dramaturgie - Dramaturgische Gesellschaft
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Theater der Zeit<br />
Genauigkeit und Substanz –<br />
wir stellen monatlich die neuesten Entwicklungen<br />
des deutschsprachigen und internationalen Theaters vor.*<br />
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editorial<br />
formen der<br />
welterkundung<br />
die Beschäftigung mit den Wissenschaften ist angesagt im<br />
Theater. Der Begriff »künstlerische Forschung« ist es auch.<br />
Nicht immer vermögen Inszenierungen und Projekte, die<br />
sich auf wissenschaftliche Forschung berufen, ihrem Gegenstand<br />
etwas hinzuzufügen – und nicht überall, wo »künstlerische<br />
Forschung« drauf steht, geht es auch tatsächlich um<br />
das Gewinnen neuen Wissens. Doch scheinen die Wissenschaften<br />
allein unseren Wissenshunger nicht länger und<br />
schon gar nicht ausschließlich befriedigen zu können. Wir<br />
wollen wissen, was um uns herum passiert – und welche Auswirkungen<br />
das auf unser Leben haben könnte. Hier kommt<br />
die Kunst, hier kommt das Theater ins Spiel.<br />
Was haben Wissenschaften und Künste einander zu sagen?<br />
Was können sie voneinander lernen? Im Eröffnungsvortrag<br />
unserer Jahreskonferenz verwies der Wissenschaftshistoriker<br />
Hans-Jörg Rheinberger auf die zentrale Bedeutung des Experiments<br />
sowohl in den Wissenschaften als auch in der Kunst.<br />
Indem er Künste und Wissenschaften als »nach vorn offene<br />
Formen der Welterkundung« beschrieb, zeigte er zugleich eine<br />
strukturelle Gemeinsamkeit beider Bereiche: »dass man zwar<br />
weiß (und wissen muss), woher man kommt und wo man steht,<br />
nicht aber wissen oder gar wissentlich herbeiführen kann, was<br />
als nächstes kommen wird.« Das Wissen um die eigene Herkunft<br />
und die Refl exion der eigenen Methoden ist für die Künste<br />
ebenso unerlässlich wie für die Wissenschaften. Zugleich müssen<br />
beide für sich den Freiraum in Anspruch nehmen dürfen, auf<br />
ihrer Suche nach Neuem – neuen Erkenntnissen, neuen Formen,<br />
neuen Formaten – auch tatsächlich Neuland zu betreten und<br />
damit an sie gerichtete Erwartungen gelegentlich zu unterlaufen.<br />
Von zwar verschiedenen – nämlich sinnlichen und rationalen<br />
– in jedem Fall aber gleichberechtigten und voneinander<br />
nicht zu trennenden Formen der Welterschließung<br />
sprach auch der Kulturphilosoph Jens Badura. Er betonte<br />
die Notwendigkeit, in und zwischen den Institutionen von<br />
Wissenschaft und Kunst »Möglichkeitsräume« zu eröffnen,<br />
in denen neues Wissen und neue künstlerische Formen entwickelt<br />
und erprobt werden können.<br />
Einige solcher neuen künstlerischen Formen und Formate<br />
haben wir auf unserer Konferenz vorgestellt und wollen sie nun<br />
gemeinsam mit den Vorträgen mit der vorliegenden Ausgabe<br />
unserer Zeitschrift dokumentieren. Die Dokumentation erhebt<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie versucht vielmehr,<br />
das Feld abzustecken, auf dem sich unsere Diskussionen um<br />
das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft bewegten, und auf<br />
das Potenzial, das in der Begegnung von Wissenschaft und<br />
Kunst für die Theaterpraxis steckt, hinzuweisen.<br />
Worin könnte dieses Potenzial bestehen? Das Theater erlaubt<br />
uns, unsere Welt als Spiel zu begreifen, Konstruktionen von<br />
Realität aufzuzeigen, Inszenierungsprozesse und soziale Rollen<br />
sichtbar zu machen und für verschiedene Themen und<br />
Phänomene jeweils neue Rahmungen zu schaffen. In fi ktionalen<br />
Geschichten und künstlerischen Visionen<br />
können Theatermacher mögliche gesellschaftliche,<br />
technische und wissenschaftliche Entwicklungen<br />
vorwegnehmen und deren Auswirkungen auf unser<br />
Leben durchspielen. Angesichts dieser Möglichkeiten<br />
hat das Theater allen Grund für ein ausgeprägtes<br />
Selbstbewusstsein – gerade auch angesichts der<br />
aktuellen Rechtfertigungsdebatten, denen sich Kulturinstitutionen<br />
ausgesetzt sehen.<br />
Für die produktiven Diskussionen<br />
und die anregenden Gespräche möchten<br />
wir uns bei allen ReferentInnen, aber auch<br />
bei Ihnen, den KonferenzteilnehmerInnen, herzlich bedanken.<br />
Großer Dank gebührt noch einmal dem Oldenburgischen<br />
Staatstheater und seinem PAZZ - Festival – insbesondere<br />
Markus Müller, Thomas Kraus und all jenen MitarbeiterInnen,<br />
die zum Gelingen der Konferenz beigetragen<br />
haben – sowie der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg,<br />
die uns Zutritt zu ihren Laboren und Einblick in die Arbeit einzelner<br />
Forschungsbereiche gewährt hat. Bei Karen Witthuhn<br />
und Yvonne Griesel von der Übersetzerplattform GETTING<br />
ACROZZ bedanken wir uns für die Idee zur Kooperation<br />
und die gemeinsamen Veranstaltungen und beim Verband<br />
Deutscher Bühnen- und Medienverlage für den traditionellen<br />
Empfang. Ein ganz herzliches Dankeschön geht schließlich<br />
an die Kulturstiftung des Bundes, die das PAZZ-Festival und<br />
damit auch unsere Konferenz gefördert hat, an den Deutschen<br />
Bühnenverein für die wiederholte und unkomplizierte Unterstützung<br />
sowie an den Landesverband Nord des Deutschen<br />
Bühnenvereins.<br />
Von DramaturgInnen am Theater wird erwartet, dass sie<br />
Orientierung zu geben vermögen. Orientierung kann jedoch<br />
nur geben, wer sich selbst auskennt, und das wiederum setzt<br />
voraus, dass man weiß, wo man selbst steht. Zur Bestimmung<br />
des eigenen Standorts, zur Positionsbestimmung des Theaters<br />
in unserer <strong>Gesellschaft</strong> versuchen wir mit unseren Konferenzen<br />
und verschiedenen Veranstaltungen übers Jahr einen Beitrag<br />
zu leisten. Schon jetzt laden wir Sie daher ein zur nächsten<br />
Jahreskonferenz, die vom 24.–27. Januar 2013 in Zusammenarbeit<br />
mit der Bayerischen Theaterakademie und den großen<br />
Theaterinstitutionen in München stattfi nden wird.<br />
Der Vorstand<br />
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