BS-Info 2009/2010 - Deutscher Bogensportverband 1959 e.V.
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Moderator Stefan Lehman<br />
Wie von Stefan anmoderiert, ging es ab dem ersten Meter sofort<br />
zur Sache. Es gab keinen Zweifel, dass hier jeder alles gab<br />
und keine Sekunde verschenken wollte. Beim ersten Schießen<br />
handelte ich mir zwei Strafrunden ein. Trotzdem blieben wir irgendwie<br />
recht eng beieinander. Markus oder Christian müssen<br />
fehlerfrei geschossen haben, denn ich hörte im Hintergrund<br />
das Gejohle des Publikums. Irgendwann sah ich dann auch Markus<br />
eine Strafrunde laufen, die sich mit meinem Kurs kreuzte.<br />
Kurzer Blickkontakt und schwupps! Knappe Passage ohne Temporeduzierung<br />
und Kollision. Beim nächsten Schießen wurmte<br />
mich ein Fehlschuss und ich ging wütend im Sprinttempo in die<br />
Strafrunde. Ich fing an, zu powern. Dann nach einer mir endlos<br />
erscheinenden Runde konzentriertes Anlaufen zum dritten<br />
Schießen, Position einnehmen, Körperhaltung korrigieren,<br />
Augen kurz schließen - Sammeln. Lieber drei Sekunden Besinnung<br />
als 23 Sekunden Strafrunde! Fehlerfrei! Yippieh! Und Gas!<br />
Es ging laut Stefans Moderation immer noch um Platz drei. Ich<br />
konnte es gar nicht glauben; ich mit meinen 45 Jahren zwischen<br />
all den jungen Bengels. In meinen kühnsten Träumen hatte ich<br />
mich gerade so unter den ersten sechs gesehen.<br />
Nun war der Augenblick gekommen, wo ich meine langjährige<br />
Wettkampferfahrung und Tempohärte als Läufer ausspielen<br />
konnte. Die letzten Wochen hatte ich mich gezielt auf diese Schinderei<br />
vorbereitet, war Serien von zehn 500m- und 800m-Läufen<br />
gerannt, war gespurtet und hatte mich immer wieder mental auf<br />
die Wettkampfsituation, auf die Doppelbelastung von Vor- und<br />
Endlauf vorbereitet, hatte auf unserem Schießplatz in Göhren-<br />
Lebbin das schnelle Schießen geübt. In unserem Trainingslager<br />
in Schwerin im August hatte ich verschiedene Schussszenarien<br />
ausprobiert; mit langsamem Anlaufen zum Schießen und aus<br />
vollem Galopp und mit hohem Puls. Fazit: Entscheidend ist, die<br />
Sehne im richtigen Augenblick kaltblütig los zu lassen. Ruhig<br />
halten kann man den Bogen bei dem Gejapse ohnehin nicht.<br />
Und ich schoss tatsächlich noch eine fehlerfreie Passe, sicher<br />
mit buchstäblich mehr Glück als Verstand. Nun ging es um alles.<br />
An vierter Stelle liegend, lief ich entschlossen zum vor mir<br />
liegenden Dritten auf, über spurtete ihn und versuchte das Tempo<br />
so hoch zu halten, dass er sich nicht an mich ran hängte. Es<br />
klappte. Ich rannte wie um mein Leben. Nur nicht nachlassen.<br />
Das Adrenalin schwappte und ich galoppierte ein letztes Mal<br />
um die engen Kurven, durch die Stellen mit weichem Sand, die<br />
leicht ansteigende Asphaltstraße hoch, über den frisch gemähten<br />
Rasen, immer darauf bedacht, nicht im allerletzten Augenblick<br />
noch mit dem Bogen an einer Streckenbegrenzung hängen<br />
zu bleiben und alles zu vermasseln. Beim Einlauf auf die<br />
Zielgeraden empfing mich der Jubel der Sportfreunde. Davon<br />
angetrieben, rannte ich hart bis durchs Ziel, obwohl ich ausreichend<br />
Vorsprung hatte. Ich fühlte mich wie der Sieger, obwohl<br />
es „nur” der Dritte war. Aber ich hatte gewonnen, vor allem gegen<br />
Selbstzweifel und gegen den inneren Schweinehund. Nur<br />
zwei Sportfreunde waren vor mir, zwei „junge Bengels”, die<br />
so gelaufen waren, wie ich selbst vor 20 Jahren gelaufen bin.<br />
Glücklich fielen Sylvia und ich uns um den Hals. Dann musste<br />
Auf gehts<br />
v.l. Marco Kreische, Christian Kuffer, Thorsten Megow<br />
ich mich nach Luft ringend hin knien und meinen Puls beruhigen.<br />
Mann, war ich fer tig! Fünf Minuten später war die Anstrengung Geschichte<br />
und ich ließ die Glückshormone genüsslich ausströmen.<br />
Später dann ein wohlverdientes Bier, schwatzen mit den Sportfreunden,<br />
Siegerehrung, Fotos, Duschen, Verabschiedung und<br />
Heimreise von der Altmark nach Hause an Müritz und Fleesensee.<br />
Am Sonntag werden noch die Schützen mit den traditionellen<br />
Bögen und die Staffeln starten. Und ein bisschen beneidete ich<br />
sie, weil sie die tolle Atmosphäre auf dem Kuhfelder Sportplatz<br />
noch einmal genießen dürfen. Was für ein schöner Tag!<br />
Danke Kuhfelder! Ich bin Euer Fan.<br />
Thorsten Megow<br />
Fotos: Thorsten Megow, Sylvia Müller<br />
Rückblicke 6<br />
D<strong>BS</strong>V <strong>2009</strong> / <strong>2010</strong> 23