Bergstürze und Klima in den Alpen - Bulletin für angewandte Geologie
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Fig. 4: a) Auslösungsfaktoren der historischen <strong>Bergstürze</strong>; b) Jahreszeitliche Verteilung der historischen<br />
<strong>Bergstürze</strong>.<br />
6.3 <strong>Bergstürze</strong> <strong>und</strong> <strong>Klima</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />
letzten 1000 Jahren<br />
Die r<strong>und</strong> 60 <strong>Bergstürze</strong>, welche <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten<br />
1000 Jahren auftraten, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Fig. 5 auf<br />
der Zeitachse aufgetragen. Die «Zunahme»<br />
der Ereignisse seit r<strong>und</strong> 600 Jahren, v.a. aber<br />
seit 150 Jahren, dürfte <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie darauf<br />
zurückzuführen se<strong>in</strong>, dass früher die Chronisten<br />
fast ausschliesslich diejenigen <strong>Bergstürze</strong><br />
erwähnten, welche katastrophale<br />
Ausmasse erreichten, d.h. welche Menschenleben<br />
forderten. Dank Datierungen an<br />
Holzproben, welche im Rahmen geologischer<br />
Erk<strong>und</strong>ungen <strong>für</strong> Bauprojekte zum<br />
Vorsche<strong>in</strong> kommen, können heute, wie das<br />
Beispiel des Bergsturzes von Balm bei Meir<strong>in</strong>gen<br />
zeigt (Gander <strong>in</strong> Vorb.), weitere historische<br />
Ereignisse h<strong>in</strong>zugefügt wer<strong>den</strong>.<br />
Der Vergleich zwischen dem Temperaturverlauf<br />
(nördliche Halbkugel) bzw. <strong>den</strong> Vorstoss-<br />
<strong>und</strong> Rückzugsphasen des Aletschgletschers<br />
mit der Sturzhäufigkeit zeigt, dass <strong>in</strong><br />
der kältesten Periode zwischen 1600 <strong>und</strong><br />
1850 die durchschnittliche Zahl von grossen<br />
Stürzen ten<strong>den</strong>ziell eher ger<strong>in</strong>ger war als <strong>in</strong><br />
wärmeren Zeiten.<br />
Aus der Fig. 5 geht anderseits aber auch hervor,<br />
dass unmittelbar nach Ende der Kle<strong>in</strong>en<br />
Eiszeit, d.h. ab 1850, die Sturzereignisse vor-<br />
erst klar zugenommen haben. Dies dürfte,<br />
nebst e<strong>in</strong>er Hangentlastung <strong>in</strong>folge Rückzug<br />
der Gletscher, auch auf die <strong>in</strong> diesem Zeitraum<br />
ausseror<strong>den</strong>tlich <strong>in</strong>tensiven Niederschläge<br />
zurückzuführen se<strong>in</strong> (Hegg et al.<br />
2005), welche auch zu e<strong>in</strong>er Häufung von<br />
Überschwemmungen im <strong>Alpen</strong>raum führten<br />
(Pfister 2003). Die seither weiterh<strong>in</strong> andauernde<br />
Erwärmung mit dem markanten Rückzug<br />
der Gletscher hat allerd<strong>in</strong>gs nicht zu<br />
e<strong>in</strong>er weiteren erkennbaren Zunahme von<br />
Ereignissen geführt. Dies dürfte e<strong>in</strong>erseits<br />
mit der Beruhigung des Niederschlagsgeschehens<br />
zu tun haben, anderseits sicher<br />
auch damit, dass sich die Gletscher mittlerweile<br />
soweit aus <strong>den</strong> Haupttälern zurückgezogen<br />
haben, dass dies <strong>in</strong> <strong>den</strong> unteren,<br />
besiedelten bzw. genutzten Talbereichen<br />
nicht mehr zu Hangentlastungen <strong>und</strong> Instabilitäten<br />
von mengenmässig ausseror<strong>den</strong>tlich<br />
grossen Felsmassen führte.<br />
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