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dramaturgie - Dramaturgische Gesellschaft

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Bühnenrand »herunterrutscht«, ins Geschehen hinein. Die<br />

Gebärdendolmetscher im Hans Otto Theater Potsdam stehen<br />

nicht mehr am Rand, sondern folgen als Schatten auf der<br />

Bühne dem Schauspiel, ein Textbuch mit Übersetzung ist<br />

plötzlich optisch und ästhetisch Teil der Inszenierung.<br />

Es geht darum, dass jede Inszenierung den Weg zu ihrem<br />

speziellen Publikum fi ndet, seien es gehörlose, blinde oder<br />

anderssprachige Zuschauer, und diese Wege sind vielfältig.<br />

Zahlreiche technische Neuerungen helfen uns bei unserer<br />

Arbeit, die sollten wir weiter verbessern, ausprobieren und<br />

einsetzen, zum Beispiel bessere Kopfhörer nutzen, die man<br />

weniger laut im Publikum hört, oder die Übertitelungssoftware<br />

ausbauen, um besser auf Improvisationen reagieren<br />

zu können. Aber vor allem muss der eigentliche Kulturtransfer<br />

geleistet werden: Kulturen und Theatertraditionen sind<br />

so unterschiedlich in Sprichwörtern, Gesten, Kostümen,<br />

Habitus, Geschichte...<br />

Beim PAZZ Festival und mit Getting Acrozz bekamen wir eine<br />

wertvolle Möglichkeit verschiedene Wege auszuprobieren,<br />

manche waren krumm, manche leicht, manche toll, alle<br />

waren spannend. Und dafür möchten wir an dieser Stelle<br />

Thomas Kraus noch einmal herzlich danken, der den Mut<br />

hatte, uns Raum zu lassen, ohne zu wissen, was wir mit<br />

seinem Festival anstellen würden. Gemeinsam haben wir<br />

festgestellt, dass alle, auch ungewöhnliche Wege beschritten<br />

werden können, wenn diese Wege transparent gemacht<br />

werden und sichtbar ist, warum und in welchem Maße<br />

Übersetzung erfolgt. Denn das schafft beim Publikum erstens<br />

das Vertrauen, dass jemand sich die Mühe gemacht hat,<br />

Verständlichkeit zu erzeugen, und dabei weiß, was er oder<br />

sie tut. Zweitens Gelassenheit, so dass beispielsweise auch<br />

eine im Anschluss gereichte Übersetzung akzeptabel ist,<br />

weil die Worte nicht fl üchtig sind.<br />

Möglich ist Übertragung also immer, sei es mit einem<br />

Programmheft, einer Einführung, einer sanft eingefl üsterten<br />

Verdolmetschung, mal einem Verzicht auf Worte oder<br />

einer gut rhythmisierten Übertitelung. Man muss sie nur<br />

in das Kunstwerk einfügen und transparent machen, was<br />

man getan hat.<br />

Aber alle diese Mittel sind starke Mittel, und unsachgemäß<br />

angewendet können sie eine Inszenierung auch (zer-)<br />

stören oder zumindest stark beeinfl ussen. Die Möglichkeiten<br />

des Sprachtransfers sind vielfältig, die Grenzen eher durch<br />

unprofessionelle Anwendung gesteckt als durch Mangel<br />

an Ideen. Die Herausforderungen sind da, denn sind die<br />

Gäste (die Theatergruppen) erst einmal im Theater, gebietet<br />

es die Gastfreundschaft, sich um einen möglichst guten<br />

Empfang zu kümmern und zu gewährleisten, dass sie verstanden<br />

werden.<br />

Getting Acrozz zeichnete sich dadurch aus, dass wir machen,<br />

zeigen durften, was möglich ist, diskutieren und gemeinsam<br />

mit dem Publikum erleben konnten, was daraus geworden<br />

ist. Es war ein wichtiger Schritt für den Sprachtransfer auf<br />

der Bühne, aber sicher nicht der letzte! Kulturtransfer im<br />

Welttheater kann nur gemeinsam geleistet werden. Wir<br />

freuen uns, den Dialog, den wir bei Getting Acrozz begonnen<br />

haben, in Zukunft mit den Theatern weiterzuführen.<br />

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