Bergstürze und Klima in den Alpen - Bulletin für angewandte Geologie
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Material mit häufig grossen Kubaturen zu<br />
Tal, wobei oft auch e<strong>in</strong> talwärts gerichtetes<br />
Schichtfallen diesen Mechanismus<br />
unterstützt.<br />
• Auch wenn die heutige Niederschlagsverteilung<br />
nicht mit derjenigen von früheren<br />
<strong>Klima</strong>perio<strong>den</strong> übere<strong>in</strong>stimmen muss, so<br />
zeigt Fig. 2 doch andeutungsweise, dass<br />
e<strong>in</strong> Grossteil der Sturzereignisse <strong>in</strong> der<br />
Schweiz mit dieser starken, jährlichen<br />
Niederschlagsmenge übere<strong>in</strong>stimmt. In<br />
<strong>den</strong> Ostalpen ist e<strong>in</strong>e solche Korrelation<br />
nicht direkt gegeben.<br />
5. <strong>Bergstürze</strong> <strong>und</strong> <strong>Klima</strong> seit der<br />
letzten Eiszeit<br />
Mehrere <strong>Bergstürze</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Alpen</strong>, welche früher<br />
zum Spätglazial oder zum frühen Postglazial<br />
gezählt wur<strong>den</strong>, konnten <strong>in</strong> der letzten<br />
Zeit mittels 14C-Bestimmungen (Radiokarbon-Analyse)<br />
datiert wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> erweisen<br />
sich dabei als wesentlich jünger als angenommen.<br />
Seit kurzem können auch Altersbestimmungen<br />
mittels Analysen der Oberflächen-Expositionsalter<br />
von 36Cl (Tam<strong>in</strong>ser<br />
Bergsturz; Ivy-Ochs <strong>in</strong> Posch<strong>in</strong>ger 2005) <strong>und</strong><br />
mittels der 230Th/ 234U-Methode (Kalkzement<br />
e<strong>in</strong>er Bergsturz-Breccie des Fernpass-Bergsturzes;<br />
Ostermann et al. 2006) durchgeführt<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Vom Beg<strong>in</strong>n des Holozäns vor r<strong>und</strong> 11'300<br />
Jahren bis <strong>in</strong> das Jahr 2000 vor heute konnten<br />
bisher 13 <strong>Bergstürze</strong> datiert wer<strong>den</strong>, welche<br />
hier, wie erwähnt, als «prähistorisch»<br />
bezeichnet wer<strong>den</strong>. Die auf der Fig. 3 angegebenen<br />
Alterswerte stellen Kalenderjahre<br />
vor heute dar (bei 14C: kalibrierte Werte = cal<br />
yr BP). Die Sturzereignisse wer<strong>den</strong> auf dieser<br />
Figur mit verschie<strong>den</strong>en anderen datierten<br />
<strong>Klima</strong><strong>in</strong>dikatoren (Gletscherverlauf)<br />
sowie mit Perio<strong>den</strong> erhöhter Rutschaktivität<br />
<strong>in</strong> der Schweiz (Dapples et al. 2003) verglichen.<br />
Dabei s<strong>in</strong>d folgende Zusammenhänge<br />
erkennbar:<br />
• E<strong>in</strong> Grossteil der aufgeführten <strong>Bergstürze</strong><br />
dürfte im Spätglazial, d.h. zu Beg<strong>in</strong>n des Gletscherrückzuges,<br />
stattgef<strong>und</strong>en haben. Auffallend<br />
ist allerd<strong>in</strong>gs, dass am Ende der jüngeren<br />
Dryas, als nach e<strong>in</strong>er markanten Kaltphase<br />
e<strong>in</strong> starker Temperaturanstieg von mehreren<br />
°C <strong>in</strong> 100 Jahren (evtl. bis zu 7° C; vgl. auch<br />
Alley 1993) e<strong>in</strong>trat, bisher ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Bergsturzereignis<br />
datiert wurde.<br />
• Die Perio<strong>den</strong> mit erhöhter Rutschaktivität<br />
<strong>in</strong> der Schweiz gemäss Dapples et al.<br />
(2003) zeigen ke<strong>in</strong>e erkennbare Übere<strong>in</strong>stimmung<br />
mit <strong>den</strong> datierten Bergsturzereignissen.<br />
Es ist allerd<strong>in</strong>gs darauf h<strong>in</strong>zuweisen,<br />
dass der erwähnte starke Temperaturanstieg<br />
zu Beg<strong>in</strong>n des Holozäns<br />
(Subboreal) im Gegensatz zu <strong>den</strong> Sturzereignissen<br />
e<strong>in</strong>e erhöhte Rutschaktivität<br />
zur Folge hatte.<br />
• Bei e<strong>in</strong>em Vergleich der Ereignisse mit<br />
dem Verlauf der Schweizer Gletscher<br />
(Vorstoss bzw. Rückzug gegenüber dem<br />
Stand der Jahre 1860 bzw. 2000 gemäss<br />
Maisch et al. 2000 <strong>und</strong> Holzhauser et al.<br />
2005) fällt folgendes auf:<br />
- In Zeitabschnitten mit starkem Gletscherrückgang<br />
<strong>und</strong> somit e<strong>in</strong>em generell<br />
warmen <strong>Klima</strong> wie <strong>in</strong> Zeitabschnitten des<br />
Älteren <strong>und</strong> Jüngeren Atlantikums - d. h.<br />
im holozänen <strong>Klima</strong>optimum - oder auch<br />
im ersten Teil des Älteren Subatlantikums<br />
wur<strong>den</strong> bisher ke<strong>in</strong>e Bergsturzereignisse<br />
datiert.<br />
- E<strong>in</strong>e erste «Konzentration» von Stürzen<br />
wurde im Boreal mit wechselndem <strong>Klima</strong><br />
<strong>und</strong> kurzzeitigen Warmphasen (T<strong>in</strong>ner et<br />
al. 2005) festgestellt.<br />
- E<strong>in</strong>e zweite Häufung mit grösseren Ereignissen<br />
vor allem <strong>in</strong> Österreich ergab sich<br />
im Subboreal am Schluss e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en<br />
<strong>Klima</strong>optimums <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er anschliessen<strong>den</strong><br />
Kaltphase mit Gletschervorstoss vor<br />
r<strong>und</strong> 4000 Kalenderjahren.<br />
• Der Vergleich zwischen <strong>den</strong> «prähistorischen»<br />
Bergsturzereignissen mit <strong>den</strong> auf<br />
Gr<strong>und</strong> von zahlreichen Holzf<strong>und</strong>en datierten<br />
Rückzugsperio<strong>den</strong> der Schweizer <strong>und</strong><br />
Österreicher Gletscher (Joer<strong>in</strong> et al. 2006;<br />
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