Jagdschloss Platte, Wiesbaden - Landesamt für Denkmalpflege ...
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<strong>Jagdschloss</strong> <strong>Platte</strong>, <strong>Wiesbaden</strong><br />
„Alt und Neu – Moderne Stahlkonstruktion schützt Ruine“<br />
H. P. Gresser, Architekt<br />
DIE GESCHICHTE WEITERBAUEN<br />
Der Schirm über der Ruine des <strong>Jagdschloss</strong>es <strong>Platte</strong><br />
Oberhalb von <strong>Wiesbaden</strong> liegt auf dem Taunuskamm eine Schlossruine. Vor rund<br />
180 Jahren ließ Herzog Wilhelm von Nassau von dem Hofbaumeister Friedrich<br />
Ludwig Schrumpf das <strong>Jagdschloss</strong> auf der <strong>Platte</strong> errichten.<br />
Architekturbüro Gresser, <strong>Wiesbaden</strong><br />
1945 wurde es durch Bomben zerstört. In den 80er Jahren wurde das Bauwerk von<br />
Schutt befreit und zugänglich gemacht. Um es vor weiterem Verfall zu bewahren,<br />
bedarf es des Schutzes. Ruinen sind selten geworden, nachdem eine Welle der<br />
Rekonstruktionen ausgebrochen ist.
Da der historisch gemeinte Sinn und Zweck in die Unmerklichkeit zurücktritt, gewinnt<br />
die Ruine einen neuen Gegenwartswert. Die Ruine wird zum Denkmal. Sie begleitet<br />
die Menschen seit über sechzig Jahren und ist ihnen ans Herz gewachsen. Somit gilt<br />
es, die Ruine als Denkmal zu erhalten und zu beschützen.<br />
Eine Ruine kann aber kein Dach haben – ein Widerspruch in sich selbst. So müssen<br />
die faszinierende Ausstrahlung und die Stimmung, die sie vermittelt, erhalten bleiben.<br />
Die Ruine als Kulturdenkmal muss mit ihrer neugierig machenden Facettenvielfalt<br />
erkennbar bleiben.<br />
Aus diesem Grund erhielt sie einen leichten Schirm aus Glas, der durch eine<br />
Glasfuge vom bestehenden Mauerkronenrand getrennt wird. Der Schirm setzt sich<br />
aus vier Quadraten zusammen - dem Grundkompositionselement des gesamten<br />
Baus - die als umgekehrte Pyramiden (alte Dachform) aufgefasst werden und weit<br />
über den Ruinenrand ausschweben. In den Stoßfugen der Pyramiden bilden sich,<br />
durch die Geometrie erwirkt, virtuell die ehemaligen, nicht mehr vorhandenen<br />
Dreiecksgiebel über den Mittelrisaliten ab. Der Baldachin oder Schirm schützt und<br />
bildet neu zu neu und alt zu alt sinnfällig ab, im Sinne einer lebendigen Geschichte<br />
mit einem Webmuster aus unserer Zeit.<br />
Architekturbüro Gresser, <strong>Wiesbaden</strong>
Ein einziger zerstörter Bauteil wurde originalgetreu wieder restauriert: Die Rotunde<br />
mit dem gegensinnig verlaufenden Treppenpaar in der Anmutung einer Doppelhelix.<br />
Aus dem ursprünglichen Sandstein wurde handwerklich gerecht die gesamte<br />
Rotunde wiederhergestellt.<br />
Somit ist der Ruinencharakter des Bestandes um so deutlicher hervorgetreten. Eine<br />
Lösung, wie eine Journalistin schrieb, die weder dem Zeittrend braver<br />
Rekonstruktionen verfällt, noch unbefangene Betrachter hilflos vor einem Rätsel<br />
modernistischer Architekteneskapaden zurücklässt.<br />
Die Dachkonstruktion besteht aus vier “Kelchen“, die von einer schirmartigen<br />
Stahlkonstruktion getragen werden. Die Dachhaut besteht aus punktgelagerten<br />
Glasscheiben, die im Innenbereich als Isolierglasscheiben ausgebildet werden, im<br />
Außenbereich als Einfachverglasung. Die Kelche werden untereinander im First<br />
gelenkig verbunden.<br />
Seit dem Frühjahr 2007 sind die Bauarbeiten beendet und das Bauwerk wurde<br />
wieder eingeweiht. Es wurde am 31. März 2007 dem Nutzer – den Kurbetrieben der<br />
Stadt <strong>Wiesbaden</strong> – übergeben, die es mit wachsendem Erfolg als<br />
Veranstaltungsstätte betreiben. Bis in den Spätherbst hinein ist es fast vollständig<br />
ausgebucht aufgrund der besonderen Atmosphäre, die die Gesamtgestalt ausstrahlt.