variante des Einstieges, in der Abbildung 9 mit Punkt 1 bezeichnet, die ungünstigste dar. Zu diesem Zeitpunkt,<br />

nach einer von der Dreiecksunterkante erfolgten Aufwärtsbewegung, liegt häufig bereits ein überkaufter Zustand<br />

vor, der anfällig für eine bald folgende Konsolidierung ist. Darüber hinaus ist die Entfernung des klassischen<br />

Stop-Loss sehr hoch im Vergleich zum sich bietenden Kurspotenzial. Da sich mit der Bildung eines steigenden<br />

Dreiecks eine bevorstehende Aufwärtsbewegung bereits andeutet, kann ein Einstieg in die Formation auch<br />

bei einer weiteren Bestätigung der Aufwärtstrendlinie erfolgen. Hier liegt das klassische Stop-Loss relativ eng,<br />

hingegen bietet sich umfassendes Kurspotenzial, welches sich aus der Formation bereits ermitteln lässt. Ebenso ist<br />

ein Einstieg im Punkt 3 bei günstigem Chance-Risiko-Verhältnis möglich. In diesem Fall ist bereits ein Ausbruch aus<br />

der Dreiecksformation erfolgt und es läuft eine Pullback-Bewegung, zurück auf die gebrochene Dreiecksoberkante.<br />

Prallt der Kurs dort nach oben ab, kann der Trader die Auflösung des Dreiecks nach oben als bestätigt betrachten.<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer fortgesetzten Aufwärtsbewegung wird dadurch erhöht, und es kann eine relativ enge<br />

Absicherung der Position bereits unter der Dreiecksoberkante erfolgen, da diese jetzt nicht mehr gebrochen werden<br />

darf. Dieses Prinzip eines steigenden Dreiecks lässt sich vollständig umkehren. Für den Fall, dass der Kursverlauf<br />

über einer definierten Unterstützung eine Abwärtstrendlinie bildet, handelt es sich spiegelbildlich um ein fallendes<br />

Dreieck. Der hier jeweils früher aufkommende Verkaufsdruck deutet letztlich eine folgende Abwärtsbewegung<br />

bei einem Bruch der Unterstützung an. Diese Formation können Sie spiegelbildlich wie ein steigendes Dreieck<br />

behandeln.<br />

79


Bei den ersten vier Beispielen zeigt sich, wie bereits zum Prinzip der Dreiecksformation beschrieben, dass es sinnvoll<br />

ist, eine Konsolidierung nach dem Kursausbruch abzuwarten. Diese führt zu einem Abbau des charttechnisch eher<br />

überkauften Zustands zum Zeitpunkt des Kursausbruchs. Darüber hinaus kann dann eine Tradeabsicherung enger<br />

erfolgen, da das Stop-Loss sinnvoll auf höherem Niveau gesetzt werden kann als im Falle einer erst gestarteten<br />

Ausbruchsbewegung. Auch wird das Kaufsignal bei einem Rückfall auf die Dreiecksoberkante, und wieder<br />

anziehenden Notierungen, bestätigt, was die Nachhaltigkeit des Signals und damit die Trefferquote erhöht.<br />

In den beiden letzten Beispielen geht es zum einen um ein aktuell ausgelöstes steigendes Dreieck, darüber hinaus<br />

um eine Dreiecksformation, bei der es bisher nicht zu dem entsprechenden Kaufsignal gekommen ist.<br />

Beispiel 1: Boeing<br />

Bei Boeing kam es Ende 2004 zur Ausbildung einer steigenden Dreiecksformation. Der Ausbruch daraus konnte<br />

direkt gehandelt werden, da bereits unterhalb der Dreiecksoberkante eine Konsolidierung lief und der Anstieg dann<br />

bei starkem Volumenanstieg erfolgte. Die anschliessende Konsolidierung bot aber ebenfalls noch eine Möglichkeit<br />

zur Positionierung.<br />

Beispiel 2: Dell<br />

Auch bei Dell kam es 2004 zur Ausbildung einer steigenden Dreiecksformation. Die Aktie brach daraus dynamisch<br />

aus, bildete einen Rücksetzer auf die Dreiecksoberkante und explodierte anschliessend zum Kursziel.<br />

80


Beispiel 3: Lam Research<br />

Die Aktie bildete eine Dreiecksformation bis Herbst 2005 aus und brach dann mit einem Volumenschub daraus<br />

nach oben aus. Zwei Rücksetzer auf die Oberkante, welche auf Schlusskursbasis nicht mehr durchbrochen wurde,<br />

boten Einstiegsmöglichkeiten.<br />

Beispiel 4: SBA Communications<br />

Die Aktie bildete eine steigende Dreiecksformation im bestehenden Aufwärtstrend aus und brach daraus Anfang<br />

Oktober aus. Der dynamische Anstieg von der Dreiecksoberkante konnte gekauft werden, was wir auch im Aktien-<br />

Premium-Trader getan haben. Ein Erreichen des Kurszieles steht noch aus, die Aktie dürfte dieses aber noch<br />

erreichen.<br />

81


Beispiel 5: Akamai<br />

Hier kommt es aktuell zu einer Ausbruchsbewegung aus einer steigenden Dreiecksformation unterhalb des<br />

bisherigen Rallyehochs. Erkennbar ist das stark erhöhte Volumen, welches das generierte Kaufsignal stützt. Bei<br />

Akamai könnte der Anleger dieses Kaufsignal direkt handeln, da das Dreieck sehr flach verläuft. Die Entwicklung<br />

bleibt zu beobachten.<br />

Beispiel 6: ENI<br />

ENI befindet sich im übergeordneten Aufwärtstrend in einer langfristigen steigenden Dreiecksformation. Ein<br />

Ausbruch über 25,17 Euro sollte ein Kaufsignal auslösen, welches aber noch aussteht. Die Konsolidierung unterhalb<br />

der Dreiecksunterkante legt im Falle eines Ausbruchs einen direkten Einstieg nahe.<br />

82


3.5.3 Symmetrische Dreiecke<br />

Neben den seltener identifizierbaren steigenden und fallenden Dreiecken kommt es innerhalb des Marktes während<br />

der Konsolidierungsphasen häufiger zur Ausbildung einer symmetrischen Dreiecksformation. Das Schema eines<br />

symmetrischen Dreiecks ist in nachfolgender Abbildung dargestellt.<br />

Prinzip einer symmetrischen Dreiecksformation mit Varianten der Einstiegs- und Ausstiegspunkte<br />

Hier bildet der Markt auch zunächst einen Extrempunkt und konsolidiert diese Bewegung aus. Die folgende<br />

Bewegung in der ursprünglichen Trendrichtung erreicht das Vorgängerhoch aber nicht mehr. Wird der Kursverlauf<br />

dann vor Erreichen des ersten Konsolidierungspunktes wieder aufgefangen, ist ein symmetrisches Dreieck definiert.<br />

Eine exakte Symmetrie der Formation ist natürlich nicht erforderlich, die Trendlinien sollten nur nicht in extrem<br />

abweichendem Winkel konvergieren. Im Gegensatz zu steigenden oder fallenden Dreiecken gibt der eigentliche<br />

Aufbau der Formation keinen Hinweis auf die folgende Ausbruchsbewegung. Eine Wiederaufnahme der vor der<br />

Dreieckskonsolidierung gelaufenen Bewegung ist dabei aber wahrscheinlicher. Auch in einem symmetrischen<br />

Dreieck wird Druck aufgebaut, der sich bei der Auflösung der Formation entlädt. Das theoretische Kurspotenzial<br />

ermittelt sich aus der grössten Ausdehnung innerhalb des Dreiecks, in Abbildung 10 mit A bezeichnet. Diese wird<br />

vom Ausbruchspunkt in der jeweiligen Richtung abgetragen. Die möglichen Einstiegsvarianten, hier am Beispiel<br />

einer nach oben aufgelösten symmetrischen Dreiecksformation, sind ähnlich wie bei einem steigenden Dreieck.<br />

Neben den hier bereits beschriebenen Nachteilen im klassischen Ausbruchpunkt 1 kommt hinzu, dass der Kurs<br />

oberhalb der gebrochenen Dreiecksoberkante wieder zurückfallen kann, ohne das eigentliche Kaufsignal zu<br />

negieren. Auch hier bietet sich der Aufbau einer Longposition im Punkt 2 an, wenn der Kursverlauf nach dem<br />

erfolgten Ausbruch auf der Dreiecksoberkante wieder nach oben abprallen kann. Ebenfalls möglich ist der Einstieg<br />

in Punkt 3, nach einer Bestätigung der Dreiecksunterkante, wobei die Richtung der Ausbruchsbewegung aus der<br />

Formation nicht klar ersichtlich ist. Kommt es dann zu einer Auflösung der Dreiecksformation in der Richtung<br />

des zuvor herrschenden Trends, kann darüber hinaus ein weiteres theoretisches Kursziel anhand der Ausdehnung<br />

der zuvor durchlaufenen Trendbewegung, in der Abbildung 10 mit B bezeichnet, ermittelt werden. Die gleiche<br />

Ausdehnung der Bewegung kann, ausgehend vom Tiefpunkt der Dreiecksformation, nach oben projiziert werden.<br />

Während es sich bei den eben beschriebenen Dreiecken vorwiegend um Trendfortsetzungsformationen handelt,<br />

sollen im Folgenden Trendwendeformationen betrachtet werden.<br />

83


3.5.4 Schulter-Kopf-Formationen<br />

Hierbei handelt es sich um eines der bekanntesten und bei Tradern beliebtesten Kursmuster. Zunächst möchten<br />

wir Ihnen die klassische Darstellung erläutern. Es gibt unterschiedlichste Auflösungsmuster. Gerade in der<br />

Vergangenheit war es so, dass es sich bei Schulter-Kopf-Formationen (kurz SKS) um Trendwendemuster handelt.<br />

Mit der zunehmenden Popularität der charttechnischen Analyse haben sich jedoch weitere Auflösungsmuster<br />

herauskristallisiert. Eine SKS kann durchaus auch im Sinne einer Fortsetzungsformation Wirkung zeigen. Zunächst<br />

aber die Beschreibung der klassischen SKS-Formation und ihrer Trendwendefunktion.<br />

Eine klassische Trendwendeformation ist die SKS-Formation, die einen Trendwechsel hin zu einer Abwärtsbewegung<br />

einleitet. Der Kursverlauf erreicht hier zunächst ein Hoch, bezeichnet in Abbildung 11 mit dem linken S, und<br />

geht dann in eine Konsolidierung über. Während der folgenden Rallye kommt es innerhalb der noch intakten<br />

Aufwärtsbewegung zur Ausbildung eines höheren Hochs (K), die anschliessende Konsolidierung erreicht dann<br />

allerdings das Kursniveau des vorangegangenen Tiefs. Exakt muss dieses nicht erreicht werden, tendenziell sollte<br />

sich das zweite Konsolidierungstief aber auf der Höhe des ersten befinden.<br />

Abbildung 11: Prinzip einer Schulter-Kopf-Schulter-SKS-Trendwendeformation mit Varianten der Einstiegs- und<br />

Ausstiegspunkte<br />

84


Kann sich der Kursverlauf jetzt nicht mehr nachhaltig nach oben absetzen, kommt es mit einem weiteren<br />

Zwischenhoch, in der Abbildung mit dem rechten S bezeichnet, zur Ausbildung einer Schulter-Kopf-Schulter-<br />

Trendwendeformation (kurz: SKS-Formation). Die dabei entscheidende charttechnische Marke ist die Nackenlinie,<br />

die in der Abbildung 11 schwarz eingezeichnet ist. Ein Verkaufssignal wird ausgelöst, wenn diese Nackenlinie<br />

nach unten gebrochen wird. Das theoretische Kurspotenzial entspricht auch bei einer SKS-Formation der grössten<br />

Ausdehnung innerhalb der Formation, die aber hier vom Ausbruchspunkt an der Nackenlinie nach unten<br />

abgetragen wird. Ein klassischer Einstieg, in eine Shortposition, erfolgt bei einem Bruch der Nackenlinie. Wie bereits<br />

bei den Dreiecken beschrieben, ist dieser Punkt aber der ungünstigste. Zum Zeitpunkt des Bruchs der Nackenlinie<br />

weist der Kursverlauf einen wahrscheinlich bereits überverkauften Zustand auf. Dieser kann zunächst nochmals<br />

eine Gegenbewegung nach oben einleiten und somit eine eingegangene Tradingposition sofort in Gefahr bringen.<br />

Es bietet sich für den Trader auch hier an, erst eine Bestätigung der Auflösung der SKS-Formation abzuwarten und<br />

diese zum Einstieg zu nutzen. Wird eine Position direkt in Punkt 1 aufgebaut, ist darüber hinaus sinnvoll Stop-Loss,<br />

in der Abbildung als Stop 1 bezeichnet, gemessen am vorhandenen Kurspotenzial relativ weit entfernt. Kommt es<br />

zu einer Bestätigung der Ausbruchsbewegung durch einen Rücksetzer des Kurses an die gebrochene Nackenlinie,<br />

kann, wenn der Kursverlauf hier wieder nach unten abdreht, eine enger abgesicherte Shortposition eingegangen<br />

werden. Das Stop-Loss, in der Abbildung als Stop 2 bezeichnet, kann im Verhältnis zum vorhandenen Kurspotenzial<br />

sinnvoll eng über der Nackenlinie platziert werden. Wenn Sie zunächst auf eine Ausbruchsbestätigung warten,<br />

besteht die Gefahr, einige Trades zu verpassen, die direkt in Richtung des theoretischen Kurszieles laufen. Die bei<br />

einem Einstieg in Punkt 2 gegebene günstige enge Absicherungsmöglichkeit wiegt die verpassten Trades allerdings<br />

mehr als auf. Genauso wie die in Abbildung 11 dargestellte SKS-Formation eine Topbildung des Kursverlaufs<br />

zeigt und eine Abwärtsbewegung einleiten sollte, kommt es spiegelbildlich auch zu in dieser Form angeordneten<br />

Bodenformationen. Diese inversen SKS-Formationen generieren bei einem Ausbruch über die Nackenlinie dann ein<br />

entsprechendes Kaufsignal und können durch den Trader ansonsten nach dem gleichen Schema behandelt werden.<br />

Weitere einfach identifizierbare Trendwendeformationen sind die Doppeltops und die Doppelböden.<br />

3.5.5 Doppeltop und Doppelboden<br />

Die Ausbildung eines Doppeltops ist ähnlich der Ausbildung einer SKS-Formation. Hier erreicht der Kursverlauf<br />

nach einer ersten Konsolidierung das Hoch des vorherigen Anstieges ebenfalls, kann aber nicht weiter nach oben<br />

ausbrechen. Es kommt dann zu einem weiteren Rückfall auf das zuvor gebildete Zwischentief, welches jetzt die<br />

entscheidende Unterstützung darstellt.<br />

Abbildung 12: Prinzip einer Doppeltop-Trendwendeformation mit Varianten der Einstiegs- und Ausstiegspunkte<br />

85


Wird diese in der Abbildung 12 schwarz dargestellte Unterstützung nach unten gebrochen, löst der Kursverlauf ein<br />

Verkaufssignal aus. Der zu diesem Zeitpunkt erfolgende klassische Einstieg in eine Shortposition ist auch bei einem<br />

Doppeltop der ungünstigere. Aufgrund des wahrscheinlich überverkauften Zustands wird eine Gegenbewegung<br />

nach oben schneller möglich, die die eingegangene Shortposition sofort in Gefahr bringt. Das Stop-Loss, in der<br />

Abbildung als Stop 1 gekennzeichnet, kann sinnvoll erst im Bereich der Hälfte der Höhe der Formation festgelegt<br />

werden und liegt damit im Verhältnis zum sich bietenden theoretischen Kurspotenzial noch relativ weit entfernt.<br />

Um das durch die Formationshöhe ermittelte und am Ausbruchspunkt abgetragene Kurspotenzial zu handeln,<br />

kann der Trader auch bei einer Doppeltopformation zuerst eine Gegenbewegung abwarten. Der Kursausbruch<br />

nach unten sollte vom Kursverlauf durch ein Scheitern an der gebrochenen Unterstützung bestätigt werden,<br />

sodass sich anschliessend eine Shortposition eingehen lässt. In diesem Fall kann das Stop-Loss zur Absicherung<br />

der eingegangenen Position eng über dem Hoch der Gegenbewegung gesetzt werden. Eine Doppeltopformation<br />

leitet bei einer Bestätigung eine Abwärtsbewegung ein. Bildet der Kurs einen spiegelbildlichen Verlauf, handelt<br />

es sich um eine Doppelbodenformation, die eine Aufwärtsbewegung einleiten kann. Neben den beschriebenen<br />

Doppeltop- und Doppelbodenformationen bildet der Markt auch Dreifachtop- und Dreifachbodenformationen<br />

aus. Deren Aufbau ist ähnlich, nur kommt es im Falle eines Dreifachtops zu einem weiteren erfolglosen<br />

Ausbruchsversuch über das Hoch der zu diesem Zeitpunkt potenziellen Doppeltopformation. Wird anschliessend die<br />

Unterstützung der Formation durchbrochen, erschliesst sich auch in diesem Fall theoretisches Kurspotenzial in der<br />

Höhe der grössten Ausdehnung innerhalb der Formation. Dreifachtops und Dreifachböden sind weitaus seltener<br />

im Markt zu finden als die Doppeltops und Doppelböden, weisen aber bei einer bestätigten Auflösung eine höhere<br />

Trefferwahrscheinlichkeit auf.<br />

Gemeinsamkeiten der Formationen im Bezug zum Trend<br />

Das Grundprinzip der bisher beschriebenen Formationen ist ähnlich und lässt sich mit dem anfänglich betrachteten<br />

Konzept eines Trends verbinden. Um beim Beispiel eines Aufwärtstrends zu bleiben, ist dieser intakt, sofern<br />

es jeweils zur Ausbildung höherer Hochs und höherer Tiefs kommt. Von einem Trendwechsel ist erst dann<br />

auszugehen, wenn der Kursverlauf ein Vorgängertief nach unten durchbricht. Dabei ist nicht entscheidend, ob<br />

zuvor ein neues Hoch erreicht wurde oder der Markt in einer Handelsspanne, wie im Falle der Ausbildung eines<br />

Doppel- oder Dreifachtops, gefangen wurde. Auch bei einer SKS-Trendwendeformation kommt es nicht zu einem<br />

Trendwechsel, bevor das Niveau eines zuvor gebildeten Zwischentiefs nach unten gebrochen wird. Das in der<br />

beschriebenen rechten Schulter gebildete niedrigere Zwischentief ist zu diesem Zeitpunkt noch kein Kriterium.<br />

Auch ein Dreieck unterbricht während der Phase der Ausbildung der Formation die vorherrschende Trendbewegung<br />

nicht. Während es bei einem steigenden und auch bei einem symmetrischen Dreieck zur Ausbildung von tieferen<br />

Zwischentiefs kommt, ist das auch bei einem fallenden Dreieck erst dann der Fall, wenn der Ausbruch aus der<br />

Formation nach unten erfolgt. Dieser Ausbruch leitet dann wie bei einer SKS-Formation und einem Doppeltop<br />

den Trendwechsel hin zu einer Abwärtsbewegung ein. Auch das sich erschliessende theoretische Kurspotenzial ist<br />

bei den beschriebenen Formationen jeweils ähnlich. Es ermittelt sich durch die grösste Ausdehnung innerhalb der<br />

Formation, die vom Ausbruchspunkt abgetragen wird. Der Trader kann zur Ermittlung des sich aus der Formation<br />

ergebenden Kurspotenzials davon ausgehen, dass sich der innerhalb der jeweiligen Konsolidierung aufgebaute<br />

Druck im selben Umfang nach erfolgtem Ausbruch wieder entlädt. Dabei stellt das so ermittelte Kurspotenzial nicht<br />

das Maximum der zu erwartenden Bewegung dar, sondern kann als Anhaltspunkt für die Ermittlung des Chance-<br />

Risiko-Verhältnisses genutzt werden.<br />

3.5.6 Flagge und Wimpel<br />

Bei Flaggen und Wimpeln handelt es sich um Fortsetzungsmuster. Beide werden als Kursmuster bzw. Pattern<br />

definiert. Die Begrifflichkeit «Formation» wird nicht verwendet. Das hängt mit ihrer preislichen und zeitlichen<br />

Ausdehnung zusammen. Flaggen und Wimpel sind relativ gesehen zu dem Kursgeschehen, in das sie eingebettet<br />

sind, «klein» und entstehen in der Regel recht schnell. Beide sind verlässliche Signalgeber und kündigen in<br />

der Regel eine Fortsetzung des vorherrschenden Trends an. Neben den beschriebenen Formationen, die im<br />

mittelfristigen Bezug auf bevorstehende Trendwechsel hinweisen können oder den übergeordneten Trend<br />

bestätigen, können vor allem die sich im kurzfristigen Zeitfenster bildenden Konsolidierungsformationen für das<br />

Timing des Einstieges genutzt werden. Dabei geht es im Folgenden um Flaggen und Wimpel, die für den Trader<br />

sehr gute Einstiegsmöglichkeiten in die bestehenden Trendbewegungen bieten. Dargestellt sind diese als Schema in<br />

Abbildung 13 als Konsolidierungsmuster innerhalb einer Aufwärtsbewegung.<br />

86


Abbildung 13: Prinzip einer Flagge und eines Wimpels im Aufwärtstrend<br />

Die Flagge im klassischen Sinne ist ein abwärts gerichteter Trendkanal, in dem die vorangegangene Trendbewegung<br />

korrigiert wird. Bei einer übergeordneten Aufwärtsbewegung im mittelfristigen Zeitfenster, mehrere Wochen bis<br />

Monate, sollte eine Flagge in einem Zeitraum von fünf bis zwölf Handelstagen ausgebildet werden, anschliessend<br />

wird die übergeordnete Aufwärtsbewegung fortgesetzt. Die zeitliche Ausdehnung dieser Konsolidierung kann<br />

aber nicht zu eng eingegrenzt werden und muss immer in Bezug zur aktuellen Marktbewegung gebracht werden.<br />

Während es bei den bisher betrachteten übergeordneten Formationen für den Trader sinnvoll war, erst einen<br />

Rücksetzer auf das Ausbruchsniveau der Formation abzuwarten, ist das bei einer Flagge nicht der Fall. Wenn<br />

der Ausbruch über die Oberkante des Trendkanals erfolgt, können Sie sofort eine Position in der Richtung des<br />

übergeordneten Trends eingehen. Diese wird dann unter dem Tief der Flagge durch eine dort gesetztes Stop-<br />

Loss abgesichert. Einen Hinweis auf das sich erschliessende Potenzial der nachfolgenden Kursbewegung in<br />

Trendrichtung bietet die vorangegangene Trendbewegung. Deren Ausdehnung wird ausgehend vom Tief der<br />

Flagge nach oben projiziert, bildet dann aber auch nur einen Anhaltspunkt für das Kurspotenzial. Ein klassischer<br />

Wimpel ist, wie in Abbildung 13 rechts dargestellt, eine symmetrische Dreiecksformation in einem untergeordneten<br />

Zeitfenster. Auch diese Konsolidierungsformation dient dem Kursverlauf, im Falle einer Aufwärtsbewegung,<br />

zum Abbau des überkauften Extremzustands. Eine trendbestätigende Auflösung dieser Formationen in der<br />

Richtung des zuvor etablierten Trends ist wahrscheinlicher. Der Kursverlauf kann auch den Kursverlauf des<br />

Konsolidierungsmusters fortsetzen und eine Trendwende vollziehen, die Erwartungshaltung des Traders sollte aber<br />

in Richtung des zuvor etablierten Trends gehen. So bietet sich Ihnen die Möglichkeit, sich bereits innerhalb der<br />

Konsolidierungsformation zu positionieren. Für die Ausdehnung der folgenden Bewegung in Trendrichtung bietet<br />

auch bei einem Wimpel die vorangegangene Bewegung einen Hinweis, die in ihrer 100%-Ausdehnung auf das<br />

Tief der Konsolidierungsformation gesetzt wird. Die Absicherung einer in Richtung des übergeordneten Trends<br />

eingegangenen Position erfolgt wieder unter dem Tiefpunkt der Konsolidierung mit einem Stop-Loss.<br />

Entscheidend ist bei einer Flagge oder einem Wimpel für den Trader aber nicht die klassische Idealform. Das<br />

Grundprinzip ist der Abbau eines Extremzustandes auf möglichst hohem Niveau. Wenn der Markt nach einer Rallye<br />

einen Extrempunkt erreicht hat, an dem der Kaufdruck abgeebbt ist, folgt eine Korrektur, in der das Gleichgewicht<br />

der Marktkräfte wiederhergestellt wird. Gewinnmitnahmen setzen ein, die den Kursverlauf nach unten drücken.<br />

Ebenso gehen bärisch eingestellte Marktteilnehmer neue Shortpositionen ein. Wenn es dabei nicht zu einem<br />

starken Rückfall in Bezug zur vorangegangenen Aufwärtsbewegung kommt, ist dies ein Zeichen von Stärke. Hat<br />

sich der Markt dann stabilisiert und genügend Kraft geschöpft, kann die ursprüngliche Aufwärtsbewegung mit<br />

dem Ausbruch aus der Konsolidierung in Richtung neuer Hochs fortgesetzt werden. Eine durch einen klassischen<br />

Trendkanal gebildete Flagge ist hier nicht wirklich notwendig. Laufen die beiden erkennbaren Trendlinien<br />

aufeinander zu, können Sie diese Tatsache umso bullischer werten, da die Rücksetzer innerhalb der Flagge jeweils<br />

87


früher aufgefangen werden können. Statt eines symmetrischen Dreiecks kann der Markt als Wimpelkonsolidierung<br />

auch ein steigendes Dreieck bilden, was bullischer im Sinne einer Fortsetzung der Rallye zu werten wäre. Es ist<br />

aber auch ein fallendes Dreieck möglich. Entscheidend ist der Abbau des Extremzustands auf hohem Niveau, der in<br />

einem Ausbruch aus der Formation in Trendrichtung mündet.<br />

3.5.7 Schmetterlingsformation<br />

Eine weniger bekannte und etwas schwieriger zu erkennende Formation ist die Schmetterlingsformation.<br />

Neben den bekannten Bullen und Bären, von denen andauernd die Rede ist, existieren in der Charttechnik<br />

noch weitere Wesen aus der Tierwelt. Eines davon ist der Schmetterling. Dieser Schmetterling beschreibt eine<br />

Chartformation, die sowohl Bullen als auch Bären in Verzückung geraten lassen kann.<br />

Im Folgenden eine Beschreibung dieser etwas komplexeren Formation, die neben den klassischen Formationen<br />

wie Doppeltops, Schulter-Kopf-Formationen, Rounding Tops, Keilformationen, Dreiecken, Diamanten usw. eine<br />

relevante Rolle spielt.<br />

In der Abbildung 1 sehen Sie ein Chart eines Schmetterlings mit bärischer Indikation am Beispiel des E-Mini S&P<br />

500 in einem 30-Minuten-Intervall am 24. Juli 2003.<br />

Der Name «Schmetterling» ergibt sich aus der Chartformation (zwei an ihrer Spitze gegenüberliegende Dreiecke).<br />

Die Preisschwünge, aus denen sich die Chartformation zusammensetzt, harmonisieren in uns bekannten<br />

mathematischen Relationen untereinander.<br />

Und zwar wie folgt:<br />

• Der zweite Preisschwung korrigiert den ersten Preisschwung um 78,6%<br />

(siehe dazu die Lektion «Fibonacci-Preiskorrekturen).<br />

• Der dritte Preisschwung korrigiert den zweiten Preisschwung um 70,7%<br />

(siehe dazu die Lektion «Quadratwurzel-2-Preisprojektionen»… 1 dividiert durch Quadratwurzel aus 2 = 0,707)<br />

• Der vierte Preisschwung extensiert den dritten Preisschwung um 161,8% und ist gleichzeitig so gross wie<br />

der erste Preisschwung.<br />

88


Dazu kommt noch, dass er den ersten Preisschwung um 127,2% extensiert. Auch dieser Verhältniswert ist uns<br />

noch aus der Lektion «Fibonacci-Preisextensionen» bekannt (Quadratwurzel aus 1,618).<br />

Nachdem die bärische Schmetterlingsformation beendet ist, bildet der Preis zunächst einen Wimpel, der den zu<br />

erwartenden Abwärtsschwung bremst. Doch beim Ausbruch entsteht dann das Abwärtsmomentum. Und an<br />

solchen momentumgetriebenen Preisschwüngen nach Vollendung des Patterns können Sie selbstverständlich sehr<br />

gut partizipieren. Die einzelnen mathematischen Beziehungen der Preisschwünge müssen nicht unbedingt so<br />

lauten wie in dem oben angegebenen Beispiel. Idealerweise lauten sie wie in den folgenden Abbildungen 2 und 3.<br />

Wichtig bleibt aber, dass Sie die Verhältniswerte nutzen, die in vorangegangenen Lektionen erläutert wurden.<br />

Ideal ist es, wenn der Punkt B eine 78,6%-Fibonacci-Preiskorrektur von XA ist, so wie in unserem praktischen<br />

Beispiel, siehe Abbildung 1.<br />

Achten Sie also darauf, dass die angegebenen mathematischen Beziehungen der Preisschwünge untereinander<br />

gegeben sind. Alle müssen miteinander harmonisieren. Wenn dann die Formation vollendet ist, sollten Sie auf eine<br />

Preisumkehr warten, welche die Formation bestätigt. Das kann beispielsweise das Unterschreiten des Vortagestiefs<br />

sein. Oder auch das Unterschreiten eines Schwungtiefs in einem kleineren Zeitintervall. Oder das Überkreuzen<br />

zweier gleitender Durchschnitte (z.B. MA 8 und 13) in einem niedrigeren Zeitintervall. Benutzen Sie eine<br />

Einstiegsstrategie, mit der Sie vertraut sind.<br />

Geben Sie Ihr Stop-Loss knapp über den Schwung-Hochpunkt des letzten Preisschwunges. Das minimale<br />

Preisziel beträgt 127,2% des letzten Preisschwunges der Formation. Oft wird das Preisziel auch nach einer<br />

161,8%-Fibonacci-Preisextension des letzten Peisschwunges erreicht.<br />

Die Formation kann natürlich auch auf dem Kopf stehen, wie im Schema der Abbildung 1 dargestellt. In diesem Fall<br />

sprechen wir von einem Schmetterling mit bullischer Indikation, kurz einem «bullischen Schmetterling».<br />

Die Schmetterlingsformation indiziert Trendumkehrungen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit und ist ein einfaches<br />

Muster, das es zu entdecken gilt.<br />

89


3.6 Risikomanagement und Money Management<br />

Um langfristig in den Märkten zu bestehen, ist es unumgänglich, sich mit dem Thema Money Management und<br />

Risikomanagement zu beschäftigen.<br />

Über kleinere Nebenkonten können Sie gerne hochgehebelt und spekulativ den Markt handeln und versuchen,<br />

gehebelt eine grössere Bewegung mitzunehmen. Wenn das gelingt, dann hat dies unter anderem auch mit viel<br />

Glück zu tun oder aber die dahinterstehende Signallage ergibt sich wirklich nur sehr selten.<br />

Ansonsten möchten wir Ihnen eindringlich raten, Ihre Hauptkonten mit einem adäquaten Risikomanagement-<br />

und Money-Management-Regime zu handeln. Ohne die Kenntnis der in den folgenden Artikeln erläuterten<br />

Hintergründe zum Thema Money Management werden Sie an der Börse keinen Erfolg haben. Oder besser positiv<br />

formuliert: Wenn Sie die folgenden Grundsätze des Money Management beachten und konsequent anwenden,<br />

werden Sie eine gute Chance auf Erfolg an der Börse haben.<br />

3.6.1 Grundsätze des Risikomanagements<br />

Zentrale Eckpunkte eines Anlageplans, sei es der Anlageplan eines Investors oder eines Traders, sind:<br />

1. Der Einstieg: Auf welchem Kursniveau steige ich ein? Wann, zu welchem Zeitpunkt, steige ich ein?<br />

2. Risikomanagement: Auf welchem Kursniveau sichere ich mich Stop-Loss ab?<br />

3. Der Ausstieg: Auf welchem Kursniveau kann ich Gewinne mitnehmen? Wo liegen Kurszielbereiche?<br />

4. Moneymanagement: Mit wie viel gehe ich in den Markt rein? Mit wie viel kann ich beispielsweise eine<br />

Aktienposition kaufen?<br />

Die nun folgende Artikelserie befasst sich mit Punkt 4, mit professionellem Money Management.<br />

Über einen kurzfristigen Zeitraum lassen sich sicherlich mit wenigen gut laufenden Trades bei grösseren Risiken<br />

hohe Gewinne erzielen. Langfristig ist aber unumgänglich, dass es während des Investierens und Tradings auch zu<br />

Verlustpositionen und Phasen einer Häufung von Verlusttrades kommt. Werden in solchen Phasen hohe Risiken<br />

eingegangen, dann sind zuvor aufgelaufene Gewinne schnell aufgebraucht, gegebenenfalls laufen sogar in der<br />

Summe schnell hohe Verluste auf.<br />

Kommt es zu grösseren Verlusten, gerät der Anleger immer stärker unter Druck, da er die Verluste möglichst schnell<br />

wieder aufholen möchte. In solchen Zwangslagen lässt sich nicht durchdacht anlegen und der Anleger läuft Gefahr,<br />

nicht mehr rational zu handeln. Er erhöht sein Risiko. Er versucht, mit der Brechstange die angelaufenen Verluste<br />

wettzumachen. Die Folge ist ein Teufelskreis, die Verluste nehmen immer weiter zu. Im schlimmsten Fall kapituliert<br />

der Anleger am Ende und steht der Vernichtung des gesamten Kapitals gegenüber.<br />

90


Money Management und Risikomanagement ist deshalb für das Trading von entscheidender Bedeutung, um eine<br />

solche Situation gar nicht erst entstehen zu lassen oder ihr zumindest nachhaltig entgegenwirken zu können. Ziel<br />

ist dabei zunächst vorrangig der Kapitalerhalt und darauf aufbauend eine über einen mittelfristigen Zeitraum stabile<br />

positive Performanceentwicklung.<br />

Risiken begrenzen<br />

Je grösser der einmal angelaufene Verlust, desto grösser anschliessend der Aufwand, um eben diesen Verlust<br />

wieder aufzuholen. Einen Verlust von 10% wieder wettzumachen, erfordert einen Kursgewinn von 11%. Das ist<br />

noch vertretbar und akzeptabel. Einen Verlust von 25% wieder aufzuholen, verlangt Ihnen schon mehr ab; nämlich<br />

33%. Sie sehen, Sie dürfen möglichst nicht zu sehr in die Defensive geraten.<br />

Warum es entscheidend ist, den Fokus zunächst auf den Kapitalerhalt auszurichten und erst anschliessend auf<br />

die mögliche Gewinnentiwicklung, das stellt die abgebildete Tabelle dar. In der linken Spalte sind Werte für einen<br />

möglichen Drawdown des Tradingkapitals dargestellt, also der mögliche prozentuale Verlust des Anfangskapitals<br />

bzw. des zu einem beliebigen Zeitpunkt erreichten Depotwertes. Die prozentuale Angabe auf der rechten Seite<br />

stellt dann dar, wie viel Gewinn notwendig ist, um nach einem solchen Drawdown wenigstens den Ausgangswert<br />

des Depotkapitals wieder zu erreichen.<br />

Links sehen Sie also, wie viel Ihr Kapital im Falle eines Verlustes geschrumpft ist, und rechts sehen Sie, um wie viel<br />

Ihr Depot bzw. Ihr Kapital wieder ansteigen muss, um den Verlust wieder aufzuholen. Um also auf Breakeven zu<br />

kommen.<br />

Während der Drawdown in der linken Spalte jeweils linear darstellbar ist, entwickelt sich die rechte Spalte dazu<br />

geometrisch. Das bedeutet, dass immer ein prozentual höherer Gewinn nötig ist, bezogen auf das noch verfügbare<br />

Kapital, als zuvor verloren wurde. Solange dieser Verlust noch klein ist, im einstelligen Bereich, solange wirkt sich<br />

dieser höher notwendige Gewinn noch nicht drastisch aus. Lässt der Trader aber einen grösseren Verlust zu, dann<br />

wirkt sich der Unterschied schnell dramatisch aus.<br />

Ergo: Sie dürften keine bzw. nur geringe Verluste zulassen. «Verluste begrenzen» darf nicht zu einem<br />

Lippenbekenntnis werden. Lassen Sie Verluste zu, geraten Sie schnell in die Defensive. Sie sind dann nur noch damit<br />

beschäftigt, etwaig angelaufene Verluste wieder aufholen zu müssen.<br />

Und wie begrenzt man Verluste? Das ist eine Kunst für sich. Man begrenzt Verluste, indem man beispielsweise<br />

via Charttechnik sinnvolle Stop-Loss-Niveaus sondiert. Das Stop-Loss darf nicht zu eng gewählt werden, um nicht<br />

ständig in Serie ausgestoppt zu werden. Es darf aber auch nicht zu weit gesetzt werden, damit die Position nicht<br />

zu stark gegen einen läuft. Der Anleger begrenzt Verluste, indem er im vornherein eine sinnvolle Positionsgrösse<br />

berechnet. Er kauft also nach einer eigentlich einfachen Formel, die in einem der folgenden Artikel vorgestellt<br />

wird, Aktien. Wichtig ist, dass man sich konsequent an diese Formel hält. Mit dieser Formel und mit dieser<br />

Vorgehensweise bestimmt er letzten Endes sein Risiko und sein Verlustpotenzial.<br />

Aufgelaufener<br />

Kapitalverlust<br />

Notwendiger<br />

Kursgewinn<br />

5% 5%<br />

10% 11%<br />

15% 18%<br />

20% 25%<br />

25% 33%<br />

30% 43%<br />

50% 100%<br />

75% 300%<br />

90% 900%<br />

91


Aber noch mal zurück zu der Tabelle<br />

Ein Drawdown von 5% bedeutet, dass nur knapp über 5% anschliessend wieder gewonnen werden müssen,<br />

um das Ausgangskapital wieder zu erreichen.<br />

Auch bei einem Drawdown von 10% ist der Unterschied noch nicht sehr gross. Hier muss eine ähnliche<br />

Grössenordnung, nämlich rund 11% Gewinn erzielt werden, um das Kapital wieder hereinzuholen.<br />

Kommt es aber zu Verlusten von 20%, dann sind bereits 25% Gewinn nötig, bei einem zwischenzeitlichen Verlust<br />

von 30% müssen bereits anschliessend 43% Gewinn, erzielt werden, nur um wieder zum Ausgangskapital zu<br />

kommen.<br />

Hinzu kommt in diesem Fall die Tatsache, dass nach einem solchen Drawdown das Depot insgesamt natürlich<br />

geschrumpft ist, was den Anteil der Transaktionskosten erhöht. Darüber hinaus wird es für den Trader auch<br />

schwieriger, mental mit dem Verlust umzugehen, was das Trading beeinflusst. Ein grosser Drawdown kann dazu<br />

führen, dass höhere Risiken eingegangen werden, um den Verlust wieder aufzuholen. Dies wiederum führt dann<br />

aber eher zu weiteren Verlusten, was das Ziel schnell in noch weitere Ferne rücken lässt.<br />

Ist der Trader erst einmal in der Drawdown-Falle gefangen, dann kann es sehr schwer werden, dort wieder<br />

herauszukommen. Bei einem Drawdown von 50% oder mehr muss das verbliebene Kapital im Anschluss bereits<br />

wenigstens verdoppelt werden, was schwierig werden dürfte. Dies vor allem, da der Tradingansatz scheinbar nicht<br />

funktioniert. Darüber hinaus ist dann, wenn es mit viel Disziplin und Zeit gelingt, einen solchen Drawdown wieder<br />

herauszuholen, in der Summe noch nichts gewonnen. Denn nur das Ausgangskapital ist wiederhergestellt.<br />

Entscheidend ist es, von vornherein alles daran zu setzen, einen grossen Drawdown erst gar nicht entstehen zu<br />

lassen. Das Trading kommt auf lange Sicht nie ohne Verlusttrades aus. Es gibt Phasen mit grösseren Gewinnserien,<br />

aber auch Phasen mit Verlustserien.<br />

Ziel ist dabei, den Drawdown innerhalb einer Verlustphase möglichst gering zu halten. Dieser sollte sich möglichst<br />

im einstelligen Bereich bewegen. Dort ist im Allgemeinen nur etwas mehr als der prozentual zuvor aufgelaufene<br />

Verlust nötig, um wieder am Ausgangskapital anzukommen.<br />

Wie lässt sich ein grösserer Drawdown nun vermeiden?<br />

Um das Gesamtrisiko gering zu halten und nicht Gefahr zu laufen, einen sich stark summierenden Verlust auflaufen<br />

zu lassen, muss der Anleger das einzelne Risiko jeder eingegangenen Position betrachten und dieses individuell<br />

nach klaren Regeln begrenzen. Voraussetzung für alle weiteren Überlegungen und Grundvoraussetzung für das<br />

Trading überhaupt ist das Vorhandensein von Stop-Loss-Marken. Es muss bei jeder Tradingposition im Vorfeld ein<br />

Niveau festgelegt werden, welches dazu führt, dass bedingungslos aus dem Trade ausgestiegen wird.<br />

Trefferquote<br />

Ist die Trefferquote wirklich entscheidend? – Nein, ist sie nicht!<br />

Der erste Blick, wenn es darum geht, Trading zu beurteilen, geht im Allgemeinen in Richtung der Trefferquote.<br />

Das Ziel ist es dabei natürlich, möglichst häufig richtig zu liegen. Dies zeigt sich auch häufig bei der Erstellung<br />

und Optimierung von Handelssystemen. Generiert das erstellte System nur wenige Verlusttrades und einen<br />

hohen Anteil an Gewinntrades, dann kommt es zu einer glatten und stabilen Kapitalkurve, welche einen stetigen<br />

Performancegewinn verspricht. Häufig stellt sich dieser Gewinn dann aber bei sich ändernden Marktverhältnissen<br />

nicht ein und die Trefferquote sinkt massiv unter den Erwartungswert. Allein auf die Trefferquote kommt es dann<br />

aber auch bei Trading nicht an.<br />

Gelingt es beispielsweise, eine Trefferquote von 70% zu erreichen, das bedeutet, dass nur 3 von 10 Trades im<br />

Verlust enden, dann ist das ein äusserst guter Wert. Entscheidend ist aber darüber hinaus die Frage, wie viel mit<br />

92


den sieben Gewinntrades denn gewonnen und mit den drei Verlusttrades verloren wird. Dabei kommt das Chance-<br />

Risiko-Verhältnis, kurz CRV, ins Spiel.<br />

Was sagt das Chance-Risiko-Verhältnis überhaupt aus?<br />

Es ist der Quotient zwischen dem erwarteten Gewinn, sofern das Tradeziel erreicht wird, und dem erwarteten<br />

oder riskierten Verlust, sofern der Trade nicht in die erwartete Richtung läuft und ausgestoppt wird. Liegt dieses<br />

Chance-Risiko-Verhältnis nun bei 0,5 – das würde bedeuten, dass für den Gewinn von einem Euro gleich zwei Euro<br />

riskiert werden – dann hilft auch eine so hohe Trefferquote von 70% auf Dauer nicht weiter. Die sich summierende<br />

Erwartungshaltung lässt sich für dieses Beispiel einfach errechnen.<br />

Bei 70% Trefferquote enden sieben von zehn Trades im Plus und drei im Minus. Riskiert man nun für jeden Trade<br />

zwei Euro, um ein Euro zu gewinnen, dann bedeutet das, dass 7 × 1 Euro = 7 Euro gewonnen und 3 × 2 Euro =<br />

6 Euro verloren werden. Es bleibt also dauerhaft nur ein Euro in diesem Beispiel übrig. Berücksichtigt man nun noch<br />

Transaktionskosten, so kann auch aus diesem Euro weder ein Gewinn noch ein Verlust werden.<br />

Es kommt also darauf an, dass die eigene Trefferquote und das Chance-Risiko-Verhältnis in einem gesunden<br />

Verhältnis zueinander stehen, um auf der Gewinnerseite zu bleiben.<br />

Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, wie hoch die Trefferquote sein muss, um das Kapital bei einem gegebenen CRV<br />

einfach nur konstant zu erhalten. Transaktionskosten sind dabei nicht berücksichtigt:<br />

CRV von 1,00 notwendige Trefferquote: 50%. CRV von 1,50 notwendige Trefferquote: 40%. CRV von 2,00<br />

notwendige Trefferquote: 33%. CRV von 3,00 notwendige Trefferquote: 25%. CRV von 5,00 notwendige<br />

Trefferquote: 17%.<br />

Was stellen diese Verhältnisse dar?<br />

Es sind die Grenzbereiche, die darüber entscheiden, ob das Eingehen eines Trades überhaupt sinnvoll ist. Alles, was<br />

darunterliegt, beispielsweise ein Trade mit einer erwarteten Trefferwahrscheinlichkeit von 40% bei einem Chance-<br />

Risiko-Verhältnis von 1,00, muss gar nicht erst eröffnet werden. Auf Dauer lässt ein solcher Trade, auch wenn er im<br />

Gewinn endet, den Depotwert statistisch garantiert gegen null tendieren.<br />

Diese Verhältnisse zeigen aber vor allem auch, dass es nicht nötig ist, eine extrem hohe Trefferquote zu haben. Es<br />

muss nur jeder dritte Trade so laufen wie geplant, um bei einem CRV von 2,0 das Kapital zu erhalten. Alles, was<br />

darüber liegt, führt das Depot auf längere Sicht in den Gewinn.<br />

Besonders trendfolgende Handelsansätze haben häufig das Problem einer geringeren Trefferquote. Seitwärtsphasen<br />

der Märkte, die unweigerlich auftreten, führen vermehrt zu Fehltrades. Dafür bietet sich aber, sofern an einem<br />

auftretenden Trend dann nachhaltig partizipiert wird, im Gegenzug ein häufig sehr hohes CRV. Auch wenn es<br />

zwischenzeitlich in diesem Fall zur Anhäufung kleinerer Verluste kommt, lässt sich mit einem CRV von 3,0 und einer<br />

Trefferquote oberhalb von 30%, besser 40%, dauerhaft ein hoher Gewinn erzielen. Ein CRV von 5,0 oder höher<br />

bedingt, wie die Tabelle zeigt, nur noch eine geringe Trefferquote, um auf der Gewinnerseite zu liegen. Allerdings<br />

lassen sich solch hohe CRV-Trading-Set-ups im Allgemeinen nur sehr schwer erreichen.<br />

Innerhalb des Tradings kommt es zu Phasen mit häufigen Gewinntrades und Phasen, in denen vermehrt<br />

Verlusttrades auflaufen. Um dauerhaft eine stabile Performance zu erzielen, genügt bereits eine Trefferquote von<br />

«nur» 50%, sofern bei jedem Trade im Schnitt ein CRV von 2,0 angestrebt wird. Um wieder auf das Beispiel<br />

von zehn Trades zurückzukommen, würde dies bedeuten: Fünf Trades enden im Gewinn mit jeweils 2 Euro =<br />

10 Euro. Fünf Trades enden im Verlust mit jeweils 1 Euro = 5 Euro. Es bleiben also komfortable fünf Euro übrig.<br />

93


Nun lässt sich sicherlich behaupten, eine Trefferquote von 50% wäre kein Problem. Die Märkte können nur<br />

entweder vom betrachteten Punkt aus steigen oder fallen. Mehr geht nicht. Insofern müsste bereits eine<br />

Trefferquote von 50% möglich sein, wenn man einfach nur eine Münze oder mit verbundenen Augen auf ein<br />

Dartboard wirft. Das alleine genügt dann aber letztlich doch nicht ganz. Denn es geht bei der Trefferquote nicht<br />

darum, ob es steigt oder nicht, sondern darum, ob das Tradeziel erreicht wird, bevor der Markt das Stop-Loss<br />

berührt. Nur dann, wenn zwei Euro gewonnen wurden, ohne dass zwischenzeitlich ein Euro Verlust zu Buche steht,<br />

dann kann von dem CRV von 2,0 gesprochen werden, welches man mit der Trefferquote ins Verhältnis setzen kann.<br />

Was soll dieses Beispiel zeigen?<br />

Es kommt nicht nur auf die Trefferquote beim Trading an. Das Entscheidende ist es nicht, so oft wie irgend möglich<br />

richtig zu liegen und viele positive Trades zu generieren. Die Frage, ob das Depot auf Dauer, nicht nur auf Sicht der<br />

nächsten zehn Trades, konstant zulegen kann, ist nicht allein die Frage, wie oft man richtig liegt. Entscheidend ist,<br />

dass die Gewinne in den Fällen, in denen die Markteinschätzung richtig war, grösser sind als die Verluste in den<br />

Fällen, in denen der Markt falsch eingeschätzt wurde. Dazu gilt es, das Chance-Risiko-Verhältnis der einzugehenden<br />

Position abzuschätzen und sich die Frage zu stellen, ob die erwartete Erfolgsquote diesen Trade überhaupt<br />

rechtfertigt.<br />

3.6.2 Positionsgrösse<br />

Um das Gesamtrisiko zu begrenzen, ist es erforderlich, das Risiko für eine jede Einzelposition in klaren Grenzen<br />

zu halten. Dafür sollten, je Position nicht mehr als maximal 2% des zur Verfügung stehenden Kapitals riskiert<br />

werden. Dies würde zulassen, dass bei fünf aufeinanderfolgenden Fehltrades der Drawdown insgesamt nicht unter<br />

10% zurückfällt. Diese Grössenordnung für das Risiko bietet sich aber nur an, sofern es sich um unterschiedliche<br />

Märkte handelt, in denen Positionen eröffnet werden. Beispielsweise gleichzeitig Positionen im Aktienmarkt, in<br />

Rohstoffen und Devisen. Werden aber von einem Trader nur die Aktienmärkte gehandelt, dann bietet es sich an,<br />

das Einzelrisiko einer Position nochmals zu reduzieren auf 1% des verfügbaren Kapitals. So kann auch eine grössere<br />

Verlustserie von 10 kompletten Fehltrades mit einem akzeptablen Drawdown überstanden werden.<br />

Nur 1% des verfügbaren Kapitals zu riskieren, bedeutet nicht, nur 1% des Depotkapitals für den Trade<br />

aufzuwenden. Es geht bei diesem 1% um das Risiko der Position, also um den Betrag, der im Verlustfall des<br />

Trading-Set-ups nicht mehr verfügbar sein wird. Die Frage ist letztlich, wie viel kann in einem Trade an Kapital<br />

eingesetzt werden, wie viele Stücke können gekauft werden? Am nachfolgenden Beispiel lässt sich dies einfach<br />

nachvollziehen:<br />

Angenommen wird ein Depotkapital von 10 000 Euro. Das Tradesetup schreibt vor, dass eine Position in<br />

einer Aktie bei einem Stand von 100,00 Euro eröffnet wird und das Stop-Loss bei 97,00 Euro festgelegt<br />

wird. Das Vorhandensein eines Stop-Loss-Niveaus, und das bedingungslose Einhalten dieses Stop-Loss, ist<br />

Grundvoraussetzung für das Money Management und damit für das Trading. Das Kursziel dieser Tradingposition<br />

liegt bei 110,00 Euro, was aber für die Berechnung der Positionsgrösse nicht von Bedeutung ist.<br />

Wenn 1% des verfügbaren Kapitals riskiert werden kann, dann sind dies bei einem 10 000-Euro-Depot genau<br />

100 Euro. Mehr soll im Falle eines Fehltrades mit der Position möglichst nicht verloren werden. Das Risiko einer<br />

einzelnen Aktie beläuft sich auf die Spanne zwischen dem Einstiegskurs und dem Stop-Loss. Das wären in diesem<br />

Fall 100,00 Euro − 97,00 Euro = 3,00 Euro. Nun muss noch bedacht werden, dass Transaktionskosten anfallen und<br />

darüber hinaus nicht unbedingt die idealen Einstiegs- und Ausstiegskurse tatsächlich erreicht werden. Für diesen<br />

Anteil an Slippage und Transaktionskosten werden nochmals 0,70% festgelegt. Diese Zahl kann je nach Broker und<br />

Liquidität des gehandelten Wertpapiers stark variieren. Werden zusätzlich 0,70% angesetzt, dann entspricht dies<br />

bei einem Einstiegskurs von 100,00 Euro nochmals 0,70 Euro. Es ermittelt sich somit ein Gesamtrisiko je gehandelte<br />

Aktie von 3,00 Euro + 0,70 Euro = 3,70 Euro. Dieses Risiko bezieht sich auf genau ein Stück. Riskiert werden<br />

können insgesamt aber 100,00 Euro. Es lässt sich somit ermitteln, dass 100,00 Euro / 3,70 Euro = 27 Stück gekauft<br />

werden können.<br />

Die Positionsgrösse für das angenommene Tradingkonto bei einem Risiko von 1% je Position und dem<br />

dargestellten Trading-Set-up beläuft sich also auf 27 Stück. Das Kapital, welches damit bewegt wird, errechnet<br />

sich zu 27 × 100 Euro Einstiegskurs = 2,700 Euro.<br />

94


An einem konkreten Beispiel, welches nachfolgend abgebildet ist, stellt sich diese Berechnung wie folgt dar.<br />

Angenommen werden ein Tradingkonto von 20 000 Euro und das nachfolgend dargestellte Trade-Set-up für die<br />

Aktie von Salzgitter. Der Kursverlauf konnte über eine bei 118,75 Euro liegende Widerstandsmarke ausbrechen und<br />

soll gekauft werden mit einem Ziel bei 130,45 Euro und anschliessend 140,00 Euro. Das Stop-Loss wird unter der<br />

Tageskerze platziert, welche sich ausserhalb des kurzfristigen Aufwärtstrends befand. Dies wäre bei 114,10 Euro<br />

der Fall. Der Einstieg erfolgt zum aktuellen Kurs, also bei 119,55 Euro, riskiert werden sollte nicht mehr als 1% des<br />

Depotwertes.<br />

1% entspricht in diesem Fall 200 Euro riskiertem Kapital. Die Entfernung zum Stop-Loss beträgt: 119,55 − 114,10<br />

= 5,45 Euro. Für Gebühren und Slippage werden 0,40% angesetzt, was bei einem Einstiegskurs von 19,55 Euro<br />

einem Wert von 0,48 Euro entspricht. Das Gesamtrisiko beläuft sich somit auf 5,93 Euro. Gekauft werden können<br />

somit 200,00 Euro / 5,93 Euro = abgerundet 33 Stücke. Ein Kapital von 33 Stück × 119,55 Euro = 3945 Euro wird<br />

bewegt in dieser Position. Verloren werden nicht mehr als 200 Euro, wenn die Aktie direkt durch das Stop-Loss fällt.<br />

3.6.3 Korrelierende Märkte<br />

Ein häufig vernachlässigtes Problem bei der Ermittlung des Kapitalrisikos der Position ist die Korrelation<br />

der unterschiedlich gehandelten Märkte oder der verschiedenen Aktien. Die Aktienmärkte entwickeln sich<br />

beispielsweise insgesamt übergeordnet einheitlich. Kommt es zu einer umfassenden mittelfristigen Rallye im<br />

deutschen Aktienindex DAX, entwickeln sich die meisten der darin enthaltenen Papiere positiv. Einige Aktien<br />

steigen stärker, einige steigen weniger stark, die wenigsten darin enthaltenen Aktien werden aber während der<br />

Rallye eine negative Kursentwicklung aufweisen. Genauso verhält es sich auch eine Ebene höher. Wie in den<br />

vergangenen Jahren erfolgt, entwickeln sich die europäischen Märkte tendenziell in Anlehnung an den US-Markt.<br />

Wenn Dow Jones und S&P 500 einbrechen, können sich dieser Entwicklung DAX und Eurostoxx ebenfalls kaum<br />

entziehen. Korrelationen gibt es darüber hinaus auch in allen anderen Märkten. Wenn der Ölpreis-Future nachhaltig<br />

steigt, springen tendenziell auch die Futures für Benzin und Heizöl an. Einem steigenden <strong>Gold</strong>preis kann sich auch<br />

der Preis für Silber und Platin übergeordnet kaum entziehen, ebenso entwickelt sich Sojabohnenöl tendenziell<br />

genauso wie Sojabohnenmehl. Auch über die verschiedenen beispielhaft benannten Marktsegmente hinaus<br />

entwickeln sich teilweise über lange Zeiträume wichtige Korrelationen. Im folgenden Beispiel ist die Entwicklung<br />

des <strong>Gold</strong>preises der vergangenen Jahre der Entwicklung des Währungspaares EUR/USD (Euro gegenüber dem US-<br />

Dollar) im gleichen Zeitraum gegenübergestellt.<br />

95


Erkennbar ist hier über einen Zeitraum von Mai 2001 bis Mai 2005 eine tendenziell enge Korrelation dieser<br />

beiden völlig unterschiedlichen Märkte. Während der <strong>Gold</strong>preis sich, ausgehend von einem Kursniveau um 250<br />

US-Dollar, erholen konnte und in diesem Zeitraum bis auf 450 US-Dollar anstieg, gab es im Währungspaar Euro/<br />

US-Dollar eine umfassende Rallye aus dem Bereich 0,85 US-Dollar bis auf 1,35 US-Dollar. Erkennbar ist, dass auch<br />

die mittelfristigen Kursbewegungen tendenziell ähnlich abgelaufen sind. Mittelfristige Hochs und Tiefs wurden<br />

in beiden Märkten zu annähernd gleichen Zeitpunkten ausgebildet. Seit Mai 2005 bricht diese Korrelation jetzt<br />

aber auf. Der <strong>Gold</strong>preis kann die Rallye auf neue Hochs fortsetzen, während das Währungspaar sich in einer<br />

umfassenden Korrektur befindet. Im Zeitraum der Korrelation der beiden Märkte konnte der Trader eine Position<br />

bei <strong>Gold</strong> nicht eingehen, ohne auf die Entwicklung beim Währungspaar Euro/US-Dollar zu achten. Das Aufbrechen<br />

der Korrelation bedeutet jetzt nicht zwangsläufig, dass sich die Märkte weiter gegensätzlich bewegen werden,<br />

die weitere Kursentwicklung dürfte jetzt aber unabhängiger voneinander sein. Der Trader muss die beiden Märkte<br />

jetzt in jedem Fall nicht mehr zwingend in Bezug zueinander setzen. Korrelationen gibt es darüber hinaus vor allem<br />

auch im kleineren Kreis der unterschiedlichen Marktsegmente und Sektoren des Aktienmarktes. Diese müssen für<br />

Tradingentscheidungen gerade bei Aktien zwingend berücksichtigt werden. Am folgenden Beispiel in Abbildung 25<br />

ist die Entwicklung der Aktien von DaimlerChrysler, Volkswagen und BMW dargestellt. Diese Wertpapiere sind alle<br />

im Deutschen Aktienindex DAX enthalten und kommen aus dem Automobilsektor.<br />

Hier wird eine starke Korrelation der verschiedenen Aktien sofort erkennbar. Im September 2001 kam es zu<br />

einem massiven Einbruch in allen dargestellten Wertpapieren, anschliessend konnten sich die Papiere deutlich<br />

erholen, um von März bis Mai 2002 neue Zwischenhochs auszubilden. Die folgende Abwärtsbewegung, in der die<br />

mittelfristigen Hochs und Tiefs bei allen Papieren zu einem nahezu gleichen Zeitpunkt ausgebildet wurden, führte<br />

bei allen Aktien auf ein neues Tief. Nach einer Erholung fällt die Aktie von Volkswagen seit Januar 2004 aus der<br />

Korrelation, DaimlerChrysler und BMW bewegen sich aber weiter im Einklang. Die Ausdehnung der jeweiligen<br />

Auf- und Abwärtsbewegungen ist bei allen Aktien unterschiedlich. Während DaimlerChrysler sich nach dem Tief<br />

von 2001 um 104% erholen konnte, stieg die Aktie von BMW sogar um über 120% an. Beide Aktien verloren<br />

96


anschliessend wieder rund 57% an Wert. Die Tendenz der Bewegungen ist hingegen bei allen Aktien sehr ähnlich.<br />

Gehen Sie nun eine Tradingposition aufgrund eines vorliegenden Trade-Set-ups in einer dieser Aktien ein, legen<br />

Sie ein Stop-Loss fest und ermitteln den Kapitaleinsatz, der möglich ist, um das von Ihnen festgelegte Verlustrisiko<br />

in Bezug zum Gesamtkapital nicht zu überschreiten. Eine weitere Tradingposition in diesem Sektor kann dann<br />

aber zum selben Zeitpunkt nicht mehr eingegangen werden. Wenn Sie zum gleichen Zeitpunkt die Aktie von<br />

DaimlerChrysler und die Aktie von Volkswagen mit einem jeweils ähnlich hohen kalkulierten Verlustrisiko kaufen<br />

würden, verdoppelt sich das Risiko sofort. Im Tradingkonto dürfte sich ein solcher Trade in der Summe wie ein<br />

einzelner Trade bei erhöhtem Verlustrisiko verhalten. Das Risiko für den Kapitalerhalt im Falle einer solchen Position<br />

wurde bereits genannt. Wenn Sie sich aufgrund eines vorliegenden Trade-Set-ups in diesem Sektor positionieren<br />

wollen, bieten sich mehrere Möglichkeiten.<br />

Tradingpositionen werden in mehreren Aktien eingegangen, der Kapitalansatz wird aber für jede Aktie so<br />

herabgesetzt, dass das Gesamtrisiko dieser Positionen das maximal kalkulierte Risiko einer Einzelposition nicht<br />

übersteigt. Der Kapitaleinsatz wird beispielsweise bei einem Kauf von zwei Aktien so angepasst, dass in jeder<br />

Aktienposition nur 0,5% des Tradingkapitals riskiert werden. Es erfolgt der Aufbau einer Tradingposition mit der<br />

vollen Positionsgrösse zunächst nur in einer Aktie. Läuft diese in den Gewinn, kann das schützende Stop-Loss<br />

zur Absicherung nachgezogen werden. Jetzt ist der Aufbau einer weiteren Position in einer korrelierenden Aktie<br />

möglich, wobei das Gesamtrisiko der beiden Positionen das Risiko einer Einzelposition dann nicht mehr übersteigt.<br />

Bei weiteren geplanten Positionen in korrelierenden Aktien oder Märkten wird wie zuvor verfahren. Eine neue<br />

Position wird erst dann hinzugekauft, wenn die bestehenden Positionen so abgesichert werden können, dass das<br />

Risiko insgesamt nicht über das Einzelrisiko steigt. Neben der Möglichkeit, das Stop-Loss nachzuziehen, können<br />

Sie auch Gewinne bei zuerst eingegangenen Positionen realisieren, um in andere Positionen aus diesem Sektor<br />

einzusteigen. Es ist aber nicht notwendig, nur eine Tradingposition innerhalb des eigenen Depots aufzubauen.<br />

Sofern das Tradingkapital auf mehrere, nicht direkt korrelierende Märkte verteilt wird, kann das Gesamtrisiko<br />

natürlich deutlich erhöht werden. Beispielsweise können Sie innerhalb des Aktienmarktes bei einer erwarteten<br />

Rallye eine der relativ stärksten Aktien aus dem Automobilsektor, aus dem Finanzsektor, dem Pharma-, dem<br />

Biotech- und dem Halbleitersektor aufbauen. Vorausgesetzt, es liegt auch in der entsprechenden Einzelaktie ein<br />

günstiges Set-up vor. Wenn der Markt sich nicht wie erwartet positiv entwickelt, sondern anschliessend stark<br />

einbricht, werden sich dem ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die stärksten Aktien nicht mehr entziehen<br />

können. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass alle Sektoren gleich stark unter Druck geraten. Es bietet sich<br />

beispielsweise gerade im Pharmasektor häufig eine positive Performance, wenn der Gesamtmarkt negativ tendiert.<br />

Dies bedeutet natürlich auch, dass bei steigendem Markt nicht zwingend alle eingegangenen Positionen steigen<br />

werden. Haben Sie aber günstige charttechnische Set-ups genutzt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, insgesamt<br />

eine positive Performance zu erreichen. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit einer weiteren Streuung der<br />

Positionierung auf gänzlich nicht korrelierende Märkte. Eine weitere Position kann in den Rohstoffmärkten,<br />

eine weitere in einem bestimmten Währungspaar aufgebaut werden. Insgesamt sollten sich die verschiedenen<br />

Positionen bei jeweils günstigem Einzel-Set-up gegenseitig stützen können. Gewinne im Devisenmarkt<br />

können dann gegebenenfalls Verluste aus Aktienpositionen auffangen, sodass das Gesamtrisiko und auch die<br />

Schwankung des Tradingkontos gedämpft werden. Auch dieser Fall bedingt allerdings ein Festhalten an den<br />

grundsätzlichen Kriterien, Trades möglichst nur bei einem Chance-Risiko-Verhältnis von wenigstens zwei und einem<br />

Einzelpositionsrisiko nicht weit oberhalb von 1% einzugehen.<br />

3.6.4 Gesamtrisiko des Portfolios<br />

Sicherheit, das ist Risikomanagement. Sicherheit, das ist Money Management.<br />

Die Tatsache, dass nur 1% des Depotkapitals je Position riskiert werden soll, bedeutet nicht, dass das Risiko<br />

insgesamt nicht höher gewählt werden kann. Als Faustregel kann gelten, dass das Depot insgesamt keinem<br />

höheren Risiko als 10% des Gesamtkapitals ausgesetzt wird. Dies gewährleistet, dass auch bei unvorhergesehenen<br />

Ereignissen der Verlust in einer Dimension bleibt, welche anschliessend wieder durch das Trading kompensiert<br />

werden kann. Kommt es zu einem Drawdown von 10%, dann sind 11% anschliessend nötig, um das<br />

Ausgangskapital wieder zu erreichen.<br />

Zu beachten ist aber, dass das Risiko einer Tradingposition höher ausfallen kann, als es bis zum Punkt des Stop-Loss<br />

der Fall ist. Dies ist dann der Fall, wenn es zu einem unerwarteten Ereignis über Nacht kommt, welches in einem<br />

grossen Gap (Kurslücke) resultiert. Ein solches Gap kann deutlich ausserhalb einer Stop-Loss-Schwelle liegen. Ein<br />

solches Gap ist unvorhersehbar und kann auch in jeder Grössenordnung auftauchen.<br />

97


Riskiert der Trader nun beispielsweise innerhalb von zehn Positionen jeweils 1%, dann läge das Gesamtrisiko mit<br />

10% im Rahmen, angenommen, der Stop-Loss-Punkt liegt jeweils 5% unter dem Einstiegskurs. Das bedeutet,<br />

bewegen sich alle Trades 5% entgegen der Erwartung, dann kommt es zum maximalen Verlust von 10% auf<br />

das Gesamtkapital. Kommt es nun aber beispielsweise durch einen Quartalsbericht bei einer Aktie zu einem<br />

Gap von 50% am Folgetag, dies wäre sehr viel, ist aber nicht unrealistisch, dann würde diese Position die 50%<br />

/ 5% = zehnfach Spanne ausserhalb des Stop-Loss eröffnen. Dies bedeutet dann auch einen Verlust, welcher<br />

zehnfach so hoch ist wie im Vorfeld riskiert. Der Trader verliert also nicht nur 1% in diese Positionen, sondern<br />

gleich 10% auf das Gesamtkapital. Neun Positionen, welche jeweils ein Risiko von 1% besitzen, laufen dann aber<br />

noch weiter, sodass das Gesamtrisiko für den maximalen aktuellen Drawdown auf 19% ansteigt. Es bietet sich<br />

deshalb an, das offene Risiko der laufenden Positionen nicht über 5% anwachsen zu lassen. Bei extremen Gaps<br />

in Ausnahmesituationen lassen sich dann Verluste oberhalb von 10% des Depotkapitals nicht ausschliessen, die<br />

Wahrscheinlichkeit dafür sinkt aber bereits deutlich.<br />

Ungünstig ist das Ausschöpfen des vollen Risikos auch, sofern der Grossteil der laufenden Positionen im<br />

selben Markt eröffnet wird. Werden beispielsweise zehn Aktienpositionen in derselben Traderichtung mit einem<br />

Risiko von jeweils 1% eingegangen, dann liegt das Gesamtrisiko bei 10%. Kommt es dann innerhalb des<br />

Gesamtmarktes zu einer starken Kursreaktion entgegen der Traderichtung, dann werden sehr wahrscheinlich<br />

fast alle Tradingpositionen in die Verlustrichtung laufen. Das maximal akzeptierte Risiko von 10% kann dann<br />

innerhalb eines einzigen starken Schubes innerhalb des Gesamtmarktes bereits ausgeschöpft werden. Wird das<br />

Risiko hingegen begrenzt auf einen Gesamtwert von 5%, dann wird dieses auch bei einer unerwartet starken<br />

Marktbewegung in der «falschen» Richtung nicht zu einem grösseren Verlust als 5% führen. In diesem Fall kann<br />

der Trader in Ruhe eine Neueinschätzung des Marktes vornehmen oder die aktuelle Tradingstrategie überdenken,<br />

ohne bereits den maximal akzeptierten Drawdown ausgeschöpft zu haben.<br />

Die Grösse des bewegten Kapitals darf nicht ausser Acht gelassen werden, auch wenn die Grösse einer Position<br />

über das Risiko je Trade bestimmt wird. Zu beachten ist dies vor allem bei engen Stop-Loss-Niveaus. Innerhalb<br />

der ersten Beispielrechnung unter Punkt 3 wurde von einem Stop-Loss-Niveau ausgegangen, welches 3% vom<br />

Einstiegskurs entfernt gewählt wurde bei einem Risiko für die Position von 1%. Es wurde errechnet, dass dabei<br />

2700 Euro oder 27% des Depotkapitals bewegt werden konnten. Handelt es sich dabei um eine Aktienposition,<br />

dann ist der Grenzbereich für die Positionsgrösse in diesem Fall schon erreicht. Als Faustregel lässt sich festhalten,<br />

dass nicht mehr als 25–30% des verfügbaren Kapitals in einer Tradingposition bewegt werden sollte. Der Grund<br />

dafür ist wieder das Risiko eines Gaps. Während innerhalb des offiziellen Handels ein Stop-Loss vor grösseren<br />

Verlusten schützt, und so auch grosse Tradingpositionen bei klar definiertem Risiko geschlossen werden können,<br />

ist dies ausserhalb der Handelszeiten nicht der Fall. Eine Positionsgrösse, welche 25% des verfügbaren Kapitals<br />

bewegt, bedeutet auch bei einem Gap von 50% am Folgetag einen Verlust von maximal 12,5%. Ein Gap in der<br />

Grössenordnung von 50% ist zwar ein seltener Fall, aber nie auszuschliessen. Wird nun das Stop-Loss aus dem<br />

vorgenannten Beispiel auf 99 Euro angehoben, dann ergibt sich das folgende Szenario.<br />

Riskiert wird 1% vom Depotkapital, also 100 Euro. In einer Aktie werden 100,00 − 99,00 = 1 Euro riskiert. Mit<br />

einem Anteil von 0,70 Euro für Kosten und Slippage liegt das Risiko bei 1,70 Euro. 100,000 / 1,70 = 58 Stücke<br />

können in diesem Fall gekauft werden. Bewegt wird mit dieser Position ein Wert von 58 × 100,00 Euro = 5800<br />

Euro oder 58% des verfügbaren Kapitals. Kommt es jetzt zu einem extremen Gap von 50%, dann werden<br />

über Nacht 2900 Euro verloren. 29% beträgt der Drawdown dann bereits durch nur eine Position. Ein solcher<br />

Drawdown ist nicht mehr akzeptabel. Die Konsequenz daraus lautet, dass das Risiko für die Position reduziert<br />

werden muss. In diesem Fall wird andersherum gerechnet. Maximal 25% des Depotwertes sollen bewegt<br />

werden, was 2500 Euro entspricht. Der Trader kann also nur 25 Stücke kaufen. Bei einem Risiko je Stück von 1,70<br />

Euro ermittelt sich ein Risiko für diese Position auf 42,50 Euro oder rund 0,43%. Wie hoch dieser tatsächliche<br />

Wert ist, das ist letztlich nicht entscheidend. Wichtig ist es vor allem, dass das Risiko für ein unerwartet grosses Gap<br />

auch für das Gesamtkapital tragbar ist.<br />

3.6.5 Risikodefinition von Einzelpositionen<br />

Bevor eine Tradingposition eröffnet wird, ist es entscheidend, das eingegangene Risiko klar abzugrenzen und<br />

festzulegen. Dies geschieht durch das Setzen eines Stop-Loss für die Position. Der Punkt für das Stop-Loss kann<br />

aufgrund der charttechnischen Situation festgelegt werden, bei einer Longposition beispielsweise unterhalb des<br />

98


letzten Minor-Low, oder auch an einer statistisch ermittelten Entfernung zum Einstiegspunkt festgemacht werden.<br />

Entscheidend ist für das Trading mittelfristig, dass ein solches Stop-Loss existiert. Ohne einen Punkt, der den Trader<br />

zum Aussteigen zwingt, sofern die Position nicht in die erwartete Richtung läuft, sind auf Dauer hohe Verluste<br />

unvermeidlich.<br />

Ob dieses Stop-Loss nur gedanklich gesetzt wird, um bei einem bestimmten Kursniveau die Position dann manuell<br />

glattzustellen, oder ob dieses fest beim Broker als Order platziert wird, ist von Trader zu Trader unterschiedlich.<br />

Ein festes Stop-Loss bietet natürlich den Nachteil, dass bei einer kleinen Intradaybewegung die Position ungünstig<br />

verlassen wird, nur um anschliessend zu sehen, dass der Trade dann doch wie favorisiert anläuft. Solche Bären- oder<br />

Bullenfallen an markanten Kursniveaus sind letztlich nie zu vermeiden. Das ist dann aber auch schon der einzige<br />

Vorteil eines nicht fest als Order platzierten Stopps.<br />

Genau genommen ist dieser Vorteil bei einem mental gesetzten Stop-Loss auch gar nicht vorhanden. Der Trader<br />

müsste eigentlich auch manuell an dem vorher definierten Punkt glattgestellt haben, an dem die direkt platzierte<br />

Order zum Ausstieg zwang. War das nicht der Fall, dann kommt es bei einer möglichen Bären- oder Bullenfalle<br />

zwar nicht zur Auflösung der Position, dies spricht aber eher für mangelnde Disziplin des Traders, welcher sich<br />

nicht an den Tradingplan gehalten hat. Vor allem aber führt ein mental gesetztes Stop-Loss irgendwann, vor<br />

allem bei schnellen dynamischen Bewegungen durch das Stop-Niveau, zu grösseren Problemen. Wenn es dadurch<br />

dazu kommt, dass plötzlich höhere Verluste auflaufen, als vorher akzeptiert werden, dann kann der Trader in die<br />

psychologische Falle geraten, den Verlusten beim Grösserwerden zuzusehen. Dies ist besonders bei gehebeltem<br />

Trading für das Depot eine bedrohliche Situation und hat den Effekt, als würde von vornherein kein Stop-Loss<br />

existieren.<br />

Es lässt sich also nur Money Management und Risikomanagement innerhalb des Tradings umsetzen, wenn der<br />

Trader in der Lage ist, ein Stopp-Niveau für seine Position im Vorfeld festzulegen und sich auch daran zu halten.<br />

Darauf basierend lässt sich dann für ein realistisches Kursziel das Chance-Risiko-Potenzial ermitteln, um zu<br />

entscheiden, ob die Position überhaupt eingegangen werden sollte. Über die Spanne zwischen Einstiegspunkt<br />

und Stop-Loss kann dann letztlich das zu bewegende Kapital, die Anzahl der zu handelnden Stücke, bestimmt<br />

werden. Hierbei wird das Risiko einer einzelnen Aktie oder eines einzelnen Kontraktres vom Einstiegspunkt bis zum<br />

Stop-Loss ermittelt. Die durch das Depotkapital gegebene und davon riskierte Kapitalgrösse wird dann durch das<br />

Einzelrisiko dividiert und der Trader erhält die Stückzahl, die in diesem Trade gehandelt werden kann.<br />

3.6.6 Berücksichtigung von Gaps/Slippage<br />

Wie bereits unter den vorangegangenen Punkten mehrfach beschrieben, sollte zur Eingrenzung des Risikos bedacht<br />

werden, dass es jederzeit zu einem Gap, einer Kurslücke gegenüber dem Vortag, kommen kann. Solche Gaps<br />

lassen sich im Vorfeld nicht einkalkulieren. In der nachfolgenden Abbildung ist die Aktie von Research in Motion<br />

dargestellt. Erkennbar ist hier in einem Zeitraum von nur sechs Monaten eine Reihe von nicht unerheblichen Gaps.<br />

Um solche Gaps beim Trading zu vermeiden, bietet es sich an, Positionen nicht über den Quartalsbericht hinaus<br />

zu halten oder zumindest zu diesem Zeitpunkt zu reduzieren. Wie das Beispiel zeigt, kam es aber ausserhalb der<br />

Quartalsberichte ebenfalls zu deutlichen Kurslücken.<br />

99


Das Problem, welches diese Kurslücken darstellen, ist, dass der Trader keine Möglichkeit hat, darauf zu reagieren.<br />

Hätte beispielsweise bei Research in Motion eine Shortposition Anfang Oktober bestanden, dann wäre das Stop-<br />

Loss sicherlich über dem September-Kurshoch bei 101 US-Dollar platziert worden. Darauf basiert dann auch die<br />

Berechnung des Risikos, somit die Höhe des Kapitaleinsatzes. Der Trader hatte dann aber mit einem Gap-up auf<br />

108 US-Dollar nicht die Möglichkeit, diese Tradingposition zum Stopp-Kurs zu verlassen. Erst der Ausstieg zu 108<br />

US-Dollar wäre möglich gewesen. Dies stellt eine nicht unerhebliche Erhöhung des Kursverlustes einer einzelnen<br />

Position dar.<br />

Anhand eines Rechenbeispiels an diesem Fall lässt sich das sehr gut verdeutlichen. Eingegangen wurde eine<br />

Shortposition nach einem Hoch bei 101 US-Dollar. Der Einstieg erfolgte zu 97 US-Dollar mit einem Kapitalrisiko von<br />

1% gegenüber dem Depot. Dieses Kapitalrisiko basiert auf einer Entfernung des Einstieges zum Stop-Loss von 4<br />

US-Dollar. Der Ausstieg konnte nun aber nur zu 108 US-Dollar erfolgen. Damit kommt es nicht zu einem Verlust<br />

von 4 US-Dollar, dieser erhöht sich auf 108 − 97 = 11 US-Dollar. Der Verlust im Bezug zum Depot beträgt dann also<br />

11 US-Dollar / 4 US-Dollar = das 2,75 fache des vorher kalkulierten Verlustes.<br />

Zu bedenken ist, dass Gaps noch deutlich grösser ausfallen können. Wenn dann noch eine Tradingposition besteht,<br />

die aufgrund eines sehr engen Stop-Loss gegenüber dem Einstieg eine sehr hohe Kapitalgewichtung hat, dann<br />

können im ungünstigen Fall auch 10% des Depotkapitals und mehr verloren werden. Dies sollte bei der Positionsgrösse<br />

in jedem Fall zusätzlich berücksichtigt werden. Eine Position darf deshalb nicht grösser gewählt werden als<br />

maximal 25% des Depotwertes, wenn dieser Trade über Nacht gehalten werden soll. Da zwangsläufig ein Gap zu<br />

irgendeinem Zeitpunkt beim Trading Over Night auftauchen wird, bietet es sich an, dafür einen kleinen Prozentsatz<br />

des Risikos von vornherein zu reservieren. Einen guten Wert dafür stellt die Grössenordnung von 0,2% je Trade dar.<br />

Neben diesem Risiko hat der Trader in jedem Fall Transaktionskosten zu tragen, welche in ihrer Höhe vom Broker<br />

abhängen. Darüber hinaus ist es nicht gesichert, dass die tatsächliche Ausführung einer Order dem Wert entspricht,<br />

welcher idealisiert durch das Trading-Set-up gegeben ist. Für diesen Anteil an Slippage und Transaktionskosten<br />

bietet es sich an, nochmals 0,3% zu reservieren. Dadurch kommt es letztlich zu einer Vergrösserung des zu<br />

kalkulierenden Risikos und zu einer Verschiebung des Chance/Risiko-Potenzials in die ungünstige Richtung.<br />

Wie stellt sich die Berechnung der Positionsgrösse unter Berücksichtigung der benannten Risikofaktoren nun<br />

endgültig dar? Dazu bietet es sich an, das ursprüngliche Beispiel zur Berechnung der Grösse einer Position noch<br />

einmal zu konkretisieren. Angenommen werden wieder ein Depotkapital von 10 000 Euro und ein Risiko für die<br />

Position von 1%, was 100 Euro entspricht. Der Einstieg soll bei 100 Euro erfolgen und das Stop-Loss wird bei<br />

97 Euro gesetzt bei einem Kursziel von 10 Euro. Das Einzelrisiko für den Trade liegt bei 100 − 97 = 3 Euro. Hinzu<br />

kommen nun 0,2% (0,20 Euro) für das allgemeine Gap-Risiko und 0,3% (0,30 Euro) für Transaktionskosten<br />

und Slippage. Beides bezogen auf den Einstiegskurs. Damit erhöht sich das Risiko für eine einzelne Aktie auf<br />

3,00 + 0,20 + 0,30 = 3,50 Euro. Gekauft werden können entsprechend 100,00/3,50 = 28 Stücke. Ein Kapital von<br />

anfänglich 2800 Euro wird bewegt. Das Chance-Risiko-Verhältnis liegt somit bei 10,00/3,50 = 2,85 und kann als<br />

günstig angesehen werden.<br />

Selbstverständlich ist nicht bei jedem Trade ein Gap zu erwarten. Es ist jedoch unvermeidlich, mit einem Gap<br />

auf absehbare Zeit konfrontiert zu werden. Deshalb wird das Risiko eines Gaps auf jede Tradingposition auf der<br />

Risikoseite bereits im Vorfeld aufgeteilt. Ist das Chance/Risiko-Verhältnis auch dann noch günstig, oberhalb von 2,0,<br />

dann kann die Position eingegangen werden.<br />

3.6.7 Diversifizierung<br />

Eine der wesentlichen Anlagestrategien, sofern es nicht nur um Intradayhandel oder kurzfristig orientiertes<br />

Swingtrading geht, ist die Diversifizierung.<br />

Wie bereits beschrieben, kommt es bei einer Reihe von Basiswerten zu einer Korrelation. Aktien eines Sektors<br />

bewegen sich kurzfristig, mehr oder weniger stark ausgeprägt, in derselben Richtung. Auch innerhalb des<br />

Gesamtmarktes sind Korrelationen vorhanden. Fällt beispielsweise der Dow Jones stark zurück, dann fällt auch der<br />

DAX und umgekehrt. Der Preis für Silber entwickelt sich tendenziell so, wie der <strong>Gold</strong>preis und die <strong>Gold</strong>minenaktien<br />

steigen, auch besonders dann, wenn es im <strong>Gold</strong>preis zu einem starken Anstieg kommt. Eine Korrelation gab es in<br />

den vergangenen Jahren auch beispielsweise zwischen dem Währungspaar Euro gegenüber dem US-Dollar und<br />

<strong>Gold</strong> sowie dem Währungspaar Euro gegenüber dem japanischen Yen und dem Dow Jones.<br />

100


Was bedeutet das für den Handel?<br />

Wenn mehrere Tradingpositionen eröffnet werden, sollten diese auf die bereits bestehenden Positionen jeweils<br />

abgestimmt werden. Hält der Trader beispielsweise eine oder zwei Tradingpositionen in <strong>Gold</strong>aktien, welche bis<br />

zum Stop-Loss noch jeweils ein Risiko von 1% aufweisen, dann kann keine weitere Position in diesem Sektor<br />

eröffnet werden. Auch dann nicht, wenn sich bei der zuletzt betrachteten Position ein klares Chartbild für einen<br />

Einstieg bietet. Es muss gewartet werden, bis die bestehenden Positionen so weit durch das Nachziehen von<br />

Stopps abgesichert werden können, dass das Risiko insgesamt wieder unter dem maximal akzeptierten Risiko<br />

liegt. Ist dann ein weiterer Positionsaufbau im gleichen Sektor möglich aufgrund eines sich bietenden Chart-Setups,<br />

dann kann eine neue Position hinzugekauft werden. Diese Vorgehensweise ist trendfolgend und führt dazu,<br />

dass an einem sich etablierenden Trend in zunehmendem Masse partizipiert wird. Dadurch kommt es zu einer<br />

Erhöhung der Gewichtung nur dann, wenn der Trend anhält und Positionen in den Gewinn laufen. Dreht der Trend<br />

hingegen, und die zuerst in einem Sektor eröffneten Positionen laufen nicht in den Gewinn, dann sind die daraus<br />

resultierenden Verluste begrenzt aufgrund der zunächst geringeren Gewichtung.<br />

Auch innerhalb des Marktes bietet die Methode nacheinander aufgebauter Positionen insgesamt einen<br />

Vorteil. Darüber hinaus lässt sich das Risiko dann noch auf mehrere Sektoren aufteilen. Wird eine allgemeine<br />

Aufwärtsbewegung innerhalb des Technologiesektors erwartet, dann können beispielsweise zunächst zwei<br />

Positionen im Internet- und Softwaresektor in relativ starken Aktien eröffnet werden. Laufen diese an, dann kommt<br />

eine weitere Position im Computersektor hinzu und wenn diese in den Gewinn läuft, dann wird eine weitere<br />

Tradingposition im Telekomsektor eröffnet. So lässt sich das Risiko auf mehrere Positionen aufteilen. Der Trader<br />

läuft damit nicht Gefahr, auf dem Sektor festzusitzen, der gerade nicht mitläuft. Darüber hinaus erfolgt wieder<br />

ein stückweiser Einstieg, sodass das Risiko konstant, die Gewichtung bei etabliertem Trend aber grösser wird. Die<br />

Partizipation an der erwarteten Bewegung ist dadurch dann aber keinesfalls eingeschränkt.<br />

3.6.8 Trading Strategie – die «3:1-Regel»<br />

Wenn Sie den DAX regelmässig gehebelt traden, sollten Sie sich einige funktionierende Strategien erarbeiten.<br />

Die Strategien können vielfältiger Art sein. Sie können von Formationen, Trends und Trendkanälen abgeleitet<br />

werden, anhand der Volatilität erarbeitet werden oder beispielsweise durch eine Kombination von Indikatoren<br />

und/oder gleitenden Durchschnitten generiert werden. Aber auch eine reine Ableitung bezogen auf die<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gewinn- oder Verlustfalls ist denkbar. Darum soll es im Folgenden gehen.<br />

Erläutert wird die sogenannte «3:1-Regel». Die «3:1-Regel» ist eine reine «Money-Management-Strategie. Sie<br />

bezieht sich zunächst darauf, dass Sie als Trader ohne weitere Hinzunahme von Entscheidungskriterien eine<br />

statistische 50:50-Chance haben, einen Gewinn oder einen Verlust zu erzielen. Diese 50:50-Chance lässt sich durch<br />

versierten Einsatz charttechnischer Methoden unter Umständen verbessern auf ein Verhältnis von 60:40, viel mehr<br />

ist nicht drin. Bleiben wir bei der wahrscheinlicheren Version, dass jeder zweite. Trade einen Gewinn erwirtschaftet<br />

von beispielsweise +10% und der Folgetrade jeweils in einem typischen −10%-Stopp endet, so ergibt sich eine<br />

unbefriedigende Kapitalkurve für das Depot. Die Kapitalkurve geht im Zickzack hin und her und ein nachhaltiger<br />

Kapitalzuwachs ist nur schwer möglich. Durch die Transaktionskosten und weitere Abzüge würde die Kapitalkurve<br />

sogar Stück für Stück ins Minus abdriften (siehe Grafik 1).<br />

101


Den wirklich grossen Schritt in die gewünschte Richtung machen Sie erst mit dem Zusatz der «3:1-Regel»! Hierbei<br />

gehen Sie nur Positionen ein, bei denen das von Ihnen ermittelte Kursziel mindestens dreimal so weit entfernt<br />

ist wie das sinnvolle Stopplevel. Da im ersten Abschnitt von einem −10%-Stopp ausgegangen wurde, ist somit<br />

mindestens ein +30%-Ziel anzustreben. Konstellationen, bei denen dieses Verhältnis nicht erreicht wird, lassen<br />

Sie einfach weg, auch wenn es schwerfällt. Suchen Sie beispielsweise im DAX ein 60-Punkte-Ziel bei einem<br />

zu erwartenden 20-Punkte-Risiko oder eine 90-Punkte-Chance bei einem 30-Punkte-Stopp. Nur wenn diese<br />

«3:1»-Bedingung erfüllt ist, lassen Sie sich auf einen Trade ein. Dies hat nun umgehend folgenden Vorteil: Sie<br />

müssen bei dieser Vorgehensweise nur einen von vier Trades an das Gewinnziel führen und Ihr Depot wäre bereits<br />

in der Waage. Statistisch dürften Sie aber Chancen haben sogar bei jedem zweiten Trade zu gewinnen. Sie erinnern<br />

sich (siehe oben). Was passiert nun mit der Kapitalkurve? Sehen Sie selbst, die Kapitalkurve legt systematisch zu,<br />

selbst wenn unterstellt wird, dass es zwischenzeitlich sogar mal eine doppelte «Flaute» gibt.<br />

Um diesen Effekt zu erzielen, müssen Sie natürlich eine nicht ganz einfache Bedingung einhalten: Sie dürfen Trades<br />

im Gewinnfall nicht vorzeitig schliessen, sondern ausschliesslich am +30%-Ziel oder am −10%-Stopp in den Trade<br />

eingreifen. Psychologisch gesehen, ist das in der Praxis nicht leicht, aber dennoch zwingend notwendig.<br />

Fazit: Wenn Sie über dieses einfache Prinzip in Ruhe nachdenken und es verinnerlichen, haben Sie gute bzw.<br />

verbesserte Chancen, Ihren Depotwert nachhaltig zu steigern.<br />

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Die Inhalte dieses Dokuments basieren zum grössten Teil auf Dokumenten, die von BörseGO (www.boerse-go.de) erarbeitet wurden.<br />

Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen (mit Ausnahme der Kapitel 1 und 2), und insbesondere die Definitionen der Chartmuster<br />

und Kerzenformationen, werden der <strong>UBS</strong> AG von der BörseGo AG, einer mit der <strong>UBS</strong> AG in keiner Hinsicht verbundenen, unabhängigen dritten<br />

Partei, zur Verfügung gestellt. Die BörseGo AG ist eine nach deutschem Recht gegründete Aktiengesellschaft, die keiner prudentiellen Aufsicht<br />

untersteht. Die Informationen wurden von der <strong>UBS</strong> AG nicht selber verifiziert, und dementsprechend gibt die <strong>UBS</strong> AG keine Gewährleistungen,<br />

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