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GruenAchse-Stadtplatz-Kunstpro... - Ackermannbogen

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(3) Zwischenräume zwischen Lebenspraxis und ästhetischer Erfahrung<br />

Das Neubau-Quartier am <strong>Ackermannbogen</strong> wäre insofern vor allem als ‘Zwischenraum’ zu denken:<br />

ein ‘Zwischenraum’, der zum ‘Ort’ wird, indem er sich als solcher von der Umgebung abhebt. In diesem<br />

‘Zwischenraum’ kann - zunächst im Rahmen einer Grundgestaltung des gesamten Areals durch einen<br />

Künstler - „alles“ zum Material eines bildnerischen Prozesses werden (die Beuys’sche Formel: „Plastik =<br />

Alles“): Baukörper, Fassaden und andere architektonische Elemente, Plätze, Wege und Grünflächen,<br />

Öko-Design-Module, natürliches und künstliches Licht, Elemente wie Erde und Wasser, überhaupt die<br />

Natur als Wahrnehmungselement, das nicht mehr nur Dekoration ist, sondern als Wachsendes, Sich-<br />

Veränderndes auf sich selbst verweist, in ihrem Eigenwert anschaulich wird als Phänomen der<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Die Rahmen-Gestaltung sollte genügend Haltepunkte für das Auge bieten, um immer wieder visuelle<br />

‘Zwischenräume’ zwischen einer lebenspraktisch-funktionalen Einstellung und ästhetischer Erfahrung zu<br />

eröffnen, sollte jedoch auch Frei- und Spielräume lassen für Neues und Spontanes, realisiert durch<br />

andere Künstler und/oder die Bewohner. Die Materialität von Alltagsphänomenen - als Teil eines<br />

komplexen Wahrnehmungszusammenhanges können sie den Umschlag in einen anderen<br />

Wirklichkeitsbezug provozieren, der in Aneignung im anspruchsvollen Sinn übergeht.<br />

(4) Spuren von Kontexten visualisieren<br />

Die ‘Ästhetisierung’ eines ‘Materials’, das vordem ‘unsichtbar’ blieb und übersehen wurde (etwa auch<br />

die Materialität der Baustoffe der Architektur), ist das eine Moment einer Kunst, die sich dem<br />

traditionellen Kommunikationsmodell widersetzt. Das andere ist ein verändertes Verständnis des<br />

Produzenten, der nicht mehr als der autonome Sinnproduzent erscheint, sondern sich einläßt auf<br />

Kontexte. Kunst erweist sich selbst als eine Form von Interpretation, die sich im Falle der Kunst im<br />

öffentlichen Raum vielfach als Dekonstruktion des semantischen Umfeldes darstellt.<br />

Für das Stadtviertel am <strong>Ackermannbogen</strong> sind hier zwei Bezugsbereiche hervorzuheben: zum einen die<br />

Kulturlandschaft des Olympia-Geländes, das mit organischen Formen einen ‘kommunikativen’ Umgang<br />

mit der Natur realisiert; zum anderen das Kasernen-Thema, mit dem ein ganz anderes Formenpotential für<br />

eine dekonstruktive künstlerische Verfahrensweise erschließbar wird. Bei beiden Themen handelt es sich<br />

gewissermaßen um visuelle Schichten neben anderen - Spuren der Vergangenheit und Nah-<br />

Vergangenheit, die sich zeigen und verbergen in einem Spiel von optischer Oberfläche und Bedeutung.<br />

Der Begriff der Spur erweist sich als produktiv, um eine Form von Rezeption zu beschreiben, bei der ein<br />

aktiver Rezipient (ein Bewohner, ein Spaziergänger) seinen eigenen ‘Ort’ imaginiert, indem er visuelle<br />

Spuren mit individuellem Blick besetzt.<br />

Im Hinblick auf die Konstruktion einer alternativen Form von Öffentlichkeit (als Ziel von neuen<br />

Wohnprojekten) ließe sich so ein öffentlicher Raum denken, der im Umgang mit einer Vielfalt von Spuren<br />

stets ‘medial’ vermittelt bleibt (im Unterschied etwa zur auratischen Inszenierung des öffentlichen Raums<br />

durch die Nationalsozialisten, die auf die Herstellung von Unmittelbarkeit in einer Gemeinschaft zielt).<br />

(5) Lebensraum in Wechselwirkung zum ästhetischen Raum<br />

Öffentlicher Raum als ästhetisch gestalteter ‘Zwischenraum’ würde sich abheben als eine Art „Gegen-<br />

Umwelt“ (McLuhan), die im positiven Fall die Atmosphäre für einen Lebensraum schafft, der zugleich<br />

gemeinsamer Handlungsraum ist. Ein atmosphärischer Raum für gemeinschaftliches Wohnen entstünde<br />

gerade auch durch einen Handlungszusammenhang, mit dem die individuelle Aneignung des Ortes<br />

sich in gemeinsamen Veranstaltungen und Aktionen - etwa auch Formen von Beteiligungsästhetik –<br />

fortsetzt.<br />

Gebaute und gestaltete Umwelt wäre in diesem Fall nicht nur die ‘Bühne des Lebens’, vielmehr würde sich<br />

die Alltagspraxis selbst als eine Form von ‘Aufführung’ darstellen – eine kommunikative Praxis, mit der sich<br />

eine Gruppen-Identität bildet, indem ein kultureller Ort geschaffen wird. Ein Neubau-Areal als<br />

‘Zwischenraum’: als immer wieder neu zu entwerfender Lebens- und Handlungsraum zwischen<br />

Alltagserfahrung und ästhetischer Erfahrung. So könnte die avancierte künstlerische Gestaltung des<br />

Neubau-Quartiers am <strong>Ackermannbogen</strong> die produktive Form für eine alternative Lebensform sein - und<br />

damit eine Voraussetzung dafür, den Anspruch selbstorganisierter Wohnprojekte „nachhaltig“ einzulösen.<br />

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