EGB-Position hinsichtlich der Richtlinie zur Durchsetzung ... - ETUC
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EGB-Position hinsichtlich der Richtlinie zur Durchsetzung der
Entsenderichtlinie
vom Exekutivausschuss am 5./6. Juni 2012 angenommen
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Nach der EGB-Erklärung zum Kommissionsvorschlag für eine Monti-II-Verordnung und zur
Richtlinie über die Durchsetzung der Entsenderichtlinie, die am 19. April verabschiedet worden
war, sollen in diesem Papier die wichtigsten Forderungen des EGB im Zusammenhang mit der
Durchsetzungsrichtlinie festgehalten werden. Da die Durchsetzungsrichtlinie nicht auf die
Kernbestimmungen der Entsenderichtlinie eingeht, wird darauf hingewiesen, dass die
Forderung des EGB nach einer Überarbeitung dennoch aufrecht erhalten bleibt.
Rechtsgrundlage
Um sicher zustellen, dass die Durchsetzungsrichtlinie nicht nur ein Binnenmarktinstrument
ist, das lediglich auf Art. 53 (1) und 62 des AEU-Vertrags beruht, soll eine soziale Dimension
eingebracht und durch die Aufnahme von Art. 153 des AEU-Vertrags (Sozialpolitik) eine weitere
rechtliche Grundlage geschaffen werden.
Anwendungsbereich
Die Durchsetzungsrichtlinie muss ausreichenden Schutz der Arbeitnehmer, unabhängig von
ihrem Status und auch bei Änderung deselben gewährleisten. Die Bezugnahme auf die
Verordnung Rom I, welche die Regeln für die Rechtswahl festlegt, bedarf daher der Klärung.
Dies könnte durch eine gesetzliche Vermutung erreicht werden, die besagt, dass der
gewöhnliche Arbeitsplatz im Sinne von Rom I, wenn die Beweislage nichts anders ergibt, im
aufnehmenden Mitgliedstaat liegt.
Außerdem ist zu klären, wie die Situation für entsendete Leiharbeiter aussehen soll. Das laut
Leiharbeitsrichtlinie geltende Prinzip der Gleichbehandlung muss auch in Fällen von
Entsendung gewahrt bleiben. Die Durchsetzungsrichtlinie muss sicherstellen, dass sie für
Leiharbeiter gilt, es sei denn es wird ihnen in einem anderen Instrument eine günstigere
Behandlung im Hinblick auf ihre Beschäftigungsbedingungen garantiert.
Kriterien zur Bestimmung des Begriffs Entsendung
Eine aufzählende Liste mit Kriterien, wie von der Kommission vorgeschlagen, um festzustellen,
ob ein Unternehmen echt ist und ob ein entsendeter Arbeitnehmer seine Arbeit in einem
anderen Mitgliedstaat nur vorübergehend leistet, , eröffnet den Mitgliedstaaten die
Möglichkeit, sich Kriterien herauszupicken. Das schafft rechtliche Unsicherheit und macht die
Durchsetzungsrichtlinie ineffizient. Die Kriterienliste muss in jedem Mitgliedstaat bindend
sein. Sie sollte auch quantitative Elemente enthalten und nicht abschließend sein, d. h. die
Mitgliedstaaten müssen zumindest die aufgelisteten Kriterien umsetzen, damit die
betreffenden Elemente generell beurteilt werden können. Darüber hinaus sollte die
Durchsetzungsrichtlinie klären, wann die Mitgliedstaaten prüfen sollen, ob die Kriterien erfüllt
Bernadette Ségol, Generalsekretärin
Boulevard du Roi Albert II, 5 • B – 1210 Brüssel • Tel.: +32 2 224 04 11
Fax: +32 2 224 04 54 / 55 • E-Mail: etuc@etuc.org • www.etuc.org
sind.
Um die Möglichkeit zu verringern, die Entsenderichtlinie und die Durchsetzungsrichtlinie
durch Scheinselbständigkeit zu umgehen, müssen Kriterien auf Basis der ILO-Empfehlung
Nr. 198 über die Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen werden.
Missbrauch und Umgehung vermeiden
Die Durchsetzungsrichtlinie schlägt keine effektiven und abschreckenden Maßnahmen für den
Kampf gegen Betrug oder zur Vermeidung von Missbrauch, Ausbeutung oder Umgehen von
Bestimmungen vor. Es ist daher wesentlich, Bestimmungen aufzunehmen, die aufeinander
folgende Zuteilung zur selben Stelle und so genannte Briefkastenfirmen verhindern.
Darüber hinaus müssen Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber im angeblichen Sitzmitgliedstaat
eigentlich eine Briefkastenfirma ist, von den Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit von
Arbeitnehmern und die Gleichbehandlung profitieren. Die Durchsetzungsrichtlinie soll auch
dafür sorgen, dass ein Arbeitnehmer nicht im Austausch für einen anderen entsendeten
Arbeitnehmer entsendet werden kann, um eine ähnliche Arbeit zu leisten, mit Ausnahme bei
Vorligen objektiver Gründe wie Krankheit oder Vertragskündigung durch den entsendeten
Mitarbeiter.
Haftung
Die Einführung eines Mechanismus der gesamtschuldnerischen Haftung ist unabdingbar für
den Schutz der Arbeitnehmer vor Missbrauch. Ansonsten könnte ein Auftragnehmer die
nationalen Gesetze oder kollektivvertraglich vereinbarten Arbeitsstandards und
Arbeitsbedingungen einfach umgehen indem äußerst komplexe Netzwerke von
Subunternehmen geschaffen werden.
Der Vorschlag der Kommission ist jedoch auf das Bauwesen und die Situation von direkten
Subunternehmen beschränkt. Er wird auch durch die Bestimmung ausgehöhlt, dass ein
Auftragnehmer, der der Sorgfaltspflicht nachkommt, nicht haftbar gemacht werden kann.
Die gesamtschuldnerische Haftung muss für alle Branchen gelten. Die Durchsetzungsrichtlinie
sollte auch eine verpflichtende Kettenhaftung einführen, die vorsieht, dass der (die)
Hauptauftragnehmer für die Einhaltung der geltenden Beschäftigungsbedingungen und die
Leistung der Sozialversicherungsabgaben durch alle Subunternehmen haftet (haften).
Der Begriff "Sorgfaltspflicht" ist zu streichen. Es gibt keine einheitliche Definition in Europa
und sie wäre daher von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich. Es wurde
angedeutet, dass man der Haftung bereits entgehen könne, wenn der Auftragnehmer die
Identität des Subunternehmens und seinen Hintergrund prüfen würde.
Kontrolle und Überwachung
Es sollte nicht der Sitzmitgliedstaat sein, der Kontrolle und Überwachung übernimmt, sondern
der Aufnahmestaat, in dem der entsendete Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet. Da gute
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in der Praxis nicht die Regel zu sein scheint, ist
es inakzeptabel, dass die Aufnahmemitgliedstaaten nur auf Anfrage des Mitgliedstaats der
Niederlassung tätig werden können.
Nationale Kontrollmaßnahmen müssen verpflichtend und nicht auf jene beschränkt sein, die
in der Durchsetzungsrichtlinie angeführt sind. Die Regierungen müssen die Freiheit besitzen,
auch weitereMaßnahmen zu ergreifen. Ferner muss deutlich gemacht werden, dass der Artikel
über die nationalen Kontrollmaßnahmen für den Aufnahmemitgliedstaat gilt. Außerdem sollte
die Durchsetzungsrichtlinie für den Dienstleister die Verpflichtung vorsehen, den Einsatz der
entsendeten Arbeitnehmer vor Entsendung anzuzeigen.
Um die Umsetzung der Entsenderichtlinie zu verbessern, sollten Behörden sowie
Gewerkschaften Zugriff zu Dokumenten wie den Arbeitsvertrag haben. Die Übersetzung dieser
Dokumente darf nicht auf jene beschränkt sein, die "nicht übermäßig lang ... und
standardisierte Formulare" [sind]. Arbeitnehmer und Dienstleister müssen auf Informationen
in ihrer Muttersprache zugreifen können.
Der EGB begrüßt die Verpflichtung, eine Kontaktperson zu benennen, doch sollte diese Person
ein Vertreter des Arbeitgebers sein, rechtsfähig sein und seine Aufgabe darf sich nicht auf
Verhandlungen beschränken. Die Kontaktperson sollte während der gesamten Zeit der
Bereitstellung der Dienstleistung im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten.
Durchsetzung
Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten für eine wirkungsvolle Arbeitsinspektion sorgen. Die
Richtlinie darf daher für die Arbeitgeber nicht das Recht schaffen, die
Durchsetzungsmaßnahmen einfach aufgrund einer fehlenden Risikobewertungin Frage stellen
zu können.
Die Durchsetzungsrichtlinie gibt den Gewerkschaften die Möglichkeit, Gerichts- oder
Verwaltungsverfahren im Namen eines entsandten Arbeitnehmers oder zu dessen
Unterstützung anzustrengen. Diese Möglichkeit muss auch für die Durchsetzung der
Verpflichtungen im Rahmen der Entsenderichtlinie gelten. Um die Kohärenz zwischen
Tarifverträgen und allen nationalen Rechtssystemen zu gewährleisten, sollte das Kapitel über
die Durchsetzung beinhalten, dass eine Gewerkschaft im Namen eines entsandten
Arbeitnehmers oder zu dessen Unterstützung auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers
handeln kann.
Die Möglichkeit, dass entsandte Arbeitnehmer Klage einreichen, darf sich nicht nur auf offene
Lohnforderungen oder die Erstattung unvertretbar hoher Beträge beschränken. Der entsendete
Arbeitnehmer muss auch alle anderen ihm zustehenden Ansprüche geltend machen können.
Es muss eine Bestimmung hinzugefügt werden, die entsendete Arbeitnehmer schützt, wenn sie
ein Gerichts- oder Verwaltungsverfahren anstrengen.
Sanktionen müssen wirkungsvoll und abschreckend sein, vor allem bei Briefkastenfirmen, um
Sozialdumping und die Ausbeutung entsendeter Arbeitskräfte zu verhindern. Um eine
Verwässerung der bestehenden nationalen Gesetzgebung zu vermeiden, bedarf es einer
Schutzklausel sowie das Recht der Mitgliedstaaten, die bereits bestehenden Kontroll- und
Überwachungsmechanismen aufrecht zu erhalten oder zu verbessern.