„Die Dämme sind brutal aufgeweicht“ - Aiterhofen
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20 LANDKREIS STRAUBING-BOGEN Mittwoch, 5. Juni 2013<br />
Ein Großaufgebot an Feuerwehrleuten war am Donaudamm zwischen Ainbrach und Hermannsdorf im Einsatz. Dort ist einer der neuralgischen Punkte, an denen der Damm zu brechen droht.<br />
<strong>„Die</strong> <strong>Dämme</strong> <strong>sind</strong> <strong>brutal</strong> <strong>aufgeweicht“</strong><br />
Die Hochwasserlage spitzt sich zu: In fünf Gemeinden müssen in der Nacht Bürger evakuiert werden<br />
Von Rosemarie Vielreicher<br />
und Verena Lehner<br />
Straubing-Bogen. Der Dienstag<br />
brachte im Landkreis keinerlei<br />
Entspannung in der Hochwasserlage.<br />
Im Gegenteil: <strong>„Die</strong> Lage hat sich<br />
verschärft“, sagte Markus Mühlbauer,<br />
Pressesprecher des Landratsamtes<br />
am Dienstagnachmittag.<br />
Gegen 21 Uhr dann die Hiobsbotschaft:<br />
Teile der Gemeinden Parkstetten,<br />
<strong>Aiterhofen</strong>, Irlbach, Niederwinkling<br />
und Mariaposching müssen<br />
evakuiert werden. Die Bürger<br />
wurden aufgefordert, die gefährdeten<br />
Gebiete umgehend zu verlassen<br />
und sich in Notunterkünfte zu begeben.<br />
„Es war eine schwierige Entscheidung“,<br />
sagte Landrat Alfred<br />
Reisinger noch am späten Abend.<br />
Aber sie habe zur Sicherheit der<br />
Menschen getroffen werden müssen.<br />
Dienstag, 11 Uhr am Donaudamm<br />
zwischen Hermannsdorf und<br />
Ainbrach. Einige Feuerwehrleute<br />
gehen den Damm ab, andere schaufeln<br />
Kies und Schotter an die<br />
Dammwand. Die Situation ist kritisch,<br />
die Lage angespannt. Das ist<br />
nicht nur an den Gesichtern der<br />
Feuerwehrmänner zu sehen. Auch<br />
<strong>Aiterhofen</strong>s Bürgermeister Manfred<br />
Krä schaut besorgt auf die Dammkrone.<br />
„Wenn das Wasser über den<br />
Damm kommt, dann wird es dramatisch“,<br />
sagt er. Gerade einmal zwei<br />
Stunden hat er in der Nacht zum<br />
Dienstag geschlafen. Gegen drei<br />
Uhr morgens ist er nach Hause gekommen.<br />
Seit halb neun ist er wieder<br />
an der Donau, an dem neuralgischen<br />
Punkt zwischen den beiden<br />
Donauanrainer-Dörfern Ainbrach<br />
und Hermannsdorf. Den Einsatzkräften<br />
geht es nicht besser. Viele<br />
haben eine Nachtschicht hinter<br />
sich, haben Unmengen an Sandsäcken<br />
befüllt, aufgeschlichtet, umgeschlichtet<br />
und schließlich wieder<br />
aufgeschnitten, um den Sand lose<br />
an den Damm zu schaufeln. „Das<br />
alles zerrt natürlich an den Nerven“,<br />
sagt Krä.<br />
| Schon am Vormittag<br />
spitzte sich die Lage zu<br />
Und auch am Dienstagvormittag<br />
ist noch keine Entspannung der Situation<br />
absehbar. Im Gegenteil. Der<br />
Scheitelpunkt des Donauhochwassers<br />
ist noch nicht erreicht und der<br />
Damm weicht mehr und mehr auf.<br />
Lastwagen liefern Kies und Schotter<br />
an. Insgesamt 14 Kipper <strong>sind</strong> im<br />
Einsatz. „Aber das ist immer noch<br />
Mit Kies und Schotter wurde der Damm verstärkt. Kleinbagger und Lastwagen<br />
waren dazu im Dauereinsatz.<br />
Immer wieder gingen Feuerwehrleute zur Kontrolle den Damm ab.<br />
zu wenig. Die Situation spitzt sich<br />
mehr und mehr zu.“ Manfred Krä<br />
hat bereits Mitarbeiter des Gemeindebauhofes<br />
losgeschickt, um die Bewohner<br />
von Ainbrach über die aktuelle<br />
Situation zu informieren. Die<br />
Anwohner seien natürlich extrem<br />
besorgt. „Wir haben ihnen jetzt gesagt,<br />
dass sie vorsorglich alle Sachen<br />
in den ersten Stock bringen<br />
und sich auch auf eine eventuelle<br />
Evakuierung vorbereiten sollen.<br />
Nur, falls es tatsächlich zum Extremfall<br />
kommt.“<br />
Der Extremfall, das ist ein<br />
Dammbruch oder Wassereinbruch<br />
über die Dammkrone. „Wir können<br />
momentan nichts mehr ausschließen“,<br />
sagt Eugen Schedlbauer, der<br />
Leiter des Kreisbauhofes Ittling.<br />
Auch er ist vor Ort, um den Einsatz<br />
zur Dammverstärkung zu koordinieren.<br />
Kein leichtes Unterfangen.<br />
Unter dem Damm sickert bereits<br />
Wasser durch. „Aber das ist noch<br />
klares Wasser, da brauchen wir uns<br />
noch keine Sorgen machen“, erklärt<br />
Krä. „Ist das Wasser schlammig, haben<br />
wir ein Problem, dann ist der<br />
Damm beschädigt.“ Gegen Mittag<br />
ist es aber noch nicht so weit. „Wir<br />
warten jetzt. Wichtig ist nur, dass<br />
wir Ruhe bewahren, egal was passiert“,<br />
sagt der Bürgermeister.<br />
Nichts mehr ausschließen konnte<br />
gestern auch das Landratsamt. Die<br />
Hochwasserlage an der Donau sei<br />
weiterhin bedrohlich und „durchaus<br />
ernst“, bestätigte Mühlbauer<br />
am Nachmittag. Für die Nacht auf<br />
Mittwoch werde ein Höchststand<br />
des Wasserpegels in Straubing von<br />
knapp über acht Metern erwartet.<br />
Damit musste der Wert bereits<br />
mehrmals nach oben korrigiert werden.<br />
Am Montag wurde noch ein<br />
Höchststand zwischen 7,70 und 7,80<br />
Meter vorausgesagt. Zum Vergleich:<br />
Im Jahr 2002 lag der Höchststand<br />
bei 7,49 Meter in Straubing.<br />
| Prognose der Experten:<br />
Lage sehr, sehr ernst<br />
Die Prognose eines Pegels von<br />
über acht Metern von Seiten der Experten<br />
des Wasserwirtschaftsamtes<br />
sowie die Vermutung, dass dieser<br />
mehrere Tage so bleiben würde, war<br />
schließlich der Grund dafür, dass<br />
die Evakuierung gegen 21 Uhr bekanntgemacht<br />
wurde. „Wir wissen,<br />
was es bedeutet, wenn die Menschen<br />
in der Nacht die Häuser verlassen<br />
müssen“, sagte Reisinger. Jedoch<br />
hätten die Experten zu bedenken<br />
gegeben, dass die Lage sehr, sehr<br />
ernst sei und die <strong>Dämme</strong> jede Minu-<br />
te brechen könnten. <strong>„Die</strong> <strong>Dämme</strong><br />
<strong>sind</strong> <strong>brutal</strong> <strong>aufgeweicht“</strong>, so Reisinger<br />
über mehrere schadhafte Stellen.<br />
Somit gab es keine andere Lösung:<br />
„Dann müssen wir einfach<br />
handeln.“ Ob sie tatsächlich brechen<br />
werden, kann am späten<br />
Dienstagabend noch niemand voraussagen.<br />
Trotz allem betont<br />
Mühlbauer: „Leib und Leben haben<br />
erste Priorität.“ Betroffen <strong>sind</strong> 2500<br />
Personen.<br />
Die unermüdlichen Arbeiten am<br />
Dienstag konnten damit die Evakuierung<br />
nicht abwenden: Feuerwehren<br />
des Landkreises füllten Sandsäcke.<br />
Bei Reibersdorf halfen 100<br />
Bundeswehrler, den Deich zu erhöhen.<br />
Ein weiterer Brennpunkt war<br />
der Polder Sulzbach in den Gemeinden<br />
Niederwinkling und Mariaposching.<br />
Dorthin wurden am Dienstag<br />
5000 Sandsäcke transportiert.<br />
Um auf alles vorbereitet zu sein,<br />
wurde bereits zuvor ein zweiter Krisenstab<br />
einberufen, der sich um<br />
mögliche Evakuierungen kümmert.<br />
„Wir <strong>sind</strong> gut vorbereitet“, sagte<br />
Mühlbauer am Abend. Zunächst<br />
galt es nach Bekanntgabe herauszufinden,<br />
wer sich in den Gebieten<br />
aufhält. Desweiteren mussten Busse<br />
organisiert werden, um die Menschen<br />
zu den Notunterkünften zu<br />
bringen, schilderte Mühlbauer. Diese<br />
<strong>sind</strong> die Turnhallen in Parkstetten<br />
und <strong>Aiterhofen</strong>, das Bürgerhaus<br />
und die Turnhalle in Niederwinkling<br />
sowie Schulen in Bogen. Mühlbauer<br />
betont, dass nicht jeder zwingend<br />
in eine Notunterkunft muss.<br />
Auch andere Ausweichmöglichkeiten<br />
wie Verwandte oder Bekannte<br />
<strong>sind</strong> denkbar.<br />
Die Ansicht vom Damm: Links ist zu sehen, wie nahe das Wasser bereits an der Dammkrone steht, rechts ist die Verstärkung<br />
mit Schotter zu sehen. (Fotos: ver)
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Mittwoch, 5. Juni 2013 LANDKREIS STRAUBING-BOGEN 21<br />
Wichtige Informationen<br />
Evakuierungen aufgrund<br />
der Hochwasserlage<br />
ufgrund der akuten bedrohli-<br />
Achen Hochwasserlage <strong>sind</strong> gestern<br />
Abend die Bewohner der folgenden<br />
Ortsteile aufgefordert worden,<br />
das Gebiet zu verlassen und<br />
sich in Notunterkünfte zu begeben:<br />
Gemeinde Parkstetten: Ortsteil<br />
Reibersdorf, Bereich um Scheften,<br />
Parkstetten südlich der Kößnacher-,<br />
Straubinger- und Bogener<br />
Straße. Eine Notunterkunft existiert<br />
in der Mittelschul-Turnhalle.<br />
Gemeinde <strong>Aiterhofen</strong>: Ortsteile<br />
Sand, Hermannsdorf, Asham, Hunderdorf,<br />
Rohrhof und Ainbrach. Als<br />
Auffanglager dient die Turnhalle.<br />
Gemeinde Irlbach: Ortsteile Entau<br />
und Sophienhof. Auffanglager<br />
ist die Turnhalle in <strong>Aiterhofen</strong>.<br />
Gemeinden Niederwinkling und<br />
Mariaposching: Gesamter Polder<br />
Sulzbach (frühere Gemeinden Waltendorf<br />
und Mariaposching). Als<br />
Auffanglager dienen das Bürgerhaus<br />
und die Turnhalle.<br />
Für alle genannten Bereiche steht<br />
auch eine Notunterkunft in der<br />
Dreifachturnhalle des VHG in Bogen<br />
zur Verfügung. (ta)<br />
Kein Unterricht<br />
in Mariaposching<br />
Aufgrund der Hochwasserlage an<br />
der Donau entfällt am heutigen<br />
Mittwoch der Unterricht an der<br />
Grundschule Mariaposching. (ta)<br />
Bürgertelefon<br />
und Fahrdienst<br />
Das Landratsamt teilt mit, dass<br />
Kranke und pflegebedürftige Personen,<br />
die nicht selbst oder durch Angehörige<br />
aus dem Gefahrengebiet<br />
gebracht werden können, bei Bedarf<br />
einen Transport des BRK in<br />
Anspruch nehmen können. Dieser<br />
Fahrdienst kann unter Telefon<br />
0172/7096297 angefordert werden.<br />
Des Weiteren ist auch das Bürgertelefon<br />
des Landratsamtes Straubing-Bogen<br />
unter Telefon<br />
09421/973-332 weiter erreichbar.<br />
Ebenfalls können sich Bürger an die<br />
Gemeindeverwaltungen in den betroffenen<br />
Kommunen wenden.<br />
Die Bevölkerung soll der Pressemitteilung<br />
des Landratsamtes zufolge<br />
weiter auf Lautsprecherdurchsagen<br />
und Radiomeldungen<br />
achten. Den Deichanlagen sollen<br />
sich Bürger nicht nähern und unnötige<br />
Fahrten in die betroffenen Gebiete<br />
unterlassen werden. (ta)<br />
Aktuelle<br />
Straßensperren<br />
Aktuell <strong>sind</strong> derzeit folgende<br />
Staats- und Kreisstraßen gesperrt:<br />
Straße 2114, Obersunzing-Hailing,<br />
Sperrbereich Obersunzing-<br />
Rutzenbach, Umleitung über<br />
Leiblfing nach Rutzenbach. SR52,<br />
Eitting nach Sallach, Umleitung<br />
über Laberweinting. SR22, <strong>Aiterhofen</strong>-Straßkirchen,<br />
Ortsdurchfahrt<br />
Niederast, Umleitung über die B8.<br />
SR1, Rinkam nach Radldorf, Laberbrücke<br />
bei Bergstorf, Alburg-Geiselhöring,<br />
Umleitung über die<br />
SR20. Rain nach Perkam, Laberbrücke<br />
bei Radldorf, Umleitung<br />
über Alburg-Geiselhöring. SR12,<br />
Irlbach, Donaubrücke bis Irlbach,<br />
Umleitung über: Schambach nach<br />
Straßkirchen. SR4, Bogen, Nepomukbrücke<br />
Bogen. SR3, Bogen nach<br />
Bärndorf, Umleitung über die Umgehungsstraße;<br />
SR50, Eitting – Allkofen,<br />
Umleitung erfolgt über Grafentraubach<br />
– Obergraßlfing.<br />
Eine Umleitung wird nicht in jedem<br />
Fall ausgeschildert, da hauptsächlich<br />
die Straßen nur von regionaler<br />
Bedeutung <strong>sind</strong>. Die Deichanwandwege<br />
beidseits entlang der Donau<br />
ab der Stadtgrenze Straubing<br />
bis zur Landkreisgrenze Deggendorf<br />
<strong>sind</strong> ebenfalls gesperrt. Die Bevölkerung<br />
wird gebeten, die Deichanlagen<br />
nicht zu betreten. (ta)<br />
Vielerorts im Landkreis Straubing-Bogen gibt es Überschwemmungen wie hier in Kößnach. (Foto: jg)<br />
In Kößnach <strong>sind</strong> auch bereits Wege überflutet. (Foto: jg)<br />
„Land unter“ in diesem Garten in Ascha. Nur die Gartendekoration ragt noch<br />
heraus. (Foto: rom)<br />
In Ascha hat ein normalerweise kleiner Bach alles rundherum<br />
unter Wasser gesetzt. (Foto: rom)<br />
In der Stadt Bogen staute sich das Wasser am Dienstagnachmittag bereits bis<br />
zum Brückengeländer. (Foto: sp)<br />
In Weiling in der Gemeinde Feldkirchen steht diese Wiese unter Wasser. (Foto: A. Fischer)